Wiener Widerstandswochenende

Am vergangenen Wochenende bot mir meine Wahlheimat Wien in fußläufiger Entfernung drei letzte Formen des Widerstands.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Sie kön­nen unter­schied­li­cher nicht sein. Und doch haben sie etwas Wesent­li­ches gemeinsam.

Begin­nen wir mit dem Frei­tag­abend. Der Karo­lin­ger-Ver­le­ger, Ras­pail-Über­set­zer und Vize­kon­sul von Pata­go­ni­en zu Wien, Kon­rad Mark­ward Weiß, und des­sen Maît­re de Plai­sir et des Céré­mo­nies von Pata­go­ni­en zu Wien und Impre­sa­rio des Fer­di­nan­di­hofs, Ronald Schwar­zer, hat­ten zur “Pata­go­ni­schen Nacht” gela­den. Dem gro­ßen fran­zö­si­schen Schrift­stel­ler Jean Ras­pail, Ver­fas­ser des Heer­la­gers der Hei­li­gen, war der Abend in ehren­der Erin­ne­rung gewidmet.

Im ver­gan­gen Jahr gab es anläß­lich sei­nes Todes ein Requi­em in der Karls­kir­che und danach ein gro­ßes Lei­chen­be­gäng­nis. Das heu­ri­ge Fest – es soll in Zukunft jedes Jahr ein sol­ches stei­gen – bot Lesun­gen, Erzäh­lun­gen, die pata­go­ni­sche Hym­ne erklang, wei­te­re musi­ka­li­sche und komö­di­an­ti­sche Dar­bie­tun­gen, viel Wein, und mei­ne Wenig­keit koch­te pata­go­ni­sche Erd­äp­feln nach erfun­de­nem Rezept.

Mar­tin Licht­mesz hat­te für die­sen Abend ein klei­nes Stück frisch über­setzt aus einem sel­te­nen Band mit dem Titel Bou­le­vard Ras­pail, in dem der Schrift­stel­ler sei­ne Ent­de­ckung des “Königs von Pata­go­ni­en” erzählt. Die Chro­nik endet mit dem Satz:

Ich frag­te den Prin­zen: “Haben Sie denn kei­ne Angst vor der Gro­tes­ke?” Ich bereue die­se Fra­ge. Denn nichts ist gro­tesk am Men­schen, wenn er sich zum König erträu­men will. Jeder Mensch ist ein König. Die­je­ni­gen, die das nie­mals ver­spürt haben, und sei es nur eine flüch­ti­ge Sekun­de lang, ich weiß nicht, wie sie sich nennen …

So beschrieb Weiß 2020 in einem Nach­ruf Ras­pails “Pata­go­nis­mus”:

Antoine de Tounens, ein Pro­vinz­ad­vo­kat des 19. Jah­rund­erts, hat­te sein Leben der fixen Idee ver­schrie­ben, sich ohne Res­sour­cen und Unter­stüt­zung zum König der pata­go­ni­schen Urein­woh­ner auf­zu­schwin­gen, sie ver­eint gegen die chi­le­nisch-argen­ti­ni­schen Unter­drü­cker zu füh­ren. Abneh­men­den Erfol­gen stand bald zuneh­men­der Rea­li­täts­ver­lust gegen­über; besiegt, ver­spot­tet, aber unge­bro­chen ging „Ore­lie-Antoine I.“ 1878 in einer elen­den Dach­kam­mer im fran­zö­si­schen „Exil“ zugrun­de. Man ahnt es: Hier flie­ßen alle Fas­zi­na­tio­nen Ras­pails zusam­men. Sein resul­tie­ren­der Roman erhält den begehr­ten Grand Prix de l’Académie fran­çai­se. Die Fas­zi­na­ti­on vom geträum­ten König­reich am Ende der Welt aber ver­fes­tigt sich, wird ihm zur „Ersatz­na­tio­na­li­tät“ – und gras­siert: Vom Grab Anto­i­nes ver­nimmt Ras­pail augen­zwin­kernd die Beru­fung zum „Gene­ral­kon­sul“, erschafft „Pata­go­ni­en“ mili­tä­ri­sche und zivi­le Amts­trä­ger, Institutionen.

In die­sem Jahr erscheint bei Antai­os von ihm über­setzt Der König von jen­seits des Mee­res, wor­aus der fol­gen­de, am näm­li­chen Abend eben­falls ver­le­se­ne Satz in mei­nen Augen eine sehr eigen­tüm­li­che Form des Wider­stands beschreibt:

Wenn man eine (fast) ver­lo­re­ne Sache ver­tritt, muß man ins Horn sto­ßen, auf sein Pferd sprin­gen und einen letz­ten Aus­fall wagen, andern­falls man an Alters­schwä­che trau­rig im hin­ters­ten Win­kel der ver­ges­se­nen Fes­tung stirbt, die nie­mand mehr bela­gert, weil das Leben anders­wo­hin wei­ter­ge­zo­gen ist.

Wenn die eige­ne Nati­on und das eige­ne Volk nichts mehr Sub­stan­zi­el­les her­ge­ben kön­nen, ver­legt sich der unbeug­sa­me und durch nichts zu belei­di­gen­de Mensch auf das Reich der Lite­ra­tur, das Rei­che her­vor­zu­brin­gen ver­mag, die die Welt nie gese­hen hat, nie sehen wird, und die der See­le für immer eine inne­re Richt­schnur geben kön­nen. Wenn die­ses Fest auf lan­ge Sicht das letz­te ange­sichts des galop­pie­ren­den Wahn­sinns der Welt, die man irr­tüm­li­cher­wei­se die “Rea­li­tät” nennt, gewe­sen sein soll­te, so war es ein dop­pelt würdiges.

