Wiedervorlage (10): Europabegeisterung

"Europabegeisterung. Ein moderner Ablaß" - so ist ein Beitrag überschrieben, den ich vor bald zehn Jahren in der Jungen Freiheit veröffentlichte.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Er führt aus, was Kubit­schek in sei­nem Bericht aus Ser­bi­en nur andeu­te­te, und gibt der Euro­pa­idee eine Wendung.

– – –

Euro­pa war für Gott­fried Benn 1913 nur ein „Nasen­po­pel / Aus einer Kon­fir­man­den­na­se“. Statt des­sen woll­te er nach Alas­ka gehen, wo es noch den Mann gäbe, „der Rob­ben frißt, der Bären tot­schlägt, der den Wei­bern manch­mal was rein­stößt“. Kommt hier so etwas wie die Sehn­sucht nach einer Archa­ik zum Aus­druck, die das deka­den­te Euro­pa schon längst nicht mehr zu bie­ten hat­te, sah Benn am Ende sei­nes Lebens die ein­zi­ge Chan­ce zum Wie­der­erste­hen Euro­pas in den Weni­gen, die „das archai­sche Heim­weh nach der Her­de in sich bekämp­fen und sich vom Staat abson­dern, um ihre eige­nen Auf­ga­ben zu erfül­len“. Die­ser denk­bar gro­ße Anspruch steht in einem deut­li­chen Gegen­satz zu den­je­ni­gen, die das Wort Euro­pa heu­te im Mun­de füh­ren. Und das sind so ziem­lich alle.

Par­tei- und lager­über­grei­fend ist Euro­pa eines der Heils­wor­te, die gute Absich­ten signa­li­sie­ren, mit der oft­mals schwie­ri­gen Rea­li­tät aber nichts zu tun haben. Natür­lich gibt es an Euro­pa auch Kri­tik, aber nur kon­struk­ti­ve, weil jeder eine ande­re Vor­stel­lung von einem idea­len Euro­pa hat. Aber grund­sätz­lich sind sich alle gesell­schaft­lich rele­van­ten Grup­pen, alle Par­tei­en von der Links­par­tei bis zu den Natio­nal­de­mo­kra­ten einig, daß unse­re Zukunft in Euro­pa liegt. Das Spek­trum reicht dabei vom Euro­pa als Hort der Gleich­heit bis zum Euro­pa der Vater­län­der, und es gibt auch genü­gend Kri­tik an der real exis­tie­ren­den Euro­päi­schen Uni­on, die eini­ge refor­miert und ande­re abge­schafft sehen wol­len. Im Grun­de bleibt Euro­pa dabei aber ein so schwam­mi­ger Begriff, daß jeder das in ihn hin­ein­le­gen kann, was er ger­ne möch­te. Für die einen ist Euro­pa dann eine Ansamm­lung von Natio­nal­staa­ten oder Regio­nen, für ande­re ein Wirt­schafts­ver­bund und für wie­der ande­re eine kul­tu­rell-his­to­ri­sche Einheit.

Dar­über hin­aus herrscht jedoch ein merk­wür­di­ger Kon­sens. Die­ser Kon­sens besagt, daß es sich bei Euro­pa um einen der Begrif­fe han­delt, deren Gül­tig­keit außer Fra­ge steht und deren Bedeu­tung nicht hin­ter­fragt wer­den soll­te. Er besagt auch, daß der­je­ni­ge, der es doch tut, sich außer­halb der Gemein­schaft der Wohl­mei­nen­den stellt und inso­fern sein Mit­spra­che­recht ein­ge­büßt hat. Einen sol­chen Kon­sens hat es zu allen Zei­ten gege­ben, doch es hat noch kei­ne Zeit gege­ben, die die­sen Kon­sens so knall­hart ein­ge­for­dert hat, ihn von allen Sei­ten ein­ge­hal­ten sieht und dabei gleich­zei­tig frei­heit­li­che Plu­ra­li­tät behauptet.

Euro­pa ist, soviel ist sicher, ein Kon­ti­nent, der sich durch rei­che Glie­de­rung aus­zeich­net und der sich die Welt unter­tan gemacht hat. Ohne Euro­pa gäbe es die Welt, wie sie heu­te ist, nicht. Aller­dings wur­de die­se Leis­tung nicht von “den Euro­pä­ern” erbracht, son­dern von deut­lich abge­grenz­ten Völ­kern, Natio­nen und Staa­ten. Aus der Sicht der jewei­li­gen unter­wor­fe­nen Ein­ge­bo­re­nen waren das natür­lich alles Euro­pä­er, weil alle Wei­ßen Euro­pä­er waren.

Ein Teil der Euro­pa­be­geis­te­rung auf der rech­ten Sei­te scheint sich aus die­ser Gemein­sam­keit zu spei­sen. Euro­pa agier­te damals als Welt­erobe­rer und steht heu­te gemein­sam gegen den Ansturm von Flücht­lin­gen aus aller Welt und muß sich der Sit­ten und Gebräu­che erweh­ren, die die­se teil­wei­se aus ihren Län­dern hier­her mit­brin­gen. Doch ist es etwas vor­ei­lig, von ähn­li­chen Pro­ble­men auf Gemein­sam­kei­ten zu schlie­ßen, die mehr wären als sta­tis­ti­sches Mate­ri­al. Es gibt kei­ne euro­päi­sche Iden­ti­tät, so wie es auch kei­ne Hei­mat Euro­pa gibt, es sei denn, man woll­te die­se Wör­ter jeg­li­chen Sinns berauben.

Was es gibt, ist eine euro­päi­sche Geschich­te, die sich vor allem auf Dynas­tien stüt­zen konn­te, die eben wirk­lich euro­pä­isch waren. Demo­kra­tie und Natio­nal­staat haben damit ein Ende gemacht. Über­lebt hat davon ein­zig allein die vage Idee einer euro­päi­schen Geis­tes­tra­di­ti­on – die sys­te­ma­tisch zer­stört wur­de und wei­ter­hin, allem Euro­pa­ge­re­de zum Trotz, zer­stört wird. Gott­fried Benn war der Auf­fas­sung, daß Euro­pa nicht „an den tota­li­tä­ren Sys­te­men oder den SS-Ver­bre­chen, auch nicht an sei­ner mate­ri­el­len Ver­ar­mung“ zugrun­de geht, son­dern „an dem hün­di­schen Krie­chen sei­ner Intel­li­genz vor den poli­ti­schen Begrif­fen“. Benn nennt schon damals (1948) Demo­kra­tie und Huma­ni­tät als Bei­spie­le, die, am Maß­stab des Pro­duk­ti­ven (der euro­päi­schen Rege­ne­ra­ti­on) gemes­sen, nur sekun­dä­ren Cha­rak­ter haben. Begrif­fe wie Mensch­heit und Euro­pa haben eben­falls die­se Eigenschaft.

Doch es geht nicht nur um den sekun­dä­ren Cha­rak­ter die­ser Begrif­fe: Fast jeder, der das Wort Euro­pa posi­tiv gebraucht, ver­birgt dahin­ter etwas. Viel­leicht will er nur Aner­ken­nung als ein Mensch, der die Zei­chen der Zeit ver­stan­den hat. Viel­leicht will er an einer grö­ße­ren Idee teil­ha­ben, sei­nem Leben einen Sinn geben. Meis­tens will er betrü­gen, not­falls sich selbst. Das Dik­tum Carl Schmitts „Wer Mensch­heit sagt, will betrü­gen“, gilt eben­so für Euro­pa. Schmitts Satz faßt die Tat­sa­che zusam­men, daß man sich unter dem Begriff Mensch­heit sam­melt, um dem Feind die Mensch­lich­keit abzu­spre­chen. Er sieht dar­in des­halb ein „brauch­ba­res ideo­lo­gi­sches Instru­ment impe­ria­lis­ti­scher Expansionen“.

Euro­pa ist, eben­so wie Mensch­heit, „kein poli­ti­scher Begriff, ihm ent­spricht auch kei­ne poli­ti­sche Ein­heit oder Gemein­schaft und kein Sta­tus“ (Schmitt). All das wird Euro­pa zuge­spro­chen, ist jedoch nicht vor­han­den. Jeden­falls nicht so, daß es sich einer wirk­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung stel­len könn­te, ohne zu zer­bre­chen. Das zeig­te sich schon in den kleins­ten Kon­flikt­la­gen, bei­spiels­wei­se dem Irak-Krieg. Euro­pa wird heu­te nicht für Expan­sio­nen miß­braucht, son­dern zur Besei­ti­gung der Unter­schie­de der euro­päi­schen Völ­ker und Natio­nen. Inso­fern soll auch im Namen Euro­pas nur eine Auf­fas­sung als gül­tig exe­ku­tiert wer­den. Mit einem Begriff von Euro­pa als „Euro­pa der Vater­län­der“ oder „Regio­nen“ zu ope­rie­ren, ist Selbst­be­trug, weil poli­tisch nichts dahin­ter­steckt als ein Wunsch­traum, der von vie­len Betrof­fe­nen nicht ein­mal geteilt wird. Euro­pa war immer dann stark, wenn euro­päi­sche Natio­nen und Völ­ker es waren.

Der deut­sche Wunsch nach “Euro­pa” ist ganz ein­deu­tig von dem Wunsch nach natio­na­ler Selb­st­ab­schaf­fung bestimmt, was sich nicht zuletzt in zahl­rei­chen Über­nah­men euro­päi­scher Maß­stä­be nie­der­schlägt, die so nütz­lich wie ein Kropf sind; man den­ke nur an den Bache­lor-Abschluß der Universitäten.

Über die­se Ten­denz darf auch die Behaup­tung nicht hin­weg­täu­schen, daß Deutsch­land Euro­pa durch sei­ne wirt­schaft­li­che Potenz an der lan­gen Lei­ne füh­re. Es bestehen dort zwar Abhän­gig­kei­ten – gegen die sich Deutsch­land aber nicht weh­ren kann, weil sein poli­ti­sches Gewicht in Euro­pa nicht sei­nem wirt­schaft­li­chen ent­spricht. Deutsch­land ist der Zahl­meis­ter, aber es kann dafür kei­ne Gegen­leis­tun­gen ver­lan­gen. Wenn in den ande­ren Staa­ten jemand „Euro­pa“ sagt, will er das deut­sche Volk betrü­gen und für sein Land das meis­te raus­ho­len. Nicht zuletzt ist es ein gutes Gefühl, sei­ne Inter­es­sen­po­li­tik mit einem ver­meint­lich guten Ziel, der euro­päi­schen Eini­gung, gleichzusetzen.

Es bleibt dabei, daß Staa­ten kei­ne Freun­de haben, son­dern Inter­es­sen. Daß die ande­ren Natio­nen in Euro­pa etwas anders gestrickt sind als die deut­sche, hat his­to­ri­sche Grün­de. Schließ­lich wur­den EU und Euro nicht zuletzt dazu erson­nen, um Deutsch­land ein­zu­he­gen. Das ist so gut gelun­gen, daß der so Behan­del­te die Grün­de sei­ner Fein­de zu den sei­nen gemacht hat. Wenn iri­sche Ban­ker sich über die Dumm­heit der Deut­schen belus­ti­gen, die immer wie­der als Zahl­meis­ter ein­sprin­gen, so steht die­se Bege­ben­heit nur bei­spiel­haft für eine Geis­tes­hal­tung und damit den Zustand von Europa.

Es wäre töricht, die Schuld nur bei den ande­ren zu suchen. Laut Arnold Geh­len haben die Deut­schen nach 1945, ins­be­son­de­re aber im Zuge von 1968, „die Zwi­schen­in­stan­zen zwi­schen Fami­lie und Mensch­heit mora­lisch“ preis­ge­ge­ben und statt des­sen „den abs­trak­ten Huma­ni­ta­ris­mus“ zur „selbst­ver­ständ­li­chen Leit­mo­ral“ erho­ben. Der Nut­zen die­ses huma­ni­tä­ren Ethos liegt in der Befrei­ung des Gewis­sens, indem „es die Gegen­po­si­ti­on poli­tisch-staat­li­cher Wach­sam­keit baga­tel­li­siert“ und damit den Men­schen von der ewi­gen Fra­ge von Schuld und Ver­ant­wor­tung befreit. Im Huma­ni­ta­ris­mus sieht Geh­len die Hyper­tro­phie des Huma­nis­mus. Also die über­mä­ßi­ge Ver­grö­ße­rung von Begrif­fen, eine unzu­läs­si­ge Aus­deh­nung, die das, was ursprüng­lich gemeint war, letzt­lich ins Gegen­teil verkehrt.

Die Deut­schen haben ihre Haus­mo­ral, die sich auf den Frie­den und den Aus­gleich im eige­nen Staat bezog und die dazu dien­te, mit die­ser Geschlos­sen­heit Angrif­fe von außen bes­ser abweh­ren zu kön­nen, über­dehnt. Sie sehen min­des­tens Euro­pa, wenn nicht die gan­ze Welt unter dem Blick­win­kel des huma­ni­tä­ren Ethos. Das wird spä­tes­tens dann zum spür­ba­ren Pro­blem, wenn es ande­re gibt, die durch­aus noch zwi­schen Eige­nen und Frem­den dif­fe­ren­zie­ren kön­nen und dies auch wol­len. „Der Allein­herr­schaft die­ses Ethos sehen wir solan­ge mit Besorg­nis ent­ge­gen, als es kei­ne Welt­ge­sell­schaft in einem Welt­staat gibt und es daher noch offen­bleibt, wel­cher Kon­ti­nent ein­mal sei­ne Eigen­in­ter­es­sen als die der Mensch­heit aus­gibt“ (Geh­len).

