Kritik der Woche (9): Sönke Wortmann

Sönke Wortmanns Romandebüt Es gilt das gesprochene Wort ist über weiteste Strecken dermaßen gelungen, daß man es kaum glauben kann.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Was ver­bin­det „man“ denn mit dem Film­re­gis­seur und Pro­du­zen­ten Wort­mann, Jahr­gang 1959? Wohl: den tota­len Main­stream. Er wur­de 1994 mit der harm­lo­sen Film­ko­mö­die Der beweg­te Mann berühmt, leg­te 1997 mit Das Super­weib noch eins drauf und fuhr mit dem ernst­haft rüh­ren­den Volks­stück Das Wun­der von Bern (2003; es ging um die Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft 1954 und um das Dra­ma der Kriegs­heim­keh­rer) ordent­lich Meri­ten ein.

Zuge­ge­ben her­vor­ra­gend, schon mal gar nicht „main­strea­mig“ und viel zu wenig beach­tet war sein Film Der Cam­pus (1998), eine Adap­ti­on des Romans aus der Feder des (so tät man heu­te sagen; Schwa­nitz ist längst tot) erz­kon­ser­va­ti­ven Schrift­stel­lers und Gelehr­ten Diet­rich Schwa­nitz. Schwanitz/Wortmann hat­ten hier bereits früh das Mons­trum der Poli­ti­cal Cor­rect­ness zur Kennt­lich­keit entstellt.

Eben tourt Wort­manns „ähn­lich gela­ger­ter“ Film Con­tra durch die Kinos. Es geht auch hier um poli­ti­sche Kor­rekt­heit, und es ist seehr wit­zig. Man soll­te ihn sich ansehen!

Bevor ich zu Wort­manns höchst erstaun­li­chem Roman kom­me, eine Vor­be­mer­kung zu mei­ner „per­sön­li­chen Bezie­hung“ zu die­sem „Bun­des­re­gis­seur.“ (Wort­mann ist Mit­glied der GRÜNEN und gehör­te zwei­mal der Bun­des­ver­samm­lung zur Wahl des Bun­des­prä­si­den­ten an.)

Die­se Bezie­hung begann 2006 und ende­te 2021. Ich war ihr ein­zi­ger akti­ver Teil­ha­ber. Als mei­ne (ins­ge­samt sie­ben) Kin­der noch klein waren, fan­den wir uns in einer Daten­bank für Sta­tis­ten. Ich hat­te uns dort ange­mel­det – wegen mei­nes Inter­es­ses am Kunst­pro­dukt Film (auch als Jugend­li­che ver­ding­te ich mich gele­gent­lich als Kom­par­sin), und weil ich als Voll­zeit­mut­ter gern für sol­che klei­nen Abwechs­lun­gen zur Ver­fü­gung stand. Wir wur­den manch­mal gebucht; Kin­der, zumal gedul­di­ge (Sta­tis­ten müs­sen eine Men­ge aus­hal­ten, vor allem Zeit mit­brin­gen!) sind immer gefragt.

Beson­ders in Erin­ne­rung geblie­ben: Als ich und mei­ne Töch­ter für den Film Dres­den zu ori­gi­nal­ge­treu­en 40er-Jah­re-Bür­ge­rin­nen geklei­det und fri­siert wurden.

Anno 2006 pas­sier­te ich mit mei­nen damals sechs Kin­dern das Cas­ting zu Sön­ke Wort­manns Die Päps­tin, der qua­si vor unse­rer eige­nen Haus­tür gedreht wur­de. Zwei mei­ner Kin­der sind in die­sem (übri­gens alber­nen) Film zu sehen, sekun­den­lang. Wir hat­ten ein paar Tage „am Set“ ver­bracht und waren eigent­lich für wei­te­re Dreh­ter­mi­ne gebucht. Die wur­den jäh abgesagt.

Eine Freun­din von mir fun­gier­te damals als Kos­tüm­schnei­de­rin. Sie berich­te­te mir, daß es ein wah­res Dra­ma um uns gege­ben habe. Jemand in der Film­crew habe auf­ge­deckt, daß es sich bei die­ser „viel­köp­fi­gen Fami­lie“ um „Rech­te“ gehan­delt habe. Es sei Panik aus­ge­bro­chen. Man muß­te uns fernhalten!

Ich hat­te dem Regis­seur Sön­ke Wort­mann damals dar­auf­hin einen kur­zen Brief geschrie­ben, der erwart­bar unbe­ant­wor­tet blieb.

15 Jah­re spä­ter habe ich nun Wort­manns Buch­ver­lag Ull­stein (ich war dort selbst mal Autorin einer Antho­lo­gie) um ein Rezen­si­ons­exem­plar des Debüt­ro­mans gebe­ten. Ull­stein ist/war einer der Ver­la­ge, der uns sonst umstands­los belie­fer­te. Nun ereil­te mich  aber eine kryp­ti­sche Absage:

(…) Da wir jedoch das Buch von Sön­ke Wort­mann in Ihrer Zeit­schrift nicht trans­por­tiert sehen, möch­ten wir hier­von Abstand neh­men. Vie­le Grüße (…)

Soweit. Immer­hin, dan­ke, durf­te ich das Werk ja noch kau­fen. Bevor ich die Lek­tü­re auf­nahm, las ich mir vier, fünf aktu­el­le­re Wort­mann-Inter­views durch. Alle: lahm, drö­ge, medio­ker, unin­spi­rie­rend, sehr BRD.

War­um woll­te ich das Buch dann über­haupt lesen? Jemand hat­te mir gesagt, der Roman­de­bü­tant sei doch rela­tiv „aus­ge­bufft“, in Wahr­heit eine „Kipp­fi­gur“, nur eben: „Ist doch klar, daß so Char­gen wie Wort­mann in Inter­views Wert drauf­le­gen, als Sau­ber­mann durch­zu­kom­men. Aber er ist halt schon ein Künst­ler, und zwar kein dum­mer, son­dern in Wahr­heit ein hell­wa­cher Beob­ach­ter des Zeitgeistes.“

Nun denn! In die­sem Roman lau­fen die Hand­lungs­fä­den die längs­te Zeit lose ver­bun­den par­al­lel: Wir schrei­ben ca. 2019, alles ist der Rea­li­tät nach­ge­zeich­net. Es gibt Trump, es ist gibt Moham­med VI. (den König von Marok­ko), und es gibt Anton Hof­rei­ter. Dane­ben das fik­tio­na­le Personal.

Das besteht im Wesent­li­chen aus Cor­ne­li­us von Schrö­der, einem hohen Beam­ten im diplo­ma­ti­schen Dienst in Marok­ko; aus Hans Beh­ring, dem deut­schen Außen­mi­nis­ter – einem ver­sier­ten Hoch­schul­leh­rer, der fla­che Hier­ar­chien schätzt und über­haupt ganz und gar auf der Höhe des Zeit­geists ist – und Franz-Josef Klen­ke, dem 33jährigen hoch­be­gab­ten Reden­schrei­ber des Außen­mi­nis­ters. Er kommt eigent­lich aus der Werbebranche.

Die weib­li­chen Neben­rol­len wer­den wie folgt bespielt: Wir haben die coo­le und selbst­iro­ni­sche Les­bie­rin Bar­ba­ra Bach­mann-Berk, die als Büro­lei­te­rin des Außen­mi­nis­ters fun­giert. Mary­sol, die chi­le­ni­sche (Noch-)Ehefrau des mut­maß­lich rech­ten Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kers von Schrö­der, und Maria, die Gespie­lin Klen­kes. Er ist für die Reden zustän­dig, sie hin­ge­gen ist stumm: selek­ti­ven Mutis­mus nennt man medi­zi­nisch ihre Angststörung.

