Das Denken in langen Zyklen

PDF der Druckfassung aus Sezession 96/ Juni 2020

Damit der mensch­li­che Kör­per funk­tio­nie­ren kann, muß er Nah­rung auf­neh­men und die dar­in ent­hal­te­nen Nähr­stof­fe in Ener­gie umwan­deln. Jedes Indi­vi­du­um ist dem­zu­fol­ge sein eige­nes klei­nes Kraft­werk. Was und wie­viel in die­sem Pro­zeß zuge­führt wird, hat indes maß­geb­li­chen Ein­fluß auf die Funk­ti­on und Aus­ge­stal­tung des Orga­nis­mus. Aus­zugs­wei­se zu nen­nen wären hier: Grö­ße, Mus­kel­mas­se, Haut­bild, Tumo­re, Dia­be­tes oder Adipositas.

Die­ser Pro­zeß ist jedoch nicht nur auf der Indi­vi­du­al­ebe­ne aktiv, son­dern voll­zieht sich außer­dem auf der Aggre­ga­tebe­ne: Gesell­schaf­ten neh­men »Nah­rung« zu sich, ver­stoff­wech­seln Tei­le davon zu Wär­me bzw. Akti­vi­tät und schei­den einen »unbrauch­ba­ren« Rest wie­der aus. Die öster­rei­chi­sche Sozi­al­öko­lo­gin Mari­na Fischer-Kowal­ski und Kol­le­gen beschrei­ben die­sen Vor­gang als »gesell­schaft­li­chen Stoffwechsel«.

Abge­se­hen von den expli­zi­ten öko­lo­gi­schen Fol­gen sind in die­sem Pro­zeß Mecha­nis­men ange­legt, die in erheb­li­chem Maße die sozia­le Orga­ni­sa­ti­on einer Gesell­schaft beein­flus­sen – dies sowohl über kurz­fris­ti­ge als auch lang­fris­ti­ge Zeit­räu­me. In die­sem Zusam­men­hang spricht der Umwelt­his­to­ri­ker Rolf Peter Sie­fer­le von »sozi­al-meta­bo­li­schen Regi­men«, von denen die Mensch­heit bis­her drei durch­lau­fen habe, wobei das letz­te hier auf­ge­zähl­te das aktu­ell herr­schen­de dar­stellt: Jäger- und Samm­ler­ge­sell­schaf­ten, Agrar­ge­sell­schaf­ten und Industriegesellschaften.

War die Indus­trie­ge­sell­schaft zuerst ein rein eng­li­sches und dann euro­päi­sches Phä­no­men, so ist sie heu­te glo­bal gewor­den und hat alle Völ­ker und Staa­ten ergrif­fen. Die Über­gän­ge zwi­schen den Regi­men voll­zie­hen sich nicht still­schwei­gend, son­dern lösen – in dem­sel­ben Maße, wie sie sie vor­aus­set­zen – tief­grei­fen­de gesell­schaft­li­che­Ver­än­de­run­gen aus. Das betrifft die Demo­gra­phie, die Öko­no­mie, die Herr­schafts­struk­tu­ren sowie die Tech­no­lo­gie und Infrastruktur.

Wäh­rend bei­spiels­wei­se Jäger- und Samm­ler­ge­sell­schaf­ten qua ihrer Ernäh­rungs­wei­se gro­ße Räu­me mit klei­nen Grup­pen bean­spruch­ten und wegen ihrer extre­men Mobi­li­tät ledig­lich insta­bi­le Kul­tur­kom­ple­xe aus­zu­bil­den ver­moch­ten, führ­te die Seß­haft­wer­dung – also die Ent­ste­hung von Agrar­ge­sell­schaf­ten – zu höhe­ren Bevöl­ke­rungs­dich­ten als auch auf­grund gesun­ke­ner Mobi­li­tät zur Gene­se sta­bi­ler Kulturkomplexe.

Die damit ver­bun­de­ne Zunah­me der Grup­pen­grö­ße und Arbeits­tei­lung inner­halb der agri­kul­tu­rel­len Gesell­schaf­ten ver­lang­te fer­ner nach Hier­ar­chien und been­de­te die ver­gleichs­wei­se ega­li­tä­re Orga­ni­sa­ti­on der Jäger und Samm­ler. Außer­dem war nun der Boden für eine aus­ge­präg­te Tra­di­tio­na­li­sie­rung berei­tet: Es bil­de­ten sich spe­zi­fi­sche Iden­ti­tä­ten ein­zel­ner Kul­tu­ren her­aus, die die Zuge­hö­rig­keit zu einer Grup­pe exklu­siv wer­den lie­ßen, »mit der Dop­pel­funk­ti­on, daß eine neu­ar­ti­ge Kom­bi­na­ti­on von Soli­da­ri­tät und Ver­pflich­tung, von Schutz und Gehor­sam« (Sie­fer­le) auftrat.