Ein „Euro­pa der Vater­län­der“ ist daher als Pole­mik gegen die Zen­tra­li­sie­rungs­be­stre­bun­gen der EU ganz brauch­bar, bleibt aber selbst dem Euro­pa­be­trug ver­haf­tet. Letzt­lich gibt es kei­ne euro­päi­schen Inter­es­sen, für die sich die jewei­li­gen Euro­pä­er oder deren Vater­län­der opfern wür­den. Solan­ge der Selbst­er­hal­tungs­trieb noch nicht völ­lig der Dege­ne­ra­ti­on zum Opfer gefal­len ist, wird immer zuerst die eige­ne Nati­on, das eige­ne Volk, die eige­ne Stadt auf der Prio­ri­tä­ten­lis­te ganz oben ste­hen. Wenn das auch in Deutsch­land wie­der selbst­ver­ständ­lich ist, mag man sich über Euro­pa unter­hal­ten. Bis dahin bleibt nur, den gro­ßen Anspruch einer Wie­der­auf­er­ste­hung in Deutsch­land wachzuhalten.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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Kommentare (94)

Allnichts

9. Juni 2022 11:50

1/2

Mir ist nicht bekannt, in welchem Zusammenhang der zitierte Satz von Carl Schmitt gefallen ist, aber jedes Mal, wenn er mir so isoliert irgendwo begegnet, kommt mir in den Sinn, dass demzufolge eigentlich jeder, der xy im Sinne einer kollektiven Identität mit mehr oder weniger einheitlichem Wesen, gemeinsamer Ausrichtung und Interessenlage sagt, genauso betrügen will. Wer Menschheit sagt, will betrügen, wer Europa sagt, will betrügen, wer Deutschland sagt, will betrügen, wer "mein Dorf" sagt, will betrügen, und so weiter.

Im Text werden "die Europäer" in Anführungszeichen gesetzt. Gibt es "die Deutschen" ohne Anführungszeichen denn und gab es sie je? Haben jene, die sich mit einer bestimmten Einheit identifizieren, sich nicht über alle Zeiten hinweg gegen eine Zerteilung dieser Identität bzw. gegen ein Aufgehen davon in etwas Grösserem gewehrt? Und inwiefern waren die Völker, Nationen und Staaten deutlich voneinander abgegrenzt? Genetisch sind gerade Europäer sehr eng miteinander verwandt.

Allnichts

9. Juni 2022 11:56

2/2

Ein Deutscher ist eben nicht ausschliesslich Deutscher, er ist vielleicht auch Münchner oder Hamburger, Friese oder Sachse, Norddeutscher oder Süddeutscher, Mitteleuropäer, Europäer, Weisser, Mensch. Das alles und noch einiges mehr sind nicht seine Identitäten, sondern Facetten seiner Identität, seines Wesens, und im Einzelfall ist es wohl mehr oder weniger Zufall, Schicksal, auf welche davon als die entscheidende sich der Einzelne beruft. Die Identitären haben das mit ihrer Unterteilung in regionale, nationale und europäische Identität eigentlich ganz gut gemacht, sind aber auch auf halbem Wege stehengeblieben, weil eben auch sie "betrügen" wollen, genauer gesagt politische Interessen haben, und die enden alles in allem in Europa, weshalb es darüber hinaus keine relevante Identität mehr geben darf.

Auch für einen deutschen Nationalisten muss das Nachdenken über ein politisch irgendwie zusammenarbeitendes Europa oder gar über "die Menschheit" kein Bruch mit der eigenen Weltanschauung und den eigenen naheliegenden politischen Interessen sein, zumal die Zustände nicht statisch sind, sondern einer andauernden Entwicklung unterliegen. Der von den meisten geteilte Blick auf "Europa" hat sicherlich auch seinen Grund darin, dass auch die unterschiedlichsten politischen Richtungen mit jeweils ganz eigenen Interessen von einer mangelnden Behauptungs- und Wettbewerbsfähigkei eines uneinig handelnden Europas ausgehen, wohl nicht zu Unrecht.

Maiordomus

9. Juni 2022 12:22

"Wiederauferstehung in Deutschland" war das, was selbst noch der Hohenzollern-Kronprinz nach dem Tag von Potsdam erhoffte, als er z.B. gegenüber Reinhold Schneider und anderen misstrauischen Monarchisten zu erklären versuchte, was mit der Regierungsbildung von 1933 in angeblicher Wirklichkeit abgelaufen sei, mit längerfristiger oder gar mittelfristiger Wiederherstellung einer Monarchie unweit des friderizianischen Preussen, eines. zwar noch undemokratischen aber immerhin vergleichsweise rechtstaatlichen Systems, in dem beispielsweise beliebige Festnahmen Unerwünschter im Prinzip nicht möglich gewesen wäre geschweige denn die staatliche Massenmord-Ouvertüre vom Sommer 34; es erwies sich indes als eine Illusion. Für eine Wiederauferstehung in Deutschland fehlen ausser den demografischen ja auch die bildungsmässigen und allgemein geistigen und kulturellen Voraussetzungen; um den in den letzten 100 Jahren entstandenen Schaden zu kompensieren wäre wohl eine gegenläufige kulturkämpferische Entwicklung vonnöten, die mindestens 50, wenn nicht 100 Jahre in Anspruch nehmen würde; und dafür fehlen sowohl die "logistischen" als auch die geistigen Voraussetzungen grundsätzlich. 

Maiordomus

9. Juni 2022 12:32

@Allnichts. Wer "mein Dorf" sagt, will im historischen Einzelfall vielleicht doch nicht betrügen, vgl. die Geschichte Ostfrieslands von Wilhelm Schapp oder die freiheitlichen Entwicklungen der Hauensteiner Einung und der Salpeterer in Süddeutschland, In  der Schweiz war es zumindest noch möglich, "mein Appenzell" zu sagen, so vor mehr als 40 Jahren beim Empfänger des damaligen Ordens wider den Tierischen Ernst im ZDF, dem originellen, politisch aber äusserst beschlagenen Landammann Raymond Broger. Sein Ländchen Innerrhoden hatte indes damals bloss 15 000 Einwohner, von denen so gut wie alle Vereins- und Korporationsmitglieder waren und deren Souverän die Versammlung der waffenfähigen Männer war, die dann übrigens auch bewaffnet der Pflicht zur Teilnahme an der Landsgemeinde nachzuleben hatten; wobei, wie der Schriftsteller Heinrich Federer in der Studie "Das offene Handmehr" dartat, das letztere manchmal doch mit Konformitätszwang verbunden war. Eine ideale Freiheit war zumal in einer Demokratie stets ausgeschlossen, wessen man sich aber durchaus bewusst war. Vgl. noch das gallische Dorf bei Asterix.  

quarz

9. Juni 2022 13:06

Jedenfalls gibt es einen geschichtlich schwer zu übersehenden Kulturzusammenhang, der Europa als Verbund deutlich vom Rest der Welt abgrenzt. Diese Gemeinsamkeit stiftet nicht nur die geistesgeschichtliche Tradition, die auf den oft zitierten Pfeilern der griechischen Philosophie, des römischen Rechts und der jüdisch-christlichen Religionslinie beruht. Auch im institutionellen Rahmen wie in den individuellen Lebenslinien unserer großen Beiträger spiegelt sich der Kulturzusammenhang. Bereits im Mittelalter wechselten die Gelehrten zwischen Paris, Oxford und Köln mit einer Flexibilität, die dem akademischen Personalaustausch der Gegenwart in nichts nachsteht. Später sind es vor allem die Künstler, die gesamteuropäisch wirken. Mal zieht Rom die Maler an, mal Paris. Haydn bekommt aus London und Spanien Kompositionsaufträge. Französische und Schweizer Mathematiker geben sich in St. Petersburg die Klinke in die Hand. Hunderte von Briefen werden gewechselt zwischen Denkern, die in Deutschland, Frankreich und England vor sich hindenken. Würde man ein Netz der Kommunikationslinien im Stil der einschlägigen Internetgraphiken zeichnen, Europa wäre unübersehbar.

Laurenz

9. Juni 2022 13:10

@EL

Finde Ihren Artikel ziemlich geil.

Allerdings hätten Sie für normales Publikum, wie Allnichts, meine Wenigkeit & andere, die Diskussionsebene deutlicher machen können. Ihr Artikel befaßt sich rein mit Staatspolitik, was zB Allnichts, wie man an beiden Beiträgen herauslesen kann, nicht verstanden hat.

Vielleicht hätten Sie den Artikel 2- oder 3-teilen können, um auf bestimmte Aspekte näher eingehen zu können. Die gemeinsame europäische Geschichte, von Allnichts korrekt geschildert, führt sehr wohl dazu, daß sich die Bürger Europas sehr wohl ganz gut miteinander arrangieren können, zumindest solange, wie man nicht eine nationale Geschichte debattiert. Anders lassen sich Einladungen von Maiordomus in Petersburg oder GK nach Belgrad nicht erklären. Wir kommen mit Spaniern, Ungarn, Kroaten etc.pp. auf der persönlichen Ebene einfach viel besser klar, als mit Orientalen oder Afrikanern.

Mitleser2

9. Juni 2022 13:17

Der Artikel von vor 10 Jahren ist leider am Ende zu optimistisch: "Solange der Selbsterhaltungstrieb noch nicht völlig der Degeneration zum Opfer gefallen ist, wird immer zuerst die eigene Nation, das eigene Volk, die eigene Stadt auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Wenn das auch in Deutschland wieder selbstverständlich ist, mag man sich über Europa unterhalten."

Der Selbsterhaltungstrieb ist inzwischen bei 80% offensichtlich nicht mehr vorhanden.

brueckenbauer

9. Juni 2022 13:40

Schmitts These hat zumindest eine gewisse empirische Bestätigung - unter den Leuten, die "Human Rights" sagen, sind sehr viele, die nur ihren eigenen Vorteil im Auge haben.

Gehlens Zitat läuft darauf hinaus, dass das alles gut wäre, wenn es nur wirklich einen Weltstaat gäbe - ein bedenkliches Beispiel dafür, wo Staatsversessenheit hinführen kann!

Europa sehe ich mehr als eine Frage der Bequemlichkeit. Kubitschek ist doch anscheinend recht bequem nach Serbien gekommen. Durchgehende Zugverbindung? Für wie viele Länder auf seinem Weg brauchte er denn eine Einreisegenehmigung? Und wie wurden ihm denn die Spesen bezahlt, etwa sogar in Euro?

 

Gotlandfahrer

9. Juni 2022 15:37

1/3

@ Allnichts:

Ihr Standpunkt, jede Kollektividentität sei „Betrug“, ist nihilistisch, so wie bereits Ihr Nickname mit Niederlegung der Mittel spielt, die Voraussetzung für Kommunikation sind: Begriffe. Begriffe aber sind immer logische Schubladen, der einzige bewährte Weg, sich gemeinsam der Wirklichkeit nähern zu können. Kollektive Identitäten wie „mein Dorf“, „Deutschland“, „Europa“, „Menschheit“ oder „mein Galaxienhaufen“ sind solche notwendigen Schubladen, wenn wir kommunizieren wollen.  Aber nur weil in der einen Schublade etwas Unbrauchbares steckt, muss das in einer anderen nicht ebenfalls der Fall sein. Brauchbar ist der Inhalt einer Schublade, wenn der Begriff bedeutsam für die Entscheidungsfindung von Menschen ist.  Mit dem Begriff „mein Dorf“ ist eine sehr brauchbare Vorstellung verbunden, insbesondere, weil sie das beschriebene Objekt so in seiner Funktion wirksamer macht als ohne Idee von ihm.  Dass Nationalstaaten, nicht notwendigerweise automatisch oder immer zu jedem Zeitpunkt, aber doch immer wieder, sehr förderlich für das Zusammenleben nach Innen und Außen sind, bedarf hoffentlich keiner Nachweisführung.  „Deutschland“ ist mithin kein Begriff, der per se unnütz oder betrügerisch ist.  So eine Feststellung muss jedoch keineswegs auch für alle nächsthöher aggregierten Kollektivbegriffe gelten. 