Die gan­ze Geschich­te ist so wun­der­bar authen­tisch erfun­den, so dicht erzählt und so sehr vol­ler sub­ti­ler Spit­zen, daß man das Buch kaum weg­le­gen mag! Eine unglaub­li­che Spiel- und Fabu­lier­freu­de liegt in die­sem Erzäh­len. Da scha­det es gar nicht, daß man­che erzäh­le­ri­sche Fähr­ten im Nir­wa­na enden.

Bei­spiel dafür: Es taucht immer wie­der ein unglaub­lich eit­ler Roman­au­tor namens Cars­ten Poll­er­hoff auf, der mit sei­nem aktu­el­len Roman Im Dunst­kreis der Fische (schon das: so hübsch aus­ge­dacht!) sinn­los durch die sub­ven­tio­nier­ten Insti­tu­tio­nen des Lite­ra­tur­be­triebs tourt. Poll­er­hoff spielt (wie Wort­mann selbst es einst tat) in der „Auto­na­ma“, der deut­schen Natio­nal­mann­schaft der Schrift­stel­ler. Viel Spaß beim Raten, wer gemeint sein könn­te. Zur eigent­li­chen Hand­lung steu­ert er nichts bei, eine far­ben­fro­he Zutat ist er allemal.

Klen­ke also ist der Reden­schrei­ber. Er erle­digt sei­nen Job mit äußers­ter Elo­quenz. Er weiß etwa:

es war natür­lich wesent­lich heik­ler, eine Rede zu schrei­ben, die Isra­el gehal­ten wür­de als bei­spiels­wei­se in der Schweiz. Wenn der deut­sche Außen­mi­nis­ter in der Knes­set sprach, muß­te jede Sil­be stimmen.

Klen­ke ist sehr firm im The­ma „his­to­ri­sche Reden“. Er kennt Dut­zen­de in- und aus­wen­dig, und er weiß um ihr, bös´ möch­te man sagen: mani­pu­la­to­ri­sches Poten­ti­al. Wen gewinnt der popu­lis­ti­sche Red­ner wodurch wozu? Wel­che Flos­keln zie­hen, wel­che Geß­ler­hü­te gilt es zu beachten?

Abge­druckt sind hier etli­che sei­ner Kunst­wer­ke. Beson­ders schön ist sei­ne vier­ein­halb­sei­ti­ge Rede, die Außen­mi­nis­ter Beh­ring in der Pra­ger Kir­che St. Cyrill und Method hält. Dort hat­ten sich anno 1942 die bei­den Wider­stands­kämp­fer ver­schanzt, die zuvor das (letzt­lich töd­li­che) Atten­tat auf Rein­hard Heyd­rich ver­übt hat­ten. Einem SS-Kom­man­do gelang es nicht, die Kir­che zu stür­men. Man flu­te­te das Gebäu­de mit Hil­fe der Feu­er­wehr und setz­te Trä­nen­gas ein. Unter Absin­gen der Natio­nal­hym­ne erschos­sen sich die Atten­tä­ter in der Krypta.

Das ist exakt der Stoff für eine Blut- und Trä­nen-Rede, wie sie zu die­sem Außen­mi­nis­ter paßt. Sie ist nicht nur an den tsche­chi­schen Kol­le­gen und die „sehr geehr­ten Gäs­te“ gerich­tet, son­dern – logisch – auch an „Luka­sz“, einen ein­fa­chen Mann aus dem Volk, den Beh­ring „per­sön­lich ken­nen­ler­nen durfte“.

Behring/Klenke beschreibt, wie die bei­den Außen­mi­nis­ter vor „neun Wochen“ sich zu poli­ti­schen Gesprä­chen in der Vil­la Borsig zusam­men­setz­ten. Es sei um die Euro­kri­se gegan­gen, um den syri­schen Bür­ger­krieg mit all den armen Flücht­lin­gen und schließ­lich um eine aktu­el­le Aus­stel­lungs­er­öff­nung, die die deut­sche Beset­zung der Tsche­cho­slo­wa­kei thematisierte.

Behring/Klenke:

Als wir dar­über spra­chen, sah Luka­sz [wie der plötz­lich in die Vil­la Borsig gelangt, bleibt natür­lich offen –  aber es paßt frag­los gut ins Dra­ma] mich an und sag­te: ‘Weißt du, ich hat­te eine Groß­cou­si­ne, die war ver­hei­ra­tet mit einem Schus­ter in einem Dorf namens Lidi­ce. Sie alle wur­den 1942 ermor­det. Ich habe sie nie ken­nen­ge­lernt.‘ Lie­ber Luka­sz, die­ser Moment hat mich tief bewegt.

Es folgt, was fol­gen muß: Beh­ring habe sich – dadurch ver­an­laßt – auf Suche bege­ben und ermit­telt, daß auch sein Vater „in der Wehr­macht“ war:

Heu­te, lie­ber Luka­sz, muss ich dir also ant­wor­ten, und ich will es auch Ihnen allen nicht ver­heim­li­chen: (…) Mein Vater war unter den Tätern!

Es fol­gen: Nar­ben, Ver­gan­gen­heit, Wun­den, nie­mals schwei­gen, ganz per­sön­lich geprägt etc. pp. Wort­mann malt den Duk­tus, die gän­gi­gen Flos­keln zeit­ge­nös­sisch-staats­män­ni­scher Reden auf´s Aller­schöns­te aus. Er wei­det sich nahe­zu in der Zur­schau­stel­lung der Phra­seo­lo­gie – aber nie dröh­nend, nie auf Stamm­tisch­ni­veau, son­dern fein, sehr fein.

Der Autor hat sich offen­kun­dig tief in die Recher­che­ar­beit bege­ben. Er hat unter ande­rem die Bot­schaf­ten in Süd­afri­ka und Marok­ko besucht und die pro­to­kol­la­ri­schen Gepflo­gen­hei­ten beob­ach­tet. Eine höhe­re, dadurch kaum angreif­ba­re Iro­nie ist in die­sem Roman sehr häu­fig am Werk.

Ein diplo­ma­ti­scher Besuch in Mali etwa gerät so komisch, daß er jeder Beschrei­bung spot­tet. Das Flug­zeug mit der deut­schen Dele­ga­ti­on ver­spä­tet sich durch afri­ka­ni­sche Lappalien:

Ein Gene­ral der mali­schen Armee ver­lor die Ner­ven, gab ein Kom­man­do und die mili­tä­ri­sche Ehre begann, obwohl die Gäs­te noch gar nicht da waren. Ein­und­zwan­zig Böl­ler­schüs­se wur­den abge­feu­ert, was wie­der­um das Zei­chen für die Mili­tär­ka­pel­le war, die deut­sche Natio­nal­hym­ne zu spie­len, die für die Dele­ga­ti­on unge­hört verklang.

Am Ende gibt es eine schril­le Wen­dung, die sich vor­sich­tig ange­deu­tet hat­te. Die Per­so­na­lie „Cars­ten von Schrö­der“ liest sich so, als hät­te ein Lek­tor oder sons­ti­ger Rat­ge­ber dem Autoren irgend­wann ein­ge­flüs­tert, daß es „so“ nicht gehe. Daß man die unter­schied­li­chen Sich­ten (etwa auf die Mas­sen­mi­gra­ti­ons­the­ma­tik) nicht so ambi­va­lent in der Schwe­be hal­ten könne.

Jeden­falls wird Cars­ten Schrö­der etwa ab der Hälf­te des Buches recht unver­se­hens zum rei­nen Cha­rak­ter­schwein (vul­go: zum „Rech­ten“) aus­buch­sta­biert. Ein Typ, der auf den Anblick eines ster­ben­den Tiers mit einer Erek­ti­on reagiert und der am Ende selbst mor­den will. Mehr braucht es ja nicht, um einen Cha­rak­ter zu desavouieren.

Das steht nun ziem­lich ver­lo­ren und ein­di­men­sio­nal in die­ser wun­der­ba­ren Geschich­te – als wäre es nach­träg­lich hin­ein­ge­pfercht wor­den, als not­wen­di­ger Kotau.

