Literaturgespräch Gerd Gaiser und Akademie in Schnellroda

Immer, wenn wir nach der Vesper noch beisammensaßen und die Übermacht der Zerstörer beklagten, schlug der Abt die Tischglocke und hob sein Glas:

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

“Der Teu­fel macht sei­ne Arbeit – wir machen die unse­re.” Dann stie­ßen wir an, spra­chen noch einen Psalm und gin­gen an unse­re Arbeit…

Ich will das, was wir mit uns­rem Lite­ra­tur­ge­spräch über Gerd Gai­ser gemacht haben, eben­so wenig über­la­den wie das, was vom 8. bis zum 10. April in Schnell­ro­da über die Büh­ne gehen wird. Aber der Rat, die Lebens­weis­heit des Abtes stel­len das Leben und das Tun vom Kopf auf die Füße.

Wir hat­ten uns also den Schrift­stel­ler Gerd Gai­ser vor­ge­nom­men, und uns war klar, daß Gai­ser der von allen bis­her von uns vor­ge­stell­ten Autoren der am wenigs­ten Bekann­te ist. (Es wür­de mich wun­dern, wenn auch nur fünf Pro­zent unse­rer Leser je von Gai­ser gehört oder eines sei­ner Bücher gele­sen hätten.)

Gai­ser wur­de 1908 im würt­tem­ber­gi­schen Ober­ri­ex­in­gen gebo­ren und starb 1976 in Pful­lin­gen an der Alb. Er war vor und nach dem Krieg Leh­rer und spä­ter Pro­fes­sor für Kunst­er­zie­hung, und im Krieg Jagd­flie­ger. Sein Roman Die ster­ben­de Jagd ist ein glän­zen­des Buch, modern, dicht, echt. Er erschien – wie fast sein gesam­tes Werk ab 1949 – im Han­ser-Ver­lag, und sein bekann­tes­ter Roman, Schluß­ball, erreich­te eine Auf­la­ge von über 300 000 Exemplaren.

Aber nichts davon, kei­ner sei­ner Roma­ne, kein Erzähl­band, ein­fach nichts von Gai­ser, ist im Buch­han­del noch erhält­lich. In Anti­qua­ria­ten wird man fün­dig – jen­seits davon nicht mehr. Leh­nert und ich haben dar­über gespro­chen, wie es dazu kom­men konn­te und wel­che Rol­le Mar­cel Reich-Rani­cki, Hans Magnus Enzens­ber­ger und Wal­ter Jens bei der Abdrän­gung und Ver­un­glimp­fung Gai­sers spielten.

Nun ist Gai­ser durch ein wei­te­res Fens­ter wie­der auf­find­bar, wir haben es geöff­net, und daß ist der stil­le Sinn unse­rer Arbeit auf die­sem Feld. Hier ist das Gespräch.

– – –

Ers­ter Auf­ruf außer­dem: Vom 8. bis 10. April wird unser Insti­tut in Schnell­ro­da wie­der eine Aka­de­mie ver­an­stal­ten kön­nen – wir haben Plät­ze für hun­dert Schü­ler und Studenten.

Das The­ma lau­tet schlicht “Der Mensch” – dahin­ter ver­birgt sich eine Anspie­lung auf Arnold Geh­lens Pau­ken­schlag und Grund­la­gen­werk Der Mensch, und Leh­nert und ich wer­den im Rah­men die­ser Aka­de­mie das drit­te Lite­ra­tur­ge­spräch in die­sem Jahr ver­an­stal­ten – natür­lich auch über Arnold Gehlen.

Wei­te­re Refe­ra­te (die Refe­ren­ten nen­nen wir aus guten Grün­den seit zwei Jah­ren nicht mehr):

  • Anthro­po­lo­gie – eine Einführung
  • Bio­po­li­tik
  • Mas­se Mensch
  • Mensch und Ratio
  • Trans­hu­ma­nis­mus
  • Depres­si­ve Hedonie
  • Medi­en­theo­rie und Propaganda

Außer­dem wer­den wir den Pro­gramm­punkt “Film­abend” wie­der ein­füh­ren, und wir sind uns außer­dem sicher, daß es einen zusätz­li­chen Pro­gramm­punkt zur Lage in der Ukrai­ne geben wird, über die wir heu­te natür­lich nur spe­ku­lie­ren können.

