Faktenlage (6) – Eric Zemmour und Frankreichs Rechte

In Frankreich transformiert sich das rechte Parteienlager und die Dominanz von Le Pen und dem RN scheint zu bröckeln.

Daniel Fiß

Daniel Fiß ist freier Publizist.

Was vor eini­gen Wochen noch ein span­nen­des Phä­no­men in der rech­ten Par­tei­en­land­schaft Frank­reichs zu sein schien, ist nun vor weni­gen Tagen zu einer poli­tisch-kon­kre­ten Gestalt geworden.

Die Front­frau Mari­ne Le Pen und ihr Ras­sem­blem­ent Natio­nal (RN) bekom­men durch den Publi­zis­ten und die bekann­te Medi­en­fi­gur Eric Zemm­our ernst­haf­te Kon­kur­renz von rechts. Mit einer beein­dru­cken­den Show ver­kün­de­te Zemm­our sei­ne Kan­di­da­tur und prä­sen­tier­te zugleich sei­ne neue Par­tei „Recon­quete“.

Auch in der deut­schen Rech­ten beob­ach­ten vie­le seit lan­gem das Phä­no­men Zemm­our, der vor allem durch sei­ne kla­re Spra­che und sei­ne kon­se­quen­ten inhalt­li­chen Posi­tio­nie­run­gen bei manch einem Sym­pa­thie her­vor­ge­ru­fen haben dürf­te. Scho­nungs­los spricht er die demo­gra­phi­sche Kata­stro­phe des Gro­ßen Aus­tau­sches an, for­dert eine restrik­ti­ve Ein­wan­de­rungs­po­li­tik bei knall­har­ten Assi­mi­la­ti­ons­an­for­de­run­gen für bereits in Frank­reich leben­de Einwanderer.

Gegen Zemm­our wirkt Le Pen auf vie­le Beob­ach­ter regel­recht ver­braucht und scheint die allei­ni­ge Domi­nanz inner­halb des rechts­op­po­si­tio­nel­len Lagers zu ver­lie­ren. Es steht die Fra­ge im Raum, ob Zemm­our sogar das Poten­ti­al abru­fen kann, vor Le Pen im zwei­ten Wahl­gang gegen den vor­aus­sicht­lich aktu­ell amtie­ren­den Prä­si­den­ten Emma­nu­el Macron anzutreten.

Oder wird es zu einer gegen­sei­ti­gen Kan­ni­ba­li­sie­rung der Wäh­ler­po­ten­tia­le kom­men, wodurch kei­ner der bei­den Akteu­re des rech­ten Par­tei­la­gers die zwei­te Run­de für die Wahl erreicht? Und wel­che stra­te­gi­schen Bünd­nis­op­tio­nen eröff­nen sich mög­li­cher­wei­se kurz­fris­tig im zwei­ten Wahl­gang der Prä­si­dent­schafts­wahl 2022, soll­te es einer der bei­den schaf­fen? Und was bedeu­tet das lang­fris­tig für die poli­ti­sche Rech­te Frankreichs?

In den Umfra­gen der letz­ten Wochen konn­te sich Le Pen meis­tens sou­ve­rän auf dem zwei­ten Platz für den ers­ten Wahl­gang behaup­ten. Aktu­ell liegt sie gleich auf mit der repu­bli­ka­ni­schen Kan­di­da­ten Valé­rie Pécres­se bei 16% und dicht ver­folgt von Eric Zemm­our, der auf 14% der Stim­men in der neu­es­ten Umfra­ge kommt. Anfang Okto­ber (als die Kan­di­da­tur von Zemm­our noch nicht ein­mal offi­zi­ell war) konn­te sich Zemm­our sogar kurz­wei­lig knapp vor Le Pen schieben.

Mit kom­for­ta­blem Vor­sprung führt jedoch wei­ter­hin der amtie­ren­de fran­zö­si­sche Prä­si­dent Emma­nu­el Macron die Umfra­gen sowohl für den ers­ten als auch zwei­ten Wahl­gang. Zu Beginn des Jah­res sah dies jedoch noch anders aus und Le Pen galt in den Umfra­gen als Favo­ri­tin im ers­ten Wahlgang.

Letzt­end­lich blieb dies jedoch bei einer Moment­auf­nah­me und das ent­täu­schen­de Abschnei­den des Ras­sem­blem­ent Natio­nal bei den fran­zö­si­schen Kom­mu­nal­wah­len brach­te Le Pen wie­der auf den zwei­ten Platz, auf dem sie jedoch immer noch die aus­sichts­reichs­ten Chan­cen von allen Kan­di­da­ten hat, um sich für die zwei­te Run­de der Prä­si­dent­schafts­wahl zu qualifizieren.

Das poli­ti­sche Auf­kom­men von Zemm­our dürf­te in der Wahl­kampf­zen­tra­le des RN für eini­ge Kopf­schmer­zen gesorgt haben. Für jeden poli­ti­schen Beob­ach­ter zeigt sich offen­sicht­lich, dass Zemm­our vor allem im ers­ten Wahl­gang wich­ti­ge Wäh­ler­stim­men aus dem Poten­ti­al des RN auf­sau­gen könn­te und damit am Ende die gesam­te rech­te Par­tei­en­land­schaft ver­lie­ren ihre Chan­cen auf die Prä­si­dent­schaft minimiert.

30% der Le Pen Wäh­ler von 2017 könn­ten sich vor­stel­len, im April 2022 für Zemm­our zu votie­ren. Dass sich Zemm­our in einer der­ar­ti­gen Dyna­mik und Stär­ke neben dem RN im rech­ten poli­ti­schen Raum posi­tio­nie­ren konn­te, füh­ren man­che Beob­ach­ter auch auf die ver­meint­lich geschei­ter­te „Ent­dä­mo­ni­sie­rungs­stra­te­gie“ von Mari­ne Le Pen zurück. Sie hat zahl­rei­che fun­da­men­ta­le und radi­ka­le (i. S. von: grund­sätz­li­che) Posi­tio­nen über Bord gewor­fen, die Par­tei umbe­nen­nen las­sen und mit eiser­nem Besen in der eige­nen Mit­glie­der­schaft gekehrt, ohne dabei vor einem Par­tei­aus­schluß ihres eige­nen Vaters, dem frü­he­ren Vor­sit­zen­den Jean Mari­ne Le Pen, Halt zu machen.

Die­ser Kurs sorgt bis heu­te inner­halb des RN für viel Unru­he. Doch Mari­ne Le Pen kann sich in ihrer Füh­rungs­rol­le behaup­ten. Ihr gesam­ter Ehr­geiz, stra­te­gi­scher Fokus und ihre poli­ti­sche Vor­be­rei­tung ist seit der ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Prä­si­dent­schafts­wahl 2017 aus­schließ­lich auf den April 2022 gerich­tet, wo sie ihr poli­ti­sches Lebens­werk ver­voll­stän­di­gen will.

Die Sor­ge eines sich gegen­sei­tig sabo­tie­ren­den Stim­men­split­tings im rech­ten Wäh­ler­block dürf­te durch eini­ge Umfra­gen der letz­ten Wochen ent­kräf­tet wor­den sein. Denn der Kuchen, der im rech­ten Wäh­ler­seg­ment Frank­reichs zu ver­tei­len ist, scheint seit 2017 gewach­sen zu sein und gene­riert sich vor allem über die Anhän­ger von Zemm­our und sei­ne neu­en Poten­tia­le inner­halb klas­sisch bür­ger­lich-intel­lek­tu­el­ler Wohlstandsschichten.

2017 lag das Gesamt­po­ten­ti­al aller Kan­di­da­ten rechts der repu­bli­ka­ni­schen Par­tei­en noch bei 26,2%. 2022 könn­te es auf 35,2% anwach­sen. Jeder Drit­te wäre in Frank­reich jetzt bereit, eine Par­tei rechts des repu­bli­ka­ni­schen Estab­lish­ments zu wählen.