Gotlandfahrer

9. Juni 2022 15:38

2/3

Mit „Europa“ oder „Menschheit“ lässt sich eine jeweils eigene Schublade füllen, ja, so wie man auch von der „Baumheit“, der „Ameisenschaft“, der Gemeinschaft der „schwarzen Löcher“ oder „der Musik“ sprechen kann.  Aber helfen diese Ideen tatsächlich mindestens so sehr wie z.B. „Deutschland“ oder „Frankreich“ oder „mein Dorf“ zu – GK würde wohl sagen: gedeihlicher – Entscheidungsfindung? Wenn doch die Wirklichkeit nichts bietet, was über die Beschreibung der jeweiligen Mengen als solche mit jeweils einer einzigen spezifischen Gemeinsamkeit hinausreicht?  Mit „Deutschland“ ist immerhin eine unendliche Vielzahl von wirklichen Gemeinsamkeiten benannt, sogar mehr als jeweils mit den Begriffen „Friese“ oder „Sachse“, denn Friesen und Sachsen haben nicht nur ihre Friesen- und Sachsenhaftigkeit, sondern auch als Deutsche sehr viel gemein.  Etwas, was sie wiederum nicht mit Italienern oder Uiguren verbindet.  Mit „Europa“ ist sicher einiges an Gemeinsamkeit benannt, aber deutlich weniger als mit einem Nationenbegriff, da einen Umbrier mit einem Venezianer mehr verbindet als mit einem Jütländer.  Mit „Menschheit“ ist nicht mehr viel mehr benannt als die Grundgesamtheit des Homo Sapiens.  Daher die Anführungszeichen ab dem Level „die Europäer“ und nicht schon bei die Deutschen

Gotlandfahrer

9. Juni 2022 15:40

3/3

Das alles schließt nicht aus, dass es eines Tages eine europäische Identität gibt, deren Brauchbarkeit das Abstreifen der Anführungszeichen rechtfertigt.  Doch was schweißt Kollektive zu einer wirklichen, weil wirksamen Identitätsgemeinschaft zusammen?  Gemeinsames Leiden aufgrund dieser Identität! Damit notwendigerweise ein Äußeres, das jeden einzelnen Europäer existenziell bedrängt, weil er ein Europäer ist.  Und wenn jeder Europäer dann davon ausgehen kann, dass er selbst wie auch jeder andere Europäer mehr Überlebenschance durch Zusammenhalt als durch Eigensinn hat.  Etwas vereinfacht ausgedrückt hat wohl erst Napoleon uns Deutsche gemacht, weil er uns als solche gesehen und behandelt hat.  Erst dann ist der Schwede bereit für einen Portugiesen zu sterben, so wie er es für Schweden wäre (oder auch nicht).  Die Identitären betrügen nicht, wenn sie behaupten, es gäbe die relevanten Identitäten über Europa hinaus nicht.  Nennen Sie welche, die Ihnen und mir helfen könnten.  Und jetzt kommen Sie bitte nicht mit Klima oder Corona. 

Trotzdem hat auch der Autor nicht behauptet, dass das Nachdenken über Europa und die Menschheit ein Bruch mit nationaler Weltanschauung sei.   „Irgendwie“ wurde schon immer zusammengearbeitet, aber „zusammen“ setzt gerade das Versammeln von Einzelnen voraus.

Uwe Lay

9. Juni 2022 16:27

Europa - ist das nicht in erster Linie ein Kampfbegriff, in dem sich westeuropäische Staaten unter dem Hegemon USA zusammenschlossen, um ganz Europa, also das damalige sozialistische Osteuropa zu unterwerfen, Rußland aus Europa auszuschließen und Westdeutschland dabei klein zu halten, auch wenn es als Frontstaat gen Osten aufzubauen war? Nun hat die Ostexpansion ihre Ziele fast erreicht, um die Ukraine wird jetzt gekämpft. Aber wenn es den gemeinsamen Feind nicht mehr gibt, dann zerfällt dies Europa doch wieder in seine divigerenden Einzelinteressen! Nur wir Deutschen glauben da an Europa, dem wir unsere Eigeninteressen dann zu subordinieren haben.

Imagine

9. Juni 2022 18:05

1/3

So wie sie ist, ist die EU eine Missgeburt. Die EU ist kein vereinigtes neues Staatsgebilde mit gemeinsamen Interessen und wird ewig schwach bleiben gegenüber dem US-Empire und den angloamerikanischen Interessen.

Die Schweiz hingegen ist ein vereinigter Vielvölkerstaat. Die Schweiz besitzt mehrere Landessprachen und 23 bzw. 26 Kantone. Aber eine Regierung, zwei Parlamente auf Bundesebene, ein gemeinsames bürgerliches Recht und Strafrecht, eine Währung und eine Armee. Aber je Kanton unterschiedliche Schulsysteme, die allerdings im Verlaufe der letzten Jahrzehnte immer mehr kompatibel gemacht wurden.

Man muss sich dies vorstellen, ein deutsches Bundesland in der Größe von Hessen mit 23 Schulsystemen, 23 unterschiedlichen Schulbehörden, Schulgesetzen, Lehrerausbildungen etc.

Eine ähnliche nationalstaatliche Struktur wie die Schweiz weisen die vereinigten Staaten auf. Eine nationale Regierung, ein nationales Recht, eine US-Währung, eine US-Army.

Die EU hingegen besitzt keine EU-Regierung, nur ein Pseudo-Parlament, kein einheitliches EU-Recht, sondern nur eine neoliberale Wirtschaftsordnung und entsprechende nationale Rechtsanpassungen, keine EU-Armee, sondern die die Nationalstaaten haben eigene Armeen, verbunden in der NATO und unter US-amerikanischen Oberbefehl stehend.

Die EU kann man als neokoloniales Vasallensystem, konzipiert für die Interessen des US-Empire mit Marionettenregieren auf EU- und auf nationalstaatlicher Ebene, bezeichnen.

Imagine

9. Juni 2022 18:09

2/3

Die EU ist ein staatenähnliches Gebilde, aber eben kein Staat nach dem Prinzip eines Nationalstaats oder zu einem Bundesstaat vereinigten Staaten wie die Schweiz oder die USA

Der EURO ist eine Währung ohne Staat. Der EURO funktioniert gut im Interesse bestimmter Gruppen, für die Arbeitsbevölkerungen und Mittelschichten ist er eine Katastrophe.

Es gibt die Unterscheidung zwischen zwei Menschentypen: Somewheres und Anywheres. In der Realität ist es eher eine Polarität zwischen Lebens- und Bewusstseinsformen und häufig gibt es Mischformen..

Am Ende des einen Pols steht der „Dörfler“, am anderen der „Weltbürger“. Man könnte auch zwischen lokalistischer und globalistischer Orientierung unterscheiden.

Der „Dörfler“ ist bodenständig und heimattreu. Zwar ist er in globale kulturelle, politische und ökonomische Zusammenhänge integriert, aber jedoch sich dessen nicht bewusst. Er trinkt Kaffee, isst Bananen, kauft und benutzt Produkte aus fernen Kontinenten wie China, hat Internet, macht Flugfernreisen etc.

Für den  kommen Kaffee, Bananen, Fahrrad, Ski, Handy etc. aus dem nahegelegenen Einkaufszentrum, er macht sich keine Gedanken darüber, wo und wie diese Waren produziert werden, für ihn ist sein Ort und sein soziales Feld, in dem er lebt, seine Erlebnis- und Bewusstseinswelt.

Imagine

9. Juni 2022 18:11

3/3

Der „Lokalist“ ist häufig Lokalpatriot und Nationalist und kann es für sich gar nicht vorstellen, woanders oder gar im fernen Ausland zu leben und eine neue Wahlnationalität anzunehmen.

Die „Weltbürger“ sind vielfach Wirtschaftsnomaden, verfügen über internationale Kontakte, sprechen mehrere Sprachen, haben an unterschiedlichen Orten gelebt, studiert und gearbeitet und können sich gut vorstellen, dauerhaft auszuwandern und eine neue Nationalität zu wählen.

Wenn ich meine ehemalige Klasse bei den Klassentreffen betrachte, so ist weniger als ein Viertel zum Heimatort oder in dessen Nähe zurückgekehrt, die Hälfte ist in ganz Deutschland verteilt, ein Viertel hat die Nationalität gewechselt oder ist Doppelbürger geworden. Aber auch jene, die in der alten Heimat leben. besitzen eine Immobilie im Ausland - z.B. in Mallorca - oder machen Urlaub auf anderen Kontinenten.

Nur einer – er ist bereits verstorben – war Nationalist und naziaffin, keiner der anderen fordert „Deutschland den Deutschen!“ oder ist ausländerfeindlich.

So ähnlich ist nach meiner Erfahrung auch generell die Zusammensetzung von akademisch Qualifizierten, die beruflich erfolgreiche Aufsteiger sind und Karriere machen. In diesen Schichten sind völkische Lokalisten und Nationalisten Minderheiten.

Laurenz

9. Juni 2022 18:22

@Uwe Lay

Sie glauben doch nicht allen Ernstes, daß irgendwer im Osten der EU will, daß die Ukraine diesem Räuberverein beitritt? Dann wäre es aus mit EU-finanzierten Straßen & Kindergärten. Die EU einigt nur ein einziges Interesse.

Kurativ

9. Juni 2022 18:46

Lehnert vom protestantischen Teil des IfS trifft den Sachverhalt gleich zu beginn: Das Archaische und das Pragmatische fehlt. Luxusprobleme breiten sich aus, wie im Zauberberg von Thomas Mann. Das Ende ist abzusehen. Sich die "Erde Untertan machen" ist richtig. Die Entscheidung des EU-Witz-Parlaments gegen den Verbrennungsmotor ist falsch. Man kann die Wiese nebenan retten. Aber Bitte nicht die "Menschheit".

Kurativ

9. Juni 2022 18:57

Was fehlt: Außereuropäischen Einflußgrößen. Mit keinen Wort "USA". Man vergleiche das Verhältnis von Europa zu den USA, mit dem von Griechenland zu Rom. Oder von West-Rom/Venedig zu Byzanz. Diese Muster tauchen immer wieder auf. Es ist ein politisches  "Naturgesetz" im Stile eines Thukydikles, welches das Verhältnis der aufsteigenden und absteigenden Reiche beschreibt.

Maiordomus

9. Juni 2022 19:34

@Laurenz. Was Sie über Mentalitätsverwandtschaften nach Osten ausführen, was keineswegs mit rechtsradikalen Seilschaften zu verwechseln ist, kann ich Ihnen im Grundsatz bestätigen, wiewohl gerade jenes Lager momentan wegen den Irrungen und Wirrungen um den Ukraine-Krieg gespalten wird. Dabei ist aber auch die Auflösung der bürgerlichen Rechten keine Kleinigkeit, vgl. Verhalten von Merz in Thüringen voll auf Merkel-Linie v. 2019. Für eine Politik, die er als richtig hielt, hätte seinerzeit Adenauer wohl selbst mit dem Teufel paktiert. Heute sind indes nicht nur die Rechtsnationalen, sondern auch die grundsätzlich Rechtskonservativen isoliert wie kaum je, nicht zu vergessen den oberschäbigen Opportunismus des brit. Premiers.

Veränderungen zu Hause: 1992 durfte ich noch in Slowenien auf Kosten meines Landes das Schweizer System den dortigen Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern erklären, heute werden im Blog unseres Staatsfernsehens von mir formulierte früher ganz normale Vorbehalte gegen den Einsitz der CH in den UN-Sicherheitsrat nicht mal geschaltet, wobei ich immerhin Schüler des bedeutendsten Neutralitätshistorikers Bonjour gewesen war.  

RMH

9. Juni 2022 21:49

Kann als Grundlage zum Thema einmal wieder H. St. Chamberlains "Grundlagen des 19. Jhdts." empfehlen. Er versuchte wenigstens so etwas wie einen "Kit", der das Ganze verbindet, herauszufiltern bzw. die Hefe zu erkennen, die für den Gärvorgang sorgt. Ob er damit richtig lag? Gemach - man lernt einfach viel dabei. Europa heute ist etwas, was nicht mehr organisch von innen nach außen wächst, sondern von einer von außen kommenden Dynamik zusammengehalten und damit erst wieder neu erzeugt wird (totgesagte Leben länger). Und bei geschichtlichen Vorgängen ist so, dass man zwar noch lange Zeit meinen mag, man schwömme brav seine eigenen Bahnen im Ozean, als Oppositioneller womöglich gar gegen den Strom, aber in Wahrheit ist man bereits auf der Bahn eines Strudels und irgendwann kann dann auch der stärkste und beste Schwimmer nicht mehr dagegen halten sondern muss abwarten, wo er hin gespült wird (dies auch als Kommentar zu den Empfehlungen G.K.s an die serbische Jugend - ich bin der Auffassung, dass wir uns alle bereits im Sog der Ereignisse befinden).

Imagine

10. Juni 2022 01:28

@Maiordomus  9. Juni 2022 19:34
„Heute sind indes nicht nur die Rechtsnationalen, sondern auch die grundsätzlich Rechtskonservativen isoliert wie kaum je  …“

Das ist so. Die Rechtskonservativen beklagen und bejammern dies.

Warum ist das so?

Eine zu diskutierende These wäre, ob der Rechtskonservativismus von der Weltentwicklung überholt worden ist, keine Zukunft mehr hat und zum Auslaufmodell geworden ist.
 

Volksdeutscher

10. Juni 2022 03:55

"Es gibt keine europäische Identität, so wie es auch keine Heimat Europa gibt, es sei denn, man wollte diese Wörter jeglichen Sinns berauben."

Das ist richtig, wenn man den Begriff Identität im engeren ethnischen Sinne definiert, denn es gibt ja keinen europäischen Demos. Auf diese Tatsache scheint auch der Satz hinzuweisen: "Allerdings wurde diese Leistung nicht von “den Europäern” erbracht, sondern von deutlich abgegrenzten Völkern, Nationen und Staaten." Aber als kontinentale kulturelle Identität im Gegensatz zu einer anderen kontinentalen kulturellen Identität kann es sie wohl geben (europäische kulturelle Identität gegen amerikanische, australische, afrikanische usw.).

Solange die besondere Identität einer untergeordneten Gruppe nicht mit der allgemeinen Identität der übergeordneten Gruppe in Konflikt gerät, wird man ohne Probleme Bayer, Sachse, Friese und/aber auch Deutscher zu gleicher Zeit sein können.

Volksdeutscher

10. Juni 2022 04:27

"Europa wird heute nicht für Expansionen mißbraucht, sondern zur Beseitigung der Unterschiede der europäischen Völker und Nationen."

Doch, wird es, zwar nicht so, sondern im umgekehrten Sinne, indem man behauptet, Europa war schon immer ein Ort der Differenzen und Toleranz, also gebe es keinen Grund, außereuropäische Flüchtlinge aus aller Welt nicht aufzunehmen. Mit dieser erlogenen Argumentation erschließt man Europa für die Fremden und wird heute für die Expansionen mißbraucht.

