Rebellion aus Tradition: der Carlismus

von Marcel Kehlberg -- PDF der Druckfassung aus Sezession 97/ August 2020

Golo Mann schrieb ein­mal, Spa­ni­en sei ein ein­sa­mes Land. Tat­säch­lich ist Spa­ni­en selbst in sei­ner his­to­ri­schen Blü­te­zeit dem Rest Euro­pas immer fremd geblie­ben. Zu abge­schie­den war sei­ne Lage am süd­west­li­chen Rand des Kon­ti­nents in unmit­tel­ba­rer Nähe zum maghre­bi­ni­schen Islam, zu ver­schlos­sen sei­ne in jahr­hun­der­te­lan­ger Recon­quis­ta aus­ge­bil­de­te Reli­gio­si­tät, zu aske­tisch-meta­phy­sisch sei­ne gesam­te kul­tu­rel­le Blick­rich­tung. Die Ordens­grün­dun­gen, wel­che die­ses Land der katho­li­schen Kir­che geschenkt hat­te, wei­sen alle einen mys­tisch-mili­tä­ri­schen Cha­rak­ter auf: Domi­ni­ka­ner, Jesui­ten und die Lai­en­be­we­gung Opus Dei. Zwei­mal Neu­tra­li­tät in den zwei gro­ßen Welt­kon­flik­ten ver­stärk­te die­se Außen­sei­ter­rol­le noch, in der sich das Land nicht ohne Stolz ein­ge­rich­tet hatte.

Fremd und kaum ver­mit­tel­bar erscheint auch die Bewe­gung des Car­lis­mus, der außer­halb Spa­ni­ens fast kein Echo fand. Ein dynas­ti­sches Pro­blem in der Thron­fol­ge ent­fal­te­te eine der­ar­ti­ge Mobi­li­sie­rungs­en­er­gie, daß es zu drei, eigent­lich vier Krie­gen kam (hier dem schii­ti­schen Islam nicht unähn­lich). Der Car­lis­mus zählt damit zur hart­nä­ckigs­ten wie lang­le­bigs­ten kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on oder bes­ser Rebel­li­on der neue­ren Geschich­te. Sei­ne Auf­stän­de brach­ten ihm drei Nie­der­la­gen und zuletzt einen Schein-Sieg nach dem Spa­ni­schen Bür­ger­krieg ein. Nach­dem Fran­co die car­lis­ti­schen Mili­zen auf den Schlacht­fel­dern gebraucht hat­te, wur­den die­se nach dem sieg­rei­chen Ende schnell ent­sorgt und sein poli­ti­scher Flü­gel zur folk­lo­ris­ti­schen Mar­gi­na­lie ernied­rigt. Mit Aus­nah­me der fes­ten Ver­an­ke­rung der römisch-katho­li­schen Kon­fes­si­on in Fran­co-Spa­ni­en, konn­te die car­lis­ti­sche Bewe­gung kei­ne ihrer wei­te­ren For­de­run­gen ver­wirk­li­chen. Der Thron­prä­ten­dent aus der Linie Bour­bon-Par­ma blieb unbe­rück­sich­tigt und die For­de­rung nach regio­na­len Auto­no­mie­rech­ten war eben­so schnell vom Tisch. Es ist weit­ge­hend unbe­kannt geblie­ben, wie span­nungs­ge­la­den sein Ver­hält­nis zum Fran­qu­is­mus gewe­sen ist und wie sehr Car­lis­ten unter ihm ver­folgt wurden.

