Einfach leben

Schon bevor Rußland, Putin und das Erdgas in der Wahrnehmung der Bessermenschen plötzlich entarteten, drehte ich meine Heizung nur bei Besuch auf.

Heino Bosselmann

Heino Bosselmann studierte in Leipzig Deutsch, Geschichte und Philosophie für das Lehramt an Gymnasien.

Aus­nahms­wei­se rol­le ich dann die Yoga-Mat­te ein und dafür einen ein­fa­chen schaf­wol­le­nen Tep­pich aus, auf den ich vor die geblüm­ten Lese­couch sogar ein Tisch­chen stel­le, das ansons­ten unterm gro­ßen Küchen­tisch ver­staut bleibt.

Mei­ne Woh­nung liegt – ein Glücks­fall – etwa im Schnitt­punkt der Raum­dia­go­na­len eines lang­ge­streck­ten fünf­stö­cki­gen DDR-Plat­ten­baus. So lebe ich in der Abwär­me der mich umwoh­nen­den ali­men­tier­ten Fern­hei­zungs­ver­sor­ger und bin ansons­ten – im Woh­nen wie im Leben – gut isoliert.

Unter mir zwei Geschos­se Beton­bau­wei­se WBS 70, über mir eben­falls. Ich mag’s kühl, 18 Grad Cel­si­us emp­fin­de ich als Opti­mum. Die wur­den bis­her selbst an raren Win­ter­ta­gen stets erreicht, zumal durch mei­nen Mini­flur ein Rohr ver­läuft, das wegen der Wär­me­be­dürf­nis­se mei­ner Nach­barn im Win­ter bestän­dig so brüll­heiß ist, daß ich’s kaum anfas­sen kann. Es heizt effi­zi­ent. Ich ver­ste­he mich also als Sym­bi­ont der Bür­ger­geld- und Wär­me­zu­schlags­emp­fän­ger, also der Min­dest­si­che­rungs­emp­fän­ger rundum.

Zum Hin­ter­grund mei­nes Wär­me­be­zu­ges über die Nach­bar­schaft schrieb die F.A.Z. am 10. August unterm Titel „Das Hartz-IV-Pro­blem beim Gas­spa­ren“:

„Die Poli­tik denkt dar­über nach, wie Min­dest­si­che­rungs­emp­fän­ger dazu ani­miert wer­den kön­nen, Gas zu spa­ren. Bis­her ist für sie der Anreiz gering, da für Hartz-IV-Bezie­her, Rent­ner in Grund­si­che­rung, Asyl­be­wer­ber und ande­re Leis­tungs­emp­fän­ger das Job­cen­ter die Heiz­kos­ten über­nimmt. Das Geld stammt vom Bund und den Kom­mu­nen. Die Grup­pe umfasst fast 7 Mil­lio­nen Per­so­nen, 8 Pro­zent der Bevöl­ke­rung.” Ich par­ti­zi­pie­re also.

Und ich dusche von jeher gern kalt, klar. Nicht aus Spar­sam­keit, son­dern um erfrischt zu sein. – Was man für die Ver­wen­dung wie­der­ent­de­cken und in alte Rech­te ein­set­zen soll­te – den guten alten Seifenlappen.

Irgend­wann besuch­te mich der Agent eines frei­en Strom­an­bie­ters. Er ver­sprach, mir ein gutes Ange­bot unter­brei­ten zu kön­nen, garan­tiert bes­ser als jenes der Stadt­wer­ke; ich möge ihm mal mei­ne letz­te Abrech­nung zei­gen. Als er mei­ne Ver­brauchs­zif­fern sah, stell­te er fest: Ach, Sie leben gar nicht ganz­jäh­rig hier? – Doch, ent­geg­ne­te ich. – Lei­der, bei die­sen Monats­be­trä­gen kön­ne er kein Ange­bot machen; bil­li­ger als fünf­zehn Euro wür­de es mit sei­nem Anbie­ter auch nicht.

Ja, ich weiß, mit so schma­lem öko­lo­gi­scher Fuß­ab­druck ist nur unter­wegs, wenn man allein lebt. Aller­dings könn­te man auch allein zum Ver­schwen­der wer­den. Ich bin nicht tugend­haft, aber ich ver­su­che mit wenig aus­zu­kom­men, weil das eine Mög­lich­keit ist, die Welt zu scho­nen, von der auch ich eine gro­ße Men­ge ver­brau­che. Mit weni­ger aus­zu­kom­men, ohne sich eigent­lich Wich­ti­ges zu ver­sa­gen, ermög­licht mir in mei­nem Leben Übersicht.

Weil es für mich ein Vehi­kel der Frei­heit ist, nut­ze ich für alle Stre­cken unter drei­ßig Kilo­me­ter das Rad, ein ein­fa­ches Gefährt der auf simp­le Model­le spe­zia­li­sier­ten Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen Fahrradwerke.

Ich sur­re damit mor­gens über die Hal­te­stel­len­platt­form der Stra­ßen­bahn, wo der zwar mul­ti­eth­ni­sche, aber uni­for­miert durch­mas­kier­te Trupp der Neun-Euro-Nah­ver­kehrs­teil­neh­mer war­tet, ste­he nie im Stau, weil für das Rad irgend­wo immer eine Pas­sa­ge frei ist. Flott an allen und allem vorbei …

Und ich atme tief durch – Rad­fah­ren als eine Vari­an­te west­eu­ro­päi­scher Medi­ta­ti­on: Bin ich am See ent­lang Rich­tung Arbeits­stel­le und Innen­stadt unter­wegs, scheint mit der Luft die Land­schaft wie ein Mate­rie­strom durch mich hin­durch­zu­ge­hen. Sprit­kos­ten oder Nah­ver­kehrs­ta­ri­fe fal­len inner­städ­tisch also über­haupt nicht an. Bei­des mit­hin auf Null – Hei­zung und Kraftstoff.

So, wie wir frü­her im Osten an unse­ren Autos repa­rier­ten, was jetzt der­art auto­nom an den über­züch­te­ten und hoch­sen­si­blen Model­len nicht mehr mög­lich ist, eig­ne­te ich mir für das Rad basa­le Schrau­berkennt­nis­se an: Tech­nik und Werk­zeug sind über­sicht­lich. Fei­nes Besteck, dazu alt­be­währ­tes deut­sches Artil­le­ris­ten­öl. Eine anhei­meln­de Jun­gen­welt. Zum Auto habe ich kein Ver­hält­nis, das Fahr­rad aber pfle­ge und put­ze ich, stets dar­auf bedacht, daß die Schal­tung genau rich­tig schnickt und schnackt und alles Tech­ni­sche har­mo­nisch zusammenspielt.

Klar, ein redu­ziert ein­fa­ches und über­sicht­li­ches Leben erscheint eher ohne Fami­lie mög­lich; vor allem ent­fällt das Chauf­fie­ren von Kin­dern zur Ganz­tags­schu­le und all den Pro­jek­ten und Events. Offen­bar fah­ren Kin­der nicht mehr all­zu häu­fig Rad; tat­säch­lich begeg­nen mir mor­gens vor allem Wal­dorf­schü­ler auf ihrem Velo.

Kei­ne Fami­lie zu haben, kei­ne Kin­der, das gilt Kon­ser­va­ti­ven als frag­wür­dig, nur ver­lief mein Leben, teils zwangs­läu­fig, teils selbst so gewählt, etwas aben­teu­er­lich. Hät­te ich mei­ne Kin­der irgend­wie durch das Spie­gel­land der Screens gut beglei­ten und ihnen Erleb­nis­se ermög­li­chen kön­nen, über die sie das Eigent­li­che berührt? Min­des­tens bezweif­le ich es. Schon bei der Erzie­hung von frem­der Eltern Kin­der stieß ich an kul­tu­rell beding­te Gren­zen. Gut, man­che inspi­rier­te ich nach­hal­tig. Wenige.

Als Soli­tär lebe ich beschei­den jen­seits der „hedo­nis­ti­schen“ Tret­müh­le, ohne das über­haupt als spar­sam zu emp­fin­den, und bin von den ange­kün­dig­ten Preis­explo­sio­nen ent­fern­ter und indi­rek­ter betrof­fen. Dafür obliegt mir die Ver­ant­wor­tung, mich spä­ter allein durch­brin­gen zu müs­sen, wenn das Fahr­rad viel­leicht vom Rol­la­tor ersetzt ist und ich in der gro­ßen Kohor­te mei­ner Boo­mer-Alters­ge­nos­sen damit zu den Dis­coun­tern unter­wegs bin.

Apro­pos Discounter:

Mei­ne Ernäh­rung ist brot- und kar­tof­fel­ba­siert, so wie seit der Kind­heit ver­traut. Für ein gutes Brot lege ich – mit dem Rad – gern lan­ge Stre­cken zurück, denn ech­tes Bäcker­brot ist sehr, sehr sel­ten gewor­den. Pas­sa­ble Kar­tof­feln weni­ger – bevor­zugt meh­lig kochend, da ich Pri­g­nit­zer bin. Ergän­zend Boh­nen und Lin­sen, bewähr­te Trappernahrung.