Volksdeutscher

10. Juni 2022 04:33

"Daß die anderen Nationen in Europa etwas anders gestrickt sind als die deutsche, hat historische Gründe."

Das stimmt auch, aber vor die historischen Gründen an erste Stelle würde ich die aus den verschiedenen Mentalitäten resultierenden Gründe setzen, da Handlungen in Abhängigkeit von Geist und Verstand stehen. Man versteht ein Volk besser, wenn man seine Art zu denken kennt.

Volksdeutscher

10. Juni 2022 04:45

@Allnichts - "Genetisch sind gerade Europäer sehr eng miteinander verwandt."

Wenn Sie damit meinen, daß wir uns problemlos miteinander fortpflanzen können, dann stimmt das. Aber wenn Sie damit meinen sollten, daß es keine ethnischen Differenzen mehr gebe oder daß diese auf jeden Fall bedeutungslos seien, dann stimmt das natürlich nicht. Der Verwandtschaftsgrad zwischen den Ungarn und den Finnen beträgt 0,4 Prozent.... Natürlich ist die Bezeichnung "wir Europäer" gerade deshalb irreführend. Niemand wird leugnen, daß germanische Völker wie Deutsche, Niederländer, Norweger miteinander näher verwandt sind, als  z.B. mit Italienern, Griechen, Russen oder Albanern. 

Volksdeutscher

10. Juni 2022 04:51

@Laurenz - "....daß sich die Bürger Europas sehr wohl ganz gut miteinander arrangieren können."

Wenn ich korrigieren darf: Europa ist kein Staat, Europa hat ebendeshalb keine Bürger. Nur Nationalstaaten haben Bürger. Das Arrangieren miteinander unter bestimmten Voraussetzungen ist vielleicht gerade diesem Umtand zu verdanken.

Volksdeutscher

10. Juni 2022 05:24

@Imagine 3/3 - "....und kann es für sich gar nicht vorstellen, woanders oder gar im fernen Ausland zu leben und eine neue Wahlnationalität anzunehmen."

Das ist etwas polemisch gesetzt. Was mich angeht, kann ich mir das sehr wohl vorstellen, zwar nicht überall, aber an vielen Orten. Woanders leben können und sich dort auch wohlfühlen sind dennoch zwei verschiedene Dinge. Aber was sollte mir das auch nutzen, gleich drei neue Staatsangehörigkeiten zuzulegen, wenn ich meinen Geist, meine Seele, Mentalität und Biologie nicht austauschen kann und überall hin mit mir führen müßte? Nur als Bürger können wir woanders leben. Mit dem sich überall zu Hause fühlenden "Weltbürger" würde dieses woanders nicht mehr geben, weil er die Differenz zwischen hier und dort nicht mehr in sich fühlen würde.

Volksdeutscher

10. Juni 2022 05:40

@Laurenz an @Uwe Lay - "Sie glauben doch nicht allen Ernstes, daß irgendwer im Osten der EU will, daß die Ukraine diesem Räuberverein beitritt?"

"Europa als Aufgabe" sei das Motto der tschechischen EU-Präsidentenschaft, sagte Mikulás Bek, Europaminister der tschechischen Regierung. Während ihrer sechsmonatigen Präsidentschaft werde die Tschechische Republik versuchen, den Beitritt der Balkanländer und der Ukraine zur EU voranzutreiben. Das sagte der stellvertretende tschechische Außenminister Ales Chmelar den Abgeordneten. Auf die Frage, ob die unterschiedliche Haltung Ungarns zum Krieg in der Ukraine nicht zu einem Ende der Zusammenarbeit zwischen den vier Visegrad-Ländern führen sollte, sagte Bek, daß er persönlich dies nicht wünsche. "Wir beenden die Zusammenarbeit der Visegrád-Vier nicht, sondern setzen nur eine Art Denkzettel", antwortete er.

Allnichts

10. Juni 2022 10:43

2+/2

Praktisch bedeutet das, dass jenes, was wir als Stämme, Völker usw. bezeichnen, zwar Berechtigung hat, aber als Orientierung nicht wirklich ausreichend ist. Ob ein Deutscher nun mit einer Deutschen oder einer Niederländerin oder einer blonden Französin oder einer nicht durch und durch nordischen Dänin Kinder zeugt, halte ich für völlig unbedeutend. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so beiläufig, sieht es mit Nordischen, "Kelten" und angrenzenden Slawen aus, die ohnehin alle "in uns" sind. Geht es in Richtung östliches Mittelmeer, Südosteuropa und Orient, wird es komplizierter und einzelfallbezogen. Ein Deutsch-Italiener oder Deutsch-Grieche ist anders einzustufen als ein Deutsch-Türke oder Deutsch-Araber, diese wiederum sind aber auch anders einzustufen als Deutsch-Schwarzafrikaner oder Mestizen. Das Verwandschaftsgeflecht hört nicht dort auf, wo die Grenzen Europas gezogen werden, nicht umsonst gelten auch Turk--Völker, Araber, Perser, Nordafrikaner als "Kaukasier", also als Weisse.

Volksdeutscher

10. Juni 2022 12:24

@RMH

Die von GK beschriebene äußerliche Angleichung, auf die Sie auch anspielen, stimmt, aber sie kann und wird - so meine These - die Unterschiede in den Mentalitäten der Ethnien Europas deshalb noch lange nicht aufheben. Es ist dabei auch die Frage, welche Bedeutung ein Interpret solchen Erscheinungen beimißt, im Gegensatz zu anderen kulturellen oder soziologischen Erscheinungen; Warum gerade die? Und dann: Will er die Unterschiede emphatisieren oder die Gemeinsamkeiten? Je nach dem bekommt man zwei verschiedene Ergebnisse.

Wir sehen zwar die äußere Lebenswirklichkeit anderer Völker und folgern daraus, daß die von ihnen benutzten gleichen Dinge des täglichen Lebens ähnliches, gleiches Verhalten bei ihnen evozieren. Aber was sich dahinter abspielt, die innere Lebenswirklichkeit im Umgang mit den technischen Spielzeugen, sehen, hören und fühlen wir als Außenstehende eben nicht.

Imagine

10. Juni 2022 12:25

1/2

@Volksdeutscher …..10. Juni 2022 05:24
„Woanders leben können und sich dort auch wohlfühlen sind dennoch zwei verschiedene Dinge.“

Selbstverständlich.

Froh war ich, als ich meinen Geburts- und Heimatort verlassen konnte und in einer Universitätsstadt studieren konnte. Das war eine Befreiung: Denn das Leben am Heimatort war langweilig, geistlos, voller zwanghafter und verklemmter Menschen, zudem war es ein sexuelles Notstandsgebiet.

Meine Wahlnation ist nicht das Paradies auf Erden, aber das Leben dort hatte – bis zu Corona-Diktatur - deutliche Vorteile gegenüber dem Kohl- und Merkel-Deutschland. Ich konnte mich mit der Verfassung und dem Staat identifizieren und bin daher dort Staatsbürger geworden.

Ich lebe bzw. lebte gern in (West)Europa, weil in Europa eine geistig-kulturelle Gemeinsamkeit existiert, die geprägt ist durch die Großreiche in der Vergangenheit, also das Imperium Romanum und das Heiliges Römisches Reich (Deutscher Nation) sowie durch die Aufklärung und die bürgerlichen Ideen von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.

Vom Imperium Romanum stammt unser Recht, die lateinische Sprache war die lingua franca der Wissenschaft, Frankreich ist das Land der bürgerlichen Revolution, Deutschland hat bis zur Nazi-Zeit weltweit entscheidend die Naturwissenschaften und Technik beeinflusst.

Imagine

10. Juni 2022 12:28

2/2

Die neoliberale Revolution (von oben) mit Errichtung einer anti-liberalen und anti-demokratischen Diktatur der Oligarchen hat den gesamten Westen verändert.

Die Realität ist, dass man sich für die nächsten Jahrzehnte, ggf. bis zum Lebensende, auf ein Leben in der Diktatur einstellen muss. Die Ostdeutschen mussten bis 1989/90 über anderthalb Jahrhunderte unter den Bedingungen einer Diktatur leben, die Westdeutschen hatten das (unverdiente) Glück bis zur Merkel-Ära unter einigermaßen liberalen Bedingungen zu leben.

Trotz zweier verlorener Weltkriege war das Leben für die Normalbevölkerung in Westdeutschland besser als in den meisten Ländern der Welt, besser als z.B. in Großbritannien.

Die große (Selbst)Täuschung besteht im fehlenden Bewusstsein darüber, dass die USA als Siegermacht der Weltkriege und als Weltmacht Nr. 1 es niemals zugelassen hätten, dass sich die EU zu einem Konkurrenz- bzw. Gegenmodell zum US-Empire entwickelt.

Hinweis zum Europakonzept der Nazis:
Hitlers Traum vom vereinten Europa unter deutscher Herrschaft
https://www.deutschlandfunkkultur.de/hitlers-traum-vom-vereinten-europa-unter-deutscher-100.html

Maiordomus

10. Juni 2022 12:40

@imagine. Wie Marxismus, incl. die v. Habermas mit Phrasen vom "Spätkapitalismus" verwendete aufgeklärte Variante, ist für mich der Rechtskonservatismus als Modellvorstellung für gesamtgesellschaftliche, demokratisch durchsetzbare politische Konzepte, wie Sie sagen,  überholt. Merkte es bei Leküre v. Flohmarkt-Ex. der "Gesellschaftskrisis der Gegenwart" v. Röpke, Genf 1941. Lenin, Stalin, Hitler, Mussolini wurden nicht erwähnt, jedoch Problemlagen der Fünfziger bis Siebzigerjahre antizipiert, erst noch in schönerem Deutsch als bei Marx und Habermas. Was uns heute bleibt: selbständiges Denken, ev. diese oder jene unausgeschöpfte Tiefenanalyse, welche den Horizont der Etablieren übersteigen könnte. Mitdenkende Zeitgenossenschaft, resignationsfähig, aber nicht verzweifelt, so könnte man sich auf  Gegenseitigkeit unterhalten.  Vision: Zustände, bei denen Sie und ich sich gleichzeitig, unfreiwillig, im Gefängnis oder schlicht bei Publikationsverbot treffen könnten. Uns unterhalten, ohne dass der eine den anderen langweilig finden müsste. Vgl. Horst Mahler, mit dem Sie und ich dann und wann anregender ins Gespräch finden könnten als mit sog. Partei-Strategen. 

Laurenz

10. Juni 2022 13:07

@Volksdeutscher @L.

Mikulás Bek ist halt einfach dämlich. Nur Schröders Osterweiterung der EU kostete Portugal komplett die Netto-Zuwendung von 15 Milliarden Deutschmark per anno, was heute ca. 35 Milliarden Euro entsprechen dürfte, was in Portugal sofort über mehrere Jahre eine Wirtschaftskrise auslöste. Auch Serbien würde gerne noch am Reibach teilhaben, solange die Quelle noch nicht versiegt ist.

Um die vielen politischen Probleme sind dabei gar nicht berücksichtigt, die finden Sie in diesem 3 Jahre alten Artikel, bei dem ich davon ausgehe, daß sich zu 2019 nicht wirklich was geändert hat. Hierbei ist eine gewisse Ortskenntnis auch hilfreich. Montenegro hat zB  weniger Einwohner als Frankfurt am Main.

https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/opinion/warum-eu-erweiterung-aktuell-keine-gute-idee-ist/

Frage: Sind Europäer keine Bürger?

Laurenz

10. Juni 2022 13:15

@Imagine @Maiordomus 

Eine zu diskutierende These wäre, ob der Rechtskonservativismus von der Weltentwicklung überholt worden ist, keine Zukunft mehr hat und zum Auslaufmodell geworden ist.

Diese These ist nicht zu halten. Seit es Zivilisationen gibt, wechseln sich Nationalisierungsphasen mit Globalisierungsphasen ab. Momentan stehen wir am Beginn einer Nationalisierungsphase, die zB in den USA längst begonnen hat. Natürlich stemmen sich die Globalisierungsbefürworter dagegen, gerade bei uns leiden die Ideologen Schmerzen. Aber hierbei handelt es sich quasi um eine Naturgesetzlichkeit. Insofern liegen momentan die Rechtskonservativen vorne, stellen somit die progressive Avantgarde dar.

Mitleser2

10. Juni 2022 13:31

@Maiordomus: Sie erklären Marxismus und Rechtskonservatismus für überholt. Kann man so sehen. Aber Ihre Alternative erscheint mir schwach: "Sich mit mitdenkenden Zeitgenossen auf Gegenseitigkeit unterhalten". Während gleichzeitig die Grünen Khmer die Macht übernehmen, und die abendländische Kultur auslöschen wollen?

heinrichbrueck

10. Juni 2022 13:47

Mit Europa wurde aber auch ein Kraftfeld der westlichen Zivilisation geschaffen. Wenn die Europäer Menschheit sagen, ist dieses positive Kraftfeld gemeint. Sollen idealistische Forderungshaltungen in der ganzen Welt umgesetzt werden, Fairtrade und Gerechtigkeit, kommt ein anderes Weltbild zum Vorschein. Erziehung und Haltungskonzept, den dieses missionstüchtige Weltbild, in der vom Guten ausgehenden Demokratisierbarkeit der projizierten Menschheit, ausstrahlt, durchschaut übergeordnete Lehrversuchung und deren Mißbräuchlichkeiten nicht. Die Welt ist weit weg, und die Auswirkungen der Forderungen können schwerlich in einen Verbindungszusammenhang gebracht werden. 

heinrichbrueck

10. Juni 2022 13:47

Wie echte Wahrheit, einer Masse nicht direkt vermittelbar, die Realität zu einem gewissen Zeitpunkt darstellt, und der Aufklärungsversuch nicht mißbräuchlich umgesetzt werden (oder dem Rassebewußtsein des Weißen Europa Schaden zufügen kann). Was nützt der Menschheit, eine europäische Fragestellung, ohne der Menschheit zu schaden? Das weiße Europa geht verloren, wenn Gleichheitsunterstellungen und Mentalitätsunterschiede nicht miteingepreist werden, und die fälschlicherweise vorausgesetzten Zuständigkeiten fremden Interessen dienen, die den eigenen Interessen feindlich gesinnt sind. Die Welt-Zuständigen, geködert mit tiefen Schuldgefühlen bei Nichterfüllung ihrer demokratischen Pflicht, im Forderungsmodus nach globaler Gleichheit, deren Weltbild in einem Paralleluniversum existiert, magnetisiert durch die Position der Gutmenschen, lassen nicht mit sich reden. Vertrauen ohne Durchschauen. 