Doch der Car­lis­mus hat auch die Über­le­bens­fä­hig­keit tra­di­tio­nel­ler Idea­le in wech­seln­den Kon­tex­ten gezeigt, vor allem dann, wenn die­se Idea­le auf tief­sit­zen­de Bedürf­nis­se brei­ter Schich­ten tra­fen. Nicht umsonst bewun­der­te Karl Marx den Car­lis­mus für des­sen authen­ti­sche Volks­nä­he. Von einer Per­so­na­lie in der Königs­fa­mi­lie ging es bald zu grund­sätz­li­chen Posi­tio­nen, die zu allen Zei­ten ihre Anhän­ger fan­den und fin­den wer­den. Gleich­zei­tig illus­triert die Geschich­te des Car­lis­mus und sei­ner Zwei­ge, wo die Gefah­ren für kon­ser­va­ti­ve Revo­lu­tio­nä­re lie­gen. Sie offen­bart die Schwä­chen einer vor­wie­gend cha­ris­ma­ti­schen Herr­schafts­auf­fas­sung in der Kon­fron­ta­ti­on mit der ver­meint­li­chen All­macht his­to­ri­scher Ent­wick­lung. Auch dem Car­lis­mus blie­ben Ver­su­chun­gen in die­ser Rich­tung nicht erspart. Dyna­mik und Erstar­rung, Volks­nä­he und Nische, Expe­ri­ment und Resi­gna­ti­on – der Car­lis­mus fand sich immer wie­der zwi­schen die­se Pole gestellt. Manch­mal wuch­sen ihm dar­aus unge­ahn­te Kräf­te zu, manch­mal lau­er­ten dort töd­li­che Gefahren.

Im fol­gen­den wer­den der Ein­fach­heit hal­ber die Namen der car­lis­ti­schen Thron­an­wär­ter in ihrer spa­ni­schen Schreib­wei­se wiedergegeben.

Alles beginnt mit den Napo­leo­ni­schen Krie­gen und ihren Fol­ge­wir­kun­gen. Der erbit­ter­te Volks­krieg ab 1808 gegen die fran­zö­si­schen Inva­so­ren wur­de im Namen des in Valen­çay (süd­öst­lich von Tours gele­gen) gefan­gen­ge­hal­te­nen spa­ni­schen Königs Fer­nan­do VII. und sei­ner Fami­lie geführt. Unter Kriegs­be­din­gun­gen trat im anda­lu­si­schen Cádiz ein Rumpf­par­la­ment zusam­men (Cor­tes de Cádiz), in wel­chem sich zwei poli­ti­sche Strö­mun­gen für den Ver­tei­di­gungs­krieg zusam­men­rauf­ten, die bald danach in unver­söhn­li­cher Feind­schaft ein­an­der gegen­über­ste­hen soll­ten: Libe­ra­le und Kon­ser­va­ti­ve. Bei­de rekla­mier­ten den Wil­len des spa­ni­schen Königs­hau­ses der Bour­bon-Anjou für sich und woll­ten die Nach­kriegs­ord­nung ihren Vor­stel­lun­gen ent­spre­chend gestal­ten. Als pro­pa­gan­dis­ti­sches Schwer­ge­wicht der kon­ser­va­ti­ven Sei­te trat von Beginn an die katho­li­sche Geist­lich­keit des Lan­des auf, die nicht müde wur­de, die Prin­zi­pi­en von 1789 zu ver­dam­men und in der Deka­denz der fran­zö­si­schen Bour­bo­nen die Ursa­che der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on zu gei­ßeln. Beson­ders man­che Ordens­leu­te sta­chen durch glü­hen­den Fana­tis­mus her­vor, der eini­ge von ihnen bald dar­auf für die car­lis­ti­sche Sache zur Waf­fe grei­fen ließ. Das Königs­haus habe sein Got­tes­gna­den­tum ver­ges­sen und müs­se ange­hal­ten wer­den, sich des meta­phy­si­schen Ursprungs sei­ner Königs­herr­schaft wie­der gewahr zu wer­den, so heißt es in einem ers­ten car­lis­ti­schen Dekret von kon­ser­va­ti­ven Depu­tier­ten. Der cha­rak­ter­schwa­che König Fer­nan­doVII. gerät jedoch zuneh­mend unter den Ein­fluß libe­ra­ler Kräf­te, die beson­ders durch sei­ne letz­te Ehe­frau Maria Chris­ti­na von Nea­pel-Sizi­li­en bestärkt wer­den, Spa­ni­en zu einem moder­nen, zen­tra­lis­ti­schen Natio­nal­staat umzu­for­men. Der König hin­ter­läßt kei­nen männ­li­chen Nach­fol­ger und wird gedrängt, das bis dahin gel­ten­de sali­sche Erb­fol­ge­recht, wonach nur männ­li­che Nach­kom­men Anrecht auf den Thron haben, abzu­schaf­fen, um sei­ner Toch­ter Isa­bel­la (als Isa­bel­la II.) die Thron­fol­ge zu sichern. Daß damit im Grun­de ein noch älte­res Erb­fol­ge­recht unbe­ab­sich­tigt wie­der zur Gel­tung gelangt, wird von car­lis­ti­scher Sei­te aller­dings verdrängt.