Es wird deut­lich, daß kon­ser­va­ti­ve Welt­bil­der im wesent­li­chen auf den Gesetz­mä­ßig­kei­ten eben­je­ner Agrar­ge­sell­schaf­ten beru­hen und in ihnen die unhin­ter­geh­ba­ren Prin­zi­pi­en seß­haf­ten Lebens aus­ma­chen. Das kon­ser­va­ti­ve Her­aus­strei­chen der ewi­gen Gül­tig­keit hier­ar­chi­scher Ord­nun­gen in Gesell­schaf­ten basiert auf der Erkennt­nis, daß grö­ße­re, kom­ple­xe­re Grup­pen, die ent­schei­dungs­fä­hig blei­ben wol­len, zwangs­läu­fig auf Herr­schafts­zen­tren zurück­grei­fen müs­sen, da sie ansons­ten wie­der in eigen­stän­di­ge, unstruk­tu­rier­te­re tri­ba­le Kleinst­grup­pen zerfallen.

Zugleich wur­de der tief­grei­fen­de sozia­le Wan­del, der wäh­rend des Über­gangs vom noma­di­schen Dasein zum Acker­bau erfolg­te, durch die Ablö­sung der pas­si­ven Ent­nah­me aus dem natür­li­chen Res­sour­cen­fluß mit einer kon­trol­lier­ten Ent­nah­me her­vor­ge­ru­fen. Die­se plan­mä­ßi­ge Bewirt­schaf­tung brach­te wie­der­um den Vor­teil mit­sich, eine kon­ti­nu­ier­li­che­re Nah­rungs­ver­sor­gung zu ermög­li­chen, was simul­tan aber eine inten­si­ve­re Nut­zung der Umwelt und den stär­ke­ren Ein­satz von Arbeit nach sich­zog– die Kul­tur­land­schaft entsteht.

Trotz ihrer gra­vie­ren­den Unter­schie­de teil­ten bei­de »sozi­al-meta­bo­li­schen« Regime den Rück­griff auf die ste­tig vor­han­de­nen Solar­ener­gie­flüs­se und damit das Grund­merk­mal der Flä­chen­ab­hän­gig­keit. In die­ser ele­men­ta­ren Eigen­schaft grün­det die den Agrar­ge­sell­schaf­ten imma­nen­te Ten­denz, auf einen sta­tio­nä­ren Zustand zuzu­lau­fen – das Maß­hal­ten ist für sie ein per­ma­nent gül­ti­ges Prin­zip, da sein Miß­ach­ten nega­ti­ve Rück­kopp­lun­gen erzeugt, die nicht mit Hil­fe tech­ni­scher Mit­tel in eine unbe­stimm­te Zukunft ver­legt wer­den können.

Die Indus­tria­li­sie­rung soll­te das maß­geb­lich ändern; denn anstatt »nur« die Art und Wei­se der Nutz­bar­ma­chung eines Ener­gie­stroms zu trans­for­mie­ren, ersetz­te sie den sola­ren Ener­gie­fluß mit einer völ­lig neu­en Quel­le: den fos­si­len Ener­gien. Die vor­her unüber­wind­ba­re solar­en­er­ge­ti­sche Gren­ze wur­de mit dem Zugriff auf über Jahr­mil­lio­nen gespei­cher­te Ener­gie inner­halb eines Wim­pern­schlags überschritten.

Die neu ent­fes­sel­ten Ener­gie­mas­sen lös­ten eine flut­ar­ti­ge Dyna­mik aus, die die ver­gleichs­wei­se sta­bi­len Aus­tausch­pro­zes­se der mensch­li­chen Kul­tu­ren mit ihrer natür­li­chen Umwelt zer­schlug und alle sozia­len Arran­ge­ments der Agrar­ge­sell­schaf­ten zwangs­läu­fig hin­weg­schwemm­te. Die Eisen­bahn ließ die Welt schrump­fen und unter­stütz­te somit die Homo­ge­ni­sie­rung von Kul­tur­räu­men und damit die moder­ne Nationenbildung.