Alko­hol trin­ke ich nicht (mehr), son­dern aus­schließ­lich Was­ser sowie schwar­zen oder grü­nen Tee. Luxu­ri­ös, in einem Land zu leben, in dem aus jedem Hahn kon­trol­lier­tes Trink­was­ser kommt. Mein Tee aller­dings ist exklu­siv, und für ihn fil­te­re ich das kal­ki­ge Leitungswasser.

Die aus­ge­such­ten Tees lie­fert ein Ver­sen­der streng rück­stands­über­prüft und nicht nur mit Bio‑, son­dern sogar mit Fair-Trade-Sie­gel. Die Kilo­pa­ckun­gen sind erschwing­lich, denn das Unter­neh­men wid­met sich mit Bedacht nur einer über­sicht­li­chen Zahl von Sor­ten, die­sen aber mit Akri­bie. Es heißt, die Frau­en, die den Tee pflü­cken, wären für indi­sche Ver­hält­nis­se ver­gleichs­wei­se glück­lich.

Ich trin­ke bei­de Vari­an­ten – schwarz wie grün – gern stark und so über­do­siert, so daß ich sie Gäs­ten kaum anbie­ten könn­te. Unge­zu­ckert, klar, so daß etwas Süßes um so bes­ser dazu paßt. Es müs­sen nicht immer Nuß­tört­chen und Pud­ding­schne­cke sein, ein Mar­me­la­den- oder Honig­bröt­chen tun’s auch.

Essen: Viel Käse sowie Quark mit Lein­öl oder mit Zwie­beln, Salz und Pfef­fer, häu­fig Joghurt mit Früch­ten und Nüs­sen, sai­so­nal Toma­ten, auf­merk­sam gewürzt und mit viel Oli­ven­öl, ech­ten Schafs­kä­se dazu.

Was bleibt noch? Klei­dung mag ich so robust wie prak­tisch; ein Sak­ko brau­che ich nicht, Kra­wat­ten eben­so­we­nig. Ich ver­ste­he, daß die Kul­tur der­glei­chen da und dort vor­aus­setzt, aber ich bin da und dort so gut wie nie. Wenn doch, lei­he ich mir flott was aus. Selbst an einem teu­ren und sich eli­tär wäh­nen­den Inter­nat gelang­te ich in einen Zustand rela­ti­ver Nar­ren­frei­heit, der es mir erlaub­te, über­all in Shirt oder Pull­over aufzulaufen.

Gut, ich besit­ze Hem­den, aber ich habe ehr­lich gesagt noch nie eines gebü­gelt. Nur bei den Grenz­trup­pen, weil man unge­bü­gelt nicht in den Aus­gang durf­te. Haupt­feld­we­bel Wendt hat­te ein stren­ges Auge drauf.

Ich benö­ti­ge ein FAZ- oder NZZ-Abon­ne­ment und lese die Zei­tun­gen neu­er­dings online, an einem Tablet, das ein Kol­le­ge abzu­ge­ben hat­te, für drei­ßig Euro. Er wünsch­te sich wegen des gesprun­ge­nen Dis­plays ein neu­es, aber das alte leis­tet zuver­läs­sig seit Jah­ren alles, was ich von ihm erwar­te. Mei­nen Lap­top stellt die Arbeits­stel­le; nie­man­den stört es bis­lang, wenn ich dar­an etwa die­sen Text schreibe.

Klar, ich habe ein Smart­phone, nicht das neus­te, aber eines mit mir ver­trau­tem Betriebs­sys­tem. Damit bin ich lei­der ver­wach­sen, so wie die meis­ten ande­ren Men­schen auch, nur fas­se ich es als Werk­zeug und nicht als Fetisch auf.

Bücher ver­sa­ge ich mir nie, wenn mich ihr Inhalt wirk­lich inter­es­siert. Ich hebe sie danach nur in sel­te­nen Fäl­len auf, rei­he sie also nicht wie Tro­phä­en auf ein Bord, son­dern stel­le sie in eine die­ser neu­er­dings fürs Bücher­ver­schen­ken genutz­ten eins­ti­gen Tele­fon­zel­len, die die moder­nen Anti­qua­ria­te ablös­ten, seit das Buch sei­nen kul­tu­rel­len Wert weit­ge­hend verlor.

Nur weil ich mei­ne hilfs­be­dürf­ti­ge Mut­ter in der Pri­g­nitz ver­sor­gen möch­te, brau­che ich ein Auto. Alter Golf, unver­wüst­lich. Er war­tet vorm Plat­ten­bau und springt zuver­läs­sig an. Die ers­ten paar Male hört man dann, wie die Brem­sen den Rost ver­schlei­fen, dann läuft alles ruhig. Die Rück­bank habe ich umge­klappt und eine NVA-Pla­ne dar­über­ge­wor­fen, weil ich wegen des elter­li­chen Grund­stücks öfter was vom Bau­markt holen muß.

Für gei­zig hal­te ich mich nicht; bedürf­ti­gen Bekann­ten gegen­über bin ich hof­fent­lich frei­gie­big genug. Wün­sche, die ich hege, habe ich mir nie ver­sagt, aller­dings jen­seits der Kind­heit kraft Impuls­kon­trol­le stets über deren Sinn­haf­tig­keit und Gebrauchs­wert nachgedacht.

Seit mein Vater mir zu mei­ner enor­men Freu­de das ers­te Taschen­mes­ser schenk­te, habe ich immer eines dabei. In der Sei­ten­ta­sche des Ruck­sacks steckt zudem stets ein Leatherman-„Multitool“. Für klei­ne Aben­teu­er reicht das.

Eine qua­si­phi­lo­so­phi­sche Schwä­che hege ich für Uhren, weil mich die Zeit, die ver­ge­hen­de, fas­zi­niert. Ich bevor­zu­ge jedoch klas­sisch ein­fa­che Model­le mit Zei­ger und Stri­chen, ohne allen Schnick­schnack. Alles wirk­lich Ele­gan­te ist schlicht. Ich bin kein Pilot, benö­ti­ge also kei­ne Flie­ger­uhr. Mir gefal­len Uhren, die um die Mit­te des letz­ten Jahr­hun­derts her­ge­stellt wur­den. Dafür gehe ich zu einem bei­na­he acht­zig­jäh­ri­gen Uhr­ma­cher, der genug altes Gerät davon am Lager hat und eine ech­te Glas­hüt­te aus DDR-Pro­duk­ti­on für hun­dert­fünf­zig Euro rund­erneu­ert ver­kauft. Zwan­zig Euro Trink­geld drauf, weil die Maschi­ne dann durch­läuft wie eine gute Lok.

Tat­säch­lich mes­se ich – etwa beim Rad­fah­ren oder beim Sport – wenn über­haupt, dann nur die Zeit; ande­re Wer­te, Stre­cken etwa, gar noch phy­si­sche oder phy­sio­lo­gi­sche Wer­te inter­es­sie­ren mich nicht, denn die sind, wie sie sind; ich möch­te sie nicht wis­sen und mich schon gar nicht dar­an berauschen.

Mit den notier­ten Din­gen ist die mich umge­ben­de Objekt­welt bei­na­he voll­stän­dig umris­sen, feh­len noch die Möbeln, die meis­ten, abge­se­hen von der neu­en blüm­chen­bun­ten Lese­couch, aus einer Scheu­ne in B. Sie stan­den dort wohl schon über eine Gene­ra­ti­ons­län­ge im Stroh, hal­ten aber, reak­ti­viert, wei­ter­hin län­ger als nur ein Men­schen­le­ben. Als das Feder­ge­stell mei­nes Bau­ern­bet­tes mir zu durch­ge­le­gen erschien, zog ich mit dem Akku­schrau­ber dicht neben­ein­an­der star­ke Bret­ter ein und ver­plank­te so die Basis. Super­fest, super­hart, wun­der­ba­rer Schlaf.

Übrig noch: Digi­tal- und DAB-Radio für Deutsch­land­funk, MDR-Kul­tur und Klas­sik­sen­der, selbst ein­ge­schraub­te Küche, erst­klas­si­ger WMF-Was­ser­ko­cher aus Stahl fürs gefil­ter­te Teewasser.

Klar, licht, funk­tio­nal und geräu­mig soll es sein. Das gibt mir Sicher­heit. Klei­ne Zwangs­neu­ro­se, zu der ich ste­he. Ich wische ganz gern öfter mal feucht durch, obwohl an sich nichts schmut­zig ist. Nebel­feucht – schö­nes Wort.

Im Wohn­zim­mer der Zwei­raum­woh­nung gibt’s neben der Lese­couch nur den Schreib­tisch mit Stuhl, bei­des aus der Scheu­ne in B., ein Regal für aller­lei, ansons­ten mit­ten im Raum, der sich zum Bal­kon öff­net, die Yoga­mat­te. Über­haupt wich­tig: Der Blick aus den Fens­tern. Die DDR plan­te geräu­mig, so bli­cke ich ins Wei­te und habe viel Him­mel rundum.

