Netzfundstücke (121) – Slokapakei, Sturz, Ressourcen

»Ich habe nicht mal eine Person, die ich noch nicht kannte, geküsst.«

Die »Ich«-lastige Rede der 23jährigen Abge­ord­ne­ten der Grü­nen im Bun­des­tag, Emi­lia Fes­ter, zur Impf­pflicht soll­te mitt­ler­wei­le jedem poli­tisch Inter­es­sier­ten ein Begriff sein. Die Auf­merk­sam­keit wäre mit Sicher­heit gerin­ger aus­ge­fal­len, wenn Fes­ter ihren Rede­bei­trag nicht mit einer Por­ti­on wohl­kal­ku­lier­ter Hys­te­rie vor­ge­tra­gen hätte:

Ich habe inner­halb der ver­gan­ge­nen zwei Jah­re aus Vor­sicht und aus Rück­sicht das Fol­gen­de nicht gemacht: Ich war nicht in der Uni. Ich war nicht im Aus­land. Ich habe kein Muse­um und auch kein Fes­ti­val besucht. Ich habe nicht mal eine Per­son, die ich noch nicht kann­te, geküsst oder mei­nen Geburts­tag gefei­ert. Ich war ver­dammt noch mal nicht ein­mal im Club, kein Tan­zen, Fei­ern und all das, was ich so vermisse!

Schuld an ihrer Ent­halt­sam­keit sol­len natür­lich die Unge­impf­ten sein. Auf die Logik­feh­ler die­ser Argu­men­ta­ti­on soll hier nicht wei­ter ein­ge­gan­gen wer­den; ande­re haben das schon längst in aller Aus­führ­lich­keit noch und nöcher getan und man ist es lang­sam leid, auf die­se Ver­bohrt­heit noch ein Quent­chen Ener­gie zu verschwenden.

Fer­ner gibt es libe­ra­les Geblub­ber aus dem Par­la­ments­zir­kus, das nur zur Ver­ball­hor­nung taugt. Eben das hat der Pia­nist Kemal Cem Yil­maz getan und nach Dan­ger Dan sich nun Emi­lia Fes­ter vor­ge­nom­men. Ihren Aus­bruch hat er dabei mit dis­so­nan­ten Klang­fol­gen unter­malt. Im Fina­le furio­so gibt auch noch Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz sei­nen Senf dazu, aber sehen und hören Sie am bes­ten selbst:


Im Wes­ten hat man eine beson­de­re Hal­tung zum Sturz von feind­li­chen Regie­run­gen bzw. sol­chen Regie­run­gen, die sich nicht so ver­hal­ten, wie man das ger­ne hät­te, ent­wi­ckelt. »Regime Chan­ge« ist ein pro­ba­tes Mit­tel, wenn Washing­ton sei­nen geo­po­li­ti­schen Wil­len durch­set­zen möchte.

Der Ara­bi­sche Früh­ling ist ein Bei­spiel dafür, wie die USA und ihre Ver­bün­de­ten poli­ti­sche Oppor­tu­ni­tä­ten erzeu­gen oder aus­nut­zen, um eben­je­ne Durch­set­zung der eige­nen Inter­es­sen im Aus­land zu sichern. Jedoch ende­ten die­se »Regime Chan­ges« meis­tens in einem Desas­ter. Liby­en ist heu­te ein zer­ris­se­nes, vom Bür­ger­krieg geplag­tes Land, Syri­en wäre ohne das Ein­grei­fen des rus­si­schen Mili­tärs in sich zusam­men­ge­fal­len und wür­de heu­te wahr­schein­lich sein Dasein als zer­split­ter­ter Nähr­bo­den für ter­ro­ris­ti­sche Klein­zel­len fris­ten usw. Anstatt Ord­nung bringt der »Regime Chan­ge« Chaos.

Den­noch hat man die Lust an ihm nicht ver­lo­ren. Anläß­lich des rus­si­schen Angriffs auf die Ukrai­ne kommt den übli­chen Ver­däch­ti­gen das Wort »Regime Chan­ge« wie­der häu­fi­ger über die Lip­pen. Putin müs­se besei­tigt wer­den: Pro­blem gelöst.

Sezes­si­on-im-Netz-Autor Dani­el Fiß ent­zieht die­sen trans­at­lan­ti­schen Hirn­ge­spins­ten in einem Arti­kel für kon­flikt den Boden, indem er die Fra­ge stellt, wie ein Post-Putin-Ära rea­lis­tisch aus­se­hen könnte:

Der Wes­ten hat sich seit Ende des Kal­ten Krie­ges bei nahe­zu allen mili­tä­ri­schen Ein­grif­fen als auch Soft-Power Demo­kra­tie­ex­por­ten ver­ho­ben und ver­kal­ku­liert. Das Cha­os und die poli­ti­sche Insta­bi­li­tät waren stets die Bedin­gung, um in den jewei­li­gen Län­dern Regime-Chan­ge Akti­vi­tä­ten zu star­ten. In Russ­land feh­len jedoch sol­che Voraussetzungen.

