Grüße gehen raus ans Kollektiv S(i)N!
Als vor zwei Wochen eines der größten Server-Rechenzentren Europas abbrannte, da kribbelte es mir bereits boshaft in den Fingern. Ich hackte eine gemeine, quasi neo-ludditische Ode auf den (vermuteten) Feuerteufel herunter und es wäre wohl ein richtig garstiger Sonntagsheld daraus geworden, wäre ich nicht über die Information gestolpert, dass beim b betroffenen Anbieter OVH auch die Seite von WikiLeaks gehostet wird bzw. wurde. Da bekam ich ein schlechtes Gewissen.
Zwar nur ein kleines, aber in solchen Fällen gehe ich meist nach dem Bauchgefühl und so wurde nichts aus dem Artikel. Das flammende Inferno blieb unbesungen, der Heros unbekränzt und meinte Leser hatten einen Sonntagabend lang die Muße, lieber in ein richtiges Buch zu gucken, als in die Röhre. Jetzt ist allerdings der Sueskanal und damit eine der Hauptschlagadern des globalen Güterverkehrs dicht und die Versuchung ist einfach zu groß.
Kaum jemand wird es nicht mitbekommen haben: Seit Tagen steht zwischen Port Said und Port Taufiq der gesamte Schiffsverkehr still, weil der Megafrachter Ever Given sich in der engen Fahrrinne verkeilt hat. Stündlich machen große Export- und Importunternehmen Millionenverluste, mehr als dreihundert Frachter stehen im Stau.
Warum jetzt die gute Laune? Nun, die Ever Given gehört zu den größten Containerschiffen weltweit. Sie gehört zu jenen Transportungetümen biblischen Ausmaßens, die immer in diesen knalligen AfD-Infografiken erwähnt werden, wenn es darum geht, den CO2-Ausstoß deutscher Personenkraftwagen zu kontextualisieren.
Heißt: Was auch immer man von der These des menschgemachten Klimawandels halten mag – ein paar Tage Zwangspause für eine fette Flotte dieser Metallriesen werden den maritimen Ökosystemen sicher weniger schaden als den Großunternehmern, die von ihrer Ausbeutung profitieren.
Zu verdanken haben wir dieses wunderbare Fiasko einem bisher unbenamst bleibenden Kapitän und seiner indischen Mannschaft, die bereits vor der Einfahrt in den Kanal einige frivole Kapriolen drehte. Wie genau es zu der Havarie kam, das wird zu klären sein – einstweilen scheint sich in einem ungünstigen Seitenwind ein wohlfälliger Schuldiger gefunden zu haben.
Wer auch immer am Ende die Verantwortung trägt – sei es ein vom Herumkreiseln ganz schwindeliger Kapitän, eine böse Böe von Backbord, oder der Klabautermann höchstpersönlich – ich gratuliere in jedem Fall herzlich zum verdienten Lorbeerkranz!
Denn überall da, wo es knirscht im gutgeschmierten Getriebe der großen Verwertungsmühle, wo die Metall- und Feuerriesen in Schieflage geraten, weil es stockt und knarzt und hakt; überall, wo ein Megafrachter stillsteht, oder ein Serverzentrum abbrennt, da können wir in ängstlicher Vorfreude dem Gestell dabei zuhören, wie es unter der eigenen Last ächzt und allmählich nachgibt. Was für eine schrecklich-schöne Symphonie.
Gotlandfahrer
Hm. Interessante Fokussierung bei dem Thema. Mir fielen folgende Meldungsbausteine der letzten Zeit auf, die ich eher angesprochen hätte, aber gut:
- China schüttet in Reichweite Taiwans künstliche Atolle auf, zur militärischen Nutzung
- China verletzt vor wenigen Tagen massiv wie nie den taiwanesischen Luftraum
- Der Außenminister der USA, der diplomatische Arm des mit historischen Rekordwerten in den kritischen Staaten über Nacht überraschend gewählten Präsidenten, wird auf eigenem Boden in Alaska von den Chinesen in einem nie dagewesenen diplomatischen Affront zusammengefaltet
- Die EU verhängt Sanktionen gegen China
- Am nächsten Tag schließen Iran und China ein historisches Kooperationsabkommen ab, das China billiges Öl und Iran Schutz vor Angriffen bietet und
- ein Frachter aus Taiwan, mit handelsüblicher, somit hackbarer GPS Steuerung, rammt sich so in den Suez, das Europas Wirtschaft ernsthafte Probleme bekommt
- In Myanmar legt das frisch geputschte Militär über 100 Passanten auf offener Strasse um
Was kann das heißen? Ich frage für einen Freund.