Viel mehr als das Innen­in­te­ri­eur ist es das Sicht­feld nach drau­ßen, was das Woh­nen bestimmt. Des­we­gen ver­ste­he ich nicht, wes­halb sich in Immo­bi­li­en­ex­po­sés stets das Klo und sogar Eck­steck­do­sen foto­gra­fiert fin­den, nur sel­ten aber ein Bild offen­bart, wor­auf man aus der Woh­nung her­aus schaut. Ich bli­cke vom Bal­kon auf spie­len­de Migran­ten­kin­der, die sich auf der Wie­se des eins­ti­gen Wäsche­plat­zes tum­meln. Es gibt ein paar trotz des gegen­wär­ti­gen Dorn­sa­van­nen­kli­mas aus­dau­ern­de Win­ter­lin­den mit orni­tho­lo­gi­scher Rest­po­pu­la­ti­on. Bes­ser solch ein Blick­feld, als aus einer edlen Woh­nung in der Innen­stadt auf die gegen­über­lie­gen­de Trau­fe zu starren.

Gute Blei­stif­te und ein weich schrei­ben­der Feder­hal­ter, faden­ge­hef­te­te Notiz- und Tage­bü­cher. Wein für Besu­cher, die ja zudem eine auf­ge­dreh­te Hei­zung erwar­ten dürfen.

Ach ja, und pas­sa­bles WLAN. Bei­na­he ver­ges­sen, herrje.

Es gibt Ret­tung vor der Kos­ten­ex­plo­si­on und den „Volks­auf­stän­den“ – das ein­fa­che Leben. Mit­un­ter sage ich mir Gün­ter Eichs Gedicht „Inven­tur“ auf. Es liegt mir. Ja, es kommt aus schwie­ri­ger Zeit, aber mag sein, daß wir uns sol­chen wie­der nähern.

Heino Bosselmann

Heino Bosselmann studierte in Leipzig Deutsch, Geschichte und Philosophie für das Lehramt an Gymnasien.

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Kommentare (120)

Niekisch

19. August 2022 11:24

"Was man für die Verwendung wiederentdecken und in alte Rechte einsetzen sollte – den guten alten Seifenlappen."

Bei uns Wessis "Waschlappen" genannt: Winfried Kretschmann: "Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung" (t-online.de)

Raskolnikow

19. August 2022 11:30

"Ja!"

(Cicero)

 

Als einer, dem regelmäßig bei Wasser, Strom- & Gasabrechnungen Betrug vorgeworfen wird ("In diesem Haushalt leben wirklich x Personen?"), kann ich Bosselmann nur zustimmen. Keine Innovation, keine neue Technologie, kein versprochener Zauber des Lügenimperiums wird jemals eine Energiekrise oder ein Problem lösen.

Wir können nur nachhaltig die "abgefuckte" (Adorno) Lebensweise des industriellen Zeitalters ablegen. Der anglo-amerikanische "way of life" ist abscheulich. Warmes Wasser aus der Wand und Fernwärme sind Pervertierungen und eine Verhöhnung des Menschen...

Eine Kritik bleibt mir allerdings auszusenden: Niemand braucht Zeitungen, lieber Bosselmann. Niemand!

Mit cordialen Grüßen und einem Salaam! verbleibt,

Euer R.

Mboko Lumumbe

19. August 2022 11:43

Popcorn und Cola sind bereit für´s kommende Kommentariat ;-)

Umlautkombinat

19. August 2022 11:47

Ein Genuss entgeht Ihnen auf dieser Ebene: Der des Wegwerfens! Ich liebe das: Krempel, den ich 10 Jahre nicht beruehrt habe, Code, den ich geschrieben habe, und natuerlich etliches aus dem Kopf (aber das bleibt Ihnen ja auch).

RMH

19. August 2022 12:54

"Es gibt Rettung vor der Kostenexplosion und den Volksaufständen - das einfache Leben."

@H.B., dank genügend Leuten wie Ihnen, wird´s zu keinen Aufständen kommen. Sie verhalten sich Systemstabilisierend. Nützlich.

Also, liebe rechten Volksrevolutionäre: Heizung aufdrehen für den Aufstand! Aller Lichter an, Kühlschrank auf, Heizlüfter an die Steckdosen und Volllast für den Blackout! Gas geben für den Crash! Wasser marsch! Nur kein falscher Geiz. Für Deutschlands Zukunft!

Franz Bettinger

19. August 2022 13:08

Schön. „Bücher heb ich nach dem Lesen nur selten auf; ich verschenke sie." - Fand ich interessant. Ich mache es genauso. Die wirklich guten aber bestelle ich mehrfach, zum Behalten, Nachschlagen, Verschenken. / Eine Uhr? Trug ich nie; ein Handy übrigens auch nicht. Wozu sollen diese schweren, lästigen, drückenden Dinge gut sein, wo doch jeder andere das Zeugs an sich trägt? 

Monika

19. August 2022 13:12

Lieber Herr Bosselmann, ich konnte es nicht zu Ende lesen. Verzeihung.

Mein jüngster Sohn lebt einfacher. Zudem näht er seine Klamotten und Zelte selber, hat kein Auto, baut Obst und Gemüse an und containert. Bücher tauscht er aus Kisten, er hat kein Smartphone etc. Er ist kein Solitär, sondern lebt mit Kindern und MenschenInnen seiner Wahl zusammen. Soweit zum EINFACHEN LEBEN. ( Ernst Wiechert). Ich gestehe, ich habe den Hang zum Luxus. Und genieße, wenn es geht. Der Professor in Raspails „Heerlager der Heiligen“ in Südfrankreich genießt feines Essen und Trinken und beobachtet die Schiffe, die am Hafen anlanden und Unheil verheißen. Das gefällt mir. Wenn es dann gar nicht mehr geht, muss man einfach leben. Das geht dann auch wieder. Also, genießt das Leben und die Liebe, solange es noch geht. 

frdnkndr

19. August 2022 13:14

Herr Bosselmann,

ein richtig guter Text - zur richtig falschen Zeit.

Sehr schade, einmal mehr.

dojon86

19. August 2022 13:39

@RMH Leider bin ich ein Feigling von Natur. Darum lieber keine Volksrevolution, auch keine rechte. Im übrigen, bei jeder Revolution hat noch der in der zweiten Reihe wartende Mob die Initiatoren zur Guillotine oder in den Gulag befördert. Bitte das zu bedenken.

quer

19. August 2022 13:40

Ich habe als Kind von 1945-1948 sehr "einfach gelebt". Mein Bedarf ist insoweit zu 100% gedeckt. Es scheint mir aber, daß vieles vom heutigen Irrsinn darin begründet ist, solche nützlichen und heilsamen Erfahrungen irgendwie verpaßt zu haben. Dieser Nachholbedarf wird in aller kürzester Zeit zwangsweise gestillt werden. Das reicht dann für die nächsten 40 Jahre. Danach kommt für die dann Unzufriedenen das nächste Schauspiel in drei Akten. Usw, usw.....

Joerg

19. August 2022 13:57

Lieber Herr Bosselmann, ich mag Ihre Texte über Bescheidenheit im Alltäglichen sehr.

Ihre Formulierung zur Übersicht im Leben ist sehr schön und erinnernswert. Vielen Dank dafür.

heinrichbrueck

19. August 2022 14:18

Bosselmanns Bescheidenheit füttert glatt zwei Neger durch. Politisches Bollywood. Ein Klages-Text aus dem Ostbereich. 
Hauptfeldwebel Wendt scheint die Natur umgesetzt zu haben. Der endgültige Sieg gehört denen, die besser sind – aber nur auf lange Sicht. Migrantenkünder und Politik, natürliche Auslese. 
"Niemand braucht Zeitungen"! Stimmt. Aber jeder Mensch braucht Geld. 

Gracchus

19. August 2022 14:20

Wie der Forist ohne Vokale vielleicht zu Recht anmerkt: zur falschen Zeit geschrieben. 

Gegen HBs Lebensweise: nichts einzuwenden. Die Richtung stimmt. 

Was mich - ohne schmerzhaft davon betroffen zu sein - auf die Palme bringt: die staatliche Bevormundung samt bürokratischen Exzess und Inkompetenz.

Also individuell: gerne sparsam leben. Sozial: Bitte erstmal Bürokratie einsparen!

Maiordomus

19. August 2022 14:28

Ihr Text, Kollege @Bosselmann, erinnert mich an  Aufzeichnungen von David Henry Thoreau in "Walden", nur leben Sie natürlich nicht im alten Massachussetts. Das kann man so praktizieren, wie Sie es tun, zumal ohne Familie, Aber schon recherchierende Forschung auf all den Gebieten, wo Sie besser sein wollen/müssen usw. als der Mainstream, kostet, geht man wirklich aufs Ganze. Rumsurfen ist keine wahre Forschung. Die beste mir bekannte Volkskundlerin mit enormer Feldkenntnis war bis 98 dringend auf ihren Volkswagen angewiesen, bei Zwangsrückgabe des Ausweises lebte sie nicht mehr lange, weil sie nicht mehr den Gewährspersonen nachfahren konnte. Gut, Sie fahren einen alten Golf. Darin findet dreistellige Zahl von Büchern für die jeweilige Bibliotheksausleihe Platz, und weil Sie diese länger gebrauchen, müssten Sie für die Verlängerung immer wieder hinfahren. Das können Sie wie vieles andere nicht mit dem Radl machen. Selber verzichtete ich über Jahrzehnte auf den Kühlschrank, aber wenn Sie auswärts essen, auch um das Stinken in der Wohnung zu vermeiden, sind Sie an den jeweiligen Energieverbrauch angeschlossen, vgl. auch Ihr Profitieren von der Abwärme. 