Sein unsi­che­rer jün­ge­rer Bru­der Car­los von Bour­bon-Par­ma (für die Car­lis­ten Car­los V.) hat­te die­ser Rege­lung zunächst zuge­stimmt (Prag­má­ti­ca Sanción), bevor er sodann in einem Mani­fest sei­ne Ansprü­che gemäß sali­schen Rechts ein­for­dert und mit sei­nen Anhän­gern, etwa drei Vier­tel der länd­li­chen Bevöl­ke­rung, in Nord­spa­ni­en eine Art car­lis­ti­schen Pro­to-Staat eta­bliert. Car­los V. gibt der Bewe­gung sei­nen Namen, den sie fort­an tra­gen wird.

Die Spal­tung geht der­weil durch alle Schich­ten und Beru­fe (Aus­nah­me: Kle­rus). Die könig­li­che Armee wird von Sym­pa­thi­san­ten des Car­los rigo­ros gesäu­bert, was ihm vie­le Offi­zie­re zutreibt, die sei­ne Auf­stands­ar­mee for­men wer­den. Einer von ihnen ist der bis heu­te bekann­te legen­dä­re bas­ki­sche Oberst Tomás de Zumalacár­re­gui, von sei­nen Anhän­gern lie­be­voll »Onkel Tomás« geru­fen, der bis zu sei­nem Tod 1835 einen effek­ti­ven wie bru­ta­len Gue­ril­la­krieg gegen Isa­bel­las Trup­pen füh­ren wird. Der ers­te Car­lis­ten­krieg dau­ert von 1833 bis 1840 und kommt in Sachen Grau­sam­keit an den spa­ni­schen Bür­ger­krieg hun­dert Jah­re spä­ter pro­blem­los her­an. Schau­plät­ze der Kämp­fe sind vor allem die nörd­li­chen Regio­nen (beson­ders Navar­ra), denen der Car­lis­mus die über­lie­fer­ten Son­der­rech­te und Selbst­ver­wal­tun­gen, die fueros oder auzolán, garan­tie­ren will, die eigent­lich dem moder­nen Natio­nal­staat hät­ten wei­chen sol­len. Es sind beson­ders die Regio­nen, aus denen einst die Recon­quis­ta ihren Anfang genom­men hat­te. In der Wahr­neh­mung vie­ler Car­lis­ten war der Libe­ra­lis­mus eine ähn­lich frem­de Macht wie sei­ner­zeit der Islam. Somit ist der Car­lis­mus nie eine im moder­nen Sinn natio­na­lis­ti­sche Bewe­gung gewe­sen, was für sei­ne spä­te­ren Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Falan­ge von Bedeu­tung sein wird. Statt der Nati­on nimmt er die Schol­le in den Blick und nähert sich in sei­ner pro­gram­ma­ti­schen Ent­wick­lung, die erst nach dem ers­ten Car­lis­ten­krieg ein­set­zen wird, sogar anar­chis­ti­schen Model­len eines loka­len Kom­mu­ni­ta­ris­mus an.