– – –

Sams­tag­nach­mit­tag. “Mega­de­mo” am Karls­platz, vor der bereits erwähn­ten Karls­kir­che. Dies­mal ließ die Poli­zei die Men­ge gnä­dig gewäh­ren. Ver­si­ckern­las­sen-Tak­tik. Statt “Poli­zei­staat” spiel­te die Obrig­keit dies­mal den die “Beklopp­ten” (Joa­chim Gauck) spie­len­las­sen­den Onkel. Auch Pre­dig­ten zu den Bekehr­ten  – wor­um es sich bei Reden an Demons­tran­ten grund­sätz­lich han­delt – haben immer ihre auf­schluß­rei­chen Momente.

Meh­re­re Red­ner erwähn­ten die Spal­tung inner­halb der “Sze­ne”, allein, daß zwei neue Kleinst­par­tei­en auf­tra­ten, zeigt dies an. Das demo­üb­li­che “Kurz-muß-weg!”-Geschrei hielt eine Red­ne­rin zu recht für zu kurz gegrif­fen, denn eine Mario­net­ten­re­gie­rung kann man um den Kas­perl erleich­tern, ohne das Schau­spiel zu been­den, wor­auf aus der Men­ge “Kurz! Muß! Weg!” ertön­te. Ein katho­li­scher Pfar­rer i.R. aus dem schö­nen Kärnt­ner Städt­chen Gurk kon­tras­tier­te die “Geor­gia Gui­des­to­nes” exege­tisch mit den Zehn Geboten.

Ein unbe­kann­ter Typ kleb­te in sei­ner Anspra­che das “Mal­zei­chen des Tie­res” aus der Johan­ne­s­a­po­ka­lyp­se, die “Zahl des Tie­res” 666 und die Imp­fung zusam­men. Exakt sol­che Aus­las­sun­gen stim­men mich ärger­lich, denn es ist nicht ohne Bedeu­tung, daß apo­ka­lyp­ti­sche Anzei­chen sich die­ser Tage ver­dich­ten, aber wer die Geimpf­ten auto­ma­tisch für sowohl des Todes als auch des Teu­fels hält, macht jeg­li­chen erns­ten Gedan­ken an end­zeit­li­ches Gesche­hen unglaub­wür­dig, obwohl er – kind­lich, naiv und unan­ge­mes­sen – das Gegen­teil beabsichtigt.

Moni­ka Don­ner, mög­li­cher­wei­se die ein­zi­ge seriö­se Trans­se­xu­el­le auf wei­ter Flur, gelang es, “zack, zack” die Kern­ge­dan­ken aus ihrem Buch Coro­na­dik­ta­tur zusam­men­zu­fas­sen und einen Poli­zis­ten in mei­ner Sicht­wei­te zu Trä­nen zu brin­gen mit dem Ver­weis auf den Ver­fas­sungs­eid, dem all­zu­vie­le Befeh­le Minis­ter Neham­mers an sei­ne Exe­ku­ti­ve nicht mehr entsprechen.

“Coro­na­de­mos” sind pri­ma Fut­ter für “zeit­ge­schicht­li­che Betrach­tun­gen” (Rudolf Stei­ner). Wenn ich oben schrieb, es hand­le sich um letz­te For­men des Wider­stands, so ist zu bemer­ken, daß die­se hier zwar die über­kom­me­nen Mit­tel der “Demo” prä­sen­tier­te, aber weder ein ein­heit­li­ches Macht­ziel noch eine ein­heit­li­che Ideo­lo­gie kennt – inso­fern das Feld des Poli­ti­schen schon halb ver­las­sen hat.

Das anvi­sier­te Mons­trum zeigt sich in vie­ler­lei Gestalt. Die es bekämp­fen wol­len, ver­hal­ten sich wie die berühm­ten Blin­den aus dem Gleich­nis, die den Ele­fan­ten beschrei­ben. Ver­fas­sungs­po­chern, Frei­heit­li­chen, Basis­de­mo­kra­ten, Eso­te­ri­kern, Tra­di­tio­na­lis­ten und ande­ren Chris­ten, Erb­sen­zäh­lern, auf­rech­ten Medi­zi­nern, Home­schoo­lern, Klas­sen­kämp­fern, Q‑Anhängern, Patrio­ten und Kin­der­schüt­zern (womit längst nicht alle auf­ge­zählt sind) bie­tet sich jeweils ein ande­res Bild des Monstrums.

Es ist mei­ner Ansicht nach unmög­lich, die­se Leu­te jemals zu bün­deln oder poli­tisch “auf rechts” zu dre­hen. Mag man­cher von uns dies bit­ter bekla­gen, mir erscheint es der Sache ange­mes­sen: das Mons­trum ist genau­so­we­nig von uns wie von all die­sen Blin­den, Blin­zeln­den und Bli­cken­den ganz zu erfassen.

– – –

Sonn­tag­früh. Vor der Mino­ri­ten­kir­che im 1. Wie­ner Gemein­de­be­zirk, einem herr­li­chen goti­schen Bau, strömt eine Men­ge fest­lich geklei­de­ter Meß­be­su­cher zusam­men. Seit dem 29. Juni 2021 gehört die Kir­che der Pries­ter­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX), die Ita­lie­ni­sche Kon­gre­ga­ti­on, in deren Eigen­tum sich die Mino­ri­ten­kir­che vor­her befand, tätig­te aus wohl­be­dach­ten Grün­den eine Schen­kung. “Mariä Namen”, der 12. Sep­tem­ber, erwies sich als geeig­ne­ter Fest­tag, um mit Glanz und Glo­ria eine wür­di­ge Alte Mes­se vor geschätzt 500 Gläu­bi­gen zu zelebrieren.