Herbstwind

19. August 2022 14:33

Brav, Herr Bosselmann, Klaus "you will own nothing and you will be happy" Schwab gefällt das.

Winfried Kretschmann gibt für die Wiederbelebung des Waschlappens ein "Daumen hoch". 

Ich halte es lieber mit Donald Trump in seinem mit Gold und Marmor überladenen Penthouse im Trump Tower, den all der Luxus nicht daran hindert, unermüdlich und erfolgreich für sein Land zu kämpfen. Manchmal beschleicht mich das ungute Gefühl, dass die Neue Rechte in Deutschland nichts anderes ist als die altbekannte Linke, bloß ohne Massenmigration. Mir geht diese altpietistische, fortschrittsfeindliche Freudlosigkeit inzwischen nur noch auf die Nerven. 

P.S. ist nicht persönlich gemeint

tezett

19. August 2022 14:47

Das genügsame Leben - wenn denn schon praktiziert - wird leider nicht vor Kostenexplosionen schützen, denn die Geldkosten dürften lebensumfänglich steigen und jeglicher materieller Lebensstandard über dem eines Diogenes hinaus wird somit verunmöglicht ; so bleibt doch nur der unsägliche Aufstand der Massen, welcher auch nichts Gutes erahnen lässt...

Laurenz

19. August 2022 15:11

@Dojon86

Machen Sie Sich keinen Kopf. Wir sind ausnahmslos die Nachkommen von Feiglingen. In den 40k Jahren unserer weißen Existenz lebten die am längsten & pflanzten sich fort, welche vor den Gefahren frühzeitig wegliefen.

@HB (1)

Sie sind, abgesehen von der Abstinenz, mutmaßlich der ideale Kubitschek'sche Mensch. Mit dem asketischen & technikfeindlichen Sohn von Monika, kann man kein Land verteidigen. Bedenken Sie, wir beide hätten, als Spartaner, nicht zur Front an die Thermophylen gedurft. Das durften nur Väter. Aber hierzu hätte es wohl gelangt.  https://youtu.be/cAacE5ukzrs

Ich denke, Erziehung bildet beim Konsum des Menschen nur einen kleinen Teil ab. Bei der Zeugung eines Menschen, gibt es eine Auswahl von über 8 Mio. unterschiedlichen Optionen hypothetischer Geschwister. Gott Zufall oder die Nornen entscheiden, wer & was für ein Charakter letztendlich das Licht der Welt erblickt.

Laurenz

19. August 2022 15:24

@HB (2)

Ich bevorzuge, ähnlich Monika, gerne aufwendigeres Essen & habe weniger Freude an der Bewegung als Sie. Aber ansonsten bin ich auch eher genügsam, trage Kleidung bis sie zerschlissen ist. Als Kind nervte ich meine Oma, im Gegensatz zu Cousins & Cousinen, nie an der Kasse, bezüglich der extra dort sortierten Süßigkeiten. Das interessierte mich einfach nicht, es lag außerhalb meiner Wahrnehmung, so ganz ohne erzieherische Maßnahmen. Natürlich freute auch ich mich über eine Ritter Sport Joghurt, aber sie war für mein Seelenheil nie entscheidend. Für das gute Essen, welches meine Oma kochte, hätte ich all meinen kleinen weltlichen Besitz gegeben, aber das Gefühl eines Anspruchs empfand ich nie.

Die DDR-Industrie kann keine beabsichtigte Obsoleszenz.  https://de.wikipedia.org/wiki/Obsoleszenz

Die in der Wiki zitierte Firma Ford hatte keine guten Erfahrungen mit nachhaltigem Autobau gemacht & mußte später umschwenken. Als gewissenhafte Rechte müssen wir natürlich für eine Einschränkung von Obsoleszenz eintreten, aber eher ohne Zwang & mit Steuervorteilen die Nachhaltigkeit von Produkten eintreten. Die Industrie wird uns dafür hassen, Werkstätten werden uns lieben. Für diese Befindlichkeiten müßte man sich was einfallen lassen.  

Carsten Lucke

19. August 2022 15:27

@ Raskolnikow

"Warmes Wasser aus der Wand und Fernwärme sind Pervertierungen und eine Verhöhnung des Menschen..."

Da muß man auch erst mal drauf kommen. Werde schwer in mich gehen müssen, wohne ich doch ebenfalls in der Platte.

Kühlschrank, Waschmaschine, Staubsauger ... alles Teufelswerk ?! Da bin ich aber doch recht froh, nicht in den Himmel zu kommen.

"Salaam !" ... na, wenigstens hier geht man mit der Zeit.

 

 

Joerch

19. August 2022 15:29

Aus selbst gemachten Erfahrungen: Ich möchte nicht die Wohnung über der Ihrigen bewohnen müssen. Ich mag keine Fußkälte.

Laurenz

19. August 2022 15:34

@HB (3)

Bücher verschenken

ist eher wenig realistisch. In den letzten 1,5 Jahren habe ich in wohl über 1.000 Bücher in die Presse gegeben. Alle öffentlichen Bücherschränke in meinem Landkreis sind zum bersten voll. Die Lager aller Stadtbüchereien hier vor Ort, wie auch das Lager von Antaios, sind voll. Die Leiterin der Stadtbücherei hier in Oberursel erklärte es genau. Bücher dürfen keinesfalls älter als 10 oder 20 Jahre oder müssen älter als 80 Jahre sein. Alles dazwischen ist kaufmännisch, nachfragetechnisch wertlos. Es gab zwar das Angebot eines SiN-Foristen für germanistische Projekte in Rußland Bücher abzunehmen, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt. Da ich aber meine Wohnung renovieren wollte, mußten Bücher, die ich nur noch 1x in die Hand nehmen würde, weg. Von daher, wir leben in einer Bücherschwemme. Und ich tendiere dazu, Bücher eher digital zu erwerben.

Umlautkombinat

19. August 2022 15:47

@Monika

> Lieber Herr Bosselmann, ich konnte es nicht zu Ende lesen. Verzeihung.

Wieso nicht, wenn ich fragen darf? Das impliziert irgendeine Art von Unertraeglichkeit, deren Gruende ich den weiteren Saetzen nicht entnehmen kann.

> Mein jüngster Sohn lebt einfacher. Zudem näht er seine Klamotten und Zelte [...]

Er lebt anders. OK. (was sind eigentlich MenschenInnen - Frauen? Ich gebe zu, ich bin mit den aktuellen Genderrichtlinien ueberhaupt nicht vertraut. Vielleicht ist es auch eine Art Ironie?)

Ich empfand den Artikel an manchen Stellen als extrem realsatirisch. Besonders das Zentrum der Raumdiagonale einer sozialen Missstruktur, die dieses Land selbst erschaffen hat, und durch dessen allseits gleichdicke Schichten es sich jetzt erst einmal durchnagen muss, um an den Bosselmann zu kommen...

 

Niekisch

19. August 2022 16:40

"Heizung aufdrehen für den Aufstand! Aller Lichter an, Kühlschrank auf, Heizlüfter an die Steckdosen und Volllast für den Blackout! Gas geben für den Crash! Wasser marsch! Nur kein falscher Geiz."

@ RMH 19.8. 12:54: Danke! Ja, das isses! Zusätzlich gegen alle Energieabrechnungen ohne Begründung Widerspruch einlegen, die Vermieter gem. § 556 BGB zum Gleichen auffordern, Millionenfach Gasgeruch im Keller melden, beim Heizen bis zum Anschlag sämtliche Fenster öffnen, Gasflaschen und Kartuschen in den Rathäusern bei geschlossenen Fenstern entleeren, Taschenlampen anmachen und liegen lassen, Haustiere 10 x täglich in der Badewanne ein Vollbad nehmen lassen, anschließend alle Ersoffenen beim nächstgelegenen Krematorium anmelden. Millionenfach per mail bei Scholz, Habeck und Lindner Autogramme nebst Vergeudungsvorschlägen anfordern.

Maiordomus

19. August 2022 16:41

@Bosselmann. Der von Ihnen beschriebene Lebensstil hätte bei der Stellensuche noch den Nachteil, dass im System der gut bezahlten Stellen solche Personen auch kollegial nicht bei den Leuten sind. Über Ihre Lebensverhältnisse diesbezüglich empfehle ich Ihnen zu schweigen, zumal gegenüber einem Personalchef. Schon hier im Leserforum, bei Ihnen teilweise Gleichgesinnten, kommen Sie mässig gut weg. Bei Frauen wohl schon fast gar nicht, vgl. Monika, die als ältere konservative Katholikin gewiss einer Ethik des Masses nachleben dürfte, Selber machte ich vor Jahren mal ein Experiment mit bloss an der Luft zu reinigenden Hemden, die dann frühestens nach vier Monaten wieder angezogen wurden, selbstverständlich ungeglättet wie bei Ihnen. Eine später erfolgreiche Grünenpolitikerin, die sich bei mit ÖV-Fahrplan kaum kompatiblen ländlichen Veranstaltungen von mir jeweils per PW heimfahren liess, machte mir klar, dass diese Art das Klima zu schonen ihren Vorstellungen von Umweltschutz nicht entspräche. Selber habe ich ordentlich geforscht, auch in Archiven, über Sonderlinge und Eremiten, worüber dieses Jahr wieder mal an der Stätte einer ehemaligen Einsiedelei referiert werden darf. Ein Honorar wurde bei der Terminvergabe nicht vereinbart.