Das beson­de­re an die­ser Aka­de­mie, die erst­mals eine Früh­jahrs­aka­de­mie ist: Das Insti­tut für Staats­po­li­tik führt sie in Koope­ra­ti­on mit den Pro­jek­ten Gegen­Uni und Kon­flikt-Maga­zin durch. Das bedeu­tet: Die Köp­fe hin­ter die­sen Pro­jek­ten wer­den natür­lich mit dabei sein und refe­rie­ren. Sie wer­den außer­dem gemein­sam mit einer AfD-Grö­ße über die Chan­cen und die Not­wen­dig­keit rech­ter Hoch­schul­po­li­tik sprechen.

Hier die Daten:

+ Ver­an­stal­ter ist das Insti­tut für Staats­po­li­tik in Koope­ra­ti­on mit der Gegen­Uni und dem Konflikt-Magazin

+ Die Aka­de­mie fin­det statt vom Frei­tag, 8. April, 14 Uhr bis Sonn­tag, 10. April, 13 Uhr.

+ 100 Hörer­plät­ze ste­hen zur Ver­fü­gung, Anmel­dung bit­te an [email protected] oder tele­fo­nisch unter 034632–904396.

+ Kos­ten: 50 € für Nicht­ver­die­ner, 100 € für alle andern. Ent­hal­ten sind zwei Über­nach­tun­gen, alle Mahl­zei­ten ab Frei­tag­abend sowie die Teil­nah­me an allen Vor­trä­gen und Veranstaltungen.

Wir bit­ten um rasche Anmel­dung zu die­ser recht kurz­fris­tig ange­set­zen, beson­de­ren Aka­de­mie, die es uns ermög­li­chen wird, end­lich wie­der direkt mit­ein­an­der zu stu­die­ren und zu diskutieren.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (24)

RMH

1. März 2022 21:50

"Es würde mich wundern, wenn auch nur fünf Prozent unserer Leser je von Gaiser gehört"

Die Abonnenten der Sezession sollten ihn eigentlich hundertprozentig kennen, hier das damalige Autorenportrait:

Autorenporträt Gerd Gaiser (sezession.de)

Freue mich drauf, danke!

Nemo Obligatur

1. März 2022 22:08

Gerd Gaiser - Thorsten Hinz hat ihn in einem Kaplaken-Bändchen besprochen. Ich habe zwei seiner Bücher antiquarisch erworben: Die sterbende Jagd und Das Schiff im Berg. Beide auf ihre Art lesenswert. Oberriexingen ist nicht weit von meinem Wohnort, ich war schon dort, habe aber keine Spuren von ihm ausmachen können.

In einem Sammelband bin ich auf eine seiner Erzählungen gestoßen. Sie heißt "Der Wind bringt die Zeit" und ist im "Buch vom Sport" zu finden, das in den 50er Jahren bei Bertelsmann erschien. Das Buch erschien wohl in hoher Auflage, es ist heute noch antiquarisch erhältlich. Die Gaiser-Geschichte vermittelt seine Faszination für den Segelflug. Laut Hinz ist er wegen seiner Nähe zum 3. Reich später in Ungnade gefallen, aber mag sein, vor allem sind seine Themen irgendwann aus der Mode gekommen.

brueckenbauer

1. März 2022 23:06

Ist Gaiser wirklich schlechter gealtert als Böll? Kann man überhaupt wollen, dass ihn jeder liest? Mir persönlich war "Schlussball" interessant, als Porträt der Schülergeneration vor der meinigen - und Ditta als die Persönlichkeit, die Gaiser gar nicht besonders schätzte und die trotzdem die lebendigste seines ganzen Szenariums ist. Unvergesslich und von mir immer gern zitiert: "Er hat es wenigstens gut gemeint. Bei den anderen kann man froh sein, wenn sie überhaupt was meinen."

brueckenbauer

2. März 2022 00:32

Man sollte vielleicht auch mal betonen, dass die Generation Gaiser keine "verlorene" war, sondern eine gelungene. Gaiser endete als wohlbestallter Professor für Kunsterziehung - das würde heute keinem vergleichbaren Autor glücken. Man sollte diese Generation eher daraufhin betrachten, wie man das Leben - bei aller Distanz zur Umwelt - zu einem guten Ende bringt.