An das Hoch­amt schloß sich eine Mari­en­pro­zes­si­on an, die mit lau­tem Gesang und Gebet auch am Ste­phans­dom vor­bei­führ­te, woselbst die Erz­diö­ze­se gegen­wär­tig eine Impf­sta­ti­on in der NS-Eutha­na­sie-Gedenk­ka­pel­le betreibt.

Mit Kum­mer und Sor­gen bela­den, doch auch mit ver­trau­en­dem Sinn / so zieh’n wir zum Bil­de der Gna­den / die Pfa­de der Buße dahin / O füh­re Maria die Blin­den, damit sie im Him­mel dich finden …

Ich habe in die­sen drei gro­ßen Men­schen­an­samm­lun­gen der­ar­tig vie­le eigen­tüm­li­che Phy­sio­gno­mien gese­hen, daß dies allein der Erwäh­nung wert ist. Kei­ne “Freak­show” ist gemeint, auch kein Auf­zug von Selbst­dar­stel­lern, son­dern ich sah den Gesich­tern an, daß die­se Men­schen eige­ne Wege gehen und der “Her­den­im­mu­ni­tät” nicht mehr zugäng­lich sind.

Man­cher fand sich bei zwei, eini­ge sogar bei allen drei Ereig­nis­sen die­ses Wochen­en­des ein. Nun sind sie wie­der zuhau­se und har­ren der Din­ge, die da kom­men wer­den. Mögen sie auch lan­ge aus­har­ren müs­sen, im Geis­te sind alle rege.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

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Kommentare (34)

Laurenz

14. September 2021 12:25

@CS (1)

1. Ihre König-von-Patagonien-Nummer klingt auch nicht anders als die Erzählung des späten Che Guevara.

2. Der multi-optionale Widerstand ist natürlich nicht auf einen Nenner zu bringen, warum auch? Es geht nur darum, Existenz des Andersdenkens zu repräsentieren. Und wenn die Demo veraltet ist, was wäre denn die moderne Form des Widerstands? Nix als scheinkluge Sprüche, Frau Sommerfeld. Oder warten auch Sie, wie Niekisch, auf den Erlöser, der alle vereint?

"aber wer die Geimpften automatisch für sowohl des Todes als auch des Teufels hält, macht jeglichen ernsten Gedanken an endzeitliches Geschehen unglaubwürdig"

Viele Ihrer Kollegen schätzen das ganz anders ein.

https://youtu.be/uZdX5jL1Ero

Die Apokalypse war nichts anderes als billige Hoffnung auf die Endzeit des Römischen Reiches, welches die bekannte Welt bedeutete, vor allem in Anbetracht dessen, daß man militärisch selber nichts riß.

Telegram ist voll von zeitgeistigen Heilsbringern, welche die Apokalypse des "Jetzt" verkünden. Sowas geht immer nur mit Gläubigen & die sind nicht auszurotten.

Trifft die Taube den Falken und sagt, "ich glaube, Du tust mir doch nichts, lieber Falke!" Antwortet der Falke, "da wo Du glaubst, weiß ich schon".

Laurenz

14. September 2021 12:26

@CS (2)

3. Und die Marienprozession im Büßer-Gewand schätzen Sie als Widerstand ein? Fehlt ja nur noch die Selbst-Geißelung eines Berengar (Michael Habeck).

Ihr Artikel ist zwar schön geschrieben, aber irgendwie in keiner Weise schlüssig.

Kommentar Sommerfeld: Daß ausgerechnet Ihnen der gläubige Widerstand nicht zugänglich ist, war mir auch ohne Ihren Kommentar klar. Bitte mal ein neues Stück spielen!

zeitschnur

14. September 2021 12:32

Die Monstrosität ist ja nicht einseitig ... der Widerstand hat auch etwas Monströses. Und alles zusammen erscheint mir eher wie ein Delirium in einem Spiegelkabinett: Mit verglasten Augen sieht man Dinge, die da sind, größer, manche kleiner als sie sind, manche sieht man nicht, obwohl sie da sind und andere sind reine Trugbilder.

Ehrlich gesagt ist auch in mir die Sehnsucht nach einem "Patagonien", dem "Königreich am Ende der Welt", dem ich vielleicht schon lange angehöre, ohne dass es mir konturiert genug erkenntlich war. Ein Reich der Ruhe. Mag sein, dass diese knorrigen Gesichter des "Widerstandes jenseits der Herdenimmunität" dieses Vielleicht auch in sich klagen hören. Das Ende der Welt ist ein verborgener Ort des Bewusstseins, ein Innenreich. Dieses Reich erahnten am meisten die Deutschen und die Juden.

Der Fieberwahn knechtet uns allesamt, so oder so. Was wird an dem Morgen sein, an dem wir aufwachen mit kühler Stirn und klaren Augen? Irgendwer wird diesen Morgen erleben, auch dann, wenn viele ihn nicht mehr erreichen werden: den einen Ernüchterung bis ins Mark, den andern Erfüllung und das "Jetzt ist es da!"

URN

14. September 2021 12:43

Der erste Teil des Beitrags - recht informativ. Die beiden sich anschließenden Abschnitte - Schilderungen des Grauens..... Muß das wirklich sein?!