Maiordomus

19. August 2022 16:53

PS. Die Meinung von @imagine zu dieser Thematik würde interessieren. Ganz gegen Bosselmann wäre, würde er noch leben, mit Gewissheit der mit dem kapitalistischen Lebensstil seinerzeit nicht nur in Amerika sehr vertraut gewesene Bert Brecht. Darüber hat Günter Anders einiges berichtet, dessen Lebensstil dem Sonderling näher war und mit dem es Hannah Arendt oder wie seine Frau hiess es nicht gerade lange ausgehalten hat. Linke, vielfach auch Grüne, die es beruflich zu was gebracht haben, geraten schnell in Weissglut, wenn ihnen über ein paar Symbolhandlungen hinaus, die jeder und jede aufzuzählen weiss, ernsthaft ein asketischer Lebensstil in der Art von Bosselmann als Konsequenz ihrer Weltanschauung empfohlen wird. So sei es natürlich nicht gemeint, und damit würde kein Problem gelöst. Was übrigens rein pragmatisch gesehen vermutlich nicht falsch ist. 

Mitleser2

19. August 2022 16:54

"FAZ-Abonnement, Deutschlandfunk" ?? Herr Bosselmann, können Sie dazu was sagen?

Wenn schon die Feindsender, dann doch gleich Spiegel, Zeit und WDR, RBB

Gotlandfahrer

19. August 2022 17:01

Nur schade, dass Sie keine Heidi aus Frankfurt besuchen kommen wird. Ansonsten könnte man, veröffentlichten Sie nicht hier (wofür ich mich verneige), bei Ihnen eine vegane Homestory für einen woken reduce-to-the-max Vlog drehen. Nur ist Ihr Weg, der also vor Volksaufständen schützt, der  freiwillige Great Reset.  Bis auf die Mietfreischaltung für Golf und Fahrrad ist schon alles da.  Bzw. alles weg. Freischaltung je nach Social Score selbstredend.  Deswegen ginge das mit SiN eben nicht. 

Würde ein Meteoritenhagel die Ressourcenlage einengen, ginge ich Ihren Weg mit.  Aber nur weil abgedrehte Freaks, animiert durch raumfremdes Großkapital, ihren flagellanten Veitstanz in meinem Wohnzimmer aufführen wollen werde, ich es erst recht nicht tun. Schon gar nicht Tee trinken. Nie!

Monika

19. August 2022 17:05

@Umlautkombinat

“irgendeine Art von Unerträglichkeit“ Da haben Sie wohl recht. Unerträglich finde ich inzwischen Erklärungen oder Belehrungen für einen bestimmten Lebensstil.( Wie dusche ich am besten ?)  Da finde ich kaum einen Unterschied  zwischen rechts und links. Mein Sohn hält seinen einfachen Lebensstil für links, andere nennen ideologisierte Kargheit/Sparsamkeit rechts.Manch einer findet es gar romantisch. Ich empfinde diese Diskussionen als typisch deutsch.Gähn. Also! Auf die Betonung kommt es an: Einfach leben oder Einfach leben. Ich bin fürs leben.

quer

19. August 2022 17:14

@ Laurenz,

der Umgang mit Büchern spiegelt den Grad der Kultur-Banausenschaft. Egal, ob Fach/Sachbuch, oder Belletristik. Als Historiker ist mir die Umgebung und Umgang mit Büchern fast ein Zwang, ein Muß. Es sind Tausende. Handverlesenes Quellenmaterial. In Zeiten wie diesen und den kommenden Jahren, gleichzeitig eine Gefahr für den Besitzer. Wir sind etwas über 1984 hinaus - vielfach noch unbemerkt. Die "Säuberung" von öffentlichen Bibliotheken hat bereits begonnen. Fortsetzung im Privatbereich wird staatlich folgen. Ihnen kann da nix passieren. Weise? Vorsorgend? Einiges von Säuberungen in Universitätsbibliotheken in der Zone vor 1989 steht in meinen Regalen. Ich maße mir an, zu erhalten.

RMH

19. August 2022 17:19

@dojon86,

mein Beitrag oben war ein kleiner, sarkastischer Seitenhieb auf den sonst oft beschworenen Akzelerationismus.

H. Bosselmann ist in diesem Zusammenhang also der Katechon.

Monika

19. August 2022 17:47

Es ist doch völlig egal, ob, wie, wann, mit wem , warum , wie lange, wie kalt oder heiß man duscht. Ob mit oder ohne Waschlappen ( Kretschmann). Es ist doch so, wie es die Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis ( Forderung: Stop der Sanktionen gegen Russland) an Olaf Scholz schreibt: „Wir reden hier nicht von ein oder zwei Grad weniger Raumtemperatur „...“Wir reden hier vom Sterben Deutschlands“ - „Ändern Sie Ihren Kurs. Im Interesse Deutschlands“...

https://www.welt.de/politik/deutschland/article240563073/Handwerker-Brief-an-Scholz-Wollen-Sie-wirklich-Ihr-Land-opfern.html

Laurenz

19. August 2022 18:07

@Quer @L.

Kultur-Banausenschaft

Halten Sie mal die Luft an. Wir haben fast unzählige Milliarden für Gott & die Welt über. Aber, die Digitalisierung der Mio. von Büchern in Deutschen Universitätsbibliotheken wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Hier könnten Sie darüber nachdenken, wo Banausen am Werke sind. Das Personal, welches in den Unis Bücher ideologisch massenhaft aussortiert, das zeigen bitte mit Belegen auf.

Nicht quatschen, Quer. Ich nehme Sie beim Wort. Bei meiner nächsten Durchsicht & Räumaktion bei mir & bei meiner Mutter werden wieder hunderte Bücher frei werden. Erlauben Sie der Redaktion mir Ihre Postadresse weiterzugeben. Dann bringe ich Ihnen diese Bücher vorbei.

Der Gehenkte

19. August 2022 18:56

Auf die Frage nach dem Wie-Leben gibt es viele valide Antworten und sie lassen sich auch sauber begründen. Selbst der Hedonismus hat seine guten Argumente, umso mehr wenn er kulturell begründet und bestandswahrend ist. Ellen Kositzas Einwürfe versinnbildlichen das "Dilemma" vorbildlich: einerseits wird für das Dionysische plädiert, andererseits für die das einfache Leben. Der Gradmesser ist der der Freiheit und hier hat die die Einfachheit und Bescheidenheit ihre stärkste Seite, denn das Haben macht prinzipiell abhängig und also unfrei, zumindest so lange es ein Haben-Müssen oder Haben-Wollen ist.

Beim Thema Buch muß man freilich Kompromisse eingehen - hier ist Qualität und nicht Quantität das Maß. Gegen eine reichhaltige qualitativ hochwertige Bibliothek ist nichts einzuwenden ... ob sie privat sein muß, mag man diskutieren. Wenn man wie ich unter einem schwachen Gedächtnis leidet, ist die üppige Buchwand fast Pflicht. Gerade Gelesenes würde ich nie weggeben (außer natürlich Wertloses), denn aus diesen Quellen speise ich ja. Ungelesenes ist hingegen vorerst nur Versprechung und bleibt leer, solange nicht gelesen, ist also eher entbehrlich.

Umlautkombinat

19. August 2022 19:01

"Unerträglich finde ich inzwischen Erklärungen oder Belehrungen für einen bestimmten Lebensstil."

So haben Sie das also gelesen, Monika. Ich nehme das einfach als Schilderung auf, ohne mich selbst davon zu irgendetwas verpflichtet zu fuehlen. Bzgl. Ihres naechsten Kommentars, der in eine Kerbe haut wie noch ein paar andere: Das kann man auch einmal in angespannten Zeiten tun. Ist auch eine Art von politically incorrect. Mit den virtuellen Schildern wie unverschaemt diese ganzen Ansprueche seitens Regierung und Gruenen sind laufen ja schon genug Individuen rund um die Uhr herum. Das aendert nur auch nichts.   

quer

19. August 2022 19:16

@Laurenz

ich vermute mal, daß Sie mich nicht recht verstanden haben. Der Umgang allein macht es schon. Bücher sind die in Materie gewandelte Meinungsfreiheit. Darüber hinaus stellen sie das Gedächtnis der Nation (jeder Nation) dar. Die Auslöschung des nationalen Gedächtnis wird hierzulande z.B. durch die "Entsorgung" alter und uralter Lexika durch jedermann besorgt. Im Übrigen sprach ich von Unis in der Zone. Hier sind es heute die städtischen Büchereien per Vor-Zensur. Immer daran denken, was Heine zum Thema unliebsamer Bücher zu sagen wußte.

Fredy

19. August 2022 19:57

Wir waren schonmal weiter. Wenn Lehrer zu Missionaren werden, hab ich schon in der Schule auf Durchzug gestellt.