Vor allem unter Hoch­schul­ab­sol­ven­ten (+10%) oder beruf­li­chen Füh­rungs­kräf­ten (+12%) hat sich das Gesamt­po­ten­ti­al im Par­tei­spek­trum der Rech­ten deut­lich gestei­gert. Ein Groß­teil davon dürf­te auf das Kon­to von Zemm­our gehen. In der Land­be­völ­ke­rung ist das Poten­ti­al sogar um 16% ange­wach­sen, was wie­der­um auf eine ehr­li­che Schwer­punkt­set­zung des RN in den letz­ten Jah­ren im länd­lich-kom­mu­na­len Raum zurück­ge­führt wer­den kann.

Wäh­rend Zemm­our die drän­gends­ten migra­ti­ons­po­li­ti­schen und demo­gra­phi­schen Fra­gen the­ma­ti­siert, mei­det Le Pen schon fast die­se Fel­der und legt den Schwer­punkt auf die Pro­fil­schär­fung in sozi­al- und land­wirt­schafts­po­li­ti­schen Inhal­ten und kann so als volks­na­he und prä­si­dia­le Kan­di­da­tin auftreten.

Das Para­do­xe von Zemm­ours Kan­di­da­tur liegt vor allem in sei­ner fun­da­men­ta­le­ren und schär­fe­ren Posi­tio­nie­rung in migra­ti­ons­po­li­ti­schen Fra­gen gegen­über Le Pen. Gleich­zei­tig stößt er in Wäh­ler­räu­me, bei denen man ver­mu­ten müß­te, daß die­se fest an das herr­schen­de Par­tei­estab­lish­ment gebun­den seien.

Zemm­our mobi­li­siert intel­lek­tu­el­le Schich­ten in urba­nen Zen­tren mit höhe­ren Ein­kom­men, wäh­rend Le Pen die länd­li­chen Wäh­ler, Sozi­al­schwa­chen und Arbei­ter­mi­lieus wei­ter­hin als Stamm­wäh­ler­mas­se hal­ten kann. Alain de Benoist sprach in einem Inter­view in der aktu­el­len Aus­ga­be der Jun­gen Frei­heit hin­sicht­lich der Zemm­our-Wäh­ler­schaft von einer fran­zö­si­schen „patrio­ti­schen Bourgeoisie“.

Ein Blick auf die Wäh­ler­po­ten­tia­le bei den ande­ren Par­tei­en und Kan­di­da­ten ver­an­schau­licht die Brei­te der zemm­ou­ris­ti­schen Ziel­grup­pen­an­spra­che. Unter Anhän­gern der repu­bli­ka­ni­schen Par­tei könn­ten sich 22% vor­stel­len, im ers­ten Wahl­gang für Zemm­our zu votie­ren. Für Le Pen sind hier­für in der glei­chen Grup­pe nur 3% bereit.

Zemm­ours Anhän­ger rekru­tie­ren sich aus einem viel­schich­ti­gen Block ver­schie­dens­ter poli­ti­scher Strö­mun­gen, die tief in klas­si­sche bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­ve Milieus hin­ein­rei­chen. Le Pen muss sich hin­ge­gen auf die Grö­ße ihrer struk­tu­rel­len Stamm­wäh­ler­schaft ver­las­sen. Sie kann ledig­lich inner­halb der links­po­pu­lis­ti­schen Milieus noch eini­ge weni­ge Stim­men einsammeln.

Zemm­our ist den­noch kein rein bür­ger­li­ches Pro­test­phä­no­men. Umfra­gen zei­gen, daß sei­ne Wäh­ler­schaft gegen­über der von Le Pen eine deut­lich höhe­re Hete­ro­ge­ni­tät auf­weist. Die sozio­öko­no­mi­schen Abwei­chun­gen und Dif­fe­ren­zen sind weni­ger stark aus­ge­prägt als beim RN.

Bei Zustim­mungs­wer­ten inner­halb der unter­schied­li­chen Ein­kom­mens­klas­sen liegt die pro­zen­tua­le Abwei­chung zwi­schen der höchs­ten und der nied­rigs­ten Ein­kom­mens­schicht von Zemm­ours Wäh­lern bei 5%. Bei Le Pen lie­gen zwi­schen der Mobi­li­sie­rung in der höchs­ten Ein­kom­mens­klas­se und der nied­rigs­ten gan­ze 21%.

Zemm­our kann bei lei­ten­den Ange­stell­ten und Füh­rungs­kräf­ten 16% mobi­li­sie­ren und bei nor­ma­len Arbei­tern 14%. Le Pen holt bei den Füh­rungs­kräf­ten hin­ge­gen nur 6%, dafür aber bemer­kens­wer­te 35% bei den klas­si­schen Arbei­tern aller Art.

Für die Stamm­wäh­ler­schaft Le Pens stellt Zemm­our kei­ne aku­te Gefahr dar. Er macht aber die Schwä­che in der limi­tier­ten Wäh­ler­mo­bi­li­sie­rung Le Pens sicht­bar, die sich auch schon in der Prä­si­dent­schafts­wahl 2017 gezeigt hat. Dort konn­te sie mit einem stark sozi­al­po­li­tisch fokus­sier­ten Pro­gramm auch inner­halb der Arbei­ter­mi­lieus vor Macron domi­nie­ren und wur­de den­noch von der demo­gra­phi­schen Macht der urba­nen Zen­tren sowie den bür­ger­lich-intel­lek­tu­el­len Schich­ten, die sich um Macron sam­mel­ten, überrollt.

So zeigt sich auch jetzt inner­halb der sozio­öko­no­mi­schen Wäh­ler­wech­sel­po­ten­tia­len, daß Le Pen 74% ihrer Wäh­ler aus der Arbei­ter­klas­se hal­ten kann und hier­von nur 18% sich vor­stel­len kön­nen, zu Zemm­our über­zu­lau­fen. In den bür­ger­li­chen Schich­ten aus höhe­ren Ein­kom­mens­klas­sen und beruf­li­chen Füh­rungs­kräf­ten könn­te Zemm­our jedoch poten­zi­ell 39% der vor­ma­li­gen Le Pen Wäh­ler einsammeln.

Fran­zö­si­sche Demo­sko­pen sehen auch hier die beson­de­re Stär­ke von Zemm­our, bei den unter­schied­li­chen Mobi­li­sie­run­gen aus unter­schied­li­chen sozia­len Milieus der ande­ren Par­tei­en einen har­mo­ni­schen Balan­ce­akt zu voll­füh­ren. So holt Zemm­our die bür­ger­li­chen und sozi­al bes­ser­ge­stell­ten Wäh­ler des RN ab und kann zugleich die Arbei­ter und sozi­al Abge­häng­ten der Repu­bli­ka­ner mobilisieren.

Zemm­our ist fle­xi­bler in der Anspra­che sei­ner Wäh­ler­ziel­grup­pen und könn­te somit noch für die ein oder ande­re Über­ra­schung sorgen.

Wäh­rend Zemm­our noch nach sei­nem Allein­stel­lungs­merk­mal und einem geschärf­ten inhalt­lich poli­ti­schen Pro­fil sucht, dürf­te die jah­re­lan­ge Ver­an­ke­rung von Le Pen in Arbei­ter­mi­lieus, länd­li­chen Räu­men in der Peri­phe­rie auf­grund ihrer inhalt­li­chen Schwer­punkt­le­gung auf sozi­al­po­li­ti­sche The­men aktu­ell kaum in Gefahr geraten.

Zemm­our pro­fi­tiert aller­dings von der Tat­sa­che, daß bei den sechs wich­tigs­ten gesell­schaft­li­chen The­men inne­re Sicher­heit und Migra­ti­ons­po­li­tik weit vor­ne ste­hen (ein kras­ser Unter­schied zur BRD!). Das viert­wich­tigs­te poli­ti­sche The­ma, wor­über die Fran­zo­sen in den letz­ten Wochen im sozia­len Umfeld spra­chen, war mit 52% die Kan­di­da­tur von Zemmour.

Sein media­les Talent für Show und Insze­nie­rung ermög­li­chen es ihm, stets im Gespräch zu blei­ben und immer wie­der pola­ri­sie­ren­de Akzen­te zu set­zen, wodurch der Wahl­kam­pa­gne zunächst wohl kaum eine Ver­fla­chung oder Ermü­dung droht.