Gracchus

2. März 2022 00:37

Gaiser kenne ich nicht, fügt sich aber gut in meinen Lektüreplan, auf dem Wolfgang Koeppen und Josef W. Janker stehen. Derzeit lese ich Claude Simon, "Die Straße in Flandern", das sich wie viele oder die meisten seiner schwierig zu lesenden Romane um seine Erlebnisse im 2. Weltkrieg drehen; ein herausragender, ja ein Jahrhundert- Autor, den Reich-Ranicki ebenfalls abqualifiziert hat. Nach Kubitscheks Autorenportrait bin ich auf einen Essay von Gregor Keuschnig (alias Lothar Struck; Blog: begleitschreiben.net) gestoßen. Nach einer Besprechung Jankers wurde er von einem Leser auf Gaiser aufmerksam gemacht; die sterbende Jagd wird als große Literatur apostrophiert. Wird bestellt.

larus

2. März 2022 01:41

Ich bin sehr dankbar für die Erwähnung Gaisers, dessen 'Sterbende Jagd' als Ideal des dynamischen Romans gelten mag. Auch 'Ortskunde' und 'Schlussball' sind sehr zu empfehlen. Gaiser ist ein heute Vergessener - wie z.B. auch Ledig, Kreuder, Nossack, sogar der frühe Böll usw. Eine Blütenlese im Umfeld Trümmer- bzw. Stunde Null-Literatur, auch Randbereich der Gruppe 47 lohnt sich (die facsimilierten Nachkriegsjahrgänge von bspw. 'Akzente', 'Sinn und Form' sind dahingehend eine wahre Goldgrube - die deutsche Gegenwartsliteratur auf einem letzten Höhepunkt). Dies überhaupt als Anregung für künftige Lehnert/Kubitschek-Gespräche (irgendwann gehen uns ja auch die Autoren aus): Themenschwerpunkte! Die 'innere Emigration' nochmal weiter fassen (Tagebücher, z.B. Bovari, Hartlaub usw.), Flakhelfer/Stunde Null, Renegaten von links etc.

(Im Schlagschatten der größeren Ereignisse ist nun auch fast unbemerkt Hans Bergel verstorben - ein Autor der meinen Blick extrem weitete & für dessen Entdeckung ich der sezession auf ewig dankbar sein werde (wie auch auf Eginald Schlattner übrigens - sein Name fiel im Bergel-Gespräch nur am Rande als der eines 'Gegenspielers' oder 'Verräters' in der Causa Bergel. Ich las sofort alles verfügbare und wollte unmittelbar nach Siebenbürgen aufbrechen um dort zu ...ja was eigentlich? ...siedeln, dem unrettbar Verlorenem nachzuspüren...?)

Literatur wird uns nicht retten. Lasst uns trotzdem LESENDE bleiben!

 

t.gygax

2. März 2022 10:17

Gaiser ist ein großartiger Erzähler. Manche Sätze lassen mich nicht mehr los-nahm ihn vorhin nach vielen Jahren mal wieder aus dem Regal, und war sofort gefangen. "Vielleicht hätte es ihn begehrt, auf einem offenen Güterwagen zu reisen. Stark müssen in der Welt noch die Lockungen sein, wenn ein Mann sich frühe davonmacht, unausrottbar die Zuversichten; aber kalt sind die Straßen."(Eine Stimme hebt an, S.284 )Die  Wirklichkeit ( 1946, BRD) und das Lebensgefühl in zwei Sätzen. Das ist schon gekonnt.

t.gygax

2. März 2022 10:55

Gaiser: ein großartiger Erzähler. Nahm ihn vorhin aus dem Regal, schlug eine beliebige Seite auf und war sofort gefangen.