Köni­gin Isa­bel­la II. kann den Kon­flikt für sich ent­schei­den, auch weil Eng­land sowie Frank­reich ihr zur Sei­te ste­hen (Eng­land schickt halb­ver­hun­ger­te Iren als »Frei­wil­li­ge«, preu­ßi­sche Frei­wil­li­ge kämp­fen bei den Car­lis­ten) und der Kir­chen­staat Neu­tra­li­tät wahrt. Die Köni­gin bemüht sich nach dem Krieg um eine Ver­söh­nung bei­der Posi­tio­nen, die ihr aber nicht gelingt. Car­lis­ti­sche Über­res­te set­zen vor allem in Kata­lo­ni­en ihre bewaff­ne­ten Aktio­nen gegen die libe­ra­le Mon­ar­chie fort und pro­vo­zie­ren so den zwei­ten Car­lis­ten­krieg, der sich auf die­se Regi­on kon­zen­trie­ren wird.

Unter­des­sen wächst in Car­los VII. ein cha­ris­ma­ti­scher wie kraft­vol­ler Thron­prä­ten­dent her­an, der dem Car­lis­mus neue Ener­gie ein­flößt und ihn als reak­tio­när-revo­lu­tio­nä­re Kraft in die Moder­ne führt. Auch wenn er letzt­lich alles auf die mili­tä­ri­sche Kar­te set­zen wird und sich so eine Nie­der­la­ge ein­han­delt, steht er am Beginn der intel­lek­tu­el­len Aus­for­mung der Bewe­gung. Der Car­lis­mus wan­delt sich unter ihm von einer rei­nen Gefolg­schafts- in eine Gesin­nungs­par­tei mit einer Pro­gram­ma­tik, die über dynas­ti­sche Fra­gen hinausgeht.

Car­lis­ten waren nicht nur voll­bär­ti­ge Ban­di­ten unter roten Bas­ken­müt­zen, die nach der hei­li­gen Mes­se die Sier­ra unsi­cher mach­ten, so wie es die eige­ne und frem­de Pro­pa­gan­da gern in aller Far­big­keit dar­stell­te. Unter den Car­lis­ten fan­den sich viel­mehr auch Intel­lek­tu­el­le, die sich zu poli­ti­schen Clubs zusam­men­schlos­sen und in den urba­nen Zen­tren Spa­ni­ens eine rege Pres­se­tä­tig­keit ent­fal­te­ten. Car­los VII. hat­te erkannt, daß er die Köp­fe der Men­schen gewin­nen muß­te und so ent­stand in sei­ner Zeit die poli­ti­sche Par­tei Comu­nión Cató­li­co-Monár­qui­ca, die spä­ter ein­fach unter Comu­nión Tra­di­cio­na­lis­ta zusam­men­ge­faßt wer­den soll­te. Eine Viel­zahl car­lis­ti­scher Zir­kel und spä­ter auch wei­te­rer poli­ti­scher Par­tei­en, die sich zwi­schen der Anhäng­lich­keit an ihren Favo­ri­ten (z. B. Part­ido Jai­mis­ta) und einer abs­trak­te­ren Pro­gram­ma­tik sor­tie­ren, erblickt das Licht der Welt. Eben­so viel­fäl­tig ist die car­lis­ti­sche Pres­se­land­schaft, in der kon­ser­va­ti­ve Vor­den­ker wie Juan Váz­quez de Mel­la (der spa­ni­sche de Maist­re) und Fran­cis­co Navar­ro Vil­los­la­da eine car­lis­ti­sche Welt­an­schau­ung for­mu­lie­ren. Zu ihnen darf man auch bereits den Staats­phi­lo­so­phen und Diplo­ma­ten Juan Dono­so Cor­tés zählen.

Beson­ders in der Zei­tung El Cor­reo Espa­ñol wird gegen Par­la­men­ta­ris­mus und Abso­lu­tis­mus glei­cher­ma­ßen ange­schrie­ben, was beweist, daß der Car­lis­mus geis­tig zu mehr als nur zur Nost­al­gie fähig war. Beson­ders de Mel­la wirbt um eine Ver­söh­nung der gesell­schaft­li­chen Klas­sen unter dem Ban­ner des christ­li­chen Glau­bens. Er wen­det sich gegen libe­ra­le Abs­trak­tio­nen und zeich­net ein Bild des Men­schen, der immer zuerst schon eine Inkar­na­ti­on von Tra­di­tio­nen ist. Als eini­gen­de Klam­mer für das Land schwebt de Mel­la ein natio­na­ler Regio­na­lis­mus vor, in dem das Prin­zip der Sub­si­dia­ri­tät gel­ten solle.