Maiordomus

10. Juni 2022 13:54

@Laurenz. Ich warne Sie davor, die "Rechtskonservativen", die zwar in den Fünfzigerjahren Elemente des damaligen Neoliberalismus übernahmen, mit den heutigen sog. Neoliberalen in der Art etwa von Merz und dessen noch kürzlichem Arbeitgeber zu verwechseln. 

Maiordomus

10. Juni 2022 14:21

@Mitleser. Wenn es um die "grünen Kmer" geht, schloss ich bereits um 1990 Muslime als Verbündete nicht aus, auch wenn es im Moment nicht funktioniert, weil dieselben monentan als Waffe zur Destruktion von Heimat und Nation gebraucht werden, wofür sie sich zu ihrem Vorteil gern verwenden lassen, sogar von den Kirchen, für die selbstverständlich die AfD den vermeintlich realeren Gegner darstellt als irgendeine muslimische Terror-Organisation.

Um nicht missverstanden zu werden: was ich "Rechtskonservatismus" nenne, ist ein Analysemodell, das wie der Marxismus seine Anfänge im 19. Jahrhundert genommen hat, zum Teil schon früher, von dem man bei richtiger Proportionalität ähnlich wie beim marxistischen Modell noch heute für gewisse zeitkritische Ansätze profitieren kann. Das soziologische Denken wurde von de Maistre, Bonald, Baader, Tocqueville, Marx, Engels, Max Weber, Helmut Schoeck und noch anderen einst entworfen, freilich nicht so, dass irgendetwas 1 zu 1 übernommen werden könnte. Es bringt aber durchaus Anregungen, und je nachdem, auf einzelne Themen bezogen, ergeben sich punktuell mögliche Koalitionen. Blosses Freund-Feind-Denken bringt nicht weiter. Könnte mich zum Beispiel mit @imagine, so wie ich bei ihm im Moment durchsehe, etwa auf dem Gebiet der Bildungspolitik gut verständigen. Auch durchschaut er gewisse Irrtümer der Rechten.

Laurenz

10. Juni 2022 15:13

@Maiordomus @L.

Mit Rechtskonservativen meine ich uns, die Neue Rechte.

Der Transatlantiker Merz ist viel zu schwach, muß auf die immer noch mächtige Fraktion der Merkelianer im Proporz Rücksicht nehmen, die weiter destruktiv die Reste-CDU vernichten. Er ist nicht mal ein Demokrat, schreitet in Thüringen zugunsten der politischen Gegner ein. Was soll an diesem Warmduscher noch konservativ sein? Die Frisur? Ja vielleicht der Anzug.

Adler und Drache

10. Juni 2022 16:02

Bisschen zugespitzt, aber dennoch auch wahr: Europa einte sehr viel, bevor die nationale Ära es auseinanderriss - 150 Jahre Unterbrechung eines Kontinuums, zu dem man jetzt zurückzukehren versucht - erfolglos, weil die Fundamente fehlen.   

links ist wo der daumen rechts ist

10. Juni 2022 16:15

@ Allnichts hat in seinem ersten Kommentar vollkommen recht, ich würde es präzisieren:

Wer „Europa“ sagt, will täuschen. Wer „mein Volk“ sagt, betrügt sich selbst. Wer „mein Dorf“ sagt, lügt. Wissentlich oder Unwissentlich. Und wer seine Familie oder Sippe auf den Schild hebt, muß Glück haben, wenn sich nicht alle an die Gurgel gehen (erlebe ich leider gerade in einer Erbschaftssache).

Es bleiben Schicksalsgemeinschaften.

Für mich in Rückprojektion im Großen die deutsche Kulturnation, i.e. nachträgliche Solidarität mit den Opfern (Vertreibungsproblematik) und Teilhabe an den schöpferischen Leistungen (für mich seit meiner Kindheit der Grimm‘sche Märchenton).

Dazu passend: gerade auch im linksalternativen oder altlinken Lager (bei denen, die lesen können) gibt es nicht wenig Neid und Bewunderung, was Lehnerts und Kubitscheks Literaturgespräche betrifft.

Die grundlegende Problematik des Individuell-Eigenen, das im Größeren aufgehen will, hat Nietzsche als Disgregation des Willens bezeichnet. Wer gehen aus der Herde (grex) hervor, die Sehnsucht danach bleibt, aber ein Zurück zum Ursprung bleibt uns verwehrt.

Es bleibt eine Kommunikation von einzelnen Leuchttürmen.

Ein gebuertiger Hesse

10. Juni 2022 18:14

@ Volksdeutscher

"Der Verwandtschaftsgrad zwischen den Ungarn und den Finnen beträgt 0,4 Prozent.... Natürlich ist die Bezeichnung "wir Europäer" gerade deshalb irreführend."

Sie sprechen eine grundlegende Wahrheit geradeheraus aus, danke dafür. Sie hat nicht nur in diesem Kommentarstrang eine Alleinstellung, sondern deutet auf eine weitere Misere: Denn welcher Heutige, der in Politdingen auch nur für 30 Sekunden ein Mikrophon an seiner Seite weiß und selbst wenn er & die Seinen "nur" in der Opposition sind, würde es wagen, sie auszusprechen? Und schon ist da, die nächste Trennmauer, sobald wir frühmorgens die Augen öffnen, fix eingebaut in unsere Schlafzimmer.

Allnichts

10. Juni 2022 18:45

1/3

Gotlandfahrer:

Ich denke, wir haben unterschiedliche Identitätsbegriffe und eine unterschiedliche Herangehensweise. Teilweise habe ich mich auch ungünstig ausgedrückt.

Für mich ist die eigentliche Identität des Menschen seine biologische, sein biologisches Wesen. Dieses hat eine bestimmte Verfassung, eine bestimmte Vor-, also Ahnengeschichte, ist im Kern unabänderlich und im Prinzip auch unabhängig von der (Selbst-)Wahrnehmung und Einteilung dieses einen Menschen oder anderer Menschen. Diesem biologischen Wesen kann nicht entkommen werden, es ist bindend, jemand ist "es" oder derjenige ist nicht.

Naturwissenschaftlich kann das untersucht und eingeteilt werden und dabei spielt nur eine Rolle, ob nach gängigen Maßstäben die Wirklichkeit möglichst genau und nachvollziehbar abgebildet werden kann. Es geht um Feststellung und Beschreibung eines biologischen Wesens und seiner Eigenschaften und Merkmale, nicht um das Schaffen einer Identität, um damit bestimmte Ziele zu verfolgen, was bei Ihnen teilweise so klingt (Brauchbarkeit, Entscheidungsfindung). Manches ist ziemlich eindeutig feststellbar, z.B. ob jemand überhaupt Mensch ist oder Kaktus und - wenn Mensch - ob Männchen oder Weibchen, manch andere Einteilungen wie Stämme, Völker oder Rassen sind etwas behelfsweise, haben aber auch biologisch ihre Berechtigung, weil sie Abstammungsgemeinschaften eben doch recht gut abbilden.

Allnichts

10. Juni 2022 19:02

2/3

Und dann entscheidet sich in jedem individuell, was er mit diesen Ergebnissen anfängt. Der eine sagt, dass die Völker erhalten werden müssen, der andere spricht von Grossrassen, wieder andere sehen eine Menschheit ohne wichtige Unterschiede und noch ein anderer sieht nur das Einzelwesen. Und irgendwie haben alle Recht und gleichzeitig Unrecht. Das wollte ich ursprünglich ausdrücken. Es gibt diesbezüglich keine Wahlmöglichkeit, irgendetwas zu sein oder nicht zu sein, es gibt höchstens die Wahl, welche Ebene als entscheidende betrachtet wird.

Ihr Identitätsbegriff scheint sehr viel kultureller bzw. politischer, auch weniger beurteilend, sondern zweckmässig zu sein. Was da als Identität rauskommt, kann theoretisch mehr oder weniger der geschilderten biologischen Identiät entsprechen, sie könnte durch Einwirkung auf das allgemeine Fortpflanzungsverhalten auch darüber mitentscheiden, welche biologischen Identitäten zukünftig entstehen, aber sie geht nicht unbedingt von der biologischen Identität aus und ist damit kulturell, politisch sozial bestimmt, sozusagen eher eine gefühlte und künstliche Identität und prinzipiell flexibel. Das halte ich für irreführend, weil völlig egal, was einem Menschen konkret in der Welt widerfährt, wie er sich wahrnimmt und empfindet und wo er sich wie lange und auf welche Weise aufhält, seine eigentliche, die biologische Identität immer dieselbe bleibt.

Allnichts

10. Juni 2022 19:11

3/3

Vielleicht wird angesichts dessen klarer, was mich an dem pauschalen Ausspruch Carl Schmitts ohne Kontext stört und weshalb ich es für naheliegend und legitim halte, dann auch andere Einheiten zumindest in Frage zu stellen. Nun kann ich mir vorstellen, dass Schmitt nicht als Biologe argumentiert hat, Sie haben hinsichtlich möglicher politischer und kultureller Dimensionen sinnvoll argumentiert, das könnte ein Kosmopolit aus seiner Sicht allerdings auch, mit anderem Ergebnis. Auch auf der Ebene ist Nachfragen zulässig.

Nun will ich den Kommentarbereich aber nicht weiter mit verfassungsfreundlichen Texten beanspruchen, die mit dem eigentlichen Artikel nur noch am Rande zu tun haben. Ich danke für die Freischaltung aller Beiträge bei diesem schwierigen Thema.

Laurenz

10. Juni 2022 19:20

@Ein gebürtiger Hesse @Volksdeutscher

Ungarn gründet sich auf 12 unterschiedlichen Volksgruppen, von denen die ungarisch sprechenden Magyaren mit ca. 25% die größte bei Gründung war. Habsburg-Deutsch war verhaßt, obwohl es zB quasi die Muttersprache vom Staatsmann Karolyi war. https://de.wikisource.org/wiki/BLK%C3%96:K%C3%A1roly_von_Nagy-K%C3%A1roly,_Alexander_Graf

Deswegen war lange Zeit Lateinisch die Amtsschriftsprache Ungarns. Auch damit haben die Ungarn heute ein Problem, was offenkundig wird, wenn man die ungarische Übersetzung von Latein im Netz sucht. 

Deswegen sind Ihre 0,4% Verwandtschaftsgrad zu den Finnen reichlich sinnentleert. Finnen & Ungarn (Magyaren) sind die einzigen ursprünglichen weißen Nomadenkulturen Europas.

Gracchus

10. Juni 2022 21:38

Wie Laurenz denke ich, dass Renationalisierungen im Gang sind. Hierzulande wird das noch nicht so  recht realisiert; vielleicht löst sich Deutschland noch schnell auf, sonst könnten Bürgerkriege daraus hervorgehen. 

Beim diesjährigen Eurovision Trash Contest hat Deutschland den letzten Platz belegt, das zeigt die Beliebtheit. Es wird auch schon das Narrativ ausgetestet, dass, falls die Ukraine verliert, Deutschland hieran Schuld trage.  

Hätte Allnichts nicht eine biologische Volte vollzogen, hätte ich seinem ersten Kommentar zugestimmt.

Maiordomus

11. Juni 2022 09:52

@Laurenz. In Sachen Merz, von dem einer wie Sie aber aus wohl nicht falschem Instinkt noh nie was gehalten hat, müssen Sie mi in Sachen Einschätzung seines Verhaltens nicht nur im Fall Thüringen nichts mehr beibringen, auch wenn ich ihm noch einige seiner Zitate von früher um die Ohren schlagen könnte, eben dies und jenes, was ihn zum vermeintlichen Hoffnungsträger der Rechtskonservativen machte. Ehrlich gesagt, es gab auch im alten Zentrum, welches Meuthen nicht wird wiederauferstehen lassen, noch echte Rechtrskonservative; und bei der CSU waren nun mal die Guttenbergs von der vorletzten Generation noch rechtskonservativ, sogar so, dass sie noch 1945 hingerichtet werden "mussten". Das Bestehen einer sog. Neuen Rechten kann ich als Konservativer seit 500 Jahren trotz zeitgeistiger Einseitigkeiten als Element politischer Orientierung durchaus akzeptieren, um nicht zu sagen begrüssen, wobei mir aber zum Beispiel Schnellroda, zumindest Lehnert und das Ehepaar K. heute glaubwürdiger vorkommen als Weissmann, den ich schon als Buchautor, ähnlich wie Matussek, immer für überschätzt hielt. Selber habe ich freilich eine andere Genealogie, z.B. Jacob Burckhardt, der indes der Schweiz gegenüber die Euphorie von 1848 nicht mitmachte, ein echt konservativer Skeptiker, sicher auch noch echt gebildeter als Marx und Engels zusammengenommen.