"Vielleicht hätte es ihn begehrt, auf einem offenen Güterwagn zu reisen. Stark müssen in der Welt noch die Lockungen sein, wenn ein Mann sich frühe davonmacht, unausrottbar die Zuversichten; aber kalt sind die Straßen."

(Eine Stimme hebt an, Seite 284)

Bedrückende  Wirklichkeit (Deutschland 1946) und Lebensgefühl in zwei Sätzen.  Das ist schon gekonnt.

Im neuen LEPANTO-Almanach ( sehr empfehlenswert) erscheint ein Aufsatz über Transhumanismus, gespiegelt an literarischen Werken ( C.S. Lewis) und den philosophischen Gedanken des unkonventionellen Naturwissenschaftlers und Theologen Teilhard de Chardin. Dies als kleiner Hinweis .....

Maiordomus

2. März 2022 11:37

Wer ab 1960 Gegenwartsliteratur las, kam um Gaiser so wenig herum wie bei Überblickstexten für damaliges Abitur. Im Geiste von "Wenn Exnazis Exnazis Exnazis nennen" sprach aber Walter Jens, als es Tarif wurde, Gaiser die dichterische Begabung ab, welch letzterer selber seinen Band von 1941 mit dem markanten Motiv des apokalyptischen Reiters nachträglich (1962) zum Anfänger-Dilettantismus verniedlichte, wiewohl die Verse verbindlicher klangen als Jens' einstige Ausführungen über Th. Mann als "Asphaltliteraten". So Gaiser über Soldaten, die sich im Triumph des Siegjubels enthalten, so wie später:, "die Schweigsamen, die im Stehen schlafen... /Kein Wort kommt über die Lippen in der Gefangenschaft,/Schweigend stürben sie, ehe den Wind sie verrieten oder den gestrigen Schnee."  Nebst im Text analysierbaren durchaus hintergründigen Carl-Schmittismen blinken prophetische Ahnungen über eine angeblich heroische Gegenwart in Richtung "Vom Winde verweht" und "Schnee von gestern". Vieles gibt's da zu erörtern. Nur von "unbegabt" kann keine Rede sein.  

Maiordomus

2. März 2022 11:39

@Gygax. Ja, den Lepanto-Almanach kann man nur empfehlen!

links ist wo der daumen rechts ist

2. März 2022 13:04

Kanon 1

 

Auch anhand dessen, was der geschätzte GK hier

https://sezession.de/65510/handgranaten-ins-blaue-romane-und-kunst-1

geschildert hat, verstehe ich nicht, wie man einen literarischen Kanon nicht auch ohne „Schlagseite“ aufstellen oder reformulieren kann.

Kurz: Gaiser war als Nobelpreiskandidat im Gespräch und um das zu verhindern, wurde Böll aus dem Hut gezaubert (nach Reich-Ranicki).

Also haben „wir“ einen „Märtyrer“ mehr. Ja und. Cui bono?

Warum nicht auch als rechter Verlag mit einem entsprechenden Sendungs- und Selbstbewußtsein diese Berührungsängste überwinden?

Beispiele gab und gibt es.

Die Verlagsgeschichte von Matthes & Seitz hatte ich genannt, die kurzlebige „Edition Maschke“ wäre ein Markstein dazu gewesen.

Eigene „lagerübergreifende“ Buchreihen zu den Themen Krieg und Heimat, Krieg und Kindheit oder Krieg und Vertreibung, in denen – Kempowski-gleich – ALLE Stimmen zu Wort kommen…

Und hätten geniale Leute wie Kluge oder Kittler (mit Einschränkungen Sebald und Theweleit) dazu nicht Steilvorlagen geliefert?

ff

links ist wo der daumen rechts ist

2. März 2022 13:15

Kanon 2

 

Von Beuys „rechter“ Gesinnung war schon die Rede. Davon ausgehend könnte man die nicht gerade progressiven oder demokratie-affinen Grundlagen vieler kanonisierter Avantgardisten untersuchen, weit über Benn-Pound-Celine hinausgehend.

So viele Wahlverwandschaften gäbe es: Heidegger und Adorno oder Lukacs (Letzter via Hörischs Sohn-Rethel-Analyse), Marcuse und Freyer (Maschke), Anders und G.F. Jünger usw. Die Beispiele sind Legion.