Kommentar Sommerfeld: Was "muß sein"? Daß es stattfindet oder daß ich es schildere?

Gracchus

14. September 2021 13:56

Schade, dass es Raspails Buch nur im Abo gibt. Angesichts des jammervollen Zustands "unserer" (also eben nicht) Demokratie bzw. Republik beginne ich auch von König und Kaiser zu träumen. Zur Piusbruderschaft muss man wissen, dass der impffreudige Papst Franziskus kürzlich das Motu propio seines Vorgängers zur alten Messe erledigt hat. Wer die alte Messe will, hat innerhalb der RKK quasi den Status eines Ingeimpften. Was das für romtreue Gruppierungen - wie der Petrusbruderschaft oder um den Propst Gösche im Wedding - bedeutet, ist mir noch nicht klar.

brueckenbauer

14. September 2021 14:17

Schön geschrieben. Und ja, ich freue mich über jede und mit jeder Art von Widerstand. Trotzdem bitte nicht aus dem Auge verlieren: Es sind letzten Endes die widerständigen Leute selbst, die uns brauchen - Maria und der patagonischen König sind nicht auf uns angewiesen. Ich denke, so sieht Frau Sommerfeld das auch.

URN

14. September 2021 14:25

Antwort auf Frage Sommerfeld: sowohl als auch. Ich verzichte gern auf Grauenvolles und dessen Schilderung.

Sandstein

14. September 2021 19:47

URN

14. September 2021 14:25

Antwort auf Frage Sommerfeld: sowohl als auch. Ich verzichte gern auf Grauenvolles und dessen Schilderung.
 

..was erwarten Sie denn, eine Trigger-Warnung für Sie? Wie empfindlich man reagieren kann, Hut ab! 

Gracchus

14. September 2021 20:06

@URN 

Was haben Sie denn gegen Marienprozessionen?

 

nom de guerre

14. September 2021 20:55

@ Gracchus

"Schade, dass es Raspails Buch nur im Abo gibt."

Dem schließe ich mich an. Es hätte eine größere Verbreitung verdient.

Gelddrucker

14. September 2021 21:54

Was geht mit der Sezession?

Der ganze Ton dieses Artikels ist so dermaßen jammernd, man möchte grade im Kopfkissen versinken.

Da steht das wichtigste Jahrzehnt in der Geschichte Europas bevor und statt zu mobilisieren, kommt hier so etwas... gruselig.

Kommentar Sommerfeld: Wen wollen Sie wodurch und wozu mobilisieren? Was soll an literarischem Exil, "Megademo" und katholischem Widerstand, die ich alle drei würdige, denn "Jammern" sein? Gilt für Sie nur Wahlkampf, Revolutionshoffnung und das letzte rhetorische Aufgebot? Mag die letzte Frage auch polemisch klingen - Ihre und meine Fragen sind die, die wir einander jetzt stellen müssen.

Gelddrucker

14. September 2021 22:28

Ich will die 70% der Deutschen, die trotz jahrzehntelanger Selbsthass- und Ethnosuizidpropaganda der Meinung sind, der Islam gehöre nicht zu Deutschland mobilisieren:

https://www.focus.de/politik/videos/repraesentative-umfrage-70-prozent-der-deutschen-finden-dass-der-islam-nicht-zu-deutschland-gehoert_id_6027429.html

Was glauben Sie wieviel % der Bevölkerung sind für eine arabische Mehrheit im Land? Sicher noch weniger als 30%.

Wer dieses Potenzial nicht sieht, ist in irgendeinem Tunnel gefangen. 

Wozu mobilisieren? Zur kritischen Masse, die "Nein" sagt. Dazu braucht es keine Mehrheiten.

Nicht der Inhalt ist jammernd, der Ton. 

zeitschnur

14. September 2021 23:19

@ brueckenbauer

"Was wären wir, wenn wir nicht träumten?"

Nath

14. September 2021 23:49

Die undurchsichtige Gemengelage, die Frau Sommerfeld im Hinblick auf die drei Menschenansammlungen beschreibt, ist nicht gänzlich neu. Auch vor gut einem halben Jahrhundert war sie zu beobachten. Für einen kurzen geschichtlichen Augenblick schienen auch damals ideologische Inkompatibilitäten zurückgedrängt. Auch damals vereinigten sich unterschiedliche Bewegungen im Kampf gegen das Establishment, jedenfalls was die USA anbetraf. Die Bürgerrechtsbewegung, die Anti-Vietnam-Front, die psychedelische Szene, die alte wie die neue Linke, die Woodstock-Generation ebenso wie religiöse Gruppierungen traditionalistischer wie nicht-traditionalisticher Art - sie alle fanden Ende der sechziger Jahre vorübergehend zusammen. Im Kampf gegen das Bestehende marschierten dort Hare-Krishna-Jünger  und Kommunisten sozusagen "Seit an Seit". Natürlich verlor sich dieser "gärige Haufen" ebenso schnell, wie er sich gebildet hatte. In den Siebzigern herrschte dann wieder altgewohnte weltanschauliche Eindeutigkeit, allerdings um den Preis sektiererischer Aufsplitterungen. (Man denke z.B. an das skurrile BRD-Phänomen der K-Gruppen.) Auch heute begegnet uns angesicht von Corona  das Phänomen der Zusammenwürfelung von höchst Heterogenem - nur stellt sich die Frage: Muss das denn unbedingt schlecht sein? Bewegt man sich hier nicht volens nolens in die richtige Richtung? Ist nicht alles zu begrüßen, was die längst wesenlos gewordenen ideologischen Grenzpfähle auszureißen hilft, um dem Ungesonderten (Jünger) näherzukommen?