Hier geht es zum lesens­wer­ten Artikel:

POLITISCHE VORAUSSETZUNGEN EINER POST-PUTIN ÄRA


Abschlie­ßend noch etwas Wer­bung in eige­ner Sache: Die Keh­re 9 ist am Frei­tag erschie­nen! Die von mir ver­ant­wor­te­te Zeit­schrift für Natur­schutz kommt ab die­sem Jahr mit mehr Inhalt und neu­em Erschei­nungs­bild daher: Sat­te 84 statt der vor­mals 56 Sei­ten ste­cken nun zwi­schen dem Umschlag, die nicht mehr von einer Klam­mer zusam­men­ge­hal­ten wer­den, son­dern auf einen fes­ten Rücken geklebt sind.

Unser Titel­the­ma könn­te indes aktu­el­ler nicht sein: Res­sour­cen­knapp­heit. Ursprüng­lich hat­ten wir das The­ma wegen des 50jährigen Jubi­lä­ums des ers­ten Club-of-Rome-Berichts aus dem Jahr 1972 gewählt, aber mit dem Krieg in der Ukrai­ne ist die Fra­ge nach der Sicher­heit und End­lich­keit unse­rer Res­sour­cen­ver­sor­gung zum Dreh- und Angel­punkt der Poli­tik im Jahr 2022 geworden.

Johan­nes Kon­stan­tin Poens­gen schreibt über tech­no­lo­gi­sche Lösungs­mög­lich­kei­ten der Ver­knap­pung, Jörg Dit­tus über den Trend des Urban mining – einer Metho­de, die die Stadt zum eige­nen Waren­la­ger umfunk­tio­nie­ren soll – und Hagen Eich­ber­ger unter­zieht die Effi­zi­enz­stei­ge­rung als Lösungs­mög­lich­keit, um end­li­che Res­sour­cen zu scho­nen, einer kri­ti­schen Betrachtung.

Wer noch einen wei­te­ren Anstoß braucht, um zuzu­grei­fen, der fin­det Ihn hier:

RESSOURCENKNAPPHEIT?

Die Keh­re 9 erhal­ten Sie natür­lich wie immer hier, bei Antai­os, dem größ­ten kon­ser­va­ti­ven Versandbuchhandel.

Außer­dem kön­nen Sie von zwei Son­der­ak­tio­nen pro­fi­tie­ren, die wir anläß­lich der Ver­öf­fent­li­chung der »neu­en« Keh­re gestar­tet haben. Zum einen bekommt jeder Neu­abon­nent den ers­ten Keh­re-Jahr­gang kos­ten­los dazu (nur solan­ge der Vor­rat reicht; rund 150 Stück der Erst­aus­ga­be sind noch vor­rä­tig), zum ande­ren gibt es für die­je­ni­gen, die kein Abo abschlie­ßen wol­len, die Mög­lich­keit, den ers­ten Jahr­gang (Hef­te 1–4) im Gesamt­pa­ket ver­güns­tigt für 20 statt 28 Euro zu erwerben.

Viel Spaß bei der Keh­re-Lek­tü­re!

Nichts schreibt sich
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Kommentare (13)

Allnichts

26. März 2022 17:16

Die Umstellung hat der "Kehre" wirklich gutgetan und kann nur als gelungen bezeichnet werden. Ein grosser Fortschritt.

Heftklammerung ist immer etwas unglücklich, es fehlt der Heftrücken, auch eine gewisse Standfestigkeit, und so werden Zeitschriften dieses Formats statt ins Bücherregal eingereiht eher auf einen Stapel abgelegt, was sie dauerhaft aus dem Blickfeld nimmt. Dies fällt in Zukunft weg, zur noch besseren Übersichtlichkeit sollte auf dem Heftrücken aber das Titelthema einer Ausgabe stehen.

Mehr Seiten, ein Praxisteil, passenderes Papier - das wirkt alles sehr wertig und muss sich vor anderen Magazinen dieser Ausrichtung nicht verstecken.

Siegfried siegt

26. März 2022 20:16

Ein Regierungswechsel 'regime change' in Rußland ist wünschenswert. Da regiert seid mehr als 22 Jahren ein kriegs(verbrechens)freudiger Tyrann der Oppositoren verhaftet bzw vergiftet und mit Atomwaffen droht. Kein Stockholm Syndrom für Rußland. Die Regierung sollte endlich die Rückgabe des Gebiets Königsberg fordern.

quarz

26. März 2022 21:49

@Siegfried

"Rückgabe des Gebiets Königsberg"

Gorbatschow hat's ja angeboten, Genscher hat abgelehnt.

Laurenz

26. März 2022 22:12

@Siegfried fehlt

Regime-Wechsel in West- & Mitteleuropa sind aber wahrscheinlicher. Es kann auch sein, daß es bald keinen deutschen Staat mehr gibt, der irgendetwas zurückfordern könnte. Weder Sie noch unsere Regierung haben irgendetwas begriffen.