Ob die zemm­ou­ris­ti­sche Zug­kraft am Ende auch über die gesam­te Stre­cke des Wahl­kamp­fes bis zum April 2022 hält, wird sich erst noch zei­gen. Doch ers­te Zah­len zur fes­ten Wäh­ler­bin­dung zei­gen bereits, daß das Wech­sel­po­ten­ti­al der Zemm­our-Wäh­ler für einen neu­en Kan­di­da­ten, der nicht aus dem herr­schen­den poli­ti­schen Betrieb kommt, ver­hält­nis­mä­ßig gering ist.

So sind 64% der bis­he­ri­gen Unter­stüt­zer von Zemm­our bereits fest ent­schlos­sen, ihn im April auch zu wäh­len. Bei Le Pen ist die­ses Stamm­wäh­ler­po­ten­ti­al mit 77% am höchs­ten aus­ge­prägt. Die Zustim­mung für Zemm­our scheint also nicht nur ein rein ver­flüch­ti­gen­des Pro­test­phä­no­men zu sein, son­dern ist bereits jetzt in eine sta­bi­li­sie­ren­de Struk­tu­rie­rungs- und Kon­so­li­die­rungs­pha­se eingetreten.

Nach allen vor­lie­gen­den Zah­len scheint Zemm­our auf die Kern- und Stamm­wäh­ler­schaf­ten von Le Pen kei­nen außer­or­dent­li­chen Reiz auszulösen.

Viel­mehr saugt er die vola­ti­len Wäh­ler­grup­pen auf, die sich in einem neu­en rech­ten Pro­testraum umori­en­tie­ren. Es wird ihm schwer­lich gelin­gen, die fest gebun­de­nen sozio­de­mo­gra­phi­schen Grup­pen zu mobi­li­sie­ren, die bereits seit vie­len Jah­ren dem RN die Treue halten.

So über­rascht es wenig, daß Mari­ne Le Pen unter Frau­en deut­lich höhe­re Beliebt­heits­wer­te als Zemm­our auf­weist – ein wahl­ent­schei­den­der Fak­tor, den Le Pen im Gegen­satz zu den meis­ten euro­päi­schen Rechts­par­tei­en für sich zu nut­zen weiß. Unter weib­li­chen Jung­wäh­lern kommt Le Pen sogar auf bis zu 29%, wäh­rend Zemm­our ledig­lich auf abge­schla­ge­ne Zustim­mungs­wer­te von 7% in der glei­chen Alters- und Geschlechts­grup­pe kommt.

Ins­ge­samt könn­te Le Pen bei weib­li­chen Wäh­lern bis zu 20% der Stim­men holen. Zemm­ours Poten­ti­al scheint hier jedoch schon bei 13% aus­ge­schöpft zu sein. Über­ra­schend sind auch die schwa­chen Wer­te Zemm­ours unter Jung­wäh­lern in Frank­reich. Auf sei­nen Ver­an­stal­tun­gen sieht man immer wie­der Bil­der von zahl­rei­chen jun­gen Men­schen, die ihm bei sei­nen Reden zuju­beln. Doch in der demo­sko­pi­schen Alters­ver­tei­lung scheint Zemm­our sei­ne stärks­ten Wer­te bei den 50–65-Jährigen zu erhalten.

Le Pen kann, wie auch schon bei der Prä­si­dent­schafts­wahl 2017, außer­or­dent­lich stark die jun­ge Gene­ra­ti­on zwi­schen 20–35 Jah­ren anspre­chen und kommt aktu­ell auf 25% bei den Jung­wäh­lern zwi­schen 25–34 Jah­ren. Bemer­kens­wert ist die Dif­fe­renz bei arbeits­lo­sen Jugend­li­chen in Frank­reich, bei denen Le Pen 25% erhal­ten wür­de und Zemm­our ledig­lich 3%, was das sozi­al­po­li­ti­sche Pro­fil, wel­ches der RN, über die Jah­re unter der Füh­rung von Mari­ne Le Pen erar­bei­tet hat, erneut unterstreicht.

Ein wei­te­rer Fak­tor, an dem der Auf­stieg Zemm­ours gebremst wer­den könn­te, sind die Per­sön­lich­keits- und Kom­pe­tenz­wer­te im direk­ten Ver­gleich zu Mari­ne Le Pen. Hier kann Le Pen auf die Trumpf­kar­te ihrer Erfah­run­gen inner­halb des poli­ti­schen Betriebs set­zen und wirkt durch ihre Weib­lich­keit mög­li­cher­wei­se auch ent­waff­nen­der, zah­mer und unauf­ge­reg­ter als Zemmour.

Im direk­ten Ver­gleich mit Macron im zwei­ten Wahl­gang wür­de Le Pen nach aktu­el­len Umfra­gen 44% der Stim­men ein­sam­meln. Zemm­our könn­te in der zwei­ten Run­de jedoch nur 37% gegen Macron errei­chen. Die meis­ten Fran­zo­sen hal­ten Mari­ne Le Pen für kom­pe­ten­ter (25% gegen­über 17% bei Zemm­our). In der Kri­sen­be­wäl­ti­gung trau­en 23% der Fran­zo­sen Le Pen ent­spre­chen­de Kom­pe­ten­zen zu. Zemm­our kommt hier nur auf 14%.

Deut­li­che Unter­schie­de scheint es auch in der Pola­ri­sie­rungs­wahr­neh­mung zu geben. So den­ken 49%, daß Eric Zemm­our eine besorg­nis­er­re­gen­de Figur für die fran­zö­si­sche Demo­kra­tie sei. Bei Le Pen sind dies hin­ge­gen nur noch 16%. Es ist ver­mut­lich eher Zemm­our, der die schwie­ri­ge­ren stra­te­gi­schen Fra­gen in den kom­men­den Wochen und Mona­ten zu beant­wor­ten hat, wie er vor allem als poli­ti­scher „New­co­mer“ eine inhalt­lich mobi­li­sie­ren­de Erzäh­lung und einen Mar­ken­kern um sich her­um auf­baut und zugleich die gesell­schaft­li­che Auf­re­gung und Anspan­nung um sei­ne Per­son nicht überdreht.

Le Pen scheint eine sta­bi­le Fes­tung ihrer Stamm­wäh­ler­mi­lieus zu hal­ten und muss für ihr ambi­tio­nier­tes Ziel den­noch die vola­ti­len Pro­test­wäh­ler­grup­pen an sich bin­den, die aktu­ell im Gra­vi­ta­ti­ons­zen­trum von Zemm­our krei­sen. Die­ser wie­der­rum kann zwar einen Teil der bür­ger­lich-intel­lek­tu­el­len Kli­en­tel mobi­li­sie­ren, aber bleibt im direk­ten Wett­be­werb mit Le Pen der uner­fah­re­ne­re Kan­di­dat mit gerin­ge­ren per­sön­li­chen Popu­la­ri­täts­wer­ten. Sein pola­ri­sie­ren­der Nim­bus wür­de aktu­ell zwar für einen Ach­tungs­er­folg im ers­ten Wahl­gang rei­chen, aber kei­ne ernst­haf­te Gefahr für Macron selbst werden.

Le Pen bleibt die Favo­ri­tin im direk­ten Prä­si­dent­schafts­du­ell des zwei­ten Wahl­gangs und es wird inter­es­sant zu sehen sein, wel­che Bünd­nis­op­tio­nen dann mög­lich sein wer­den. Eine har­te Feind­schaft zwi­schen Le Pen und Zemm­our läßt sich bis­her nicht fest­stel­len. Natür­lich sind die bei­den Kon­kur­ren­ten und ver­fol­gen unter­schied­li­che stra­te­gi­sche wie auch poli­ti­sche Ansätze.

Ein künf­ti­ges Samm­lungs­pro­jekt bei­der Lager, wel­ches sich auch lang­fris­tig eta­bliert, ist zur­zeit auch noch nicht abseh­bar, aber laut fran­zö­si­schen Polit­be­ob­ach­tern nicht völ­lig aus­ge­schlos­sen. Die The­se einer gegen­sei­ti­gen Kan­ni­ba­li­sie­rung des rech­ten Wäh­ler­po­ten­ti­als zwi­schen Le Pen und Zemm­our kann jeden­falls noch nicht abschlie­ßend beant­wor­tet werden.