Gracchus

15. September 2021 00:27

Ich finde den Ton überhaupt nicht jammernd. Wer jammert, sind Sie @Gelddrucker. Ich höre bei CS da eher einen Ton heraus, der nach resignativem Rückzug - ins Reich des Geistes, der Literatur und der Imagination - klingt. Raspails Appell - erinnert er nicht umsonst an Don Quijote? Es kann sich aber auch um die Projektion meiner Gefühlslage handeln. 

Beim Darübernachdenken fällt mir auf, dass es sich in CS's Beitrag um drei sehr unterschiedliche Ereignisse handelt, die an sich wenig miteinander zu tun haben (allenfalls 1 und 3 über den "vorkonziliaren" Katholizismus Raspails - wer übrigens auch an der alten Messe festgehalten hat, wer im französischen Lockdown Rekordzuschauerzahlen erzielte: der unvergleichliche Louis de Funes). Lediglich die Demo ist auch explizit Widerstand, als solche auch intendiert. Trotzdem bringt CS die Ereignisse in Zusammenhang - nur wo ist der? 

Simplicius Teutsch

15. September 2021 07:46

Heute Morgen bin ich vorzeitig aufgewacht und war sofort „beim Thema“: Was verleitet einen alten weißen Mann, wie den Altbundespräsidenten Joachim Gauck, dazu, die Impfskeptiker, die eh schon ins publizistische und moralische Tal der Aussätzigen abgesondert worden sind, darüber hinaus noch von seiner Seite aus pauschal und primitiv zu beleidigen? – Hat er tatsächlich vor dem Virus so sehr Angst um sein physisches Leben? Ich dachte, er war mal in der DDR-Diktatur so eine Art mutiger „Querdenker“? Und er wäre in einer höheren menschlichen Kategorie, als beispielsweise der zum Gesundheitsdiktator aufblühende Janina Spahn oder als der Panik-Psychopath Karl Lauterquatsch?

Jedenfalls bin ich immer noch insoweit „Demokrat“, ich fasse das Wort mittlerweile ungern an, als ich die Handlungsmöglichkeiten von der politischen Seite her betrachte: Diese menschlich oberflächlichen, aber enorm machtgeilen Hilfs-Sheriffs, wie z.B. M. Söder in Dtld. und S. Kurz in Österreich, müssen erst mal weg von der vorderen Bildfläche. Sollen die anderen nach vorne kommen, damit man sie besser sehen kann. Die Bundestagswahl in Dtld. böte jetzt die Möglichkeit: CDU/CSU versenken!

Die meisten der Menschen, die ich kenne, haben sich halt impfen lassen, um dem Impfdruck zu entkommen und wieder einigermaßen normal leben zu können. – Aber ich habe wenig Hoffnung. Keine Hoffnung habe ich, wenn es zu einer „neuen“ Regierungskoalition mit der CDU/CSU kommt.

Laurenz

15. September 2021 09:17

@Simplicius Teutsch

Stimme Ihnen ausdrücklich zu.

"Was verleitet einen alten weißen Mann, wie den Altbundespräsidenten Joachim Gauck, dazu, die Impfskeptiker, die eh schon ins publizistische und moralische Tal der Aussätzigen abgesondert worden sind, darüber hinaus noch von seiner Seite aus pauschal und primitiv zu beleidigen?"

Die Pensionszahlungen, Büro & sonstige Privilegien.

Er hatte doch schon mal erwähnt, nicht die Eliten sind das Problem, sondern das Volk. Der Mann hat schlicht die Seiten gewechselt. Er wurde gekauft, ein korrupter & korrumpierbarer Charakter, eben, wie Sie sagen, ein Kirchenmann. Und bedenken Sie, auch zu seiner DDR-Zeit, wurde er, wie auch Ferkels Vater, vom Westen bezahlt.

Die Ungeimpften stehen natürlich unter Druck, mir macht das allerdings nichts aus, ich weiß mich zu wehren. Schmerzen tut es mich bei meiner Mutter, die mit 83 Jahren nicht so schlagfertig stabil ist & unter dem Druck, wie der Ausgrenzung leidet.

Gustav Grambauer

15. September 2021 09:23

"... einem herrlichen gotischen Bau ..."

Abgesehen von der Frage, ob das Christentum in apokalyptischen Zeiten überhaupt etwas in den Kathedralen verloren hat, oder ob der angemessene Ort nicht vielmehr sozusagen die Katakomben wären: - ob eigentlich bei der FSSPX der Widersinn mitreflektiert wird, aus einem Bauwerk heraus, welches mit solchem Nachdruck zur Feier Ahrimans / Mephistophels errichtet wurde und in welchem Ahriman / Mephistophel aus jedem Fenster heraus Klerus und Gemeinde so laut schallend anhöhnt, in den Widerstand gegen Ahriman / Mephistophel gehen zu wollen?!

"Im Jahre 1000 n. Chr. konnte sich das Neue, das kommen sollte, nicht durchringen infolge der entgegenwirkenden Kräfte Luzifers und Ahrimans. ... Stattdessen ... kam die Maurenkultur auf und die Architektur von Cordova und Granada, der Hufeisenbogen und der Spitzbogen, welche verdrängen den wahrhaft christlichen Rundbogen der romanischen Architektur. In der Maurenkultur kann man unmittelbar den antichristlichen Einschlag sehen in dem Spitzzulaufen der Bögen, die eigentlich hätten rund sein sollen. Das ist Ahrimans Zeichen. So wirkte Ahriman als der Antichrist in der Baukunst, indem er den runden romanischen Bogen ersetzte durch den Hufeisen- oder Spitzbogen. So wirkte er durch die Mauren und auch durch die Türken ..." - Steiner, GA 284 (2003), Seite 167

- G. G.
 