Wer braucht schon eine Yogamatte, wenn es kalte Fliesen gibt? Den nächsten Bericht von Bosselmann erwarte ich aus der Tonne. Da geht noch was.

Fredy

19. August 2022 20:01

Ansonsten wäre auch Raskolnikiv noch zu ergänzen: Mit fließendem Wasser in der Wohnung fing der Untergang der Zivilisation an; vielleicht auch mit der Wohnung selbst.

ArthurS

19. August 2022 20:06

Vielen Dank für diesen schönen Text. Ich finde Ihren bescheidenen Lebensstil sehr sympathisch. Das ist halt der Unterschied zwischen aufgesetzter wokeness und Bescheidenheit aus innerem Bedürfnis bzw. aufgrund der persönlichen Sozialisation.

Volksdeutscher

19. August 2022 22:06

Wenn Sie schon soviel Begabung fürs Erzählen haben, möchten Sie nicht doch versuchen, Ihre poetischen Gedanken in Prosaform verlegen zu lassen? Mich erinnern sie entfernt, stellenweise aber stark an Baudelaires "Poémes en prose".

Aber zur Sache.... Wie sollte man denn den Titel Ihres Beitrages lesen? Worauf haben Sie die Betonung gelegt? An einfach leben oder einfach leben?

Eo

19. August 2022 22:16

Na klar,
es geht auch mit weniger. Und dies zu erfahren, ist eine gute Übung und eben eine wesentliche Erfahrung, von der man später zehren kann.

Aber man muß es nicht
übertreiben, wenn die Dinge bzw. die Umstände es nicht gerade erfordern  oder regelrecht erzwingen. Wichtig ist nur, daß man damit zurecht kommt und daß es nicht absolut neu und total ungewohnt ist.

Den letzten Winter zB.
hab ich versucht mit niedrigen Raumtemperaturen zurecht zu kommen, so nach der Methode Sarrazin, also mit dickem Pullover und Decke eng um die Beine geschlungen, die Temperatur zwischen 16 und 18° und manchmal auch darunter und es ging recht gut; ja, so eingepackt läßt es sich ganz gemütlich sitzen und lesen, schreiben usw. (Hat sich gelohnt, es gab eine Rückzahlung um die 180  €).

Wesentlich in diesen Zeiten
der Großkrise, in derem Gefolge all die ungelösten Probleme aufplatzen wie Eiterbeulen, ist vor allem, daß man sich mental stärkt und aufbaut und dabei den Körper auf seiner Seite weiß.

Nicht zuletzt, um sich
-- so gut es geht -- unabhängig zu fühlen.  Und gerade dafür gibt es eine Übung, die leicht und unbeschwert macht und auch leicht von der Hand geht, sofern man sie schon einige Male praktiziert und also Übung darin hat.

https://neue-spryche.blogspot.de/2012/04/eine-woche-mal-ohne.html

 

Nordlicht

19. August 2022 22:35

Ein Text, der für Habeck und die WEF-Planer wie geschaffen ist. Arno Schmidt schimmert durch. Der hätte allerdings wegen des Besitzes eigener Bücher noch an sich arbeiten müssen.

"Ihr werdet nichts besitzen und glücklich sein." Wohl dem, der alte Nägel gerade schlägt und in einer alten Blechdose aufbewahrt. Und einige Fahrradschläuche auf Vorrat hat. Obwohl auch das, streng genommen, gegen die WEF-Regeln ist.

Und das Fliegen überlässt man nicht nur den Engeln und den Spatzen, sondern den Ministern samt Familie per BW-Flugbereitschaft sowie der Oberschicht - so wie das in der guten alten Zeit bis in die 50er Jahre hinein Brauch war.

Gracchus

19. August 2022 22:41

Also sprach Bosselmann - aber doch nicht als kategorischer Imperativ zu verstehen. 

Mir fällt Kierkegaards Vater ein. Irgendeine Sünde in der Jugend begangen - als er später Reichtum erlangte, empfand er das als Strafe Gottes. Womöglich meinen viele Deutsche, sich für ihren Wohlstand bestrafen zu müssen. 

Der gefrässige und trunksüchtige Joseph Roth: Beim Schreiben übe er schon genug Askese.

Wie schon im Sellner-Strang gesagt: Ich wünsche mir für uns Deutsche vor allem mehr Lebensfreude. Das hat weniger mit viel, viel zu tun, sondern mit Qualität. 

bb

19. August 2022 22:42

Wer der Letzte seiner Blutlinie ist, sollte doch wenigstens mit einem lauten Knall und nicht als graues Mäuschen gehen…

Maiordomus

19. August 2022 22:49

@Raskolnikov. Zeitung heisst eigentlich "Nachricht"; solches braucht man selbst im Wissen, dass es unzuverlässig ist. Vgl. Einstein: "Ich bin auf Zeitungen angewiesen, ich weiss nicht was geschieht." Auch Forschungsberichte haben zumindest in ihren Kurzformen Zeitungscharakter. Selbst dass es die Evolution gibt, wissen wir in diesem Sinn gewissermassen aus der Zeitung; Popper nannte die Theorie ein "metaphysisches Forschungsprogramm." Prüfe alles, das Beste behalte; es ist aber sicher unvergleichlich, etwas selber vor Ort qualifiziert prüfen zu können. Mit zum System Zeitung gehören samisdatähnliche Austausche mit Vertrauenspersonen; solche habe ich zum Beispiel im Lager der Palästinenser, aber auch in Petersburg, und ich weiss auch, wen ich zur klugen kritischen Kommentierung des Sackes Salz, der in China umfällt, befragen soll. In Sachen Bibel war ich mit einem der besten Papyrologen befreundet, und selbst von einem Islamisten konnte ich wahre Sätze anzapfen, wenn ich ihm die richtigen Fragen stellte. 

Von Ihnen würde man gern mehr hören, nach Möglichkeit Konkretes oder wenigstens stets mit klarer Darstellung der Perspektive. 

Lausitzer

19. August 2022 23:26

Herrlich, Sie gefallen mir und machen mir Mut! An manchen Stellen sehe ich Parallelen. Vielen Dank für diesen Einblick in Ihr einfaches Leben, das ich schön finde.

Ihr

Lausitzer

Maiordomus

20. August 2022 08:06

@Bosselmann. "Dass im System der gut bezahlten Stellen solche Leute auch kollegial nicht bei den Leuten sind." Ich hatte im Gymnasium einen vor ein paar Jahren verstorbenen,  extrem asketischen Klassenkameraden, Eigenbrötler, der Hemden, Hosen, Jacken usw. um Epochen länger trug als jeder andere, bei keinen Vergnügungen mitmachte (was ich übrigens bei Ihnen nicht annehme), dafür sich als Internatsschüler ununterbrochen mit Mathematik beschäftigte, auch Statistik, incl. entsprechende Literaturbetrachtung, womit einer unserer Lehrer doktoriert hatte; dabei alles, was es von und über Friedrich Hebbel gab, las. Unser Kontakt mit ihm war Schlange Stehen für Rückfragen vor Mathematik-Prüfungen, die er, vom Unterricht sonst dispensiert, jeweils im Blitztempo ablegte, die Abiturprüfung verliess er nach 30 Min. Arbeitete nach Studienabbruch (an der ETH) Zürich bei Computerfirma als Spezialist für denkerisch schwierige Fälle, wurde, da unpräsentabel, kaum je an Kongresse geschickt, blieb als Aussenseiter, als Zimmermieter lebend, nie Bestandteil der Chefetage, wurde nicht Millionär wie andere. Ich sah den bescheidenen Hagestolz, der sich nie für ein Genie hielt, einige wenige Male in der Stadt. Begraben liegt er in Einsiedeln. Seine um fast eine Generation jüngere Schwester arbeitet in der dortigen Buchhandlung.

Gustav Grambauer

20. August 2022 09:00

Schreibe vom randvoll mit Dom Pérignon gefüllten Jacuzzi aus, habe eine BHK-56 im Mundwinkel und aus der Bowers & Wilkins Nautilus schallen barocke Trompetenkonzerte (Torelli!) in Dauerschleife. Muß mich mit Schreiben sputen, 9 Uhr kommt bei uns immer der Partyservice vom Dolder fürs Znüni!

Einseitigkeit fordert immer ihre Kompensation ein.

Z. B. konnte Sparta nur Sparta sein auf der Grundlage von alle heutigen Pride-Paraden blaß aussehen lassendem Schwulenkult & institutionalisierter, vor allem auch militärisch institutionalisierter Liebe zum Anus der Knaben, ebenso einer Kultur regelmäßiger mehrtägiger Tanz- und Trinkfeste, - FKK-Poolparty -, und getrunken wurde nicht Tee.

Manche Rechte (diejenigen, die es betrifft) beugen dem Sog zum Ausgleich der Extreme vor bzw. brechen immer wieder aus der selbstgewählten Verhärmung z. B. dadurch aus, daß sie sich so richtig besaufen. Eine gewisse Weisheit liegt sogar darin. Raskolnikow hat hier schon von Pralinenfreßorgien und ebenfalls von seiner Liebe zum Pérignon berichtet, und wenn nur mit Augenzwinkern. Bin schon gespannt, in welche Art Rausch bzw. Ausschweifung die Teetrinker-Fraktion - dann mit umso größerer Wucht - kippen wird. Man kann nicht auf Dauer das auf eine Yogamatte bannen, was seinen Lauf sucht.