1872 bis 1876 kommt es schließ­lich zum Drit­ten Car­lis­ti­schen Krieg, da Car­los VII. sein Ver­trau­en wie­der­um ein­zig auf die Spra­che der Waf­fen gesetzt hat­te. In Erin­ne­rung bleibt sein Schwur am mythi­schen Baum von Guer­ni­ca, dem Sym­bol für die bas­ki­sche Selbst­be­stim­mung. Der Feld­zug endet kläg­lich. Er selbst stirbt 1909 im ita­lie­ni­schen Vare­se. Die Zeit danach ist getra­gen von wei­te­ren Ver­su­chen, den car­lis­ti­schen Gedan­ken zu ver­an­kern. Die stu­den­ti­sche Jugend grün­det 1886 ihre eige­ne car­lis­ti­sche Ver­ei­ni­gung AET (Agrup­a­ción Esco­lar Tra­di­cio­na­lis­ta), die sich gegen den Moder­nis­mus, beson­ders den Natu­ra­lis­mus in der Lite­ra­tur wen­det und Wis­sen­schaft mit Tra­di­ti­on ver­söh­nen möch­te. Der Jugend gelingt es, den Car­lis­mus am Leben zu erhal­ten, ihn vor allem in den Dör­fern, sei­nen tra­di­tio­nel­len Bas­tio­nen, vor dem Aus­ster­ben zu bewah­ren. Sie ist es, die den car­lis­ti­schen Wunsch nach regio­na­ler Selbst­be­stim­mung mit den Ideen des rus­si­schen Anar­chis­ten Kro­pot­kin in Ein­klang zu brin­gen sucht. Aus die­ser Jugend wird 1907 auch der para­mi­li­tä­ri­sche Arm der Reque­tés (Rekru­ten) her­vor­ge­hen, der im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg Fran­cos Sieg mit her­bei­füh­ren wird.

In die­sen Krieg steigt die car­lis­ti­sche Par­tei jedoch unter fal­schen Vor­aus­set­zun­gen an der Sei­te der put­schen­den Mili­tärs ein. Der poli­ti­sche Füh­rer der Bewe­gung ist zu die­ser Zeit der Anda­lu­si­er Manu­el Fal Con­de, da der letz­te car­lis­ti­sche Prä­ten­dent Alfon­so Car­los I. 1936 ohne Nach­kom­men stirbt und somit Prä­ten­den­ten aus Sei­ten­li­ni­en auf­rü­cken. Die Repu­blik konn­te sich mit ihrer anti­kirch­li­chen Poli­tik bei den Car­lis­ten kei­ne Freun­de machen. So steht bald ein Bünd­nis mit spa­ni­schen Gene­rals­cli­quen im Raum, die sich (vor Fran­co) gegen die Repu­blik ver­schwo­ren hat­ten. Ein Abkom­men zwi­schen den Car­lis­ten und ihren eins­ti­gen Fein­den, den Madri­der Mili­tärs unter Gene­ral San­jur­jo sah vor, daß die Reque­tés, von Berufs­of­fi­zie­ren gedrillt, an der Sei­te der Fron­deu­re auf­mar­schie­ren wür­den und dafür im Fal­le des Sie­ges Javier de Bour­bon-Par­ma zum König von Spa­ni­en erhal­ten soll­ten. Der Tod San­jur­jos und der kome­ten­haf­te Auf­stieg Fran­cis­co Fran­cos gefähr­de­ten das Abkom­men, das jedoch von Sei­ten Fal Con­des nicht gekün­digt wur­de. 1937 ver­an­laß­te der Gene­ra­lis­si­mus Fran­co schließ­lich die Zwangs­ver­ei­ni­gung der Car­lis­ten mit der phi­lo-faschis­ti­schen Falan­ge und wei­te­rer rechts-libe­ra­ler Par­tei­en zur Ein­heits­par­tei FET y de las JONS, um eine Auf­split­te­rung der natio­na­len Kräf­te im Ver­gleich zum heil­los zer­strit­te­nen repu­bli­ka­ni­schen Lager zu ver­hin­dern. Die­se Zwangs­ver­ei­ni­gung brach­te den Car­lis­mus an den Rand der Unkennt­lich­keit. Vie­le sei­ner Anhän­ger, dar­un­ter der in Por­tu­gal exi­lier­te Fal Con­de (er über­lebt meh­re­re Atten­tats­ver­su­che), agi­tie­ren fort­an gegen Fran­cos Regime, oft am Ran­de reli­giö­ser Zere­mo­nien oder gleich im Unter­grund. In den Haft­an­stal­ten des Regimes kommt es in den 1950er Jah­ren sogar zu Annä­he­rungs­ver­su­chen von sei­ten spa­ni­scher Kom­mu­nis­ten, denen eine quer­front­ar­ti­ge Ein­heitspha­lanx gegen Fran­co vorschwebt.