Laurenz

15. September 2021 09:30

In Griechenland geht es ganz anders ab als in Wien. Der Wiener Kaffeehaus-Protest, geschildert von CS, erscheint da geradezu lächerlich... und bei uns ist es auch nicht besser.

https://youtu.be/-dpW5wwNnaU

URN

15. September 2021 09:55

Tja, Simplizissimus, so kann man Legenden aufsitzen.

"...war mal in der DDR-Diktatur so eine Art mutiger "Querdenker"?" Schlechter Witz, oft und gerne gebracht. Gauck segelte, nur unter anderer Flagge - deshalb war auch der Flaggenbaum so bunt - auf dem selben Narrenschiff wie die Hempels, Eppelmänner, Stolpes und anderen Pfaffen.

zeitschnur

15. September 2021 10:33

In dem Text ist noch ein Aspekt, der mich beunruhigt, die Frage der "sehr eigentümliche(n) Form des Widerstands", die sich zum letzten Gefecht rüstet, um nicht von der Geschichte überholt zu werden, damit nur das ja nicht passiere, selbst dann, wenn Gott es so vorgesehen hätte, dass das Ende nun geschieht und Patagonien nun der rechte Ort ist, die Wüste, in die die Sonnenfrau der Apokalypse entflieht.

Darin schwingt die präzisere Frage, ob man die Apokalypse ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr aufhalten kann und darf, dann nämlich, wenn das "Lamm" im Himmel die "sieben Siegel" beginnt zu lösen.

Einerseits gibt es den Katechon, den, der aufhält oder immer noch alles zusammenhält, das ist nach der LXX bei Jesaja Gott selbst. Doch wenn er beiseite gerückt wird als der, der über allem thront und es dadurch hält, muss ein Mensch die Siegel für das Ende öffnen, quasi tut er das und man fragt: Warum tut Gott es denn nicht selbst? Aber nein, einer wird gesucht, der die Würde hat, das zu tun, und das ist bei Johannes das Lamm.

Es gibt einen Übergang von der Zeit, in der man noch wirken konnte, weil der Katechon noch hielt. Sie schrieben, https://sezession.de/wp-content/uploads/2020/04/Sez_88.pdf, es gäbe eine "Sündensouveränität", die gewaltsamen Widerstand gegen das Böse bedeute. Widerstand ja, aber warum in Sündensouveränität gewaltsam, wenn etwa die Siegel schon gelöst sind und niemand mehr halten kann, was der Katechon nicht mehr hält?

Kommentar Sommerfeld: Da haben Sie eine entscheidende Wendemarke in meinem Denken aufgespürt. Der Iljinsche "gewaltsame Widerstand gegen das Böse" wird bei diesem sehr sorgsam begründet, muß aber m.E. in apokalyptischen Zeiten von der Bühne runtergezerrt werden und im Widerstand gegen den inimicus, nicht gegen den hostis, seine Anwendung finden. Beispielsweise einen Vergewaltiger auch durch dessen Tötung aufzuhalten wäre nach Iljin richtig. Da wir es als Pilgerschar auf Erden nun - das sehe ich wie Sie - mit dem losgelassenen Bösen im großen Stil zu tun haben, birgt eigenes Aufsichnehmen der Sünde die Riesengefahr, dem Bösen dadurch nur zu dienen. Einige Aspekte dieses Problems tauchen in meinem nächsten Kaplaken auf.

zeitschnur

15. September 2021 11:06

@ CS

"Das Tier öffnete sein Maul, um Gott und seinen Namen zu lästern, seine Wohnung und alle, die im Himmel wohnen. Und es wurde ihm erlaubt, mit den Heiligen zu kämpfen und sie zu besiegen. Es wurde ihm auch Macht gegeben über alle Stämme, Völker, Sprachen und Nationen."

Das ist der furchtbareste Satz des ganzen NT: Ihm ist es gegeben, die Heiligen in einen Kampf zu ziehen und dort mit absoluter Sicherheit auch zu besiegen. Und doch gibt es daneben das apokylptische Standhalten, das "Ausharren".

Ein hostis mag mich als einer wie ich angreifen, wir kämpfen einen immer noch menschlichen Kampf. Der inimicus wird vermutlich nicht so angreifen wie der hostis. Das Unheimliche unserer Tage ist, dass zwar mit Gewaltdruck und Sadismus agiert wird, auch mit Masochismus, aber es wird dem, der zu besiegen ist, förmlich sein Ja zur eigenen Vernichtung abgetrotzt. Es ist damit smarter, tückischer als alles, was man vom hostis sonst kennt. Es ist eine gänzlich neue Dimension, wenn man "aushält", "ausharrt", standhält. Wenn man sich dazu hergibt, mit dem inimicus zu kämpfen, ist es vorbei, und so verstehe ich den Satz oben inzwischen auch: Natürlich kann man trotzdem standhalten, aber nicht mehr mit den bekannten Mitteln der Vergangenheit, obwohl sie dort bereits erahnt und ansatzweise auch schon praktiziert wurden.