- G. G.

Gustav Grambauer

20. August 2022 09:01

Falls es jemand hier mit der "Natur" als Rechtfertigungsschablone für Austeritätslehren haben sollte: 15 Millionen Spermien pro Ausstoß, von denen selbst im Falle der Zeugung alle bis auf i. d. R. einen sterben werden, deuten doch auf ein durchaus launig-gutes Verhältnis zu Luxus & Verschwendung, oder?

Während viele biologische Prozesse ökonomisch-hochoptimiert laufen.

Und von diesem Delektieren an der Variation könnte man doch versuchen, etwas zu lernen, oder?!

- G. G.

Adler und Drache

20. August 2022 10:48

Tja ... Ich kratze mir immer noch den Kopf.

Was ist das? Anfangs dachte ich, es müsse sich um einen gewollt absurden Text handeln, sozusagen um ein betont schulterzuckendes "Was habt ihr nur?", all denen mit unschuldig-heiterer Miene entgegengehalten, die jetzt wegen Energiekosten bzw. Energieverfügbarkeit wie wild auf den Panikknopf einhauen. (Offensichtlich ist ein gesellschaftlicher Zustand erreicht, in dem nur noch im Panikmodus diskutiert werden kann - der Text wäre dann als ironisches Antidot aufzufassen ...) - Die Kommentare zeigen mir, dass ich damit wohl falsch liege, dass er also tatsächlich so unzweideutig und bierernst aufzufassen ist, wie er geschrieben steht.    

Und was kommt als nächstes? HB's Einkaufsliste? Oder noch ein Text zu den Freuden des Radfahrens und In-der-Platte-Wohnens? Oder mag jemand einen Text beitragen, in dem beschrieben wird, wo bei ihm welches Sofakissen liegt - Titel: "Gemütlich leben"? 

Nachdem ich meiner Frau den Text vorgelesen hatte, meinte sie: "Irgendwie zwanghaft." - Ich meine: irgendwie überdeutsch (im Ordnungsstreben, im peinlichen Reinheits- und Auskehrwillen, in der ganzgenauen Schubladisierung, im Widerwillen, etwas zuzulassen, was das perfekte "System" ins Ungleichgewicht bringen könnte). 

Nachvollziehbar: ja, schon. Und sonst? Dass Sparsamkeit eine Tugend ist, wusste ich bereits - eine Platitude. Den tieferen Sinn begreifen vielleicht nur die wahren Jünger des Meisters des einfachen Lebens, Letzter seines Namens - ich nicht. 

Monika

20. August 2022 11:18

„Alles ist ganz und gar einfach geworden! - so spricht, wer glücklich ist.“

(Josef Pieper in „ Glück und Kontemplation“)

Ebd.:  „Die simplicitas ist die dem Schaublick der Kontemplation eigentümliche Einfachheit - die ganze Kraft des Sehenden sammelt sich in Einen Blick: dies Alles-in-Einem- Haben gehöre, so wird gesagt, auch zum Glücklichsein.“ 

Mit dieser Weise der Einfachheit kann ich natürlich was anfangen. Der einzige Luxus wäre für mich allerdings, dass sich der schauende Blick nicht gerade auf einen Plattenbau richtet, sondern idealerweise auf‘s Meer oder einen Wiesengrund. 

Monika

20. August 2022 11:22

P.S. Das meint natürlich nicht  Klaus Schwabs Vision vom Glücklichsein :

„Ihr werdet nichts mehr besitzen und glücklich sein“. 

😲😲😲

Laurenz

20. August 2022 11:55

@Monika

Klaus Schwabs Vision vom Glücklichsein: „Ihr werdet nichts mehr besitzen und glücklich sein“. 

Ich frag oft, warum in Davos oder sonstwo keiner Schwab antwortet? Spende Dein Vermögen, Eigentum & Besitz, Schwab, und berichte uns in 5 Jahren, wie glücklich die 5 besitzlosen Jahre waren.

Der_Juergen

20. August 2022 12:00

Wäre ich ein simpler Geist, so würde ich hier fragen: "Herr Bosselmann, wie viel hat Ihnen Klaus Schwab für diesen Artikel gezahlt?" Scherz beiseite, ein Beitrag wie dieser kommt wirklich zur falschen Zeit. Und wenn Bosselmanns Rezept dazu führt, dass "Volksaufstände verhindert" werden, kann man nur "Nein danke" dazu sagen. Die einzige Alternative zu Volksaufständen ist nämlich der Volkstod. Es sei denn, die 500.000 Reichsdeutschen in der Antarktis besteigen endlich ihre Flugscheiben und retten uns im letzten Moment...

Mitleser2

20. August 2022 12:24

Das Thema passt ja irgendwie auch zum vorherigen Sellner-Beitrag. Der fand die hedonistischen, dionysischen Populisten auch nicht so appetitlich. Aber ohne die wird die Rechte auch nicht weiterkommen, dazu gibt es zu wenig Asketen.

Der_Juergen

20. August 2022 12:30

@Gustav Grambauer

"Z. B. konnte Sparta nur Sparta sein auf der Grundlage von alle heutigen Pride-Paraden blaß aussehen lassendem Schwulenkult & institutionalisierter, vor allem auch militärisch institutionalisierter Liebe zum Anus der Knaben..."

Ich habe an diesen Geschichten immer gezweifelt. Wenn, wie es heisst, alle spartanischen Knaben ab zehn Jahren von jungen Männern als Lustobjekte gehalten wurden, ehe sie selbst halberwachsen waren, hätten die meisten von ihnen die allnächtliche Tortur des Analverkehrs nicht oder allenfalls als von lebenslanger Inkontinenz geplagte Krüppel überlebt. Ich erinnere mich an einen erschütternden Bericht über Strichjungen in pakistanischen Bordellen, die gesundheitlich unrettbar ruiniert waren. Da die Spartaner selbst keine Geschichtsschreibung betrieben, liegt der Verdacht nahe, dass diese Gerüchte von Spartas athenischen Erzfinden zur Diskreditierung ihres Gegners in die Welt gesetzt wurden. Fake News aus der Antike, sozusagen.

@Raskolnikow

Welcome back, wie es auf Neudeutsch heisst, aber es wäre mir lieber, Sie würden sich zum Ukrainekonflikt äussern, statt unfreiwillige Propaganda für den Herrn Schwab zu betreiben.

Sandstein

20. August 2022 12:34

Sprachlich mal wieder ein gelungener Bosselmann. Und auch inhaltlich sicher bereichernd. Als Anhänger der Philosophie des Antisthenes kann ich einem sparsamen Leben einiges abgewinnen. Damit meine ich aber eher den westlichen Konsumterror, der abgeschafft gehört, als ein so biederes Leben, wie HB es beschreibt. Und das nicht um Ressourcen zu schonen, sondern, weil ständiges Kaufen und Verbrauchen die Seelen vergiftet. 
 

Wieso ein Raskolonikow fließendes Wasser ablehnt, bleibt mir ein Rätsel. Sehr skurril jedenfalls. Aber jeder nach seiner Facon.   

Dietrichs Bern

20. August 2022 12:36

@Laurenz: "Machen Sie Sich keinen Kopf. Wir sind ausnahmslos die Nachkommen von Feiglingen". 

Ach Laurenz, im Sommermantel in die Sowjetunion einzumarschieren oder angesichts am Himmel parodierender Bomberflotten vom Endsiege zu träumen, mag ja nicht feige gewesen sein, aber als zu bevorzugende Eigenschaft möchte ich dergleichen auch nicht feiern.

Ansonsten: Ich entnehme dem Artikel des Herrn Bosselmann keine Klage über einen als Mangel empfundenen Umstand seiner Lebensweise. Sehr gut. Bleibt mehr um es an die männlichen Flaneure der Waffenverbotszonen im Rheinland zu verteilen.  

Trim

20. August 2022 12:36

Ein sonderbarer Text, changierend zwischen Satire und zärtlicher Selbstbespiegelung, unbedingt zeitgemäß (Homestory!). Könnte, mit etwas angepaßten Verlinkungen, z.B. ohne weiteres auch auf dem Manufactum-Blog erscheinen (so es den gibt..).

Dürrenmatt soll mal über Max Frisch's Montauk gesagt haben: "Jetzt läßt er die Hosen runter." Daran muß ich hier denken und danke Herrn Bosselmann für das Gewähren dieses Einblicks ins Private (daß dieser auch Befremden auslösen würde, muß ihm bewußt gewesen sein).

Ich kenne selber einige ältere Alleinstehende Großstädter - pardon - die in ganz ähnlicher Weise eine Art Produktreligion praktizieren, incl. Leinöl-Kult. Allesamt übrigens darüber hinaus nicht gläubig.