Laurenz

11. Juni 2022 11:09

@Maiordomus @L.

Merz hat parteipolitisch in der CDU am Ende Recht behalten & es tatsächlich geschafft dranzukommen, der letzte junge einer alten Vor-Merkel-Garde. Aber er war schon immer wirtschaftsliberal, transatlantisch (frei nach MS: ist trans so gut wie immer Scheiße), was nie nachhaltig für ein Staatswesen sein kann. Wenn wir nach Italien oder Frankreich schauen, darf man sich sich wohl fragen, wie viel Zeit Merz hat, die CDU zu reformieren?

Neurechts bedeutet für mich einen starken Bezug auf individuelle, wie unternehmerische Freiheit, inklusive aller persönlichen Neigungen. Ob Hedonismus, schwule Szenen, Latzhosenmode für Lesben, ob Katholen ohne Kinderschändung, alles ist fein, solange es keinen öffentlichen Raum einnimmt. Der politische Raum muß von einem starken Staat geschützt werden, damit die relevanten politischen Themen diesen Raum nutzen können, abseits von ablenkendem Theater, wie Gender-, Klima- oder sonstiger Religion. Noch vor 350 Jahren hätten wir nur Vatikan-TV zu sehen gekriegt. Insofern gilt diese Regel eines starken Staates ebenso für ein starkes Forum. Daher ist die SiN nur einäugig unter Blinden.

Laurenz

11. Juni 2022 11:17

@Gracchus

Habe ich gerade meinem Freund Franz Bettinger geschickt.

https://www.zerohedge.com/news/2022-06-10/eurasian-integration-lights-out-high-priests-davos

Interessant hierbei ist, daß Links zu anderen alternativen Medien auf Tichys & Telepolis immer öfter gelöscht werden. Es mag zwar sein, daß der Medienwelt das Wasser bis zum Hals steht, aber dann muß man eben mehr Verbindung zu jenen Kräften schaffen, die, wie im Artikel beschrieben, sich in Italien & nicht in der Schweiz treffen. Hierzu gab es nämlich, im Vergleich zu Davos, keine adäquate Gegenöffentlichkeit.

RMH

11. Juni 2022 12:09

Bei den bereits existierenden und sich verstärkt herausbildenden Imperien liegt es eigentlich auf der Hand, dass Europa zusammenrückt, auch wenn Europa einstens ein Ausgangspunkt für die Herausbildung von Nationen und Imperien war (das meinte ich mit der Dynamik, die dieses mal von außen kommt). Im Klein-Klein wird es keine Deckung vor den großen, globalen Prozessen geben. Auch kein kleines, gallisches Dorf wird verhindern, dass "der Himmel auf den Kopf fällt".

Das muss man an sich heranlassen, versuchen zu gestalten

EUROPA INVICTA - MEGA - YouTube

oder, wenn man das nicht will/kann, an Orte auswandern, an denen es evtl. noch 50 -100 Jahre gut oder besser gehen kann. Für eine Binnenflucht sehe ich in Europa keinen Raum, für Binnenfluchten halte ich bspw. selbst die USA noch tausendmal besser geeignet, seinen Rückzug oder seinen "Refugium" zu finden, zu bilden oder zu gestalten (dort gibt es noch so viele, weite, dünn besiedelte Flächen, sogar mit klar weißer Mehrheit und vielen Deutschstämmigen). Oder eben andere Orte. Ich jedenfalls bleibe mit Familie hier und trinke den Kelch aus.

Laurenz

11. Juni 2022 14:41

@RMH

Ich sehe das nicht. Die ewig opportunistischen Skandis hängen sich jetzt an die USA, weil Britannien seit '42 ausgelutscht ist. Sonst verlaufen die Fronten Europas wie vor 110 Jahren gehabt. Und nur wir können daran was ändern, allerdings nur mit einer Option.

Umlautkombinat

11. Juni 2022 15:42

@Laurenz,

Der Zerohedge-Beitrag ist fuer mich nicht schluessig in seinen Ableitungen. Er enthaelt m.E. einen Ebenenfehler. Die Konsequenz ist nicht eine monolithische 'rules-based' Empireordnung (Davos) vs. multipolares Eurasien/Westen/whatever.

Die Konsequenz ist auch wenn es Davos nicht weltweit schafft zwar eine multipolare Ordnung. Aber die fuer mich wesentlichen einzelnen Teile darin verhalten sich in sich selbst trotzdem China-like. Das verschafft mir sowenig Linderung wie der einheitliche globale Fall.

Laurenz

11. Juni 2022 18:38

@Umlautkombinat @L.

Ja natürlich bietet, statt der unipolar organisierten Davos'schen Welt, die multipolare Welt, nur wenige Vorzüge. Der diplomatische Aufwand steigt. Statt nur bei der US-Botschaft nachfragen zu müssen, was man zu tun & zu lassen hat, sind dann zukünftig noch mehrere andere Botschaften zu berücksichtigen. Das aber bietet als schwacher Staat, der wir sind, mehr Verhandlungsspielraum zur Durchsetzung eigener Interessen. Ihre Suche nach Souveränität erzeugender Linderung tut so, als gäbe es bessere Optionen. Mitnichten, das ist irreal. Einen Tod muß man sterben, besser den multipolaren Tod als den unipolaren. Wir sind dazu verdonnert, uns mit den Hunden schlafen zulegen & mit diesen oder jenen Flöhen aufzuwachen.

Um Großmacht sein zu können, fehlt uns ein vielfaches an Territorium. Außerdem bräuchte man ganz andere Rüstungsplanungen, als die lächerlichen des II. & III. Reichs.

Umlautkombinat

11. Juni 2022 22:19

> Ihre Suche nach Souveränität erzeugender Linderung tut so, als gäbe es bessere Optionen.

Ich habe die Aussage eines Artikels einer Kritik unterzogen. Von anderen Optionen schrieb ich nichts, insofern verstehe ich nicht, worin ich "so tue". Womit ich persoenlich rechne, ist die Variante mehrerer Bloecke, die alle Totalitaeres als Zentrum besitzen werden.

Im Ende ist es wurscht, ob die darueberliegenden Schichten nur die EU, den gesamten westlich sozialisierten Raum oder die Welt umfassen. Die genannte Totalitaritaet eint alle, egal wie die Spielarten aussehen werden.

 

Volksdeutscher

12. Juni 2022 00:19

@Allnichts - "Die Wissenschaft ist noch nicht ausgereift, die DNA lässt sich auf unterschiedliche Weisen untersuchen und einteilen und auch die Qualität der auf den entsprechenden Informationen basierenden Karten ist mitunter sehr unterschiedlich."

Nicht ausgereift bedeutet nicht unbrauchbar oder schlecht. Nicht als Genetiker, sondern an der Genetik Interessierter sage ich, daß das, was die Gentik durch die Erforschung des Erbmaterials in obigem Sinne kann, ist schon recht viel und selbst auf dem Niveau brauchbar. Freilich ist sie weiter entwicklungsfähig.

Volksdeutscher

12. Juni 2022 00:30

@Imagine - "...Deutschland hat bis zur Nazi-Zeit weltweit entscheidend die Naturwissenschaften und Technik beeinflusst."

Die deutsche Technik kam auch in der "Nazizeit" nicht zum Stocken, aber vielleicht hatten die Erfinder und Erneuerer in eine andere Richtung vorgestoßen, vorstoßen müssen: die Waffentechnik. Wieviel von den deutschen Patenten an Waffentechnologie kamen in die Hände der Siegermächte? Von jenen Erfindungen zehren wir militärisch teils auch heute noch. Ich schwöre: es gibt keine bessere Maschinengewehr auf der Welt als die MG42. Und die ist nicht mal die bedeutendste.

Volksdeutscher

12. Juni 2022 01:16

@Ein gebürtiger Hesse - "Denn welcher Heutige, der in Politdingen auch nur für 30 Sekunden ein Mikrophon an seiner Seite weiß und selbst wenn er & die Seinen "nur" in der Opposition sind, würde es wagen, sie auszusprechen?"

Damit haben Sie vollkommen recht. Ich möchte mal behaupten, daß nur zwei Typen von Menschen solche und ähnliche Wahrheiten auszusprechen wagen: die naiven tun dies unbewußt, die kühnen bewußt. Biologische Wahrheiten sind gefürchtet bei den Linken und das hat nicht wirklich mit ihrer Gegenerschaft zur mißbrauchten Rassenlehre der Nationalsozialisten zu tun. Der wahre, tiefere Grund dürfte darin liegen, daß man mit Hilfe der Biologie so ziemlich viele linke Thesen, Dogmen und Lügen ohne den Umweg der intellektuellen Theoriebildung zu gehen entschärfen und widerlegen kann. Natur und Biologie sind frei von Ideologie und Parteilichkeit, Natur und Biologie kann man nicht widerlegen, so auch nicht ideologisch verdächtigen. Dies war der Hauptgrund für die Anfeindung gegen den kühnen Sarrazin: er hatte sich biologischer Wahrheiten bedient. Und keinerkonnte ihn widerlegen. Das gleiche Schicksal erfuhr Eysenck mit der Erforschung der IQ-Werte in den 60-ern des letzten Jahrhunderts durch linke Studenten in Amerika. Natürlich ist mir bewußt, daß es nicht ratsam ist, biologische Fakten und Wahrheiten immer und überall als eine Art Jolly Joker anzuwenden und auszuspieln.

Volksdeutscher

12. Juni 2022 01:37

@Laurenz

Ungarn gründet sich auf das ungarische Volk als staatsgründende Nation. Der Rest sind Nationalitäten, die Selbstverwaltung und parlamentarisches Mitspracherecht haben

Ich denke nicht, daß die Ungarn ein Problem mit dem Latein haben und daß der Mangel an Ungarisch/Lateinisch-Online-Übersetzern im Internet darauf zurückzuführen ist. Es gibt auch keinen ordentlichen Deutsch/Lateinisch-Online-Übersetzer. Woran liegt das wohl?

Das mit den Nomadenkulturen der Ungarn stimmt es - so - ebenfalls nicht.

Ordoliberal

12. Juni 2022 02:31

1/3

Der Globalismus hat zwei zerstörerische Folgen für die entwickelten Länder, die wir hier alle beklagen, egal ob wir nun nationalliberal oder sozialpatriotisch eingestellt sind:

1) Einwanderung in die Sozialsysteme

2) Abwanderung von wirtschaftlicher Kompetenz (Offshoring, Outsourcing und Expertenauswanderung).

Diese beiden Prozesse sind in Deutschland seit den Siebzigern zu beobachten und haben zu einer Aufblähung unserer Sozialsysteme geführt bei einem gleichzeitigen massiven Verlust von fertigenden Industrien (bzw. unserer Marktführerschaft in ihnen): Textil, Unterhaltungselektronik, Computertechnik, Kommunikationstechnik, Kerntechnik, Autobau, Anlagenbau, Maschinenbau, Chemie, Pharma, Gentechnik usw.

Dass ein Neoliberaler keine Einwanderung in die Sozialsysteme befürworten kann, liegt auf der Hand. Schon daran kann man sehen, dass, wer sich heute neoliberal nennt, gar nicht neoliberal ist.

Wie aber stehen Neoliberale zum Outsourcing und Offshoring?

Die rechten Linken sind sich da mit den linken Linken einig: Weil Neoliberale ja Zölle und Verstaatlichung ablehnen, können sie gar nicht gegen Outsourcing und Offshoring sein. Denn unter Linken gilt es als ausgemacht, dass dies die einzigen Waffen sind, die der Staat gegen die schädlichen Wirkungen des Globalismus besitzt.

Ordoliberal

12. Juni 2022 02:35

2/3

Es ist wichtig, dass man zwei Arten von Globalismus unterscheidet: Den alten, liberalen Globalismus der Freihandelsverträge und den neuen, technokratischen Globalismus des WEF. Diesen neuen Globalismus lehnen Mont-Pelerin-Liberale wie Hayek strikt ab:

We have to leave aside the whole complex of problems that arise from international relations because an adequate treatment would require philosophical foundations other than those we have been able to provide. Satisfactory solutions will not be found as long as we have to accept the historically given entities known as sovereign nations.

The moral foundations for the rule of law on an international scale seem to be lacking completely still. And we will lose whatever advantages it brings within a nation if we were to entrust any of the powers of a [national] government to supra-national agencies.

[F.A. Hayek: The Constitution of Liberty, leicht gekürzt]

Klarer kann man sich gegen die EU und das WEF nicht aussprechen. Hayek akzeptiert, dass Nationen ein historischer Fakt sind und dass die kulturellen Unterschiede zwischen ihnen so groß sind, dass die Vision eines globalen Rechtsstaats genauso gefährlich ist für die Freiheit wie die Vision einer Volkswirtschaft, die von Politikern geplant wird.

Ordoliberal

12. Juni 2022 02:39

3/3

Globalismus war ursprünglich ein von der radikalen Linken als Kampfbegriff eingeführtes Wort für Freihandelsverträge.

Das Problem mit den Freihandelsverträgen, die Deutschland abschließt, liegt nicht im Freihandel selbst, sondern in der Tatsache, dass sich Deutschland so leicht über den Tisch ziehen lässt. Hier vermisst man eine Make Germany Great Again Mentalität nach Trumpschem Vorbild. Man sollte erwarten, dass die deutsche Rechte in die Lücke stößt, doch mangelt es ihr jenseits der neoliberalen AfD-Fraktion an Wirtschaftskompetenz.