Laurenz

15. September 2021 11:22

@Zeitschnur & CS

Sie sehen die Apokalypse nicht weltlich genug. Das Böse ist rein eine Frage des Standpunkts & nie fest definiert, da es ja nur im Menschsein das Böse gibt. Es mag zwar auch Charaktereigenschaften bei Tieren geben, keine Frage, aber unter Tieren definiert trotzdem niemand das Gute oder das Böse.

Die vielen biblischen Apokalypsen-Versprechen sind nur Durchhalteparolen, ein Synonym für aktuelle Ohnmacht, ein Apell bei der Stange zu bleiben.

Es wird nie eine wirkliche Apokalypse geben. Das Böse, welches Sie meinen, ist selbst-zerstörerisch, da der ökonomische Aufwand, böse zu sein, immer zu groß ist. Andere, momentan sieht es nach Chinesen aus, werden irgendwann das "Reich" übernehmen.

Ich fand den Artikel vor allem deswegen gut, weil er sprachlich gelungen, Zustände beschreibt, die natürlich meist immer dieselben Gruppierungen betrifft, welche das persönliche Leben von CS berühren. Mit der Steiermark oder Kärnten hat CS wenig zu tun.

Ich mag Ihnen Beiden vor allem zu Bedenken geben, daß das "Böse" vordergründig in Ihrer Beider Köpfen existiert oder entsteht. Von daher mag ich auch Ihnen Beiden immer den Mephisto ans Herz legen.

Laurenz

15. September 2021 11:26

@Zeitschnur @CS

"Ihm ist es gegeben, die Heiligen in einen Kampf zu ziehen und dort mit absoluter Sicherheit auch zu besiegen."

Was ist, wenn Sie Sich täuschen? Und die Verhältnisse umgekehrt liegen? Momentan sitzen die Heiligen bei ÖRR-Talk-Schauen. Was ist, wenn wir das Böse sind?

Niekisch

15. September 2021 12:13

 "Oder warten auch Sie, wie Niekisch, auf den Erlöser, der alle vereint?"

@ Laurenz 14.9. 12:25: Warum phantasieren Sie immer wieder mich betreffend?

@ Caroline Sommerfeld Anmerkung zu 10:33: " birgt eigenes Aufsichnehmen der Sünde die Riesengefahr, dem Bösen dadurch nur zu dienen."

Sind Sie mir böse, wenn ich menschliche Imaginationen wie "Sünde" oder "das Böse" für ungeeignet in jeglicher Kommunikation halte, weil sie dem mit der Herausbildung des Neocortex gesteigerten Angstgefühl und Sicherheitsbedürfnis entsprungen sind und das "Wackeltier" Mensch begleiten, sofern es sich nicht davon zu lösen fähig ist?

zeitschnur

15. September 2021 12:18

@ Laurenz

Kennen Sie das Lied "Lob des Hohen Verstandes" aus "Des Knaben Wunderhorn"?

Man sollte jedenfalls nicht meinen, nur weil man große Ohren hat, sei man schon befähigt, die Nuancen im Gesang der Nachtigall zu beurteilen:

"Der Esel sprach, du machst mirs kraus.
Du machst mir’s kraus! Ija! Ija!
Ich kanns in Kopf nicht bringen."

Gustav Grambauer

15. September 2021 15:06

I

Maaz kategorisiert hier sieben Typen von Impfbereitwilligen: Unsichere, Naive, Pragmatiker, Dem-Druck-Ausweichende, Angstgetriggerte, Gehorsame und Moralisten. Obwohl sich als Christ bekennend, obwohl mit dem Millersche Grandiositätsphänomen bestens bekannt und obwohl einen vielbeachteten Titel über Normopathie verfaßt habend, übersieht er die von dort aus gesehen interessanteste Gruppe (wobei sich die Motive in den Gruppen sowieso überschneiden dürften):

Er übersieht in seiner Aufzählung die Gruppe, die die soziale Deklassierung vermeiden will; diejenigen, die es keine Sekunde lang aushalten würden, einmal in irgendeinem Zusammenhang aus der Sicht der sogenannten Gesellschaft nicht Alpha sondern Beta zu sein bzw. indirekt oder direkt als Loser zu gelten (in dem gruppendynamischen Sog, in dem ein seinerseits zu dieser Gruppe gehörender sog. High-Performer ja nicht mal für die Auseinandersetzung mit dem Thema Zeit hat). Gehe so weit: es sind die Rudel-Primaten, die noch gar nicht das Stadium des Menschen erreicht haben.

H. M. Richter

15. September 2021 16:00

@URN

Sie sind, wenn ich mich nicht gänzlich täusche, recht neu hier. Der von Ihnen angeschlagene Ton - "Schilderungen des Grauens" u.a. - ist, insbesondere in Bezug auf die Verfasserin des Beitrages, ebenso ungewohnt wie unangebracht.

@CS

"[E]igentümliche Physiognomien": Ja, dies fällt zunehmend auf. Je mehr Mut dazu gehört, Gesicht zu zeigen, desto interessanter sind wohl viele der Gesichter, die sich noch zeigen.

Cugel

16. September 2021 19:12

@Nath
"Auch heute begegnet uns angesicht von Corona  das Phänomen der Zusammenwürfelung von höchst Heterogenem - nur stellt sich die Frage: Muss das denn unbedingt schlecht sein? Bewegt man sich hier nicht volens nolens in die richtige Richtung?"

Tatsächlich wäre es wohl die einzige Chance, wenn es denn eine gäbe.

Cugel

16. September 2021 19:15

@Laurenz
"Was ist, wenn wir das Böse sind?"