Warum sind Celan und Char zu Heidegger gepilgert, welche Rolle spielte bei Celan die Hölderlin-Lektüre (allein diese Tatsache relativiert seine Festlegung als DEN Holocaust-Dichter).

Amery wäre nach eigenen Angaben ohne Hitler ein „völkischer“ Autor geworden.

Warum hat niemand während der Corona-Maßnahmen Brechts „Maßnahme“ gegen den Strich gelesen?

Wo sind die Rechten, die – analog zu Linken wie Theweleit (Benn) oder Lethen (Benn, Jünger, Schmitt) – „ihren“ Brecht verteidigen?

Die zwei Corona-Jahre haben doch gezeigt, wie sich Fronten verflüssigen.

Aktuell werden (wieder einmal) Vorzeige-Antimilitaristen zu Bellizisten (100 Milliarden Verteidigungsaufstockung!). Sollen wir damit die Russen in die Steinzeit zurückbomben? Während die scheinbaren Falken der „Schwefelpartei“ (Klonovsky) – analog zu Kickl in Ö - zur Mäßigung mahnen...

Das vorgeschobene Kinn bei der Verteidigung "unserer" Autoren bringt nichts.

Dieter Rose

2. März 2022 13:58

Zu Weihnachten Neuerscheinungen, einige zwar nur gab es, aber:

Gerd Gaiser lag auf dem Gabentisch der Eltern.

Sicher nicht nur wg. "aus dem Schwäbischen."

Mitleser2

2. März 2022 15:36

"Schlußball" wurde immerhin an meinem bayerischen Gymnasium ca. 1970 im Fach Deutsch gelesen. Fast bemerkenswert. Lag's am CSU-Lehrplan?

RMH

2. März 2022 15:49

"Das vorgeschobene Kinn bei der Verteidigung "unserer" Autoren bringt nichts."

Trotzdem ist das für April angekündigte Gespräch über Gehlen eigentlich schon lange überfällig (auch wenn es dann kein Literaturgespräch aus dem Bereich der Romanautoren und Dichter mehr ist).

Dieter Rose

2. März 2022 21:06

noch was Schwäbisches:

" 's isch wie's isch"

Nemo Obligatur

2. März 2022 21:14

Großes Literaturkino und in der Form eine echte Liebhabersendung. Bitte alles so lassen.

Mir sind beim Zuhören noch 100 Dinge eingefallen, die GG für mich interessant machen. Werde mich nach den vielen Anregungen weiter mit ihm beschäftigen.

EL und GK haben wieder maßlos überzogen, und ja, die Leute lieben das, genau das!

Zur "Heimkehrerliteratur": Arno Schmidts "Brand's Haide" etwa fällt einem da sofort ein. Das dürfte außer Borchert das Maß dieser Dinge sein. Borchert macht allerdings depressiv.

Ein Fremder aus Elea

3. März 2022 08:43

Mir gefallen Buchbesprechungen im allgemeinen und Ihre im besondern. Habe mir die über Wiechert, Gaiser und Bergel angehört. Was die Sache mit der Naturereignishaftigkeit des Krieges angeht: Selbstverständlich verhält es sich für den Einzelnen so, wenn er in seinen örtlichen Belangen befangen ist, und diesbezüglich besteht natürlich eine gewisse, nun ja, "Die Menge aller Mengen, welche sich selbst enthalten, enthält sie sich oder nicht?"-Situation, soll heißen: Wenn jemand in seinen örtlichen Belangen befangen ist, interessiert es ihn nicht, ob Gaiser oder Böll der große deutsche Schriftsteller ist, muß er also nicht auf diese Weise beeinflußt werden, und wenn er es nicht ist, wie nannten Sie es bei Wiechert?, Tourist auf dem Land beim Steineauflesen?, wird er doch auch Gaiser nur in diesem Sinne lesen.

A wise old owl sat in an oak, the more he heard, the less he spoke, the less he spoke, the more he heard, why aren't we all like that wise old bird?