Für mich ist Es gilt das gespro­che­ne Wort den­noch einer der bes­ten, fein­sin­nigs­ten Roma­ne des Jah­res 2021.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (53)

Laurenz

6. Dezember 2021 11:56

@RMH

Mal abgesehen davon, daß ich EK abnehme, daß der Film gut ist, bedeutet die politische eskalierte Situation, daß eben auch Lichtspielhaus-Betreiber mit weniger Publikum kalkulieren müssen. Und das ist gut so.

Peter Gamon

6. Dezember 2021 12:43

Das ebenfalls sehenswerte französische Original “Die brillante Mademoiselle Neila” ist jedenfalls erhältlich (DVD/Streaming).

Nemo Obligatur

6. Dezember 2021 13:17

Jetzt weiß ich, dass Frau K. mal beim Film war und Herr W. auch Bücher schreibt. Was ich nicht weiß: Warum ich das Buch des Herrn W. lesen soll. Ein buntes Personal und viele Schauplätze mögen im Filmbusiness essentiell sein, von einem Roman erwarte ich eher, dass ich ein paar Abende darin lesen und dorthin fliehen kann. Was sollten mich die Fährnisse eines beamteten Redenschreibers interessieren?

Wie der Romanjahrgang 2021 ist, weiß ich leider auch nicht. Aber es ist ja viel passiert, da draußen in der Welt, dass müsste sich doch irgendwie auch mal in der Literatur niederschlagen. Zumindest das hier besprochene Buch spielt aber doch ja mindestens im Jahr 2019 oder früher. Da greife ich dann lieber gleich zu älteren Romanen längst verstorbener Autoren. Thomas Mann oder Franz Kafka (nur als pars pro toto) gehen immer.

Maiordomus

6. Dezember 2021 14:15

Eine ähnliche, zwar weniger euphorische Empfehlung v. EK liess mich den Roman von Nadine Schneider, Drei Kilometer, vollständig lesen, was als Talentprobe und Einblick in die Arbeit der Jungen, ob männlichen oder weiblichen Geschlechtes, als "Debütroman" mich durchaus bewegte. Das Lesevergnügen hielt sich auf der Stufe überraschender bis sehr guter Schularbeiten. Wohingegen "Krass" von Mosebach, es nicht auf die Liste der von mir seit 1956 lebenszeitlich gelesenen wenigstens 1000 besten Erzählungen und Novellen schaffte, trotzdem ich mit M. bezüglich seiner publizistischen und sogar religiösen Weltsicht keine Probleme hätte. So wenig wie mit  dem Schaffen wikipedierter Kolleginnen und Kollegen, die mir vor Veröffentlichung Romane zur Durch- oder Einsicht anvertraut haben, bis hin zum Wunsch auf Rezension. Las vorige Woche antiquarisch erstandene hervorragende Belletristik aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Bis zum Beweis des Gegenteils herrscht im Moment wohl aufgrund der geistigen Situation der Zeit Oednis, wiewohl es fürs 21. Jahrhundert auch prima Gelungenes zu lesen gab. Jedoch kaum in der Sparte  "Debütroman". Für mich wird die Restlebenszeit für solches nun wohl zu kurz, 

Maiordomus

6. Dezember 2021 14:28

@Nemo obligatur. Kafka und Mann, bei denen es sogar ebenfalls weniger Gelungenes gibt, sind sichere Werte, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit hier wohl nicht extra empfohlen werden müssen. Zu den weniger bekannten sackstarken Romanen zähle ich den 1. Band der Oliver-Twist-ähnlichen Jugendgeschichte "Johannes" von Jakob Schaffner (den Rest des Werks jenes Autors kann man vergessen) oder als echter Thriller "Grosse Fahrt und falsches Spiel" von Heinz Risse. Als meisterhafte Ernstfall-Lektüre für das Verhalten bei absoluter Unterdrückung der Meinungsfreiheit "Der Traum des Heiligen" von Reinhold Schneider (1940) über das Schweigen v. Thomas Morus, und als "Dante" der Zeitgeschichte "Der erste Kreis der Hölle" von Solschenizyn mit "Das Lächeln des Buddha" als stärkste je geschriebene Satire über die Täuschbarkeit moderner Gutmenschen in der Art von Frau Roosevelt. Als Pandemie-Roman "Im Himmel wie auf Erden" von Bergengruen (1946), noch zur Zeit des 3. Reiches geschrieben. Superspannend das Dilemma um Leben und Tod bei Heinz Risse. 

Adler und Drache

6. Dezember 2021 14:32

Ich kann mit Literatur, die mir so nah auf den Pelz rückt, nichts anfangen. Zwischen mir und der Geschichte, die ich lese, muss es eine bestimmte Art heilsamer Distanz geben. Wenn die Gegenwart, die ich ja draußen vor meiner Tür habe, nun als Gegenwartsliteratur auch noch in mein Wohn- oder gar Schlafzimmer kommt, wird mir das ernstlich zu viel. Wenigstens beim Lesen von Belletristik will ich mal nicht in der Gegenwart steckenbleiben müssen! 

RMH

6. Dezember 2021 14:32

@Laurenz,

dass der Film nicht schlecht ist, habe ich nicht bestritten - zumindest kann man dem Herrn Herbst die Rolle, die er in dem Film spielt, gut zutrauen. Der aktuelle Riss, der bewusst von oben nach unten gemacht wurde, veranlasst mich aber zu einer Art cancel culture, die ich mir auch erst einmal antrainieren muss. Die Frage lautet: Ist ein Künstler so differenzierend, wie man bspw. an den Leuten von @alles auf den Tisch oder bspw. beim Puppenspieler M. Hatzius erkennen kann, dann dürfen sie an den Tisch des Herrn (sprich, die Schwelle meines Heimes - wenn auch nur medial - übertreten), sind sie es nicht, sind sie bis auf weiteres "gecancelt". Ich bin mir bewusst, dass es bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen nichts bringt, an die Macht von Kunden etc. zu appellieren. Für mich ist das eher Ausdruck meiner eigenen, persönlichen Hygiene, derartige 2G-Profiteure nicht zu beachten. Ob der Herr Wortmann ein solcher ist, kann ich nicht beurteilen, hier will ich also die Tür nicht vorschnell zuschlagen, aber quasi blind so ein Buch kaufen, geht leider nicht mehr.Wie @Nemo Obligatur richtig schreibt, ist die Bibliothek gut gefüllt. Und bei der Lektüre der alten Bücher, wundert man sich, in welchen Zeiten man lebt.

RMH

6. Dezember 2021 14:40

Gebet der Gläubigen der Kirche von Corona an die heilige Dreifaltigkeit Astra Zeneca, Biontech und Moderna (mehr als drei dürfen es nicht sein! Daher rasch die Impflicht zur ewigen Bewahrung der Dreieinigkeit!):

Der Bauch ist voll, die Seele leer, vom Impfstoff bitte dreimal mehr.

Die seelenlose Lebensqual, verlängre - oh heilger Impfstoff! - ein ums andere mal.

Und geht´s mir dadurch einmal schlecht, du warst es sicher nicht, die Wissenschaft hat recht!

Trotz aller "Leugner" schimpfen, ich glaube an das Impfen.

Amen.

links ist wo der daumen rechts ist

6. Dezember 2021 15:00

Als ich noch rezensiert habe, gab es für mich nur ein Kriterium für gute Literatur:

Will ich ein Buch ein zweites Mal lesen? Falls nein, weg damit.

Und dazu zählen – vom Kehlmann-Dreck abwärts – geschätzte 95% der Gegenwartsliteratur. Und alles auf Verfilmbarkeit hin Geschriebene ohnehin.

Daher (wie unser Lieblingskollege aus der Schweiz gemeint hat): auf in die Antiquariate.