Ebendiese Frage stellte ich kürzlich einem tief Jesusgläubigen.
Fand der nicht gut.

Wozu taugt der Manichäismus der Religiösen?

Cugel

16. September 2021 19:18

"Monika Donner, möglicherweise die einzige seriöse Transsexuelle auf weiter Flur, gelang es, "zack, zack" die Kerngedanken aus ihrem Buch Coronadiktatur zusammenzufassen und einen Polizisten in meiner Sichtweite zu Tränen zu bringen mit dem Verweis auf den Verfassungseid, dem allzuviele Befehle Minister Nehammers an seine Exekutive nicht mehr entsprechen."

Das rührt mich an und ließe mich hoffen, wäre es keine extreme Ausnahme. Nie war ich so froh, kein (angestellter oder beamteter; dienlich bin ich dem Leviathan ohnehin) Staatsdiener zu sein. Bemitleiden kann ich diese verkommene Truppe nicht mehr.

 

Cugel

16. September 2021 19:46

@zeitschnur

"Einerseits gibt es den Katechon, den, der aufhält oder immer noch alles zusammenhält, das ist nach der LXX bei Jesaja Gott selbst. Doch wenn er beiseite gerückt wird als der, der über allem thront und es dadurch hält, muss ein Mensch die Siegel für das Ende öffnen, quasi tut er das und man fragt: Warum tut Gott es denn nicht selbst? Aber nein, einer wird gesucht, der die Würde hat, das zu tun, und das ist bei Johannes das Lamm."

Welchen Sinn es haben soll, das große Finale und das ewige Heil aufhalten zu wollen (Motivation auch der Schmittschen Staatslehre), erschließt sich meinem begrenzten Materialistenverstand nicht. Schon daß er sich, uns zum Ungemach, den Teufel hält, läßt vermuten, daß Gottes Humor von der eher schrägen Sorte ist. Wird des Rätsels Auflösung eigentlich auch den Verdammten in der Hölle zuteil, denen ich mich wohl dereinst gesellen werde, oder ist es den Erleuchteten im Paradies vorbehalten?

zeitschnur

16. September 2021 22:04

@ Cugel

Ja, das ist eine alte Frage, wie diese Reibung zwischen dem Aufhalten der Apokalypse des filius perditionis, der Entfaltung des mysterium iniquitatis, damit aber gleichzeitig auch der Wiederkunft Christi, die doch erwünscht werden soll, zu verstehen ist.

Die Frage hat auf jeden Fall mit Jesu Gebet am Ölberg zu tun, als er wollte, dass der Kelch an ihm verübergeht, dem Willen des Vaters aber Vorrang gab: Jesus konnte seine Vernichtung als Unschuldiger nicht aktiv wollen, er musste sie nicht-wollen, um selbst rein zu bleiben. Nur Gott hatte die Würde, das Böse hier wollen zu können, ohne in ihm abzustürzen.

Interessant ist, dass die Besiegelung der menschlichen Gefallenheit durch das Brechen der sieben Siegel in der Apk nur durch einen Menschen geschehen kann. Der aber muss die Würde haben, es - wie zuvor Gott am Ölberg - zu wollen, ohne darin erneut abzustürzen.

Es geht um die Überschreitung des Abgrundes. Und CS Sündensouveränität voriger Denktage hängt auch damit zusammen: das Böse wollen zu können, ohne ihm zu verfallen und ohne von ihm motiviert zu sein, um es zu überschreiten ins Erlösende.

links ist wo der daumen rechts ist

17. September 2021 14:22

Also drei Formen des Widerstands:

Marginalisiert, aber ideologisch gestählt; heterogen und mit unklarem Hoffnungsschimmer; verzweifelte Formationen im katholischen Hall-/Lallraum (nach C. Schmitt, vgl. „Verhaltenslehren der Kälte“ S. 230). Hinterzimmer, Straße, Kirche. Truppe, Gruppe, Herde. Schutzräume, Ausbreitungsräume.

Kommentar Sommerfeld: Inwiefern "ideologisch gestählt"? Mir kam es gerad' so vor, als wär's das Gegenteil. Wegdriften vom "Politischen", aus der Ohnmacht keine Machtphantasien entwickeln, der Widerstand sucht Gott ("und fehlt ihn für und für", Angelus Silesius).

Interessant (und verstiegen) wäre es natürlich, hier Parallelen zu ziehen zu Hugo Balls „Byzantinischem Christentum“: Heilige, Diskutanten, Märtyrer…

Sei’s drum.

Ich setzte allein auf die zweite Form des Widerstands.

Neurechte Familientreffen (...) haben immer etwas vom ärmlich-ängstlichen, aber rechthaberischen Zusammenkauern.

Und die Kirche, Achgottchen. Der Stephansdom eine Impfstation.

Vor kurzem war ich nach langer Zeit wieder einmal in einer Hl. Messe in einer bekannten oö. Wallfahrtskirche: Schütter besucht, der Pfarrer mit ausländischem Akzent, die Fürbittenfrau nahm immerhin beim Sprechen die Maske ab, als aber alle zur Hl. Kommunion mit dieser verfluchten Maske trabten, war der Ofen aus. Lächerlich das Ganze.

Kommentar Sommerfeld:
Da lob ich mir die maskenlosen Piusse ...

Dagegen die Treffen meiner Corona-kritischen Gruppen (beim letzten Mal waren die Journalisten Stefan M. und Elsa M. eingeladen – hochinteressant) oder die Teilnahme an der „Zukunftskonferenz“ letztes Wochenende. Lagerübergreifend, hoffnungsschimmernd.

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