Ich bin wirklich froh darüber, daß ich mich auf das beschränken kann, was ich sagen will. Aber ich höre auch gerne, was andere so denken, um Berührungspunkte zu vermerken. Das ganze weltanschauliche Gewäsch ist nichts wert. Heuchelei ist immer transparent, weil sie ansonsten als Irreführung mißverstanden werden könnte. Kann man also ignorieren. Aber persönliche Beobachtungen höre ich gern, auch wenn sie vermittelt werden.

Entscheidend ist, den Unterschied zwischen Einsehen und Annehmen zu kennen.

Gracchus

3. März 2022 09:36

Während ich die Sendung verfolgte, begannen auf einmal Glocken zu läuten, und meine derzeitigen Gastgeber drehten mir das Licht ab ...

---

Wenn ich Wünsche äußern dürfte: Uwe Johnson (gerne im Duett mit Kempowski). Ich kenne zwar bislang nur die Mutmassungen, die finde ich aber herausragend.

--- 

@links: Teilweise sekundiere ich, teilweise projizieren Sie. Ich finde es gut, wenn der Kanon sozusagen ergänzt und auf vergessene Autoren aufmerksam gemacht wird - das scheint mir nach dem Zuhören der Sendung hinsichtlich Gaisers vorstellbar, dass nämlich Gaiser eine Dimension aufweist, die anderen Autoren fehlt, nämlich eine magisch-mystische.

Ansonsten d'accord. Eine solche Figur wäre auch Walter Benjamin. 

 

Maiordomus

3. März 2022 10:22

@Fremder aus Elea. Sie bringen es auf den Punkt, auch, dass es im Moment vielleicht mehr bringt, sich über die Spiegelung der Literatur zu orientieren im Sinne von Selbsterkenntnis als zum Beispiel auf der Basis ungenügenden Wissens und der auch bei Clausewitz angewarnten Unsicherheit des Krieges sich diesbezüglich Urteile zu erlauben, die man noch im harmlosesten Fall hinterher korrigieren muss. 

Rautenklause

3. März 2022 20:46

@ GK

Das Anfangszitat - ist das aus "Am Paß Nascondo"? Ich habe meine Gaiserbände ausgelagert (mea culpa) und die Frage könnte zu einer schlaflosen Nacht führen  ... und wer will so etwas schon?

welches zitat meinen Sie?

ede

4. März 2022 00:29

"Die sterbende Jagd"; das ist schon ein beeindruckender Titel. Als Nachkriegsbuch hat mich aber "Der Fragebogen" von Ernst v. Salomon deutlich mehr beeindruckt.

Und, wie schon jemand angemerkt hat, Walter Kempowski;

Die autobiographischen Romane der "Deutschen Chronik" waren für mich der wichtigste Zugang zum Verständnis für das alltägliche Dasein unserer Vorfahren in den ersten 2/3 des 20.Jahrhunderts.

Rautenklause

6. März 2022 20:09

@ Kubitschek:

Das Zitat meinte ich:

Immer, wenn wir nach der Vesper noch beisammensaßen und die Übermacht der Zerstörer beklagten, schlug der Abt die Tischglocke und hob sein Glas: “Der Teufel macht seine Arbeit – wir machen die unsere.” Dann stießen wir an, sprachen noch einen Psalm und gingen an unsere Arbeit…

Besten Dank!

antwort kubitschek:
Das ist der Anfang eines nie veröffentlichten Editorials, das ich vor einigen Monaten schrieb. Die Zeilen schienen mir nun als Begründung dafür passend, daß wir einfach weiterhin tun, was wir schon immer tun und vor allem gut können, auch wenn Mariopol eingekesselt ist und aus "den Russen" das Böse an sich gemacht wird. Und: den Abt, die Gespräche, die Tischglocke, den Psalm und die Arbeit - das gibt es tatsächlich alles.

Schenkendorff

7. April 2022 15:52

Ich erinnere mich deutlich, daß Gaiser nicht nur mit einem Buchausschnitt in meinem Lesebuch vertreten war, das wir jedes Jahr in Unter- und Mittelstufe erhielten. "Begegnungen" hieß es wohl. Insofern kein unbekannter Name, und nun Anregung zur Lektüre.