Dass Deutschland schicksalhaft auf den Weltmarkt angewiesen ist, sowohl beim Import von Rohstoffen wie auch beim Export von Waren, ist eine Tatsache, die sich durch keine Ideologie aus der Welt schaffen lässt. Deshalb möchte ich auf ein ganz wichtiges Element der Definition von "Freier Markt" bei Hayek hinweisen:

Auf einem freien Markt müssen sich alle Marktteilnehmer nach denselben Gesetzen richten. Man sieht sofort, dass das bei internationalen Märkten nicht der Fall ist. Es ist verführerisch, in dieser Situation eine supranationale Regierung schaffen zu wollen. Das Beeindruckende an Hayek ist, dass er sofort erkannt hat, dass eine solche Regierung kulturelle Voraussetzungen erfordert, die schlicht und einfach nicht da sind und die auch nicht herbeireguliert werden können. Daher ist für ihn der Freihandelsvertrag die einzige Möglichkeit, eine Rechtsordnung zwischen internationalen Marktteilnehmern zu schaffen.

Imagine

12. Juni 2022 12:15

1/3

@Maiordomus    10. Juni 2022 12:40
„Was uns heute bleibt: selbständiges Denken, ev. diese oder jene unausgeschöpfte Tiefenanalyse, welche den Horizont der Etablierten übersteigen könnte. Mitdenkende Zeitgenossenschaft, resignationsfähig, aber nicht verzweifelt, so könnte man sich auf  Gegenseitigkeit unterhalten.“

Wir brauchen reflexive Distanz, um den gesellschaftlichen Wandel zu verstehen. Am besten aus der Perspektive eines Bewohners auf einem anderen Stern.

Wenn wir das letzte Jahrhundert bis heute betrachten, so sehen wir das wiederholte Zusammenbrechen der zivilisatorischen Matrix mit wechselnden Phasen von Krieg und Bürgerkriegen, Barbarei, Verbrecherherrschaft, Staatsterrorismus, und zwar weltweit. Die guten Zeiten mit wirtschaftlicher Prosperität und demokratischen und rechtstaatlichen Verhältnissen waren zeitlich begrenzt und konzentrierten sich auf die USA und Westeuropa. Befreiungsversuche innerhalb der beiden Imperien USA und Sowjetunion scheiterten regelmäßig mit Ausnahme von Kuba und dem Jugoslawien Titos, alles andere wurde von den Imperialmächten USA und Sowjetunion militärisch und terroristisch unterdrückt, sei es in Südamerika, in Afrika, im Iran, in muslimischen Ländern oder im Ostblock. So wurde auch der friedlich-demokratische Weg der gesellschaftlichen Transformation durch die Regierung Allende unter Führung der USA blutig und mit Terror erstickt.

Imagine

12. Juni 2022 12:16

2/3

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und insbesondere nach der Jahrtausendwende ist in den USA und Europa erneut ein Wandel zu beobachten, der mit Verlust von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, allgemeinem Wohlstand und Frieden einhergeht. Am deutlichsten wahrnehmbar durch die Corona-Diktatur und den Ukraine-Krieg.

Die alten ideologischen Auseinandersetzungen zwischen Konservativismus, Liberalismus und Sozialismus sind im Westen zum Anachronismus geworden.

Traditionelle Konservative, welche die feudale Ordnung mit Ständestaat und dem Adel als herrschende Klasse wiederherstellen wollten, gab es im Westen nach dem WK II nur noch marginal. Ebenso jene Kommunisten und Marxisten, die einen Sozialismus mit Diktatur des Proletariats anstrebten. Auch der marktradikale Liberalismus in Art des „Manchesterkapitalismus“ war out, sondern dominant wurde ein demokratisch, rechts- und sozialstaatlich orientierter Linksliberalismus, der als „Soziale Marktwirtschaft“ oder „Demokratischer Sozialismus“ bezeichnet wurde.
 

Maiordomus

12. Juni 2022 12:58

An @Mitleser 2: Was machen wir hier anderes als bestenfalls sich "mit mitdenkenden Zeitgenossen auf Gegenseitigkeit zu unterhalten"? Es ist die Position des Betrachters, ev. auch  in einer katastrophalen Situation. Die Handelnden können, falls etwas vernünftig getroffen ist, davon profitieren oder auch nicht. "Nur der Betrachtende hat Gewissen", formulierte Goethe sinngemäss, "der Handelnde hat kein Gewissen." Man müsste sich allerdings klar machen, wie Goethe es gemeint hat. Selbst auch und gerade vor der Französischen Revolution oder während des 2. Weltkrieges gab es solche Betrachtenden. Ernst Jünger war ein relativ unbedeutender Hauptmann, aber ein doch sehr bedeutender Betrachter. Während einer Hinrichtung, zu der er als Zeuge befohlen war, die am ausdrucksstärksten beobachtete Hinrichtung in der Geschichte der deutschen Literatur, war er im gewissen Sinne, zumindest indirekt, auch Mithandelnder, so wie Helmut Schmidt als befohlener Zeuge eines Freisler-Prozesses. Gerne hoffe ich, derlei Erfahrungen als Betrachter hätten den beiden immerhin "zu denken gegeben". 

Mitleser2

12. Juni 2022 14:24

@Maiordomus: Mit Ihrer Erklärung des "Betrachters" kann ich gerne mitgehen. Mein Einwand bzog sich nur auf Ihren Ursprungstext, wo es sich angehört hat wie Resignation versus dem Politischen, den -ismen. Und ich fragte mich, ob Resignation der einzige Weg ist.

Laurenz

12. Juni 2022 16:13

@Volksdeutscher @L.

Ungarn

Ich schrieb vom historischen Königreich Ungarn, nicht vom aktuellen Rumpfungarn.

Haben Sie für Ihre Aussagen irgendwelche Belege?

Imagine

12. Juni 2022 16:21

3/3

Inzwischen hat sich die Sozialstruktur grundlegend verändert. Die sog. Mittelklasse verschwindet. Es herrschen superreiche Oligarchen und Funktionseliten und auf der anderen Seite gibt es eine zunehmende massenhafte Prekarisierung. In der neuen Mitte gibt es die besserverdienenden, akademisch qualifizierten Anywheres, deren Existenz im Einzelfall jedoch keineswegs sicher ist, wie z.B. Massenentlassungen in verschiedenen Branchen zeigen.

Inzwischen ist deutlich geworden, welchen Weg die herrschende Klasse eingeschlagen hat, um ihre Macht und Herrschaft zu erhalten.

Damit stellt sich die Frage, ob es eine realistische Perspektive gibt, dass sich die gesellschaftlichen Machtverhältnisse zum Positiven verändern? Und wie dies geschehen kann oder soll?

Bislang sehe ich dazu keine Ansätze. Für die die etablierten Linken kommt die Hauptgefahr von rechts, für die neurechten Aktivisten sind die Linken der Hauptfeind.
Mit den realen Macht- und Klassenverhältnissen hat dies nichts gemein.

Die Oligarchen und ihre Funktionseliten können sich über dermaßen politischen Unverstand nur amüsieren. „Divide et impera“ funktioniert. Die Verlierer sind unfähig, die Verhältnisse zu begreifen, sich zu solidarisieren und entsprechend zu organisieren.

Maiordomus

12. Juni 2022 19:36

@Resignation bedeutet nur, nicht zu verzweifeln, wenn man sich im Ernst nun mal nicht als den momentanen "Sieger der Geschichte" (letzteres ein DDR-Schlagwort vor etwa 60 Jahren oder früher) einschätzen kann. Dies schliesst sinnvolle Tätigkeit, unverdrossene geistige Auseinandersetzung und wenn es sich bietet, eine einigermassen vernünftige politische Aktivität nicht aus, nicht zu vergessen die Basisarbeit in der eigenen Umgebung, weil ja das Leben und die Geschichte letztlich lokal stattfindet. Siehe auch etwa, zumal im Nahbereich, Engagement im Bereich der Bildung. 

Ordoliberal

12. Juni 2022 20:12

@Laurenz

1/2

D'accord: Es herrschen Funktionseliten und Oligarchen; die Phase der Prosperität nach dem Zweiten Weltkrieg scheint sich ihrem Ende zuzuneigen; die Supermächte haben imperialistische Politik betrieben.

Widerspruch: Ich glaube nicht, dass die Dreiteilung konservativ, liberal und sozialistisch anachronistisch ist. Denn die dahinter stehenden Einstellungen sind universell. Es wird immer den glücklichen Sklaven geben, der sich in jedem autoritären System wohl fühlt, und den Freigeist und Kreativen, der sich von keinem Fürsten, Priester oder Beamten sein Leben vorschreiben will. Es wird auch immer den Romantiker geben, der sich die Welt und unser aller Leben nicht anders als von einer göttlichen Macht beherrscht vorstellen kann, und den Technokraten, der glaubt, dass der Mensch selbst vermittels seiner Technik diese Macht sein muss. Zwischen diesen beiden steht der Skeptiker, der den Romantiker für kindlich, den Technokraten für anmaßend und beide für gefährlich hält.

Ordoliberal

12. Juni 2022 20:17

@Laurenz

2/2

Es wird auch immer Menschen geben, die Veränderungen und Risiko begrüßen, und solche, die beides für grauenvoll halten. Die Letzteren wünschen sich eine statische Gesellschaft, die entweder immer so bleibt wie sie jetzt ist (konservativ) oder wie sie früher einmal war (reaktionär) oder wie sie von ihnen am Reißbrett entworfen wird (sozialistisch/technokratisch).

Mit Ihrem Gebrauch von "linksliberal" bin ich übrigens nicht einverstanden. Das "sozial" hat Ludwig Erhard aus Marketinggründen vor seine Marktwirtschaft gestellt. (Er kannte seine Deutschen.) De facto war sie eine ordoliberale Marktwirtschaft, schließlich waren Walter Eucken und Alfred Müller-Armack seine Berater. Linksliberalismus dagegen ist das, was die FDP gerade anbietet. Der Ekel verbietet mir, mich näher darüber auszulassen. Und demokratischen Sozialismus gibt es nicht. Schon weil der Begriff ein Widerspruch in sich ist.

Imagine

12. Juni 2022 21:40

1/2

@Maiordomus

Es ist nicht überraschend, dass wir bei Erziehungs- und Bildungsfragen Übereinstimmungen feststellen.

Ein springender Punkt in Europa ist die Vernachlässigung der Elitenbildung im bürgerlichen Sinne.

Jedoch benötigt die Gesellschaft nicht nur den geschäftstüchtigen Bourgeois, sondern auch den dem Gemeinwohl verpflichteten Citoyen. Um letzteren heranzubilden braucht es Institutionen der Elitenbildung. Dies waren die klassischen Gymnasien und die Universitäten. Sie waren die „Produktionsstädten“ des gebildeten Bürgertums, das später Führungs- und Leitungsfunktionen im Staat, in der Wirtschaft und Wissenschaft ausüben sollte.

Das Buch „Bildungsnot“ von Wulff D. Rehfus werden Sie vermutlich kennen, aber noch viel wichtiger und grundlegender ist von Georg Bollenbeck „Bildung und Kultur: Glanz und Elend eines deutschen Deutungsmusters“, was die Geschichte des Niedergangs und die heutige politische Irrelevanz des gebildeten Bürgertums betrifft.

Imagine

12. Juni 2022 21:41

2/2

Man kann darüber diskutieren, ob hinter dem Niedergang der Elitenbildung eine bewusste Herrschaftsstrategie steckt oder ob sich hier die Systemlogik manifestiert, weil der „Arbeitsmarkt“ massenhaft akademisch Qualifizierte zur profitablen Verwertung brauchte. Oder beides.

Heute ist die Herstellung von „Employability“ ein offen erklärtes Ziel der Bildungspolitik, auch der Schweiz.

Das Resultat ist, dass die „Baerbocks“ heute überall sind, in der Schweiz noch schlimmer als in der BRD.

Das betrifft  die gesamte Gesellschaft.

Es gibt keine hochgebildeten Führungseliten mehr, weder beim Establishment noch bei der Opposition, die in der Lage wären, als intellektuelle Leuchttürme oder hochqualifizierte Strategen Orientierung zu geben. Und der Führungsnachwuchs aus der „Kaderschmiede“ des Young Global Leader Programms des WEF sind eben Typen wie Baerbock, Özdemir, Nouripour et al.

Volksdeutscher

12. Juni 2022 22:27

@Laurenz - "Haben Sie für Ihre Aussagen irgendwelche Belege?"

Hätte ich jede Menge, sowohl Literatur als auch Videos, aber nur auf ungarisch.

Laurenz

12. Juni 2022 23:47

@Ordoliberal @L.

Sie beleuchten wieder alle Ihre gesellschaftlichen Optionen rein theoretisch. Das hat doch mit Wirklichkeiten nur bedingt was zu tun, vor allem in Anbetracht dessen, daß es schwierig ist, Mio. von Bürgern zu klassifizieren. Charakterlich kann man das, weil der Charakter früh festgelegt ist. Aber daraus gesellschaftliche Strömungen zu beurteilen, erachte ich als überheblich.

Was Erhard angeht, so gilt Er wissenschaftlich als Liberaler. Fakt ist aber, daß Er durch das III. Reich geprägt wurde. Hätte Er das anders als die Nationalsozialisten gesehen, hätte Er als Kanzler deren intensive Sozialgesetzgebung abgeschafft. Hat Er aber nicht. 

