Joachim Lottmann: Sterben war gestern.

Endlich ein Lottmann wieder, nach vielen Jahren!

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Was soll man denn sonst lesen, auf ÖPNV-Fahr­ten oder ein­fach mal zwi­schen­durch? Herrn Lott­manns lite­ra­ri­sches Alter ego, Dr. Johan­nes Loh­mer, hat­te ein biß­chen gelit­ten nach sei­nem letz­ten Buch, bezie­hungs­wei­se dem von Lottmann.
Alles Lüge (s. Sezes­si­on 78, 2017) war von »den Rech­ten« äußerst posi­tiv als ver­gnüg­li­che Lek­tü­re bespro­chen wor­den. Das konn­te nur Ärger geben beim Haupt­auf­trag­ge­ber der bei­den, der taz. Dr. Loh­mer soll­te sich also gefäl­ligst läu­tern. Es fällt ihm sicht­lich schwer, gera­de zu Coro­na-Zei­ten. Loh­mer möch­te mit die­sen »Quer­den­kern« nicht ver­wech­selt wer­den – schwie­rig, wenn man gera­de das Attri­but zum eige­nen Merk­mal gemacht hat und über »die Seu­che« eigent­lich spot­ten will.
Loh­mer hat nun den Auf­trag, die Lage und die Sicht der Jugend zu erkun­den. Er trifft vor allem auf wokes Geblüt, auf »the­sen­star­ke Poli­thel­den«, die »die­sel­be­Spra­che wie die Regie­rung« spre­chen, näm­lich: Hän­de waschen, Hygie­ne, Nazis raus, gegen Diskriminierung.
Im Rah­men sei­nes For­schungs­auf­trags begeg­net ihm vie­ler­lei: eine blut­jun­ge Influen­ce­rin mit Hang zu älte­ren Män­nern (Lohmer/Lottmann sind deut­lich fünf­zig plus), eine jun­ge Dame namens Hil­de­gard Eisen­bah­ner (hat­te die Vor­na­mens­wahl, statt etwa »Rachel«, »wohl mit der Angst vor Anti­se­mi­tis­mus zu tun«?), die er für ihre Gesprächs­be­reit­schaft zynisch mit Sche­kel entlohnt.
Dr. Loh­mer macht in die­sem zu 80Prozent wirk­lich wit­zi­gen Buch wie­der viel durch: fami­li­är, ero­tisch wie ideo­lo­gisch. Sein erz­lin­ker, seit Jahr­zehn­ten schon spaß­be­frei­ter Bru­der, ein pro­mi­nen­ter Fil­me­ma­cher, stirbt (in Wahr­heit) an Coro­na. Hil­de­gard ver­dreht Loh­mer den Kopf. Und dann muß er sich noch umständ­lich von »Peter Laub« (»in echt« wohl Mat­thi­as Matus­sek) distan­zie­ren, einem alten Freund, der nun der »Rech­ten« zuge­rech­net wird. Soviel Pein, soviel Lese­freu­de! Das Spiel­stück zur Stunde.
– – –
Joa­chim Lott­mann: Ster­ben war ges­tern. Aus dem Leben eines Jugend­for­schers. Roman, Köln: KiWi 2021. 351 S., 12 €
Die­ses Buch kön­nen Sie auf antaios.de bestellen.
Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)