Mein Tipp: Giovanni Papini, Guckloch zur Welt. Sehr antiquiert übersetzt und stellenweise bös „reaktionär“, aber gut. Wird (eher wurde) von Linken gern gelesen.

Maiordomus

6. Dezember 2021 15:41

@EK. Meine Skepsis gegenüber dem Gelingen, wiewohl es eine äusserste Herausforderung wäre, im Sinne der grossen Romantradition von Cervantes über die Franzosen bis zu Fontane, Lebenslügen aufs Korn zu nehmen, übersah einen Schwerpunkt Ihrer Besprechung,  nämlich wie stark Sie auf das "gesprochene Wort" Wert legen. Insofern setzt die Besprechung einen bemerkenswerten Schwerpunkt, der weniger bei der zur Meisterschaft zu bringenden anschauungs- und raumorientierten Roman-Epik liegt. Es bleibt indes die Höhe, durchaus auf dem Niveau eines unverhohlenen Totalitarismus, dass man Sie in Sachen Besprechungsexemplar schneiden wollte. Die Praxis ist teilweise der vom 3. Reich, als  eine bestimmte ausgesperrte Gruppe von literarischen Parias (das weiss ich über den jüdischen "Georgianer" Edwin M Landau im Detail) in ein eigenes Literaturghetto gesperrt wurde, worin sie in den ersten Jahren der Diktatur als klar Ausgegrenzte noch publizieren durften, jedoch nur für ihresgleichen, so wie natürlich andererseits die offiziell geförderte "arische" Literatur bei den Ausgegrenzten nicht kritisiert und auch nicht rezensiert zu werden hatte.

Dabei liessen Sie sich von Ihrem Vorsatz einer Rezension nicht abhalten. Auf ein zitierbares Lob wird der Verlag vermutlich  keinen Wert legen. 

 

 

Maiordomus

6. Dezember 2021 16:15

PS. Als eine vergleichsweise hochklassige, in der Tiefenstruktur wurzelgründige Zeitgeistkritik würde ich in der neu bearbeiteten Romantrilogie (in einem Band) "Einmal auf der Welt und dann so" sehen, von Arnold Stadler, als Taschenbuch 2012; freilich nicht als "rechte Kritik" einzustufen, zumal die Bildungsverhältnisse im Baden-Württemberg der Sechzigerjahre andere Schwächen zeitigten als die heutigen. Das Hauptwerk des Autors geht  jedoch im kritisch-konservativen Sinn sehr in die Tiefe.  Nicht zuletzt ist die Kritik am Katholizismus ernst zu nehmen, nicht zu vergessen die Frage nach dem Umgang mit Sterben und Tod. Das gerät im besten Sinn, wiewohl keineswegs moralisierend, zu konservativer Kulturkritik, wie bei Fontane eher durch Zeigen als durch Beklagen. Der Autor hat aus meiner Sicht seinen frühen Förderer Martin Walser überholt, sowohl in der unverblümten Anschaulichkeit seiner Romankunst wie ganz besonders in der Radikalität der Kritik an der sog. Moderne.  

AmazonBesteller

6. Dezember 2021 16:21

@links ist...

"Und dazu zählen – vom Kehlmann-Dreck abwärts – geschätzte 95% der Gegenwartsliteratur. Und alles auf Verfilmbarkeit hin Geschriebene ohnehin."

Auch "Schiffbruch mit Tiger"? Ich meine das Buch. Der Film ist mist. Das Buch kann man auch nur ein Mal lesen, der Überraschung wegen. Aber fesselnd war es... wunderbar. 

 

t.gygax

6. Dezember 2021 16:29

Literatur ? Für mich gibt es nur ein Kriterium: zieht es mich immer wieder zu bestimmten Büchern hin, dann sind sie gut. Denn sie setzen in mir etwas in Bewegung, obwohl sich die Zeiten und auch ich wesentlich geändert haben.

Las nach genau 40 Jahren C.S.Lewis wieder. "Die böse Macht", Teil 3 der phantastischen Trilogie. Ich war sofort gefangen, verzaubert- das Buch ist in heutigen Zeiten transhumanistischer Erlösungskonzepte (und Wahnideen, dies nebenbei) erschreckend aktuell. Und Lewis ist nicht nur wie Tolkien ein großer Erzähler, sondern auch ein scharfer und unerbittlicher Denker- obwohl ich heute seine Grundaussagen nicht mehr so teile wie vor 40 Jahren. Aber solche Texte bringen etwas in Bewegung....bei mir jedenfalls, anderen mag es anders ergehen.

wbs47

6. Dezember 2021 16:40

@RMH 14:32

Das haben Sie hervorragend ausgedrückt mit:

"...dann dürfen sie an den Tisch des Herrn (sprich, die Schwelle meines Heimes - wenn auch nur medial - übertreten)"

und

"Für mich ist das eher Ausdruck meiner eigenen, persönlichen Hygiene."

Meine eigene persönliche Hygiene besteht darin, statt irgendwelcher Gegenwartsliteratur hier die Kommentare von Ihnen, Laurenz, Franz Bettinger usw, zu genießen. Allein schon Ihre Erwähnung und Eintaktung des M. Hatzius zeigt mir, daß Sie so denken und empfinden, daß ich - mit "links ist wo der daumen rechts ist" gesprochen - solche Zeilen auch gerne ein zweites Mal lese.

Monika

6. Dezember 2021 16:52

2018 war ich in Prag ( anlässlich des 50. Jahrstages des „Prager Frühling“). Zufällig kam ich auf dem Weg durch die Neustadt Richtung Wenzelsplatz an der St. Cyrill und Method-Kirche vorbei und ging spontan in die Krypta der Kirche , die man über einen gesonderten Eingang erreicht. Die Gedenkstätte für die Widerstandskämpfer, die am 27.5.1942 das Attentat auf Heydrich verübt hatten, liegt hinter einer schweren Tür. Der Raum ist dunkel, nur schwach beleuchtet und man hat sofort das beklemmende Gefühl, eingekesselt zu sein wie seinerzeit die Widerstandskämpfer, die sich nach einem längeren Kampf umbrachten, um der Festnahme zu entgehen. Das ist bewusst so gestaltet.  Näher war ich nie einem geschichtlichen Ereignis. Walter Steinmeier war als erster BP am 26.8.21 in dieser Gedenkstätte. Keine Ahnung, was er gesagt hat. Ich finde, hier stört jedes gesprochene Wort. Man verstummt. Vor der schweren Tür ist eine kleine Ausstellung. Sehenswert. Auch das Massaker von Lidice wird in Fotos erinnert. Die Erinnerungsstätte hat nichts museales. Das macht ihre Wirkung aus. Man verlässt den Ort schweigend. 

Nemo Obligatur

6. Dezember 2021 16:56

@

Maiordomus

6. Dezember 2021 14:28

Kafka und Mann, bei denen es sogar ebenfalls weniger Gelungenes gibt, sind sichere Werte, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit hier wohl nicht extra empfohlen werden müssen.

Deswegen ja auch "pars pro toto". Man hätte selbstreden auch andere Namen nennen können, und sicher harrt auch manch unbekannter oder vergessener Schriftsteller jener Epoche heute seiner (Wieder-)Entdeckung. Ansonsten ist Ihnen ja in allen Punkten zuzustimmen. Vor allem in diesem: Das Leben ist viel zu kurz, um wahllos zu lesen. Ich finde es daher verdienstvoll, dass Frau K. sich die Mühe macht, hier lesenswerte Literatur vorzustellen. Aber ich kann nicht erkennen, warum ich das heute vorgeschlagene Buch zur Hand nehmen soll. Eine vermutete heimliche Distanz des Verfassers zur PC wäre mir dafür zu wenig.

Carsten Lucke

6. Dezember 2021 18:22

@ Adler und Drache

Gsuffa ? Dito.

Leseempfehlung jenseits des oben angeführten Scheißdreckenschmankerls genehm ?