Daniel Fiß

Daniel Fiß ist freier Publizist.

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Kommentare (45)

Schobbepetzer

13. Dezember 2021 11:31

Was mich an der ganzen Geschichte wundert, ist das Comeback von Macron. Er hatte doch extrem schwache Zustimmungswerte Anfang des Jahres 2021. Die Proteste in Paris gegen Corona, wirkten auf mich in den sozialen Medien, deutlich größer und engagierter als in Deutschland. Oder bin ich da einer Falschinformation aufgesessen?

Macron ist ohne Hausmacht in die Kandidatur gestartet, die Leute, die ihn gepusht haben, haben das sehr professionell aufgezogen. Von daher könnte es auch Zemmour schaffen.

Für mich ist eigentlich die Frage, wer hat die besseren Karten im zweiten Wahlgang. Le Pen hat doch eher das Image einer ewigen Verliererin.

Daniel Fiß

13. Dezember 2021 11:41

In den Umfragen würde Zemmour im zweiten Wahlgang auf 37% gegen Macron kommen und Le Pen auf 44%. Das sind natürlich noch unsicherere Projektionen als jene Daten im ersten Wahlgang. Die Dynamiken für Le Pen sind einigermaßen vorhersehbar. Zemmour könnte aber, wie im Artikel gezeigt, Wählerschaften mobilisieren die Le Pen selbst unter vollständiger Ausschöpfung ihres Stammpotentials nicht erreicht.

t.gygax

13. Dezember 2021 12:04

Viele Worte. Und nur eine Frage: wer hat diesen algerischen Franzosen installiert, um den -so wie ich Frankreich kenne- diesmal auch durch keinen Wahlbetrug zu verhindernden Sieg von Marine le Pen über Macron zu verhindern?

"Teile und herrsche", so läuft das Spiel und nicht anders. Und wer wirklich die Fäden zieht, das wissen in diesem blog einige, aber der Name darf nicht genannt werden. Das deutsche Märchen "Rumpelstilzchen" hat übrigens eine Tiefendimension, die einen schaudern lässt...man muss es nur gegen den Strich lesen.

Gotlandfahrer

13. Dezember 2021 12:10

Befürchtung eines parteipolitischen Naivlings:

Ginge es Le Pen und Zemmour wirklich nur darum, die Katastrophe für die Nation abzuwenden, schlössen sie sich doch spätestens jetzt, nach dem Relevanzbeweis Zs als Tandem zusammen, um sowohl Verwässerung der Rechten zu verhindern als auch ein Stärkesignal an alle Unentschlossenen Noch-nicht-Rechten zu senden.  In Zeiten aufgezwungener Spaltung mit differenzierten Antworten dagegen zu halten ist kontraproduktiv. Es mag ja sein, dass Z über die strammen Gelbwesten hinaus neue Bücherwürmer anspricht und damit das gesamte rechte Potenzial etwas ausdehnt - aber so wie ich Frankreichs Wahlsystem verstanden habe (da mag ich falsch mit liegen) geht es am Ende doch in Stichwahlen, und in die gilt es mit breiter Ansage zu gehen, nicht einer  "na gut, jetzt wählen wir halt den / oder die, besser als jener"-Empfehlung. Wenn Mama-Marie die Rotweinbauern und Elfenbein-Eric die Rotweintrinker anspricht, wäre doch der Großteil der Nation bedient.  Oder greift das zu kurz?

Allnichts

13. Dezember 2021 12:32

Ich will mich nur wenig über den Mann als solchen äussern, er kann natürlich durchaus richtige Dinge sagen und möglicherweise ist er auch einer derjenigen, die besser in die französische Gesellschaft integriert sind als andere. Vor allem aber ist er u.a. Algerier, er ist kein Franzose. Er ist Ausdruck des Problems, nicht Teil der Lösung.

Ihm nun von rechts zuzujubeln, ohne grossartig auf seine Herkunft zu achten, bringt mich zu der Frage, ob es genauso gern gesehen würde, wenn hier bspw. ein arabischer Christ eine mehr oder weniger realistische Chance darauf hätte, Bundeskanzler zu werden - solange dieser nur ausreichend genehme Aussagen macht.

Der Artikel an sich ist erst einmal nüchtern, die Analyse ist auch interessant. Überhaupt muss gesagt werden, dass die Artikel von Daniel Fiß wegen der gewählten Vorgehensweise mitunter zwar etwas trocken sind, aber auf jeden Fall zu weiteren Gedankengängen führen.

Daniel Fiß

13. Dezember 2021 12:52

Ein Bündnis von Le Pen und Zemmour ist für den zweiten Wahlgang auch noch nicht völlig ausgeschlossen. Die beiden sind zwar Konkurrenten aber alles noch im Rahmen eines fairen politischen Wettbewerbs. Was auch einleuchtend ist, da beide wissen wenn sie sich eine Schlammschlacht liefern würden gleichzeitig auch ihr Wählerpotential amputieren würden. Ob eine Bündelung des gesamten rechten Potentials aber am Ende ausreicht um Macron zu schlagen steht auf einem anderen Blatt.

Laurenz

13. Dezember 2021 12:56

@DF

Muß hier @T.Gygax leider zustimmen. Just zu jeder Präsidentschaftswahl in Frankreich, wird irgend ein Hasardeur aus dem Hut gezaubert um Le Pen zu verhindern.

Die harte Migrationsnummer nimmt doch einem Sephardim aus Algerien eh keiner ab. Das ist doch auch der Grund, warum sich wohl auch weniger Bildungsferne zu Zemmour bekennen können. Hier ist der Vorwurf anti-semitisch oder fremdenfeindlich zu sein, ein wenig ausgehebelt.

Ein interessanter Nebenaspekt ist sicher, wieso sich Teile der jüdischen Gemeinden in Europa der "Rechten" zuwenden. Auch Zemmours Kollege Broder ist ja noch nicht allzu lange ein Protagonist der konservativen Lagers.

Für Le Pen galt bisher die FJS-Doktrin. Das ist nun vielleicht vorbei.

tearjerker

13. Dezember 2021 12:59

Immerhin haben die Franzosen einen Kandidaten, der von ausserhalb des Parteien-Klüngels kommt. Das ist eine Zeiterscheinung und war zu erwarten. Macron wird sich ohne Zweifel erneut durchsetzen, denn es gelingt ihm moderate Linke, Teile des bürgerlichen Spektrums und die Aufsteiger aus dem Einwanderermilieu in den Bevölkerungszentren anzusprechen. Für Deutschland ist dabei egal, wer die antideutsche Politik in Paris zu verantworten haben wird, die mit dem fortlaufenden Zerfall der EU den alten deutsch-französischen Gegensatz wiederaufleben lässt.

Laurenz

13. Dezember 2021 13:23

@Allesnichts

Die nordafrikanischen Juden (Tunesien, Algerien, Marokko) stammten nach ihrer Diaspora aus dem unheiligen Land auf Druck der Römer, mehr oder weniger aus Spanien. Ein großer Teil wurde in einem der größten Seefahrts-Unternehmen aller Zeiten von Isabella I von Kastilien vor allem nach Nordafrika deportiert. Lange Zeit (bis ins 19. Jahrhundert) lebten die Sepharden als Bürger der Barbaresken-Staaten maßgeblich vom Sklavenhandel & der Schutzgelderpressung von Handelsschiffen.

Gustav

13. Dezember 2021 14:02

Eric Zemmour ist ein perfektes Beispiel für die Absurdität eines politischen Systems, das die große Mehrheit der Bevölkerung der Nation von jeder Vertretung ausschließt.