Die blei­er­ne Zeit des Fran­qu­is­mus bleibt im Car­lis­mus nicht ohne Spu­ren. Der Ver­such, sich aus der erdrü­cken­den Umar­mung zu win­den und zu poli­ti­scher Eigen­stän­dig­keit zu gelan­gen, treibt man­che Akti­vis­ten in die geis­ti­ge Nähe der stramm anti­fran­quis­ti­schen Lin­ken. Beson­ders der jun­ge und dyna­mi­sche Car­los Hugo von Bour­bon-Par­ma, von dem man sich erzähl­te, er habe inko­gni­to als Berg­ar­bei­ter in Astu­ri­en geschuf­tet, dreht das car­lis­ti­sche Steu­er reso­lut nach links und pro­pa­giert eine sozia­lis­ti­sche Mon­ar­chie, die sich den Bun­destaat Jugo­sla­wi­en zum Vor­bild für eine Ord­nung der spa­ni­schen Ver­hält­nis­se nimmt. Gleich­wohl gera­ten hin und wie­der auch bas­ki­sche Car­lis­ten ins Visier der links-natio­na­lis­ti­schen­E­TA. 1968 ver­weist der Dik­ta­tor ihn mit­samt sei­ner Fami­lie des Landes.

In der Per­son des 2010 ver­stor­be­nen Car­los Hugo kommt das Dilem­ma des Car­lis­mus im spä­ten Fran­qu­is­mus noch ein­mal zum Vor­schein. Die Fra­ge nach der Exis­tenz­be­rech­ti­gung einer vor­mo­der­nen Bewe­gung wur­de von ihm und sei­nen Anhän­gern ein­zig im anti­fran­quis­ti­schen Enga­ge­ment beant­wor­tet unter Zurück­drän­gung von Posi­tio­nen des Anti-Mar­xis­mus sowie der Über­lie­fe­rung. Ein ande­rer Zweig des poli­ti­schen Car­lis­mus (unter dem Gra­fen Rodez­no) hat­te da bereits Frie­den mit Fran­co geschlos­sen, vor allem, als die mäch­ti­ge katho­li­sche Kir­che, allen vor­an das Opus Dei, den Schul­ter­schluß mit dem Regime such­te. Der Car­lis­mus ver­lor sein eini­gen­des Band. Der Bru­der von Car­los Hugo, Six­to Enri­que von Bour­bon-Par­ma (* 1940, ein Alt­phi­lo­lo­ge und Ex-Legio­när), ver­sucht seit­dem in kla­rer Distanz zu die­sem, die Bewe­gung zu ihren Ursprün­gen zurück­zu­füh­ren und sucht hier­zu gele­gent­lich die Nähe zu spa­ni­schen Rechts­extre­mis­ten. In sei­nem Sekre­tär Prof. José Miguel Gam­bra hat die heu­te stark geschrumpf­te Bewe­gung noch ein­mal einen Ideo­lo­gen gefun­den, der gegen die gott­ver­ges­se­ne EU und für eine neue pan-euro­päi­sche Chris­tia­ni­tas als eini­gen­des Band über die Natio­na­lis­men hin­aus streitet. 

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