Arno Schmidt : "Ländliche Geschichten"

Wolfgang Hilbig : "Erzählungen"

Günter Eich : "Späte Gedichte"

Zum Wohle !

Laurenz

6. Dezember 2021 18:48

@Nemo Obligatur @Maiordomus

"EK & die Bücher"

Finde diese Buchbesprechungen ganz hervorragend, nicht zu lange & das wesentliche beschreibend. Da wir eines Volkes sind, mögen wir uns zwar gerne streiten, wie Deutschländer nun mal sind, aber unsere Empfindungen werden sich ähneln. EK ist einfach integer & glaubwürdig. Diese EK-Videos sind Teil meines Unterhaltungsprogramms.

Auch ich habe schon 3 Komparserien in den letzten 3 Folgen "Ein Fall für 2" mit Claus Theo Gärtner, 1em Kinofilm, einem ZDF-Fernsehfilm & 1em Taunuskrimi getätigt. Mein Gesicht ist unverwechselbar, von daher hätte ich noch mehr machen können. Da ich keine öffentliche Person bin, gab es auch keine Probleme. Manchmal gibt es Essen, manchmal nicht, im Schnitt 55 Euro am Tag.

Es ist genauso, wie EK beschrieben hat. 

Ich persönlich lese fast gar keine Bücher mehr & überlege sehr lange, bevor ich eines zur Hand nehme. Ich muß nicht lesen, um in die Köpfe anderer Leute schauen zu können.

Ausguck

6. Dezember 2021 20:12

@ Laurenz:

"Ich persönlich lese fast gar keine Bücher mehr & überlege sehr lange, bevor ich eines zur Hand nehme."

Das merkt man recht häufig.

Laurenz

6. Dezember 2021 20:40

@Ausguck @L.

Na klar merkt man, daß ich ein vielfaches an Büchern gelesen habe, als Sie dazu in der Lage waren. Das reicht für ein Leben.

Ich kann den "Herrn der Ringe" in 2 Tagen lesen & danach Kapitel für Kapitel rezitieren. Dazu sind die wenigsten meiner Mitbürger in der Lage. Sie auch nicht.

Ihre Unkenntnis in historischen Details macht das nur allzu deutlich.

Waldgaenger aus Schwaben

6. Dezember 2021 20:48

 

Wortmann wird sich über diese Eingemeindung ins rechte Lager, wenn überhaupt, nur heimlich freuen.

War die Recherche Wortmann so gut, dass er vor Ort war und einen malischen General am Rangabzeichen als solchen erkannte? Ich hätte als Autor einfach "Offizier" geschrieben, zumal Salutschießen IMHO eher von einem Hauptmann oder Major eingeübt und dann befehligt wird. Oder ist das auch feine Ironie.

Nordlicht

6. Dezember 2021 21:04

Natürlich verstehe ich die Ironie darin, diesem Roman bzw. seinem Schreiber Wörtmann eine solche Lobeshymne in diesem rechten Blog zukommen zu lassen.

Er hat es verdient !!!   Es möge ihm Probleme bereiten.

Dass er seine rechte Romanfigur dann als mordendes Charkterschwein gestaltet, um ja kein Rsiko einzugehen in der Gutmenschen-Chic-Szene, ist für mich Anlaß, den Roman nicht zu kaufen, weder zu lesen noch zu verschenken. Man muss ja nicht noch den Kakao kaufen, durch den man gezogen wird.

Aber hier eine solche begeisterte Rezension anzulegen und das Buch auch noch über Antaios zu liefern, das ist klug. 

Nordlicht

6. Dezember 2021 21:14

Eine herrlich ironsiche Darstellung deutscher Diplomaten in Entwicklungsländern finden sich in "Joseph von Westphalen: Im diplomatischen Dienst".

Gibt es  als Taschenbuch gebraucht ab €1,37 und dürfe ebenfalls dei Stunden einmaliges Lesevergnügen bereiten.

links ist wo der daumen rechts ist

6. Dezember 2021 22:16

@ nom de guerre/EK

@ Nordlicht

Also wie jetzt? Doppelt über die Bande gespielte Ironie? Ironie + Ironie = ?

Mag dieses Werk wirklich ironisch-unterhaltsam sein oder man dem Autor mit dem EK-Lob einen Bärendienst erwiesen haben, es bleibt Vergeudung von Lebenszeit.

Eine kleine Einschränkung übrigens zu meiner Definition lesenswerter Werke:

Es gibt tatsächlich „Machwerke“, deren Lektüre lohnt (eines zum H-Komplex habe ich gerade gelesen, fast 600 Seiten durchgestanden). Dann nämlich, wenn die schriftstellerische Begabung eines Autors seiner gegenläufigen Intention nichts anhaben kann. Kommt aber nicht so häufig vor.

Laurenz

6. Dezember 2021 22:20

@Nordlicht

Der Terminus

"Mordendes Charakterschwein"

stellt doch in Wahrheit nur eine Projektion der Linksliberalen auf die Rechte dar. Wer sich auch auch nur ein bißchen mit jüngerer Weltgeschichte (seit der Franzmann-Revolution) beschäftigt hat, weiß auch, daß das so ist. Jeder der Informierten, der etwas anderes behauptet, wie in diesem Fall, fiktiv, Wortmann, verkommt zum Propagandisten.

Das heißt nicht, daß deswegen das Buch schlecht sein muß oder nicht gut sein kann. EK hat das einfach beim Lesen berücksichtigt. Davon ist auszugehen.

Und ich teile nicht Ihre Sicht der Dinge über die Absichten Wortmanns. Wenn er weitere Produktionsaufträge bekommen will, dann hätten Sie Recht. Wollte Er einen Bestseller schreiben, dann wäre ein Tabubruch die richtige Vorgehensweise & zwar eine, die man im Vergleich zur "Quattromilf" auch ernst nehmen würde.

Hartwig aus LG8

6. Dezember 2021 22:25

""Kositza: Zu großen Teilen geht es in meiner Kritik - auch ganz explizit - darum, wie herrlich ironisch das alles erzählt ist. Das konnten Sie doch kaum überlesen!""

Werte Frau Kositza, bei Houellebecq gelang es Ihnen anscheinend nicht, die ""bittere Verzweiflung"" herauszulesen, die sich letztlich bei H. auch im Stil niederschlägt. (Sie merken, dass ich Ihren H.-Verriss noch nicht verwunden habe ... (smile)).  Stattdessen entdecken Sie "herrliche Ironie" bei Wortmann.  Ich habe das Buch von W. nicht gelesen und will auch gar nicht groß mitreden. Aber um mir einen Wortmann zu Gemüte zu führen, reicht IHR Wohlgefallen nicht aus. Und wer einen Kotau wie W. nötig hat ...   Sie schrieben im letzten gedruckten Heft über Daniela Krien und ihre Dankesrede. Habe sie mir auf YT angehört. Sie kommt ohne Schnickschnack aus, als sie CancelCultere aufs Korn nimmt; bei ihr braucht's auch keine extra Schmuddelecke für die "Rechten".   Und obwohl "Frauenliteratur" (Ihre Worte) werde ich wohl eher D.K. anstatt S.W. lesen.

ede

6. Dezember 2021 23:52

Im "Dunstkreis der Fische" als Titel ist zweifellos eine hübsche Metapher für Bücher, die ausser der Oma des Autors niemand kennen wird (etwa: Der Zug kommt nicht im Bahnhof an).