Mélenchon, ein marokkanischer Einwanderer, spielt die Rolle der Linken, und Eric Zemmour, ein algerischer Jude, spielt die Rolle der Rechten. Es ist irgendwie angemessen, dass keiner der Männer Vorfahren in Frankreich hat. Die beiden Männer sind eigentlich Freunde. Mélenchon nahm an der Feier zum 50-jährigen Jubiläum von Zemmour teil. Die Beziehungen reichen weit zurück, weil Zemmour früher dieselben Anliegen unterstützte wie Mélenchon. In den Tagen von Präsident Mitterand spielte Zemmour die progressive Rolle und unterstützte alle Anliegen, die Juden lieben: Multikulturalismus, Homosexualität, Abtreibung – alles, was dazu führt, eine Nation zu zerstören.

Attali, der "linke" Erfinder von Macron, hat Zemmour offen als seinen Freund bezeichnet, und sie essen oft zusammen zu Abend. Sie lachen sich wahrscheinlich einen Buckel über die Dummköpfe, die meinen sie hätten eine Wahl.

Gotlandfahrer

13. Dezember 2021 15:08

@ Allnichts:

Z als Ausdruck des Problems, nicht Teil der Lösung / arabischer Christ als Kanzler

Das Schnellroda-Klonovsky-Schisma. Meine Sicht: Beide Rechtspole, Seinsfundament vs. „Next-best-Activity“, sind wichtig und stimmig.  Wenn wir aber an Rückabwicklungen denken, hilft es mehr, in Schritten rückwärts zu gehen als ins noch Aussichtslose zu springen.  Was nach vielen kleinen Schritten nicht in Undankbarkeit enden muss.  Die Nutzung der Ausgangsumstände (Z) führte also nicht notwendigerweise in Situationen, die mit dem Ethos unvereinbar wären.  Die Frage stellt sich aber ohnehin nicht, denn es gilt bestandsgerecht zu arbeiten.  Und wenn die Bestände geeignet sind, den Zirkus zu beenden, bin ich dabei.

Ferner schaffen gemeinsames Leid und sein Überwinden auch gegenseitige Treue und Verbundenheit.  Was gerade der Mangel ist, den wir im Volk feststellen.  Ohne die Unnatürlichkeit der Verhältnisse zu ignorieren, ist mir in den letzten Monaten so mancher, von dem ich es nicht erwartet hätte, zu den „Meinen“ geworden.  Insofern: Zemmours an die Front National!  Wenn dadurch die europäischen Nationen gute treue Köpfe hinzugewinnen, ist dies unterm Strich die kleinere Abweichung vom Ideal, als die, die – ggf. - ohne sie einzutreten droht.  Offen ist natürlich: Wer ist wirklich ein guter treuer Kopf? Aber das weiß man heute nicht mal immer bei denen, die hier schon länger leben.

Dietrichs Bern

13. Dezember 2021 18:08

In Frankreich ist es nicht groß anders als hierzulande: Der Leidensdruck ist bei weitem nicht groß genug, um sich anderen als den Verursachern der Verhältnisse zuzuwenden - und weil - sind wir ehrlich - die personellen Aufstellungen wenig überzeugen.

Das bedeutet leider -mit Blick auf den Stand in Frankreich - das hier noch längere Zeit alles beim alten bleibt. 

Allnichts

13. Dezember 2021 19:30

Gotlandfahrer:

Vom Grundsatz her richtig, doch muss es für jemanden, der sich eigentlich nicht einmal im Land aufhalten sollte, nicht gleich eine Präsidentschaft oder eben Kanzlerschaft, also eine absolute Führungsposition sein - schon gar nicht, wenn es bereits einen Kandidaten oder in dem Fall eine Kandidatin gibt. So etwas kann als pragmatischer und notwendiger Schritt zurück betrachtet werden, jedoch auch als Schritt nach vorn in eine vollkommen falsche Richtung. Es wird hier ja auch kein Zirkus beendet, es ist einfach nur eine weitere Attraktion hinzugekommen.

Noch dazu frage ich mich bei ihm wie bspw. auch bei Pirincci, warum man konsequenterweise nicht ins eigentliche Heimatland geht, wenn gewisse Zusammenhänge angeblich doch klar erkannt wurden.

Silent Reader

13. Dezember 2021 20:01

@Allnichts

In der Französischen Republik ist jeder, der im Lande geboren ist, die französische Sprache spricht und die französischen Werte wie Egalité, Liberté & Fraternité teilt, Franzose. Monsieur Zemmour ist in Frankreich geboren und seine Eltern waren algerische Juden auch mit französischer Staatsbürgerschaft. Im heutigen Algerien hat er nichts zu suchen weil es ein fast vollständig muslimisches arabisch-berberisches Land wo seinesgleichen nicht willkommen sind. Éric Zemmour fühlt sich eindeutig französisch.

Laurenz

13. Dezember 2021 21:30

@Silent Reader @Allnichts

Was hat koschere Küche mit Frankreich zu tun? Sie sagen es, nichts.

Flaneur

13. Dezember 2021 21:51

Mir scheint Zemmour das zu sein, was man als einen nützlichen Idioten  bezeichnen kann: Ein narzistisch-egomanischer Überzeugungstäter, der, ohne sich dessen selbst vermutlich sonderlich bewusst zu sein, gezielt platziert und unterstützt worden ist,  um eine Bewegung zu spalten und so dem linksliberalen Mainstream den erneuten Durchmarsch zu erleichtern.

heinrichbrueck

13. Dezember 2021 22:30

"Eric Zemmour ist ein perfektes Beispiel für die Absurdität eines politischen Systems, das die große Mehrheit der Bevölkerung der Nation von jeder Vertretung ausschließt."
Gleichzeitig wird diese Mehrheit benutzt, schließlich ist jede Mehrheit manipulativ aufgeschlossener, die eigene Elite, von den Medien draußengehalten, durch Verräter ersetzen zu lassen. 

Ordo

13. Dezember 2021 23:48

Zemmours Aufgabe ist es nicht Präsident zu werden. Seine Aufgabe ist es, den Raum des Sagbaren zu erweitern. Und da macht er im Moment einen verdammt guten Job. 

Und anstatt über seine Herkunft zu diskutieren, sollte man darauf mal sein Augenmerk richten. Es geht um Metapolitik. Dass ich das ausgerechnet hier extra erwähnen muss. 

RMH

14. Dezember 2021 07:36

Herum zu nölen ob der Ahnenlinie des Herrn Zemmour können wahrlich nur irgendwelche Hinterzimmer-Rechte. Algerien! Jude!

In Frankreich nun wahrlich nichts Besonderes. Er ist in Paris geboren. Ihr Land, ihre Regeln, was kümmert uns das?

Das, was wirklich irgendwie schade ist, ist der Umstand, der hier schon zur Debatte kam:

Eigentlich ist Frankreich reif für einen rechten, konservativen Präsidenten. Und dann treten schon mal mindestens 3 KandidatInnen (Absichtsgender!) für dieses Lager an ... (blöder geht es kaum).

Ähnliches blüht der deutschen Opposition Namens AfD in klein, wenn sich jetzt zum einen regionale Kräfte bündeln (was wird aus den "freien Sachsen"?) und zum anderen die Love & Peace- Heilpraktiker Fraktion Namens Basis bald mehr Mitglieder haben wird, als die AfD. Ausdruck von Teile und herrsche? Ich bin mir nicht sicher ...

Laurenz

14. Dezember 2021 07:58

@Flaneur & Ordo

Wie kann man so

"anstandslos"

an @Gustavs Kommentar vorbei schreiben?

Hier geht es nicht um langweilige philosophische Themen, sondern um einen schlichten politischen Sachverhalt. Da kann man schon mal einen Blick darauf werfen, was die anderen in die Runde geworfen haben.

Weder ist Zemmour ein nützlicher Idiot, noch ist es notwendig, respektlos über seine Herkunft zu urteilen, die einen Menschen ausmacht. Sind wir hier bei der Linken?

Den Rahmen des Sagbaren kann nur ein Jude ausweiten. Ein Normanne, wie Le Pen,  würde politisch geschlachtet werden, wie einst Le Pens Vater, der immer chancenlos blieb.

Würde die Journaille Zemmour für blöd halten, produzierte sie nicht solche Artikel.  https://www.zeit.de/2021/51/eric-zemmour-rechtsradikal-frankreich-beethoven

Zemmour ist keine 6 Monate in den politischen Fokus gerückt. Scholz brauchte nur 7 Monate um die SPD aus dem Umfragetief zu holen. Die Wahl in Frankreich ist am 10. & 24. April nächsten Jahres. 4 Monate sind unter diesen Maßstäben noch eine lange Zeit. Da will man doch nichts dem Zufall überlassen.