Heu­te ist die­ser Pro­zeß mit Indi­vi­du­al­mo­bi­li­tät (Auto­mo­bil) und Flug­zeug noch ein­mal ver­stärkt wor­den und läßt die einst »fort­schritt­li­chen« Natio­nen zuneh­mend ange­staubt wir­ken. Unter die­sen Gesichts­punk­ten erscheint das deut­sche Kai­ser­reich als kurz­le­bi­ge Durch­lauf­sta­ti­on – ein insta­bi­les Amal­gam aus tra­di­tio­na­len Rest­be­stän­den alter Zei­ten und der auf­kom­men­den bür­ger­li­chen Gesell­schaft, des­sen Ent­ste­hung unter moder­nen Vor­zei­chen zeit­gleich sein bal­di­ges Ende in sich trug.

Die Mon­ar­chie ist zu die­sem Zeit­punkt ein bereits aus­ge­höhl­tes, ana­chro­nis­ti­sches Herr­schafts­sys­tem agrar­ge­sell­schaft­li­chen Ursprungs, des­sen Legi­ti­ma­ti­on vom kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­sys­tem nach­hal­tig unter­gra­ben wird. Das öko­no­misch pro­spe­rie­ren­de Bür­ger­tum ver­dräng­te den Adel als tra­gen­de Eli­te – Tugen­den wan­del­ten sich zu Werten.

Seit­dem hat die von der Indus­tria­li­sie­rung ange­sto­ße­ne Trans­for­ma­ti­on eine Umwäl­zung nach der ande­ren gezei­tigt, jedoch bis heu­te kei­ne Struk­tur her­vor­ge­bracht, die mit den sta­bi­len Zustän­den der ver­gan­ge­nen »sozi­al-meta­bo­li­schen« Regime ver­gleich­bar wäre. Die ein­zi­ge Kon­stan­te ist ihr auf­lö­sen­der, unste­ti­ger Cha­rak­ter – die ein­zi­ge fest­ste­hen­de Norm ist das mit­tels fos­si­ler Ener­gie gestat­te­te Leben über die Verhältnisse.

Wel­che kon­kre­ten sozia­len Ver­än­de­run­gen bei­spiels­wei­se die Nut­zung flüs­si­ger Brenn­stof­fe als Grund­la­ge der Mas­sen­mo­to­ri­sie­rung für tra­di­tio­na­le Gesell­schaft bedeu­tet, hat der fin­nisch-ame­ri­ka­ni­sche Anthro­po­lo­ge Pert­ti J. Pel­to in einer aus­gie­bi­gen Stu­die anhand der Skolt­sa­men im Nor­den Finn­lands in den 1970ern unter­sucht. Die zen­tra­le tech­no­lo­gi­sche Neue­rung, die das bis dato aus­schließ­lich am Ren­tier­hü­ten ori­en­tier­te Leben aus den Fugen gera­ten ließ, war das Schneemobil.

Über einen Zeit­raum von rund zehn Jah­ren, zwi­schen 1961 bis 1971, stat­te­ten sich alle 72 Haus­hal­te der von Pel­to stu­dier­ten Gemein­de mit dem neu­en Gefährt aus, um die­ses für das Ren­tier­hü­ten zu ver­wen­den. Vor der Ein­füh­rung des Schnee­mo­bils dreh­te sich das gesam­te Leben der Skolt­sa­men um das Ren­tier. Die Kin­der erhiel­ten für ihren ers­ten Zahn ein Ren­tier; es gab ein »Namens­tag-Ren­tier« und bei einer Hoch­zeit bekam das glück­li­che Paar etli­che Ren­tie­re geschenkt, damit der neue Haus­halt mit einer klei­nen Her­de sei­nen Start neh­men konnte.

Das Ren­tier bil­de­te das zen­tra­le Objekt der sami­schen Kul­tur und war die Basis ihrer rela­ti­ven Aut­ar­kie. Nach der Ein­füh­rung des Schnee­mo­bils redu­zier­te sich die Zahl der Ren­tie­re aus ver­schie­de­nen Grün­den. Außer­dem war man nun stär­ker als zuvor auf die Außen­welt ange­wie­sen, da nur über sie ein Erwerb von Schnee­mo­bi­len und Ben­zin mög­lich war. Der Fall der Skolt­sa­men ver­deut­licht, wie das fos­si­le Ener­gie­re­gime und die mit ihm ver­bun­de­nen Tech­no­lo­gien es in kür­zes­ter Zeit ver­mö­gen, sozia­le Macht­struk­tu­ren zu ver­schie­ben und sta­bi­le Aus­tausch­be­zie­hun­gen zwi­schen Mensch und Natur zu unterbrechen.