Also ich bin interessiert. Immer nur mit grundanständigen, patriotischen und schwermütigen Zeitgenossen Trübsal blasen ist doch auch freudlos. Wesentliche Elemente der "Reden" sind ja wohl die variantenreichen Gesslerhut Platzierungen. Da kommts auf einen mehr oder weniger auch nicht an.

nom de guerre

7. Dezember 2021 00:10

„Kositza: Zu großen Teilen geht es in meiner Kritik - auch ganz explizit - darum, wie herrlich ironisch das alles erzählt ist. Das konnten Sie doch kaum überlesen!“

Das habe ich auch nicht überlesen. Es ist nur die Frage, was heute an solchen Darstellungen Ironie und was eben doch ernst gemeint ist. Gut, jemand aus der Generation von Herrn Wortmann kann das eigentlich nicht ernst meinen. Mit der Betonung auf eigentlich. Andererseits kann jemand, der so alt ist wie Sigmar Gabriel (sehe gerade, der ist auch Jahrgang 59), eine Aussage wie „Die Migranten haben Deutschland nach dem Krieg wiederaufgebaut.“ eigentlich auch nicht ernst meinen. Bei jemandem, der 30 oder 40 Jahre jünger ist als die beiden Herren, sähe es anders aus.

Was ich sagen will: Ich sehe mich bei heutigen öffentlichen Verlautbarungen, ob literarisch oder nicht, zu den moralbewirtschafteten Themen nicht mehr unbedingt in der Position zu beurteilen, ob jemand die Dinge ernsthaft so wahrnimmt oder nicht. („Impfen ist gelebte Liebe zu Gott“ - das kann an und für sich niemand ernst meinen. Trotzdem hat Wolfgang Huber es so gesagt. Aber das führt vom Thema weg. https://www.bz-berlin.de/deutschland/wolfgang-huber-impfen-ist-gelebte-liebe-zu-gott)

Um es in diesem Fall herauszufinden, müsste ich das Buch wohl lesen, und so wichtig ist es mir dann auch nicht. Wenn die Stelle mit dem verendenden Tier und der Erektion nicht wäre, würde ich es mir vielleicht überlegen, aber das ist dann doch zu viel des Schlechten.

Kriemhild

7. Dezember 2021 00:54

Die Zeit, die ich mir für die Lektüre der neuesten Hervorbringung dieses BRD-Kulturschaffenden hätte nehmen müssen, habe ich heute lieber damit verbracht, insgesamt 9 Stunden nach Freiberg/Sachsen zu fahren und dort dank meiner immensen Geistesgegenwärtigkeit der Einkesselung in letzter Minute zu entgehen ... 

anatol broder

7. Dezember 2021 03:54

@ peter gamon 12:43

danke für den hinweis. ich kenne nur das französische original. dort bringt der professor der studentin die eristische dialektik (die kunst, recht zu behalten) von arthur schopenhauer bei, womit sie dann ihre gegner schlägt. es ist eine einfach gezimmerte heldenreise, die vom glanz der darsteller getragen wird, wobei der mentor die heldin bei weitem übertrifft. ich nehme an, dass contra im wesentlichen von christoph maria herbst gertragen wird. greift wortmann dort auch auf die eristische dialektik zurück?

@ links ist wo der daumen rechts ist 22:16

«also wie jetzt? doppelt über die bande gespielte ironie?»

in seiner eristischen dialketik gibt schopenhauer die ursache für rechthaberei an:

«die angeborene eitelkeit, die besonders hinsichtlich der verstandeskräfte reizbar ist, will nicht haben, dass was wir zuerst aufgestellt sich als falsch und das des gegners als recht ergebe.»

Maiordomus

7. Dezember 2021 12:24

@N-obligatur. Konsens bei Andersmeinen da und dort liegt darin, dass es von EK verdienstvoll bleibt, uns Literatur vorzustellen, die für die heutige Literaturszene wichtig ist und wohl auch nicht das Dümmste. Wenn Wortmann, Nomen est omen,  nur halbwegs literarisch begabt ist und überdies was von Literatur und Rezeption versteht, weiss er, dass gelungene Dichtung wenigstens von den Hellhörigsten gegen den Zeitgeist und gegen den Trend gelesen werden kann. Selber war ich ja vor 40 Jahren persönlich bekannt mit der weiss Gott systemnahen DDR-Nationalpreisträgerin Rosmarie Schuder und ihrem erzstalinistischen Mann, welcher mir gegenüber den Stechschritt der NVA-Soldaten als dank gutem Zweck "nichtmilitaristisch" interpretierte. Die historischen Romane der Schuder, gut gemachte zwar im Vergleich zu H. Mann und J. Becker leider etwas mittelmässige Literatur, enthalten Stellen, die man als Kritik an der Stasi und an der Partei interpretieren konnte, im Rahmen von systemmässig zugelassener "konstruktiver" Kritik. Gutgemeinte Literatur unter solchen Bedingungen bleibt aber langfristig Makulatur.

norgallen

7. Dezember 2021 15:36

Gern lese bzw. höre ich die belletristischen Rezensionen auf Sezession. Allein, ich bleibe doch beim wieder-holenden Betrachten und Verkosten der aus den Fluten des Allzuvielgedruckten geborgenen Lektüreschätze. Da kommt sehr selten Neues hinzu. Mein täglich Brot ist Gomez Davila: eins, zwei, drei Aphorismen genügen zur (mittelfristigen) Aufheiterung des Gemüts. Neulich fand ich Zuflucht in Goethes Weimar, wie es Thomas Mann in seiner "Lotte" so wunderbar malte und in dem der Autor geistig auftankte, als sich über Deutschland eine Bleidecke senkte. Letztes Mal las ich den Roman mit 16 kurz vor der "Wende". Wer mir immer nahe stand, ist Theodor Fontane. In ihm begegnet mir das Preußen, welches mir durch die Erzählungen und Berichte meiner Vorfahren lieb-vertraut geworden ist; Reck-Malleczewens Abrechnung mit dem preußischen Menschen bedenkend (cf. "Das Ende der Termiten"). Diese Art Konservatismus empfinde ich als angenehm (auch für andere) und lebensecht. Jochen Kleppers "Vater" befindet sich mit seinem Tagebuch ebenfalls in meiner Schatztruhe - dank coronaischer Irrungen und Wirrungen. Wann stellen eigentlich Lehnert und Kubitschek wieder einmal einen Autor vor? Das freute wohl nicht nur mich! Bitte! Bei uns im Dorfe waren wir letzten Sonntag hundert Leute mit weißen und roten Kerzen in den Händen; bei knapp 500 Einwohnern ein verheißungsvoller Anfang. Es hätte eine Szene im "Stechlin" sein können. Es war ruhig und klar.

FranzJosef

7. Dezember 2021 16:18

Sehr geehrte Frau Kositza!

Sie meinen das doch nicht ernst, oder? Das ist doch eine verspätete Rache für die Absage 2006, oder? Denn das Schlimmste, was Wortmann passieren kann, ist doch eine positive Bewertung von Ihnen, oder?

Das ist doch so, oder? Ja? Na dann ist ja alles gut!

RMH

7. Dezember 2021 18:24

"Wann stellen eigentlich Lehnert und Kubitschek wieder einmal einen Autor vor?"

Wenn einmal wieder so eine Runde - garniert mit einem Trunk aus Mitteldeutschland - stattfinden würde, fände ich das auch sehr schön.

Monika

7. Dezember 2021 18:37

Möglicherweise ließe sich die cineastische Beziehung zu Söhnke Wortmann wieder beleben. Ich bin sicher, die französische Filmkomödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ von Philippe de Chauveron könnte man in einer herrlich ironischen deutschen Version verfilmen. Da wären mehr als Statistenrollen für ihre Töchter drinnen.

