Zuviel der Ehre

Anscheinend herrscht immer noch Sommerloch-Not in den Redaktionsstuben. Kaum zu glauben – bei uns hat bereits vor zwei Wochen wieder die Schule begonnen.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Wie sonst als mit Nach­rich­ten­flau­te ist die Auf­re­gung zu erklä­ren, die Ende ver­gan­ge­ner Woche durch das soge­nann­te Blood & Honour-Urteil aus­ge­löst wurde?

Der Köl­ner Stadt­an­zei­ger sprach empört vom „Kul­tur­schock der Woche“, und selbst die FAZ füll­te an zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Tagen ihre Kom­men­tar­spal­ten mit dem „Skan­dal“, der die „glo­ba­li­sier­ten Nazis“ (sic!) nun dazu ver­lei­ten kön­ne, „wei­ter­hin mit der Jus­tiz Katz und Maus zu spie­len.“ (Daß der Zen­tral­rat deut­scher Sin­ti und Roma von einem „gene­rel­len Frei­brief für ras­sis­ti­sche Het­ze“ spricht – klar.)

Wor­um geht’s? (Oder anders: Ist es wie­der so weit?)

Der Bun­des­ge­richts­hof hat soeben ent­schie­den, daß die Ver­wen­dung der unter Skin­heads wohl belieb­ten Paro­le “Blood and Honour (als Hemd­auf­druck bspw.) nicht straf­bar sein, da „eine natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Paro­le untrenn­bar mit dem Gebrauch der deut­schen Spra­che ver­bun­den“ sei. Kei­ne Ahnung, wie Analpha­be­tis­men wie Bluht & Ähre oder Ver­ball­hor­nun­gen (etwa Flut & Mee­re in Frak­tur) gehand­habt wür­den? Oder ist genau das mit „Katz – und Maus­spiel“ gemeint? Immer­hin wur­den diver­se Kla­mot­ten des mut­maß­li­chen Sze­ne­zu­lie­fe­rers Thor Stei­nar allein des­halb ver­bo­ten, weil sie Ähn­lich­kei­ten zu Runen aufwiesen.

Jeden­falls sind die Kom­men­ta­to­ren aus dem Häus­chen. Auch, weil der urtei­len­de Staats­schutz-Senat klein­laut zugab, daß sich mit dem Urteil eine „Spiel­wie­se für rechts­extre­mis­ti­sche Ver­ei­ni­gun­gen“ eröff­ne. Also, was blüht uns da, um wel­che schä­bi­gen Spiel­wie­sen han­delt es sich? Was wird da aus­ge­heckt, wo, von wie vielen ?

Im Ernst: Ähn­li­che Fra­gen trei­ben mich um, seit wir in einer Gegend leben, die gele­gent­lich unter die soge­nann­ten no-go-are­as für Aus­län­der sub­sum­miert wur­de. Wir ken­nen zahl­rei­che Schu­len im Umkreis, Sport­ver­ei­ne, Frei­wil­li­ge Feu­er­weh­ren. Sogar ein paar Jugend­clubs und die inof­fi­zi­el­len Jugend­treffs (vor Super­märk­ten und an Tank­stel­len) für bier­fla­schen­be­wehr­te Halb­wüch­si­ge haben wir in Augen­schein neh­men kön­nen. Von Neo­na­zis (jeden­falls äußer­lich erkenn­ba­ren) kei­ne Spur. Kei­ne Unter­wan­de­rung, nir­gends. Nicht mal per Graf­fi­ti tritt hier oder in städ­ti­sche­ren Gefil­den (Hal­le, Leip­zig, Naum­burg) neo­na­zis­ti­sches Gedan­ken­gut nen­nens­wert zuta­ge. Die paar Spu­ckis, die an Later­nen­mäs­ten kle­ben, sind von der „anti­fa­schis­ti­schen Akti­on“ oder ähn­li­chen Jungmännervereinigungen.

Mei­ne Güte, agie­ren die­se „glo­ba­li­sier­ten Nazis“ so klan­des­tin, daß sie jede öffent­li­che Spur ver­wi­schen? Ein (sehr bür­ger­li­cher) Bekann­ter von uns woll­te es mal genau wis­sen und ist zu einem Som­mer­fest der NPD im Nach­bar­kreis gefah­ren. Das sei nicht nur harm­los gewe­sen, son­dern direkt bie­der, „wie so’n Kegel­ver­ein“. Ein Typ sei dann doch mit einem Hemd auf­ge­kreuzt, des­sen Auf­druck die Zah­len­kom­bi­na­ti­on „18“ beinhal­te­te. Der sei höf­lich, aber bestimmt dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, daß „so was hier nicht erwünscht“ sei. Der sei dann oben ohne wei­ter fla­niert. Zuge­ge­ben: man­che Leu­te in die­sem Lan­de haben ein Pro­blem. Ande­re reden sich Pro­ble­me herbei.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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