Und wie schreibt Philippe Val für Europe 1? 

"Zemmour et Mélenchon sont le revers de la même médaille, ils se donnent de la valeur l'un l'autre. Vous avez un côté pile : les martyrs de la censure. Côté face : les hérauts de l'antifascisme."

Dietrichs Bern

14. Dezember 2021 09:15

@RMH "Ausdruck von Teile und herrsche? Ich bin mir nicht sicher ..."

In der Tat, ist es schwer zu sagen, ob und welche Teile "misslingender Opposition" staatlicher Einflussnahme oder Dummheit zuzurechnen sind.

Der WDR hat gestern stilgerecht im Rahmen eines von Terrorismus-Befürchtungen umraunten Beitrags eine NRW-Vertreter der Basis vor die Kamera gestellt, der als Kronzeuge eines sich radikalisierenden Bundesverbandes diente. Einerseits.

Andererseits: Die lautstarken Ausfälle von Herrn Meuthen gegen Querdenker waren sicher eher dazu angetan, sich der Basis zuzuwenden als über die AFD nachzudenken.

In der Konsequenz bleibt -staatlich beeinflusst oder nicht - alles gleich.

 

Der_Juergen

14. Dezember 2021 09:26

Als Frankophiler und relativ guter Kenner der französischen Politik müsste ich solche Berichte eigentlich mit glühendem Interesse und viel Hoffnung lesen, aber ich bringe das nicht fertig. Ich vertraue keinem dieser Kandidaten, auch Zenmour nicht, obwohl er sehr viel Richtiges zur Immigrationskatastrophe und der islamischen Gefahr sagt. Wer nicht klipp und klar gegen den monströsen Covid-Betrug aufsteht und, wie Zenmour, nur lau über "allzu strenge Massnahmen" klagt, ist ein Vertreter des Systems. Abgesehen davon,dass auch Zenmour nach seiner eventuellen Wahl nichts Grundsätzliches ändern könnte, weil die Parlamentsmehrheit, die Medien und die Justiz auch weiterhin in den Händen der Verderber sein werden. Als Franzose würde ich mich somit nicht an dem Wahlzirkus beteiligen. Um so mehr, als der "Hoffnungsträger der Rechten" gar kein Franzose ist.

Marine Le Pen ist zwar Französin, aber ihr Programm zeigt, dass sie schon gar nicht mehr auf einen echten Wandel hofft, sondern nur noch etwas Schadenbegrenzung betreiben will.

Der_Juergen

14. Dezember 2021 09:33

@Laurenz 12.56

Zustimmung. Allerdings ist Zenmour kein "Sephardim", sondern ein Sepharde. -im ist eine hebräische Mehrzahlendung; "Sephardim" somit ein Synonym für "Sepharden".

 

@t,gygax

Sie haben das Rumpelstilzchen-Märchen begriffen. Eigentlich ist es gar kein Märchen, sondern eine als solches getarnte furchtbare Wahrheit.

Gustav

14. Dezember 2021 09:47

@ RMH

An Ihnen sind Schriften wie von Rainer Mausfeld und Hans Herbert von Arnim auch spurlos vorbei gezogen...

"Eigentlich ist Frankreich reif für einen rechten, konservativen Präsidenten. Und dann treten schon mal mindestens 3 KandidatInnen (Absichtsgender!) für dieses Lager an ... (blöder geht es kaum)."

Auf die Idee, das die Handelnden nicht blöd sondern absichtsvoll agieren, kommen Sie einfach nicht., dabei passiert genau dies ständig in einer Demokratie-Simulation.

Laurenz

14. Dezember 2021 10:01

@Der_Juergen

"Sepharden"

Ja, Sie haben vollkommen Recht.

Weiter oben schrieb ich auch im Plural Sepharden. Ich hatte mich nur von der ausländischen Korrektur-Funktion des SiN-Korrektur-Programms verführen lassen, welches Sephardim als richtig anzeigt.

Trotzdem @T.Gygax & Gustav die richtigen Analysen fertigten, muß ich doch sagen, daß es nicht einer gewissen Spannung entbehrt, zu sehen, wie viele Gallo-Römer jetzt wieder dämlich wählen werden.

Gustav

14. Dezember 2021 10:13

Zur Erinnerung:

„Jeder Deutsche hat die Freiheit, Gesetzen zu gehorchen, denen er niemals zugestimmt hat; er darf die Erhabenheit des Grundgesetzes bewundern, dessen Geltung er nie legitimiert hat; er ist frei, Politikern zu huldigen, die kein Bürger je gewählt hat, und sie üppig zu versorgen – mit seinen Steuergeldern, über deren Verwendung er niemals befragt wurde. Insgesamt sind Staat und Politik in einem Zustand, von dem nur noch Berufsoptimisten oder Heuchler behaupten können, er sei aus dem Willen der Bürger hervorgegangen.“ — Hans Herbert von Arnim

 

 

Suedburgunder

14. Dezember 2021 10:29

Ebenso kontrovers wie hier auf SiN wird über das Phänomen Zemmour in Frankreich debattiert. Die Tatsache, daß die Systemmedien eine veritable Hetzkampagne gegen ihn losgetreten haben, sollte eigentlich ein Indiz dafür sein, daß man ihn fürchtet. Andererseits gibt es auch Stimmen, die den selbsternannten Bonapartisten die Rolle einer "opposition contrôlée" zuschreiben. Sein schärfster Kritiker ist der Historiker und Politologe Youssef Hindi (siehe dazu dessen Buch L'autre Zemmour, Kontre Kulture, 2021 - préface d'Alain Soral). 

 

Allnichts

14. Dezember 2021 10:31

Silent Reader, Ordo, RMH:

Es verwundert doch etwas, dass selbst an diesem Ort nicht über Herkunft gesprochen werden soll und eine solche für so manchen letztlich doch eher eine Nebensache zu sein scheint. Aus dieser Position heraus lässt sich im Grunde kaum noch glaubhaft gegen Einwanderung argumentieren, der Einwanderer wird ja herzlich aufgenommen, wenn er nur die richtige Einstellung offenbart. Es braucht vielleicht erst eine nahöstlich-christliche Einwanderungswelle, um zu sehen, wo die Neue Rechte wirklich steht.

Da alle europäischen Völker unter Beschuss stehen, ist es nicht allein Frankreichs Angelegenheit, was in Frankreich geschieht. Es mag durchaus sein, dass der Raum des Sagbaren erweitert wird. Erweitert wird aber noch etwas: Die rechte Definition davon, wer dazugehört. Es wird akzeptabel gemacht, was inakzeptabel ist.

Suedburgunder

14. Dezember 2021 10:40

@ t.gygax

Hindi, Franzose marokkanischer Abstammung, Spezialist für Religionsgeschichte, spricht übrigens klar und unmißverständlich an, was Sie zurecht als Tabuthema ausgemacht haben!

Gotlandfahrer

14. Dezember 2021 10:40

@ Allnichts:

doch muss es für jemanden, der sich eigentlich nicht einmal im Land aufhalten sollte, nicht gleich eine Präsidentschaft oder eben Kanzlerschaft, also eine absolute Führungsposition sein

Nun ist er halt da. Und "nicht gleich eine (...)" hieße, wir hätten noch irgendetwas zu verhandeln.  Sehe ich nicht.  Also warum nicht mit einem lauten Paarbecken das Finale hörbar einläuten?

- schon gar nicht, wenn es bereits einen Kandidaten oder in dem Fall eine Kandidatin gibt

Die ja aber nicht performt, so wie ich es oben verstanden habe.

Aber wie man auch drauf blickt, die Dinge geschehen.  

