Wie in den letzten Fundstücken geschrieben, bestand der belletristische Teil meiner Lektüre im vor der sengenden Sonne schützenden Baumschatten aus einem Roman, der bereits im zurückliegenden Jahr erschienen ist: Christoph Ransmayrs Der Fallmeister.
Folgt man dem Urteil von Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza beim Live-Literaturgespräch von »Aufgeblättert.Zugeschlagen« auf dem Sommerfest des Verlags Antaios in Schnellroda, war der Rückgriff auf »ältere« Literatur kein Fehler gewesen, da es in diesem Sommer wohl an ordentlichem zeitgenössischem Lesestoff mangele.
Im Gegensatz zu mir, der ich nur ein Jahr zurückgesprungen bin, griff Kositza mit Ilse Molzahns Der Schwarze Storch, das vom Wallstein Verlag in diesem Jahr neu aufgelegt wurde, gleich 86 Jahre in die Vergangenheit zurück und ist gepackt: Aufnahme in ihre »Top Twenty«.
Warum es das Buch in ihre persönliche Bestenliste geschafft hat, erklärt sie in der Runde mit Verleger und Übersetzer Konrad Weiß sowie der Dresdener Buchhändlerin Susanne Dagen, die mit Der Schneeleopard und Hausers Ausflug ihre eigene Sommerlektüre vorstellen, ausführlich:
Den Schwarzen Storch erhalten Sie wie immer direkt hier, bei Antaios.
Den Schneeleoparden und Hausers Ausflug hier natürlich auch.
Betrüblicherweise kam auch das Sommerfest nicht ohne leidige Antifa-Photographen aus. War diese Spezies schon vor Corona anhand Körperhaltung, Habitus und kiloschwerem Kameragehänge ohne großen Aufwand auszumachen gewesen, ist die Identifikation auf die Entfernung seit Corona noch einfacher geworden: denn ohne festgezurrte FFP2-Maske scheint sich keiner dieser notorischen Stalker mehr vor die Tür zu trauen.
Selbst wenn im 100-Meter-Umkreis keine Menschenseele steht, atmet man weiterhin tapfer durch die Aerosolbremse. Mit dem Umgehen des Vermummungsverbots ist dieses Verhalten nur begrenzt zu erklären, schließlich ist man landauf, landab bekannt und hatte auch vor der Heimsuchung durch das Virus kein Problem damit, »Gesicht zu zeigen«; also wohl doch eher Ausdruck von fester Regierungstreue und BRD-Konformität – pardon, Solidarität! – als Wahrung der eigenen Anonymität.
Dennoch ist einem der Kamerafokus unangenehm. Dreht sich das Machtgefälle um und man selbst wird anstatt der Rechten, die man eifrig »dokumentiert«, öffentlichkeitswirksam ins Rampenlicht gezerrt, ohne daß man darum gebeten hätte, so reagiert man ausgesprochen allergisch.
Der bekannten Antifa-Photographin Stephanie Heide (siehe hier die Recherche des Bürgernetzwerks Ein Prozent zu ihren Umtrieben) – erstaunlicherweise übrigens ohne Maske unterwegs – wurde es nämlich sichtlich unwohl zumute, als Ellen Kositza beim Sommerfest den Spieß energisch umdrehte und Heide begleitet von einem Kamerateam zur Rede stellte:
Erster Schnipsel meines Versuchs, mit der aufdringlichen Antifa-Photographin Stefanie Heide ruhig & freundlich ins Gesprächs zu kommen. Qualität der Aufnahme / des Tons leider grenzwertig, da nur “von nebenher” aufgenommen. Fortsetzung folgt. pic.twitter.com/Ziwo0bFUgc
— Ellen Kositza (@EKositza) July 30, 2022
Derweil im deutschen Literaturbetrieb 2022 der Sommer vor sich hinschippert, gestaltet man ihn in der rechten Publizistik Französisch: François Bousquet, Jean-Yves Le Gallou und Alain de Benoist: Mut oder Wie man einen Kulturkampf inszeniert, Die Dämonisierung durchbrechen und Nach dem Wachstum – einmal Antaios, einmal Jungeuropa, einmal Oikos.
Die beiden ersten Schriften haben durchaus einen thematischen Bezug zu den Antifa-Photographen, die beim Sommerfest die Dorfstraße belagerten. Denn die heroische Aufgabe der Antifa-»Rechercheteams« besteht darin, die Dämonisierung, die kulturelle Herrschaft des Mainstreams – wie sie Gallou bezeichnet – zu unterfüttern, indem sie den »Dämonen« Gesichter geben.
Um dieses Herrschaftsinstrument stumpf werden zu lassen, braucht es wiederum den Mut, den uns Bousquet anrät. Dazu gehört unter anderem die Konfrontation, die Kositza mit Heide suchte: den Feind selbstbewußt stellen. Und zentral: Wer sich auf die von ihm gesteckten Korridore einläßt, hat schon verloren.
Mut oder Wie man einen Kulturkampf inszeniert erhalten Sie direkt hier bei Antaios; genauso hier Die Dämonisierung durchbrechen aus dem Hause Jungeuropa und hier Nach dem Wachstum (Oikos).
Einer, dessen Leben von diesem Mut bestimmt war und der sich zeitlebens nie auf die Korridore des Mainstreams eingelassen hat, war Dominique Venner, Le coeur rebelle.
»Das Bekenntnis und den Stolz, die Verschlagenheit des Guerilleros und den Humor des verlorenen Postens, sprühende Kreativität und situative Intelligenz, wenn es um die Ausweitung der Kampfzone geht«, all diese von Bousquet hervorgehobenen Eigenschaften besaß Venner. Er machte ernst mit dem Kulturkampf.
Gallou hatte die Gelegenheit, ihn nicht lange vor seinem Freitod in Notre-Dame zur politischen Lage Frankreichs und Europas Anfang des 21. Jahrhunderts zu interviewen:
Allnichts
1/2
Ungefragt ergänze ich um einige eigene Fundstücke:
Diese Dokumentation fiel mir positiv auf, weil sie Ernst Nolte sehr ausführlich zu Wort kommen lässt und ihn allgemein neutral behandelt. Sie stammt aus dem Jahre 2005, so etwas wäre heutzutage im ÖRR wohl nicht mehr möglich. Gerade 17 Jahre her und doch wie aus einer anderen Zeit.
Von demselben Filmemacher stammt die Dokumentationsreihe "Was war links?", welche früher sehr oft auf Phoenix und 3sat lief, sozusagen in Dauerschleife. Sie ist an sich als Rückschau auf die 68er interessant, atmosphärisch sehr dicht, sie ist aber besonders auch für die heutige Rechte interessant, was bestimmte Themen und Fragestellungen, was Mittel und Wege, was Erfolg und Scheitern angeht.
Teil 1 "Protest und Theorie", Teil 2 "Dutschke und Konsorten", Teil 3 "Lärm und Gewalt", Teil 4 "Kunst und Klassenkampf".