Franz Bettinger

26. März 2022 23:51

Wir sehen bei den Grünen eine Echtzeit-Mutation vom Pseudo-Paulus zum Realo-Saulus. - Oder wie mir Prof. Günter Scholdt neulich schrieb: "Dieselben Leute, die in den 70-er Jahren noch lieber rot als tot sein wollten, skandieren jetzt Zu den Waffen!“ Vermutlich Wehrdienst-Verweigerer, die von den Folgen ihres Talkshow-Bellizismus nicht gleich selbst getroffen werden. Wer wählt so was?! 

Volksdeutscher

27. März 2022 00:30

@Siegfried siegt - "Die Regierung sollte endlich die Rückgabe des Gebiets Königsberg fordern."

In welchen kindlichen Traumwelten leben Sie denn eigentlich? Meinen Sie die gegenwärtige Regierung? Damit sie dort Neger, Araber, Pakistaner und was weiß ich was anzusiedelt, für die sie dann Moscheen baut?

Kurativ

27. März 2022 05:21

Tja, was soll man jetzt dazu sagen. Man ist über beide Abschnitte ähnlich peinlich berührt. Mangelnde Lebenserfahrung, mangelnde sinnhaftige Selbstversorgungstendenzen und die vordergründige jugendliche Schauspielerkunst erinnert an ein politisches Prostitutionsmilieu.

Grobschlosser

27. März 2022 13:57

Fräulein Fester gehört in die Produktion ( Fischfabrik , Schrottsortierung ; einfache Fließbandarbeit , 9h / Tag , 6 Tage / Woche ) 

Imagine

27. März 2022 14:53

Daniel Fiß schreibt im zitierten konfliktmag-Arikel:

„Die Vorstellung des Westens für einen Regime Change gehen dahin, dass es einerseits bereits starke oppositionelle Strukturen in Russland gäbe und andererseits durch eine noch stärkere Aufklärungsarbeit der Bevölkerung eine kritische Masse entstehen könnte die Putin und den Kreml schließlich zu Fall bringen könnte. Darauf aufbauend imaginiert man sich schließlich ein Russland, welches nach den westlich-europäischen Demokratiestandards funktionieren könnte.“

Das ist das medial propagierte Narrativ.

Aber dies ist nicht die Vorstellung und Zielsetzung der Herrschenden, sondern dieses Narrativ dient der Bewusstseinsmanipulation der uninformierten und denkunfähigen Massen.

Chaos herzustellen, ist das Ziel und die neokoloniale Herrschaftsstrategie der Räuberbande, genau dies ist im Irak, in Lybien, in Syrien etc. geschehen.

Chaos macht Gesellschaften besser und leichter beherrschbar als die frühere Kolonialherrschaft durch militärische Besetzung und Installation einer eigenen Verwaltung. Chaos ist modernes divide et impera.

Man installiert als Komplizen korrupte und verbrecherische Eliten, Typen wie einen Jelzin, das eigene Volk verraten und zur Ausplünderung und Ausbeutung für die räuberischen Imperialisten freigeben.

Klingelt es?

Genau das Gleiche spielt sich bei uns ab. Die Gesellschaft ist und wird in alle möglichen Gruppen und Lager gespalten.

Niekisch

27. März 2022 19:05

"endeten diese »Regime Changes« meistens in einem Desaster".

Deutschland betreffend hingegen erzielten die USA seit 1917 einen totalen Erfolg. Ihre heutigen deutschen "young leader" sind bereit, das deutsche Restvolk in transatlantischem Wahn gegen Rußland hochzurüsten und notfalls für die USA zu opfern.

Laurenz

27. März 2022 22:08

@Niekisch

"endeten diese »Regime Changes« meistens in einem Desaster".

Ihre Beobachtung über einen längeren Zeitraum ist schon der richtige Ansatz. Im Iran klappte der Regime-Wechsel 1953, hielt aber nur 26/27 Jahre, 1979 war dann Schluß mit einem ungewollten Regime-Wechsel.

quarz

27. März 2022 22:21

@Niekisch

Hochinteressant, sich auszumalen, wie die neuerdings hier Lebenden im Fall des Falles da mitspielen würden. Wahrscheinlich würde ein großer Teil von ihnen die längste Zeit neuerdings hier gelebt haben.

Franz Bettinger

28. März 2022 09:45

@Imagine: Mal unter uns: es ist soweit. Sie haben's Unmögliche fertig gebracht: Sich in mein Herz geschrieben. Trotz... - ach Sie wissen schon. Also: Wir sehen uns nach'm Krieg. Ich sag Ihnen noch Wo. Auch die beiden anderen Unmöglichen werden dann ums Lagerfeuer sitzen: Lotta und Laurenz und hoffentlich noch viel mehr (GG, Jürgen, VD...)

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