Maiordomus

14. Dezember 2021 10:50

Was ist indes Politik anders als Schadenbegrenzung? Besonders auch die Chancen der Demokratie lagen seit je nur auf diesem Gebiet. Wir leben nun mal zwar nicht auf einem verfluchten Planeten, aber doch im Umfeld einer Species, deren weitere massenhafte Ausbreitung aus "Sicht" des Planeten wohl als nur als bedingt wünschbar einzuschätzen wäre. Las gerade den Spiegeljahrgang 1947, bei dem die Besatzungsverhältnisse ehrlich eingestanden wurden und unzählige Namen, von Carl Schmitt bis Heidegger u. Jünger, nicht mal genannt werden durften. Pastor Niemöller:: "Sie können mir glauben, dass es heute kaum einen Menschen in Deutschland gibt, der glaubt, was in der Presse steht." Das hat heute wohl "gebessert". Ehrlich gesagt waren die Besatzer im Detail weniger "antifaschistisch" als es heute bei den Deutschen Standard ist. Die Leute hatten damals die Verhältnisse noch direkt vor Augen. der nicht ungeschickt agierende Augstein inbegriffen. Auffällig. Propaganda für US-Kultur in Film u. Literatur, in der Regel jedoch auf der Basis von Qualität. 

Christian

14. Dezember 2021 12:12

Mit diesen Kandidaten werden in Frankreich die Organisatoren der großen Ersetzung bzw. großen Verdrängung NICHT ersetzt werden -- es wird Dampf abgelassen, das System ruckelt ein wenig und läuft in prinzipiell den gleichen Bahnen weiter -- aber der Citoyen bekommt das Gefühl, daß doch jemand seine Interessen vertritt mit Aussprüchen, die er selber -- oder bestimmte andere Rechte -- gar nicht so äußern DÜRFEN.

PS Dazu fällt mir ein passendes Zitat aus dem sehr guten Buch "Illusions perdues" von Honoré de Balzac ein (in meiner deutschen Ausgabe vom Diogenes-Verlag fehlt dieser Satz):
"Es gibt zwei Arten von Geschichte: Die eine ist die offizielle, geschönte, jene die gelehrt wird, eine Geschichte ad usum delphini [also für die Kinder]; und dann ist da die andere geheime Geschichte [für die Hinterzimmer-Rechte, s.o.], welche die wahren Ursachen der Ereignisse birgt, eine beschämende Geschichte."
PPS Da fällt mir ein weiterer ein Volk charakterisierender Spruch von Balzac, der in der deutschen Ausgabe ebenfalls fehlt. Wenn der deutsche Michel nicht ahnt, was ihm alles vorenthalten wird, kommt er auch nicht auf systemunerwünschte Hinterzimmer-Gedanken (s.o.).

Laurenz

14. Dezember 2021 12:21

@Gotlandfahrer @Allesnichts

"Die ja aber nicht performt"

Der Gallo-Römer wählt noch opportunistischer & egoistischer als sein föderaler Nachbar im Westen. Es ist ein Erbe des Bonapartismus, daß es den Bewohnern Frankreichs vollkommen egal ist, ob für ihren Wohlstand 1 Mio. Malier oder Libyer draufgehen oder nicht.

Auch in Frankreich zählt, wie bei uns auch, an der Wahlurne einzig die persönliche Betroffenheit. In der Analyse des DF-Artikels können Sie doch genau nachlesen, wer Le Pen wählt. Es ist vordergründig die unzufriedene Arbeiterschaft & Anhang. Falls Macron tatsächlich 56% der Wähler im 2ten Wahlgang auf sich vereinigen kann, dann wollen eben 56% der Wähler, daß es bleibt, wie es ist. Nur diejenigen, die Veränderung wünschen, wählen die Alternative. Der Trend läuft in Frankreich gegen die Eliten. Aber der Trend zieht sich gewaltig langsam.

Laurenz

14. Dezember 2021 12:28

@Maiordomus

"'47er Spiegel"

Haben Sie da eine Quelle an Druckausgaben oder lesen Sie im Online-Archiv, wenn ich fragen darf? Aus dem Online-Archiv sind leider alle Ausgaben zum Türkei-Vertrag verschwunden.

"Die Leute hatten damals die Verhältnisse noch direkt vor Augen. der nicht ungeschickt agierende Augstein inbegriffen."

Der Spiegel ist ganz offiziell eine CIA-Gründung.

"Ehrlich gesagt waren die Besatzer im Detail weniger "antifaschistisch" als es heute bei den Deutschen Standard ist."

Die Briten waren es schon seit 3 Jahrhunderten gewohnt, millionenweise andere auszurotten oder zumindest einen Kopf kürzer zu machen. Und die Kaiserin von Indien hatte auch nie jemand gewählt.

Auch für die tonangebenden Amis lagen die selbst verübten Völkermorde auch noch nicht lange zurück.

Im Westen also nix Neues.

kikl

14. Dezember 2021 17:06

Danke für den tollen und informativen Artikel.

Was der Artikel glaube ich nicht vollständig einfängt, ist der Hype und die große Begeisterung um Zemmour. Ich bin mit einigen Franzosen im Internet vernetzt und Zemmour ist das Gesprächsthema schlechthin. Es gibt nach meiner Erfahrung gerade viele junge Französinnen, die für Zemmour sind. Insofern bin ich über die Umfragewerte erstaunt. Aber mein Erfahrungshorizont ist natürlich begrenzt.

Ich würde auf die derzeitigen Wahlumfragen nicht viel geben. Zemmour hat das "Momentum" und rollt wie eine Lawine über die politische Landschaft.

Mir hat man die folgende Webseite (Zemmour für Alle) empfohlen, um zu erfahren, was Zemmour über welche Themen denkt. Man kann Suchbegriffe eingeben und wird dann zu entsprechenden Reden oder Debatten mit Zemmour verlinkt.

https://www.zemmourpourtous.fr/

heinrichbrueck

14. Dezember 2021 17:37

In einer Mediendemokratie gibt es keinen "fairen politischen Wettbewerb". Es sei denn, man gibt sich dem oktroyierten Glauben hin, die Medien würden die Realität abbilden. 
"Es ist grundsätzlich eine weitverbreitete Irrmeinung, dass Medien das bringen, was die Leute für wichtig halten. Der Ursache-Wirkung-Zusammenhang ist genau andersrum: Die Leute halten das für wichtig, was die Medien bringen. Was die Medien nicht bringen, halten sie dagegen nicht einmal für unwichtig, sondern für nicht existent."
Die Medien werden bezahlt, die Wirklichkeit nicht abzubilden, dafür die erschaffene Illusion - als wahrgenommene Wirklichkeit - der Mehrheit andrehen zu können. In diesem Kontext spielt Zemmour offenbar eine interessante Wunschrolle. 
Laurenz schreibt: "Nur diejenigen, die Veränderung wünschen, wählen die Alternative." Er schreibt aber nicht, in welche Richtung das Wahrheitsmedium seine Rezipienten steuert. Die Aufmerksamkeit wird gelenkt, deshalb emotionale Verwicklungen mit Abstand zu bewerten sind. 

Flaneur

14. Dezember 2021 20:15

@ Laurenz 14. Dezember 2021 07:58

Ihr empört wirkender Kommentar stellt mich kognitiv vor Rätsel. Aber egal, ich muss  ja nicht alles verstehen.

Was die bevorstehende Wahl in Frankreich betrifft, so ist meine These: Zemmour spaltet die rechte Opposition und ermöglicht damit dem liberal-globalistischem Mainstream den Durchmarsch. Ob mit Macron oder mit einem anderen Kandidaten, das sei einmal dahingestellt.

Zemmour ist letztlich ebenso ein Kandidat der Finanzoligarchie, wie Macron. Manchmal ist es halt sinnvoll, mehr als ein Pferd im Rennen zu haben. Und ich glaube, neben Macron und Zemmour hat die von mir als Finanzoligarchie titulierte Clique mindestens noch einen dritten Kandidaten bzw. eine dritte Kandidatin im Rennen und auf der Payroll. 

So gesehen erscheint mit die bevorstehende französische Wahl wunderbar die Mechanismen zu offenbaren, die man gemeinhin unter dem Begriff der Fassadendemokratie fasst. Zemmour ist keine Alternative, er ist vielmehr das Mittel der herrschenden Eliten, um echte Alternativen schachmatt zu setzen. 