In dem Moment, wo man die ener­ge­ti­sche Per­spek­ti­ve ein­nimmt bzw. sozia­le Pro­zes­se anhand des »gesell­schaft­li­chen Stoff­wech­sels« betrach­tet, wird augen­schein­lich, daß in den »sozi­al-meta­bo­li­schen« Über­gän­gen der eigent­li­che Antrei­ber von Revo­lu­tio­nen liegt, vor deren Wirk­macht Auf­stän­de oder gestürz­te Herr­schafts­häu­ser zu Geplän­kel ver­blas­sen bzw. als ledig­lich vor­der­grün­di­ge und kur­ze Epi­so­den vor einem weit auf­ge­spann­ten sozio-ener­ge­ti­schen Wir­kungs­zu­sam­men­hang erscheinen.

Unter­des­sen woh­nen die­ser Erkennt­nis vor allem in Hin­blick auf das Kon­zept der »Meta­po­li­tik« meh­re­re fol­gen­schwe­re poli­ti­sche Impli­ka­tio­nen inne. Geht man davon aus, daß Meta­po­li­tik »nichts ande­res als eine poli­ti­sche Lage­be­ur­tei­lung« ist, »die von der Fra­ge aus­ge­hen muß, wer der Feind ist, wo er steht und mit wel­chen Mit­teln er den Kampf führt« (Erik Leh­nert), so bie­tet die ener­ge­ti­sche Per­spek­ti­ve einen neu­en theo­re­ti­schen Rah­men zur Beur­tei­lung die­ser Lage, die vor fol­gen­schwe­ren Ver­kür­zun­gen und Kurz­sich­tig­kei­ten bewahrt.

Als aller­ers­tes läßt sich eine kla­re Feind­be­stim­mung vor­neh­men: Auf der Basis der oben dar­ge­leg­ten Pro­zes­se ist der Feind ein­deu­tig in der bür­ger­lich-libe­ra­len Gesell­schaft aus­zu­ma­chen. Sie ist zen­tra­ler Trä­ger und zumin­dest vor­über­ge­hen­der Pro­fi­teur der indus­tri­el­len Desta­bi­li­sie­rung. Die 68er oder die Neue Lin­ke sind alles Ablenk­zie­le, die selbst nur kurz­fris­ti­ge Aus­drucks­for­men eben­je­ner Trans­for­ma­ti­on darstellen.

Dem­zu­fol­ge gibt es kei­nen sta­bi­len Sta­tus quo ante in der Ver­gan­gen­heit der BRD, auf den es zurück­zu­keh­ren gel­te, weil mit ihm rech­te Gesell­schafts­kon­zep­te durch­zu­set­zen wären. Viel­mehr ist das bun­des­re­pu­bli­ka­ni­sche Sys­tem nur ein wei­te­res Glied in der lan­gen Ket­te der »gro­ßen Trans­for­ma­ti­on«, die im spä­ten 18. Jahr­hun­dert mit einer gewis­sen Vor­lauf­zeit ihren Anfang nimmt.

Fer­ner folgt dar­aus, daß die Form des Kon­ser­va­tis­mus, die sich mit den markt­wirt­schaft­li­chen Prin­zi­pi­en des Libe­ra­lis­mus arran­giert, bereits ver­lo­ren hat, da sie (ener­ge­ti­sche) Mecha­nis­men inkor­po­riert, die die von ihr wei­ter­hin wert­ge­schätz­te tra­di­tio­na­le Moral auf­lö­sen, womit sie selbst zu einem essen­ti­el­len Antrei­ber des von ihr kri­ti­sier­ten Zer­falls­pro­zes­ses wird. Ihr gra­vie­ren­der Feh­ler liegt in einer fehl­ge­lei­te­ten Feindbestimmung.

Das »rück­halt­lo­se Befra­gen« fort­füh­rend, gelangt man außer­dem zu dem Punkt, daß das beharr­li­che Insis­tie­ren vie­ler zeit­ge­nös­si­scher Rech­ter auf dem Natio­nal­staat als sta­bi­lem Flucht­punkt vor der rasen­den Bewe­gung der Trans­for­ma­ti­on und ihrer Homo­ge­ni­sie­rung von Kul­tu­ren einen trü­ge­ri­schen Irr­weg dar­stellt, inso­fern als die Nati­on Pro­dukt und Agens eben­je­nes indus­tri­el­len Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses ist, den man mit ihrer Wie­der­in­stand­set­zung ein­zu­däm­men sucht.