Habe das Szenario mal meiner sehr konservativen Schwester und deren drei hübschen Töchtern ausgemalt. Antwort: „Dein skurriler Humor ist hier nicht erwünscht.“ Na ja, das kommt in den besten Familien vor...🤔

Maiordomus

7. Dezember 2021 18:52

@Norgallen. Ja, Aphorismen! Für die Leser hier wären wohl die diesbezüglichen Meisterleistungen in deutscher Sprache empfehlenswert: Lichtenberg und Marie von Ebner-Eschenbach braucht man aber kaum mehr zu empfehlen. Eine Fundgrube, auch für die derzeitige Situation, speziell empfehlenswert die 3 Bände des Tagebuchs von Friedrich Hebbel, worin glücklicherweise sein Urteil über Stifter mit seinen Gräsern und Käfern nicht drin ist, letzteres  gehört nun mal zu seinen Rezensionen. Und dass er Heine trotz einer bedeutenden Begegnung in Paris in seine Proportionen zurückverweist, allerdings selbst dessen Gegenspieler Platen und sogar Kleist, spricht über alles gesehen für ein vielfach geschärftes, jedenfalls des Nachdenkens würdigen literarischen Urteils. Flächendeckend austeilen bedeutet jedoch bei ihm, dass dieses Hauptwerk der deutschen Literatur wohl nicht nur wegen seiner geistigen Ansprüche kaum mehr für Schullektüre in Frage kommen kann. Hebbels aphoristische Tagebücher sind zwar viel zitiert, noch immer, aber stets nur in Auszügen. Zu seinen besten neueren Kennern gehörte Ludger Lütkehaus.

Laurenz

7. Dezember 2021 20:16

"EL/GK-Videos"

Da Antaios, eigentlich ganz Schnellroda vom Bücherverkauf lebt, habe ich vollstes Verständnis dafür, daß Autoren besprochen werden.

Momentan scheint zu viel Arbeit im Raum zu stehen, sonst wäre ja schon was produziert worden.

Leider schließen sich Autorenbesprechungen von Autoren aus, die man nicht mag. Das verträgt sich schlecht mit dem Bücherverkauf. Das ist ähnlich den Aktienanalysten, die sind meistens Bullen. Wer kauft schon Aktien in fallenden Märkten...

Auch ich fände eine neue Besprechung zur Erbauung erfreulich.

Ausguck

7. Dezember 2021 20:45

@ Laurenz:

Toller Hecht! Ausspreche Anerkennung!

Vor so viel Befähigung, also einen einfachen Text "künstlerisch" (was immer das auch heißen mag) vortragen zu können, verblaßt selbstverständlich mein Leistungsvermögen erbärmlich. Ich verneige mich.

Maiordomus

7. Dezember 2021 20:55

@Ich glaube, Ihrem letzten Satz  betr. Erbauung wird, auch im gedruckten Heft, dann und wann, wenn nicht gerade häufig, nachgelebt. Auch scheint die Redakteurin für solches von ihrem Universe of discourse durchaus disponiert. Und was heisst schon: "die man nicht mag". Benns Krebsgedichte, etwas vom Stärksten, was ein dichtender Arzt je zu Papier brachte, können ihrerseits nicht nach jedermanns Geschmack sein geschweige denn "gemocht" zu werden. Ausserdem scheint es mir unintelligent, die Bücher des Gegners prinzipiell nicht zur Kenntnis zu nehmen. 

Hartwig aus LG8

7. Dezember 2021 21:48

""Eine herrlich ironsiche Darstellung deutscher Diplomaten in Entwicklungsländern finden sich in "Joseph von Westphalen: Im diplomatischen Dienst".""

 

@Nordlicht:

"Deutsche in Entwicklungsländern" - Wer es etwas derber und nicht bildungsbürgerlich hochgestochen mag, und dennoch anspruchsvoll, dem sei das deutsche Fernsehspiel "Zeit der Kannibalen" von 2014 anempfohlen. Eine Köstlichkeit!!!

Laurenz

7. Dezember 2021 22:03

@Ausguck @L.

Mir wäre lieber, Sie würden mehr Helmut Pemsel lesen. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Pemsel

Da die Marinegeschichte der wichtigste Teil der Geschichtsschreibung überhaupt ist, kann man Pemsel als den größten Historiker der Neuzeit bezeichnen. Der beste Mann ist jetzt 93 Jahre alt.

Gracchus

7. Dezember 2021 22:13

Heißt die neue Rubrik also: "Was Foristen stattdessen empfehlen"?

Ich greife derzeit, warum auch immer, zu polnischen Dichtern, Szymborska, Herbert, Milosz. Zwar kann ich kein Polnisch, immerhin lassen mich dies die Übersetzungen aber bedauern. Und zu Bobrowski und der sarmatischen Zeit. Und zu Romanen mit "Brücken" im Titel (die über die Drina, die andere von San Luis Rey). Sofern ich überhaupt zum Lesen komme. Für Wortmann bleibt keine Zeit. Ich habe mal reingeschaut. Flott geschrieben; nicht unlustig. 

Maiordomus

8. Dezember 2021 13:44

@Gracchus. Das "stattdessen" sollte mit dem Blick auf das Gesamtangebot aller Besprechungen relativiert werden. Weswegen ich in meinem letzten Beitrag auf Gottfried Benn verwies. Das kürzlich bestellte Buch war für mich eines der schönsten und eindrücklichsten je hier bei Besprechungen präsentierten. Was indes die ganz grosse  deutsche Literatur betrifft, wie sie bei zu besprechenden Neuerscheinungen der letzten 20 Jahre nun mal nicht zu verzeichnen war, verwies ich auf das mutmasslich nachhaltigste Stück Meisterprosa aus dem Lager der "Hegelschen Rechten" im 19. Jahrhundert: bestätigt von Kafka, der das Werk "in einem Zuge" las, dabei den Begriff "Das gefrorene Meer" entwickelte;  desgleichen Golo Mann, der das Buch atemlos in der "Linde" Konstanz las, und zuletzt im gleichen Rang von Peter von Matt als Spitzenwerk der deutschen Literatur empfohlen: die 1800 Seiten des Tagebuches von Friedrich Hebbel. Die "gutgemeinte" notwendig zensurierte gut 400seitige Fassung von Reclam bringt es natürlich nicht. Es gibt unterdessen auch einen mehrbändigen Kommentar dazu. 

Maiordomus

8. Dezember 2021 14:48

Zur genannten "Meisterprosa aus dem Lager der Hegelschen Rechten", eine Richtung, welcher zwar die heutige "Rechte" vieles schuldig bleibt: Bei Hebbel steht, bei anscheinender Apotheose der "Nibelungen", vom Spiegel als "Müll der Literaturgeschichte" bezeichnet, nicht das Nationale, sondern der tiefer reichende Begriff des Tragischen im Vordergrund. Ausserdem sieht er im Vergleich zu den Deutschen Klassiker die sozialen Probleme, Armut, einschliesslich Kinderarbeit nicht unter der Würde grosser Literatur, da auf Hauptmann vorausweisend. Möchte indes den sozialen Antisemitismus nicht gleich als Hauptmerkmal von Hebbel und der Hegelschen Rechten gleichsam "gerühmt" haben. Im Hintergrund steht der Literaturstreit mit der Tendenz-Dichtung des Jungen Deutschland und die Auseinandersetzung mit dem Intimfeind Berthold Auerbach, so wie Platen auf Verrisse von Heine dann mit damals publikumswirksamem Antisemitismus reagierte. Bei Hebbels Pariser Aufzeichnungen wird ferner bei Beschreibung von Rothschilds Hotel klar auf diese Pauke gehauen, die auch einem Friedrich Engels nicht fremd war. 

Vultus Animi

8. Dezember 2021 15:34

@Maiordomus

gerne weitere zeitlose Empfehlungen. Meine Bücherliste füllt sich fröhlich weiter.

Maiordomus

8. Dezember 2021 16:16

Habe bei Verweis auf die seit Jahren im Heft und SiN sowie via Rezensionsgespräche ergiebigen Gespräche wirklich keine weiteren Empfehlungen zu machen. Nur hat man dem Artikel von EK entnehmen können, dass schon bei der Auslieferung von Rezensionsexemplaren die normale Fairness ohne Rücksicht auf das jeweilige Niveau von Besprechungen zu wünschen übrig lässt. Das ist selbst unter Autoren von grosser Klasse, leider seit Generationen nichts Neues. Siehe das oben angedeutete Missverhältnis zwischen Heine und Platen gegeneinander (Hebbel kritisierte beide scharf, also nicht lagerbezogen.) Kurzfassung:

Heine über Platen: "Du schwul."