Ordoliberal

13. Juni 2022 00:05

Ich sehe gerade, ich habe mich @Laurenz gerichtet statt, wie es richtig gewesen wäre, @Imagine. Ich bitte beide um Entschuldigung.

Ordoliberal

13. Juni 2022 02:18

@Laurenz @Imagine @Der_Juergen

Dieser Beitrag scheint Ihre Position und meine auf einen Nenner bringen zu können:

https://www.globkult.de/gesellschaft/modelle/2212-der-globalismus-ein-riese-auf-toenernen-fuessen

Maiordomus

13. Juni 2022 09:25

Noch Nachtrag: Resignation ist kein Programm und auch nicht anzustreben, wiewohl immer noch besser als Verzweiflung, zumal politische Verzweiflung, die ihrerseits zu Fehlhandlungen führt. Was hingegen notwendig ist bei allem nötigen Engagement, dort, wo man vielleicht noch etwas verändern kann, ist durchaus die Resignationsfähigkeit, jedoch mit Solidarität und Ermunterung für diejenigen, die dennoch nicht resignieren. So staune ich fast über jede Nummer des gedruckten Heftes, finde auch die Literaturgespräche tiefschürfender als die derzeitige, zwar nicht unnötige Debatte um Uwe Tellkamp, vgl. Köppels Weltwoche daily Deutschland; er spricht darüber, obwohl er keine Zeit hatte, das Buch zu lesen. Selber lege ich derzeit die Priorität eher auf russische und ukrainische Literatur, zu welcher letztere geistesgeschichtlich ja hundertprozentig gehört, so wie die Literatur etwa der Deutschschweiz, wie schon Gottfried Keller stets betonte, zur deutschen Literatur gehört. (Die schönste Schweizerlyrik ist indes in rätoromanischer Sprache abgefasst, allenfalls noch in einigen archaischen alemannischen Mundarten.)

Umlautkombinat

13. Juni 2022 09:50

Uebrigens zur Option "Aenderung von unten". In Sachsen waren Buergermeisterwahlen. Hier einmal Dresden:

https://wahlen.dresden.de/2022/obw/index.html

Satz mit x, das war nix. Soll nicht abfaellig klingen, nur realistisch.

 

 

Laurenz

13. Juni 2022 10:19

@Volksdeutscher @L.

Ungarische Literatur zur Geschichte Ungarns können Sie wohl meist den Hasen geben. Die Ungarn türken Ihre Geschichte genauso, wie der Rest Osteuropas auch. Wenn Sie hier slowakische -, rumänische -, ukrainische - oder oder Literatur aus Österreich heranziehen, werden diese Nachbarn Ungarns das genaue Gegenteil behaupten. Die Ungarn leugnen auch die gängige Deutung der Sprachherkunft des Ungarischen.

Insofern sind Ihre Beiträge als ahistorisch abzulehnen.

Laurenz

13. Juni 2022 10:37

@Ordoliberal @Imagine, Der_Jürgen & L.

Der von Ihnen gepostete Artikel ist, wie Ihre Beiträge auch, viel zu theoretisch. Die Definition der globalen (also westlichen) Oligarchie stimmt. Der vernachlässigte, vereinfachte historische Blick von Eisleben auf 1500 bis 1970 ist total falsch, also eher dämlich. Ebenso unglücklich ist der Umgang Eislebens mit der VT. VT spielt doch insofern gar keine Rolle, da es sich mittlerweile um eine veröffentlichte Verschwörungspraxis handelt.

Jetzt, wo die Amerikaner den politischen Konflikt um Eurasien so eskaliert hatten, daß dieser aktuell in einen bewaffneten Konflikt mündete, was jedem klarmachen sollte, was Abhängigkeiten von Rohstoffen oder eben auch Medikamenten bedeuten. (...).

URN

13. Juni 2022 11:52

Sie, Umlautkombinat, beschreiben es 09:50 zutreffend. Und was für die Oberbürgermeister-/Bürgermeisterwahlen gilt, gilt auch für die Landratswahlen in den neun sächsischen Landkreisen (auch wenn in sechs von neun am 03. Juli ein zweiter Wahlgang stattfinden wird).

Allnichts

13. Juni 2022 12:04

Umlautkombinat:

Niederschmetternd sieht es bei Betrachtung aller Ergebnisse allerdings auch nicht aus, sicherlich kein Reinfall. Es ist das, was im Grossen und Ganzen erwartet werden kann: Gut bis sehr gut mit dabei, ohne eine wirkliche Chance zu haben. Etwas, worauf sich langsam aufbauen liesse, würde die Zeit nicht so drängen.

https://jungefreiheit.de/politik/2022/alle-ergebnisse-im-ueberblick-landratswahl-sachsen-cdu-vorn-afd-mit-chancen/

Imagine

13. Juni 2022 13:03

@Ordoliberal   12. Juni 2022 20:17
„Und demokratischen Sozialismus gibt es nicht. Schon weil der Begriff ein Widerspruch in sich ist.“

Hier zeigt sich wieder, dass Sie Geschichte und Sozialwissenschaft keine Ahnung haben und nicht einmal bei Wikipedia hineingeschaut haben.

„Demokratischer Sozialismus“ ist das typisch deutsche Konzept von Sozialismus, welches sich sowohl grundlegend vom angloamerikanischen Liberalismus wie auch vom Sowjetkommunismus unterscheidet.

Die Entwicklung zum Sozialismus soll friedlich und demokratisch mittels systemverändernden Reformen geschehen. Genau dies war die Vorstellung der Sozialdemokratie über den Weg zu einer neuen sozialistischen Gesellschaft.

Die Forderungen nach Demokratisierung von Politik und Wirtschaft, Vergesellschaftung von Groß- und Schlüsselindustrien etc. standen noch im Programm der Nachkriegs-SPD.

Der Liberalismus, welcher den Deutschen von den Siegermöchten aufgezwungen wurde, entsprach in der Realität im Wesentlichen dem angloamerikanischen Typ, auch wenn er in der Ideologie euphemistisch als „Soziale Marktwirtschaft“ geframt wurde.

@Ordoliberal, Ihre Vorstellungen von Liberalismus sind ziemlich „undeutsch“.

Inwieweit es Überschneidungen zwischen dem „Demokratischen Sozialismus“ und dem „Solidarischen Sozialismus“ gibt, mögen andere untersuchen.

Imagine

13. Juni 2022 13:07

Korrektur:

Inwieweit es Überschneidungen zwischen dem „Demokratischen Sozialismus“ und dem „Solidarischen Patriotismus“ gibt, mögen andere untersuchen.

Maiordomus

13. Juni 2022 13:28

@Imagine. Es bleibt dabei, dass ich Auseinandersetzungen und Debatten wie zum Beispiel zwischen Ihnen und mir (aber auch nicht wenigen anderen hier) anregend finde, mit Ihnen indes ganz besonders. Ich habe kein Interesse daran, die von Ihnen zitierten und als wichtig angesehenen Autoren zu verdächtigen, sondern interessiere mich im Zweifelsfall für die Gesichtspunkte, wo diese und auch Sie recht haben könnten und ich "selber schuld" wäre, würde ich mich dagegen wehren. Kommen die von Ihnen genannten Tiefenstrukturen der Bildung dazu, da würde mich in der Tat einiges zusätzlich interessieren. Nebenbei gesagt fällt mir noch auf, dass in der weiland DDR die Literaturwissenschaft zum Teil gar nicht "von schlechten Eltern" betrieben wurden, vielfach klar seriöser als heutige Standards, wiewohl es natürlich ein paar ideologische Tabus gab. So konnte ich mit einem höchst anregenden Professor für ältere Literatur vieljährigen erstklassigen gegenseitigen Austausch pflegen, wiewohl dieser, wie ich erst nach seinem Ableben Wikipedia entnommen habe, zwar nicht zu meiner besonderen Verwunderung SED-Mitglied war. Bei klar im besten Humboldtschen Sinne bildungsbürgerlich aufgeklärter Orientierung, echt neugierig und auch als Gelehrter stets lernfähig. 

Umlautkombinat

13. Juni 2022 13:35

> Es ist das, was im Grossen und Ganzen erwartet werden kann

Waere eine Erwartung Null, aendert das keine Einschaetzung ihres, dieses, Wertes.

Ich war hier auch im Zweifel, wie ich mein Kreuz gescheit setze. Normalerweise AfD-Waehler, gab es hier mehr zu beachten. Im genannten Dresden z.B. standen auch der lokale Querdenkerchef und ein Grundgesetzvorleser den man beim Vorlesen gewaltsam durch die Polizei genau daran gehindert hatte, zur Wahl. In den Landkreisen auch die 'Freien Sachsen'. Alle zuletzt Genannten laufen der AfD hier die wesentlichen Themen ab und das wird registriert. Zumal die Partei teilweise aktiv gegen diese Leute vorgegangen ist. Da helfen ein paar Antiimpfreden der Frau Weidel nichts, wenn ihr paralleler Fraktionsvorsitzender hier in Sachsen - zusammen mit anderen Vertretern - sich gegen entsprechende Solidarisierungen explizit sperrt.

Insofern ist der zweite Wahlgang interessant, mal sehen ob da rationale Konsolidierungen zu beobachten sind. Uebrigens auch interessant das Verhaeltnis Brief-/Urnenwahl bezogen auf die Kandidaten (s. mein Link).

 

 

URN

13. Juni 2022 14:26

Wenn Sie, Umlautkombinat, wissen möchten, was von Politkomikern wie Martin Kohlmann (Parteivorsitzender der "Freien Sachsen") zu erwarten ist, wenn sie in kommunalen Vertretungen sitzen, dann schauen Sie auf die Internetseite von "Pro Chemnitz". Martin Kohlmann ist Vorsitzender der fünfköpfigen "Pro Chemnitz"-Fraktion im Stadtrat zu Chemnitz. Erwarten Sie allerdings vom Blick auf die genannte Seite besser nichts - die letzte Aktualisierung stammt von Juli 2020 (!!)...

Umlautkombinat

13. Juni 2022 15:03

> Wenn Sie, Umlautkombinat, wissen möchten, was von Politkomikern wie Martin Kohlmann (Parteivorsitzender der "Freien Sachsen") zu erwarten ist

Sehen Sie, in der Art dieser Aeusserung liegt eines der Probleme. a) weiss ich ja moeglicherweise, was zu erwarten ist, das nur vorweg.

Wesentlicher b) Ich werde mich sicher nicht auf Zerfleischungen dieser Art einlassen. Die 'Freien Sachsen' sind eine zu beachtende politische Kraft, DAS ist der wesentliche Ausgangspunkt fuer Diskussionen. Diese ganze Abgrenzerei ist ein Streit um des Kaisers Bart, den sich niemand wirklich leisten kann. Zumindest nicht derjenige, der seine Grenzen an wesentlicheren Dingen ausrichtet. Ich sage nicht einmal, dass ich diesen Politikstadel als Ganzes fuer sonderlich erfolgversprechend generell oder/und innerhalb von relevanten Zeitraeumen ansehe. Trotzdem werde ich Zusammenarbeit auf dieser Ebene immer anstreben. Das hat dann mit der grundlegenden Frage des hier kommentierten Artikels zu tun, an welcher Stelle man in welcher Form Optionen zum Einfluss auf sein Leben, das seiner Mitmenschen und meinetwegen auch Europas und der ganzen Welt haben kann. Hier ist der Boden, hier wird er bebaut. Und das ist das, was sich letztlich immer durchsetzt.

 

Gotlandfahrer

13. Juni 2022 17:05

@Allnichts

1/3

Ihr Identitätsbegriff scheint sehr viel kultureller (…)  aber geht nicht unbedingt von der biologischen Identität aus (…) Das halte ich für irreführend, weil (…) eigentliche, die biologische Identität immer dieselbe bleibt.

Identität ist die Gesamtheit von Eigenschaften, die ein Etwas von etwas anderem unterscheidbar macht.  Insofern ist es flexibel, weil es darauf ankommt, zu welchem anderen das Etwas verglichen wird.  Man kann sogar soweit gehen und sagen: Die Identität eines Etwas ist das, was es im Vergleich zu dem anderen nicht ist.  Deutschland ist zum Beispiel nicht „Sauerkraut“, sondern „nicht Döner“, nicht „Christentum“ aber „nicht Islam“.

Gotlandfahrer

13. Juni 2022 17:05

2/3

Sie kritisieren nun Schmitt, wenn er „Menschheit“ als Lüge, nicht aber auch „mein Dorf“ und „Deutschland“ als solche bezeichnet, weil all diesen Kollektiven gleichermaßen ein hinreichendes Maß an Identität fehlen würde.  Dabei definieren Sie Identität rein biologisch, womit alles andere als ein Zwillingsgeschwister Ihr Relevanzkriterium für eine Kollektivadresse verfehlt.  Vielleicht entspricht es meiner Identität als Deutscher, wenn ich nun sage, der Mensch ist nicht DNA allein. 

Untrennbar verbunden mit seiner biologischen Determiniertheit durch Vererbung ist sein ganzes Wesen, also über die Veranlagung hinaus sein Geist, der trotz Rückgebundenheit prinzipiell frei ist und im Rahmen seiner Möglichkeiten reine Physis teilkompensieren kann. 

Allnichts

13. Juni 2022 17:32

Da wir schon bei Wahlen sind:

Bei den Parlamentswahlen in Frankreich hat der RN 18,68 % geholt, 2017 waren es 13,20 %. Die Partei des identitären Hoffnungsträgers Zemmour kam auf 4,24 %. Am stärksten schnitten Macron und die Linken ab.

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