Gotlandfahrer

14. Dezember 2021 21:57

@ Flaneur:

Zemmour ist letztlich ebenso ein Kandidat der Finanzoligarchie, wie Macron.

So wie Media Markt und Saturn eigentlich ein Verein sind? Für Misstrauen in den Finanzadel bin ich immer zu haben, und trotzdem sage ich mir - auch angesichts des doch nicht ganz ungültigen Bonmots, dass Wahlen verboten wären, wenn sie etwas veränderten - lasst den Z doch mal kräftig Staub aufwirbeln und am Overton Fenster rütteln, denn wenn er in einer späteren Stichwahl sich dann gegen Le Pen ausspräche, hätte er zuvor neue Gruppen erschlossen, die sich mit seinem Rückzieher nicht komplett wieder zum Establishment zurückbewegen.  Umgekehrt, wer zuvor von Le Pen auf Z switchte, weil sie ihm nicht gehoben genug vortrug, wird sich dann nicht einfach von Z an Macron weiterreichen lassen.  Auf ein Experiment mehr oder weniger kommt es jetzt in Frankreich auch nicht mehr an.

Maiordomus

15. Dezember 2021 08:05

@Spiegel 1947 wurde 1979 mit Vorwort von Rudolf Augstein vollständig nachgedruckt. Unter den damaligen Besatzungsbedingungen eine eindrückliche Zeitung, auch die Leserbriefe, von denen sicher längst nicht alle gedruckt wurden, sind eindrücklich. Auch Berichte zu den auch nach 1946 noch laufenden Prozessen, noch interessant die gegen Kesseling und mit ausführlicher Zitierung der Verteidigung und des Angeklagten auch gegen Papen, auch Prozesse in Italien und im Osten. Im Personenverzeichnis am Ende es Jahrgangs wird A.H. nur einmal genannt, im Zusammenhang einer Foto mit Eva Braun. Die 1946 Hingerichteten, auch Hitler, Göring und Goebbels werden nie genannt. A.H. als "Führer" jedoch immer noch sehr häufig erwähnt. Auch beginnt sich der Kalte Krieg schon abzuzeichnen, wiewohl die "Ostzone" noch nicht unähnlich wie jede andere Zone als Besatzungsgebiet reportiert wird. 1 Seite z. 23. Todestag Lenins und ein noch eindrückliches Porträt von Ernst Wiechert usw. 

Ein gebuertiger Hesse

15. Dezember 2021 09:10

@ Jürgen

"Wer nicht klipp und klar gegen den monströsen Covid-Betrug aufsteht und, wie Zemmour, nur lau über "allzu strenge Maßnahmen" klagt, ist ein Vertreter des Systems."

Absolut richtig, zehnmal unterstrichen. Wer diesen Rubikon nicht überschreitet, ist fake, gehört zur gelenkten Opposition.

links ist wo der daumen rechts ist

15. Dezember 2021 09:15

Da man auf diesen Seiten ja taxfrei als „Hohlkopf“ bezeichnet werden darf, wenn man nicht an den großen Plan, sondern an die Unverfügbarkeit von Geschichte glaubt, habe ich jetzt schnell Des Griffins „Wer regiert die Welt“ gelesen und komme zum Schluß, daß eh alles seit Nimrods und Simon Magus‘ Zeiten und den Ausplauderungen von Weishaupt, Mazzini und Pike auf Schiene ist – und wir gar nicht mehr diskutieren müssen, ob M. Zemmour authentisch, ein Fake oder einfach nur durchgeknallt sei.

Kositza: "Hohlkopf" geht nur durch, falls es überlesen wird, sonst nicht!

Laurenz

15. Dezember 2021 10:10

@Gotlandfahrer @Flaneur

"Zemmour doch mal kräftig Staub aufwirbeln und am Overton Fenster rütteln"

Wie sollte er anders Le Pen Stimmen abnehmen? Würde er genauso weichgespült auftreten, gäbe es für Konservative oder Rechte keinen Grund, umzusteigen. Auch die mediale Aufmerksamkeit läßt sich nur kostenlos eruieren, wenn man den Fensterrahmen des Overtones kurz & klein schlägt.

Maiordomus

15. Dezember 2021 10:10

Korr. Der Name "Himmler" wurde im Spiegel 1947 nie genannt, wie gesagt auch nie die 1946 Hingerichteten, bei Göring nur Witwe Emmi, Speer nur einmal kurz Thema,, der letzte Reichspräsident Dönitz auch nur ganz selten, Hitler ein- oder zweimal namentlich, allerdings noch häufig als der "Führer", wie später von Springer die "DDR" in Anführungszeichen. Den ganzen Jahrgang durchsehen ist als Einblick in die damalige Zeit und den damaligen Journalismus, auch die Entwicklung des Alltags und der Kultur etwas ganz anderes als einzelnen Artikeln heute "nachsurfen". Immerhin spürt man, dass Augstein der Leserschaft seine relative Unabhängigkeit zu demonstrieren versuchte zugunsten einer meines Erachten wohl bei vielen erreichten Glaubwürdigkeit. Er hatte dem Eindruck nach vor den damaligen Besatzern deutlich mehr Abstand als es heute z.B. bei den öffentlich-rechtlichen Medien Standard ist. Auschwitz kommt im Register nicht vor, auch nicht unter Polen, wird aber etwa zweimal thematisiert, so weit ich es überblicke ohne die späteren sehr hohen, dann nach 1989 von den Polen herabgesetzten Zahlenangaben. Von einer Tabuisierung der NS-Verbrechen, wie später von den 68ern unterstellt, kann jedoch nicht die Rede sein; im Gegenteil. Stark polemisiert wird indes gegen den mehrfach genannten Adolf von Thadden und die Reichspartei.

Der_Juergen

15. Dezember 2021 18:04

@Links, wo...

Ich habe auf diesem Blog kürzlich in der Tat das Wort "Hohlkopf" verwendet, aber niemanden namentlich attackiert. Es ist nicht meine Art, Mitforisten zu verunglimpfen, ausser wenn sie, wie einer von ihnen vor geraumer Zeit, z. B. Jesus Christus als "Terroristen" bezeichnen. In solchen Fällen gehen bei mir die Gäule durch, und ich nehme mir das Recht heraus, den Schuldigen als "Esel" zu titulieren, wie ich es damals tat. Aber das sind zum Glück absolute Ausnahmefälle. Wenn irgendein Forist meinen Hinweis auf "Hohlköpfe" auf sich selbst bezogen hat, ist das sein Problem und nicht meines.

 

Christian

15. Dezember 2021 18:24

Thadden?! Warum gleich solche Geschütze auffahren?
Das Aussortieren - was mit der Zeit gewöhnlich mit dem geschichtlichen Ausradieren des Erbes endet - geht natürlich immer weiter - da können die "Toleranten" beruhigt sein. Im Dossier von Dr. Felix Sassmannshausen:
"Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin"
von der  "Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung" werden z.B. Adenauer und George Byron aufgeführt. Gut, daß hier gegen Antisemitismus vorgegangen wird, nicht wahr?
Man bedenke Adenauers [im Dossier nicht erwähnten] Ausspruch im Gespräch mit Günter Gaus 1965! "Die Macht der [zensiert] - auch heute noch, insbesondere in Amerika - sollte man nicht unterschätzen …".
Oder den Dichter Byron, der den Vater seines Helden im gleichnamigen Werk "Don Juan" beschreibt [im Dossier nicht zitiert] als "free from every stain of Moor or Hebrew blood" - das mag selber übersetzen, wer sich traut.
Man vergleiche, wer in der Literaturgeschichte z.B. des Priesters Johannes Mumbauer als "zeitlos" gewürdigt wurde. Mumbauer (1867-1930) konnte nun wirklich nicht wissen, welche Schriftsteller gemäß der brd-Toleranz auf den Index gehören.
Aber wir haben das Glück, daß man uns die Grenzen des Meinungsgeheges für unseren "freien Diskurs" ins Unterbewußtsein gehämmert hat - so wissen wir jedenfalls sicher, welche Annahmen bestimmte Politiker betreffend einfach undenkbar und unmöglich sind.

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