Platen über Heine: "Atsch! Du  dafür Jude."

So war es nun mal. Die Prädikate können an elementare Feind-Erklärungen angepasst werden.  

 

Ausguck

8. Dezember 2021 21:42

@ Laurenz:

Wie hätte wohl Loriot geantwortet? Vielleicht mit: "Interessant, was Sie da sagen!"  In jedem Fall darf ich Sie versichern, - for the sake of completeness -auch Helmut Pemsel in meinem Bücherschrank zu haben. Allerdings, und da mögen Sie sich vielleicht wundern: Als Seeoffizier a.D. habe ich wahrscheinlich mehr von der Seefahrt und Seekriegslehre vergessen als der Österreicher und ehemalige Flakhelfer Pemsel (oder auch Sie) jemals wissen konnte. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man die Milch von der Mutterbrust erhält oder aus der Konserve. Pemsel schrieb auch sehr gerne ihm naheliegendere Bücher über solche, jeden Marinehistoriker vom Hocker reißenden Themen wie "Die Schiffahrt auf dem Achensee". Da halte ich es lieber mit Leuten wie Admiral Ruge: "Der Seekrieg von 1939 bis 1945", Großadmiral Dönitz: "Zehn Jahre und zwanzig Tage" oder Jacques Mordal: "25 Jahrhunderte Seekrieg" oder auch Paul Auphan/J Mordal: "La Marine Francaise pendant la seconde guerre mondiale." denn es ist immer gut Fachleute als Autoren zu bevorzugen. Sonst endet man womöglich eines Tages bei Leuten wie Annalena.

Gracchus

8. Dezember 2021 21:58

@Maiordomus

Hebbel lohnt sich bestimmt. Auch Hans Blumenberg hat Hebbel eifrig gelesen. Ich habe eine kleine Auswahl von Egon Friedell. 

Laurenz

9. Dezember 2021 00:37

@Ausguck @L.

"Seeoffizier a.D."

Bei der durchschnittlichen Qualität historisch bekannter Seeoffiziere in Deutschland, ist Ihre Dienstzeit kein Qualitätsmerkmal, eher das Gegenteil. Eine Marine, die einen Teil ihrer Schiffe nach ihren Versagern tauft, ist nicht wirklich ernst zu nehmen. Es gibt in Britannien kein Schiff, welches HMS Byng heißt. 

Auch ich verlasse mich natürlich nicht nur auf Pemsel, hab auch Niemitz & andere, wie ein Lexikon mit allen deutschen jemals existierenden Kriegsschiffen im Schrank stehen, aber, wohl im Gegensatz zu Ihnen, alle mehrmals gelesen & schlage immer wieder nach.

Sie haben mich auch falsch verstanden. Es geht hier weder um Tapferkeit, noch um Menschenführung. Es geht hier um taktische & strategische Entscheidungen, die zum Erfolg oder Mißerfolg führen. Um Ihnen ein Beispiel zu geben .... der von Ihnen zitierte Kommodore Bonte, lag in Narvik ohne Sprit fest, seine Flottille wurde deswegen vernichtet & er fiel. Dem lag doch eine hervorragende Planung der SKL zugrunde. Verstanden?

Franz Bettinger

9. Dezember 2021 06:44

Ich lese gerade Götz Kubitscheks Zeit-Betrachtung (2017-2021) 'Hin und wieder zurück'. Zum Vorschein kommt der Stolz und die Traurigkeit eines Soldaten auf verlorenem Posten in einer Festung am Rande der Tatarenwüste. Heute, im Dezember 2021, wirkt der Band (auf mich) - da sich die NWO-Diktatur mit kaum gezügelter Brutalität und unverschämter Offenheit entfaltet - schon fast aus der Zeit gefallen.

Thomas

9. Dezember 2021 09:52

Sehr geehrte Frau Kositza,

das rezensierte Buch von Wortmann werde ich mir garantiert nicht kaufen. Ihre positive Rezension von ihnen wird einem wie Wortmann komplett egal sein. Eine Rückmeldung von ihm wird es niemals geben, geschweige denn eine Entschuldigung über sein respektloses Verhalten ihnen gegenüber. Er wird niemals auf sie zugehen, daher ist Zeitverschwendung, sich mit solchen Leuten wie ihm abzugeben. Meine Meinung.

Stattdessen hätte ich eine Rezension von Kleine-Hartlage über sein neues Buch "Systemfrage" hier erwartet. Vielleicht gibt es diese ja im gedruckten Heft, aber hier an diese Stelle hätte sie eine größere Reichweite und würde besser hierher passen. Schade.

Ausguck

9. Dezember 2021 21:19

@ Laurenz: (1)

"kann man Pemsel als den größten Historiker der Neuzeit bezeichnen. Der beste Mann ist jetzt 93 Jahre alt."

An dieser Stelle hätte Loriot sicherlich sein berühmtes Lachen gezeigt und "Ach was!?" gerufen. Warum?

Weil er damit seiner Verwunderung darüber hätte Ausdruck verleihen wollen, daß jemand, der angeblich so viel liest wie Sie und sogar kapitelweise den "Herrn der Ringe" rezitieren kann (ich bin immer noch ganz ergriffen!), noch nicht einmal weiß, daß sein Lieblings-Marinehistoriker längst nicht mehr unter uns weilt.

Herr Pemsel ist nämlich am 26.Januar 2016 verstorben und damit 88 Jahre alt geworden.

Ihr Wissen über ihn haben Sie ganz offensichtlich von Wikipedia bezogen, wo man ebenfalls (wie so oft) falsch informiert ist. Schade.

Dennoch ganz kurz zu Ihrem letzten Kommentar:

Weshalb sollte die Royal Navy keines ihrer Schiffe "HMS Byng" nennen? (vom dämlichen Klang des Namens mal abgesehen). Immerhin gab es den Admiral Viscount Torrington, George Byng, der 1717 die Spanische Flotte bei Messina besiegte. Also besser recherchieren bitte!

Die Deutsche Marine hatte zu meiner Zeit (1967 bis 1980) kein Schiff nach einem Versager benannt, sondern nach verdienten und verehrten, oft und leider für ihr Vaterland gefallenen Männern. Mit Leuten, die deren Leistung vom weichen Sessel aus beurteilen, habe ich Probleme. Vielleicht verstehen Sie das sogar.

Ausguck

9. Dezember 2021 21:22

@ Laurenz (2)

Und zu Kommodore Bonte und seinen Narvik-Zerstörern: Da liegen Sie vollkommen falsch. Die zehn Zerstörer brachen vor der Küste den Widerstand zweier norwegischer Küstenpanzerschiffe (was für eine große Leistung!) und landeten die Gebirgsjäger. Das verbrauchte viel Kraftstoff, ein Umstand, der bei diesem Schiffstyp von Laien wie Sie es nunmal sind, unberücksichtigt bleiben muß. Die Ölübernahme von einem Tanker (der andere war versenkt worden) kostete daher unerwartet viel Zeit und war noch nicht beendet, als in der Morgendämmerung des 10. April ein englischer Verband den Hafen überfiel und drei der dort liegenden fünf Zerstörer außer Gefecht setzte. Die SKL hatte alles richtig vorbereitet, aber Kriegsglück oder -pech gehörte nunmal nicht zu ihrem Aufgabenbereich. Übrigens fiel Kommodore Bonte und schon von daher steht Ihnen nicht zu, über ihn unqualifiert zu urteilen. 

Ich beende hier den Diskurs mit Ihnen zu diesem Thema, weil es unergiebig (und unerfreulich) geworden ist.

 

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