Von die­sen klä­ren­den Fest­stel­lun­gen aus­ge­hend, ist es nun mög­lich, ein Alter­na­tiv­mo­dell zum Sta­tus quo zu kon­zi­pie­ren, das nicht Gefahr läuft, Mecha­nis­men zu beinhal­ten, die den Pro­zeß antrei­ben, des­sen Ende man her­bei­füh­ren möch­te. Aktu­ell ste­cken wir noch mit­ten in der Trans­for­ma­ti­ons­pha­se, die die sta­bi­len Nor­men­struk­tu­ren tra­di­tio­na­ler Gesell­schaf­ten in vola­ti­le Ver­hand­lungs­ob­jek­te ver­wan­delt oder bereits umge­wan­delt hat.

Indes ist nicht davon aus­zu­ge­hen, daß die ein­zig­ar­ti­ge Ent­fes­se­lung von Ener­gien sich je in einem sta­tio­nä­ren Zustand ein­pen­deln wird. Da der Sta­tus quo selbst trans­for­ma­ti­ven Cha­rak­ter trägt und in ihm kei­ne zu ver­tei­di­gen­den Bestän­de exis­tie­ren, muß zu einem »revo­lu­tio­nä­ren« Ansatz gegrif­fen wer­den. Die poli­ti­sche Pro­gram­ma­tik ist also auf die Zukunft aus­zu­rich­ten, in der eine gesell­schaft­li­che Ord­nung zu errich­ten ist, die die »gro­ße Trans­for­ma­ti­on« unter­bricht und es ver­mag, erneut fes­te Nor­men­struk­tu­ren und sta­bi­le kul­tu­rel­le Bezugs­sys­te­me zu schaf­fen, deren Bewah­rung lohnt.

Die Betrach­tung des gegen­wär­ti­gen Zustands anhand des »gesell­schaft­li­chen Stoff­wech­sels« hilft dabei, die dafür not­wen­di­gen Maß­nah­men, wie bei­spiels­wei­se die Ver­rin­ge­rung des Stoff­durch­sat­zes, zu erken­nen. Was die ener­ge­ti­sche Per­spek­ti­ve und der Fokus auf den »gesell­schaft­li­chen Stoff­wech­sel« dar­über hin­aus ver­deut­licht, ist, daß das poli­ti­sche Han­deln der Rech­ten auf Lang­wie­rig­keit aus­ge­legt sein muß – also meta­po­li­tisch in bes­tem Sin­ne zu sein hat.

Poli­ti­sche Epo­chen und der mit ihnen ver­bun­de­ne sozia­le Wan­del wech­seln sich nicht inner­halb von weni­gen Jahr­zehn­ten mit­ein­an­der ab, son­dern span­nen sich über Jahr­hun­der­te und sind dabei, wie wir gese­hen haben, in das sie tra­gen­de »sozi­al-meta­bo­li­sche Regime« ein­ge­bet­tet. Ein Den­ken in Wahl­zy­klen oder ein Ver­stei­fen auf einen par­la­men­ta­ri­schen Arm als ein­zi­gem Mit­tel, um Poli­tik und Gesell­schaft zu ver­än­dern, ist daher zum Schei­tern verurteilt.

Ins­ge­samt soll­te man in die par­la­men­ta­ri­schen Instru­men­te nicht die höchs­ten Erwar­tun­gen set­zen, da ihre Lösungs­kom­pe­ten­zen ein­ge­schränkt und sie Aus­druck von Stim­mun­gen im Volk sind, denen sie eher hin­ter­her­ren­nen, als daß sie die­se mit Absicht auf Lang­zeit­wir­kung beein­fluß­ten. Es bedarf also immer außer­par­la­men­ta­ri­scher Akteu­re, um blei­ben­de Struk­tu­ren zu schaf­fen, die auf die Gesell­schaft als Gan­zes wir­ken und sich dabei als Gene­ra­tio­nen­pro­jek­te ver­ste­hen, von deren Ergeb­nis wahr­schein­lich, wenn über­haupt, erst die Enkel pro­fi­tie­ren können.

Zur Beein­flus­sung des »gesell­schaft­li­chen Stoff­wech­sels« ver­spricht nur die auf Dau­er ange­leg­te Her­an­ge­hens­wei­se Erfolg.

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