Franz Bettinger

20. August 2022 13:31

Ich empfinde wie @Mitleser2 und @Grambauer. Es steht uns nicht zu, die (evtl. auch hedonistische) Lebensweise anderer zu tadeln. Lebensart (Opern, Vegetarismus...) ist Privatsache. Wie kommen wir dazu, Shopping in Paris oder Urlaub in Malle zu bekritteln, während wir Pfalz-Wanderer und Norderney-Urlauber preisen? Darf man hier in Freund und Feind einteilen? Nein, all das gehört zur Vielfalt des Lebens. Jedem das Seine, aber mir nicht unbedingt das Deine. Auch Zigaretten-Liebhaber*innen sollen ihrer Begierde nachgeben dürfen, solange sie sie mir nicht ins Gesicht blasen.

Franz Bettinger

20. August 2022 13:45

Die Kritik an Herrn Bosselmann finde ich unangebracht. Er setzte lediglich einen Kontrapunkt, zeigte wie es auch geht, er wollte nicht lehrmeistern. Es ist ein unpolitischer Text. Und warum nicht?!

Carsten Lucke

20. August 2022 14:20

@ Trim

"Dürrenmatt soll mal über Max Frisch's Montauk gesagt haben: "Jetzt läßt er die Hosen runter." Daran muß ich hier denken und danke Herrn Bosselmann für das Gewähren dieses Einblicks ins Private (daß dieser auch Befremden auslösen würde, muß ihm bewußt gewesen sein)."

Bitte ein bißchen aufpassen !

"Immer dieses Bildliche. Ich bin nicht dafür." (Günter Eich)

RMH

20. August 2022 14:27

" ... eine Art Produktreligion praktizieren, incl. Leinöl-Kult. Allesamt übrigens darüber hinaus nicht gläubig."

Für Ungläubige gibt´s im Regal des Marktes der Möglichkeiten dann ja Yoga. Regelt den Thymos wieder auf Raumtemperatur-adäquate 17- 19 Grad runter.

Herrlich, alles ist machbar, regelbar und mit preußischer Disziplin schaffen wir es auch, wenn der Sensenmann dem irdischen Dasein ein Ende bereitet hat, dass unsere Überreste dann schadstoffarm dem Naturkreislauf wieder zu geführt werden.

PS: Charles Bukowski - auch ein grandioser Schilderer der eigenen Lebensumstände - hatte übrigens am 16.08. seinen 102ten Geburtstag.

Dietrichs Bern

20. August 2022 14:52

@Franz Bettinger: "Die Kritik an Herrn Bosselmann finde ich unangebracht."

Das ist ihr gutes Recht, genauso wie es sein Recht ist, als ressourcenschonendes Kuriosum zu leben (die durch ihn gesparten Ressourcen, verbrauchen dann halt andere, mit - wie ich gelernt habe, "Uppercat" als Haarschnitt).

Für mich als Familienvater von Sohn und Tochter aus der Nähe der rheinischen Waffenverbotszonen, finde ich indes senseits der Beispiele alleinlebender Solitäre wenig Anregung oder Idee, die die meine Welt betrifft. Oder ist Sorge für die Familie hier eine unbekannte Regung?

Laurenz

20. August 2022 14:59

@Dietrichs Bern @L.

im Sommermantel in die Sowjetunion einzumarschieren

brachte Stalin dazu, ca. 70 nachrichtendienstlichen Hinweisen des NKWD nicht zu glauben, daß die Deutschen gedenken werden, über den Njemen/die Memel zu setzen.

Die Tapferen sind alle gefallen. Also stimmt es doch, was ich schrieb.

@Artikel-Bewerter

Hatte bereits versucht, dem Forum näher zu bringen, daß die Lebensart, die hier beschrieben wurde, eine Charakterfrage ist. Und der Charakter eines Menschen ist im Alter von 6 Jahren zu 80% weitestgehend festgelegt. Natürlich hätte @HB hier auch abstrakt (be)schreiben können. Aber in der ICH-Form zu schreiben, ist einfach authentischer & damit in der Konsequenz glaubhafter. Zumindest zum Teil ist der Artikel ja eine non-fiktionale Erzählung, zu 5% sogar eine Reiseerzählung. Was soll jetzt daran schlecht sein? Und wie @Franz Bettinger schrieb, gab es doch kein Abwatschen der Hedonisten im Forum. Daß der Artikel unpolitisch sei, würde ich jetzt so nicht unterschreiben.

Laurenz

20. August 2022 15:19

@RMH

Charles Bukowski

Im Netz kam ich auf die Schnelle nicht auf seine (verkaufte) Gesamtauflage. In Deutschland soll er 4 Mio. Bücher verkauft haben, kein Pappenstil. In den USA soll er der am meisten in Buchläden geklaute Autor sein. Ich hatte mal die Stripperinnen von Burbank gelesen. Die Kurzgeschichte Big Bart war dann schon etwas eklig. Für mich was das dann auch genug Bukowski, zumindest für dieses Leben. Allerdings war Big Bart wiederum auch nicht so schlimm, wie American Psycho von Bret Easton Ellis. Bei letzterem Werk wurde mir beim Lesen richtiggehend schlecht. 

Umlautkombinat

20. August 2022 15:20

Gelernt habe ich heute: Es gibt auch bei den Rechten Texte, die den Falschen nuetzen.

dojon86

20. August 2022 15:31

@Dietrichs Bern Da gibt es nur Ratschläge, zumindest für die Kinder. Vor allem, eine Ausbildung mit der man mobil ist. Im übrigen empfehle ich, wenn die eigene Ethnie Minderheit ist, kluge Anpassung nach aussen und Bewahrung des eigenen nach innen. 

 

dojon86

20. August 2022 15:50

@Dietrichs Bern Im übrigen kann auch Askese bei sinnlosen Konsumausgaben in der Art HB's durchaus in kommenden Zeiten nützlich sein. Ansonsten, schauen, wie ethnische Minderheiten überlebten und überleben, oft durchaus dabei zwar gefährdet, aber prosperierend. Religion wird übrigens in diesem Forum oft geringgeschätzt. Sie kann aber ein unentbehrliches Hilfsmittel beim Weiterbestehen einer Minderheit sein. Juden, Polen, Iren wissen das.

Gracchus

20. August 2022 15:58

Rudolf Steiner hat die Kartoffel geschmäht, Leon Bloy die Fahrräder.

@Sandstein: " [...] die Seele vergiftet". Sehe ich auch so. Es ist dann aber nicht die Aufgabe einer - selber seelenvergiftenden - Politik, dies dem Bürger - pardon Verbraucher - einzu...impfen.

 

 

ede

20. August 2022 16:28

Danke Herr Bosselmann.

Schadet nicht, wie man an verbissenen Kommentaren sieht, mal gelegentlich auf das je eigentümlich Wesentliche zu zeigen.

Zum Beispiel der drastisch die Lebensqualität bestimmende Blick aus dem Fenster. Oder der Geschmack von Brot (die meisten Industrieprodukte kann man durch aufbacken auf 2- bis 3 veredeln).

Mein Kummer sind die Erdbeeren. Immer wieder falle ich auf den virtuellen Betrug herein, und es sind wieder Möhren.

Schreiben Sie doch mal, sehr geschätzter Herr Bosselmann, was über die optimale Party (Feiern & Ausschweifen). Mal sehen, was die Jakobiner dann sagen.

@Franz B: für unpolitisch halte ich den Text nun auch nicht. Was der Habbeg oder Lauterbach sagt, muss uns doch nicht interessieren.

Niekisch

20. August 2022 17:52

"Wieso ein Raskolonikow fließendes Wasser ablehnt, bleibt mir ein Rätsel."

@ Sandstein 20.8. 12:34: Er wird halt lieber einen Vodka aus dem Wasserhahn rinnen sehen. Der desinfiziert zugleich, spart also auch Ressourcen.

Der Gehenkte

20. August 2022 18:48

Daß hier überhaupt der Name Schwab fällt, ist an Absurdität kaum zu überbieten, der Gedanke, daß Texte deswegen "anderen nützen" ebenso. Wer so denkt, macht sich komplett abhängig von seiner eigenen Gegnerbeschreibung und ist keinen Deut besser, als Linke mit ihrer Kontaktschuldthese. Wenn nämlich (partielle) Übereinstimmungen mit der Gegnerposition gekoppelt und danach bewertet werden, dann bliebe nur noch das Schweigen.

Die Einfachheit ist ein roter Faden durch alles Weisheitslehren dieser Welt, wer sie vertritt, steht auf der Seite der Kyniker, Stoiker, Jesu, Buddhas, Eckharts, Georges Heideggers etc. Das sagt weder etwas über das Motiv, den Antrieb, das Ziel, noch etwas über die ideologischen Hintergründe. Wenn zwei einfach leben, ist das nicht das Gleiche - aber es ist de facto immer gut oder doch besser, als ein übermäßiger Ressourcenverbrauch und der Weg in die selbstgewählte Abhängigkeit.

Im Übrigen hat Bosselmann das Recht so zu leben, wie er lebt, und jeder andere, das Recht, anders zu leben. Man kann das zur Kenntnis nehmen und für sich abklären und abgleichen, aber nicht mit Hypermoralismen bewerten. ... Kann man natürlich auch, ist aber uninteressant. Was B versucht, ist ein Lebensmodell vorzustellen, das vergleichsweise wenig Schaden anrichtet. Das ist lobenswert.

Herbstwind

20. August 2022 19:46

@Franz Bettinger "Die Kritik an Herrn Bosselmann finde ich unangebracht"

Weder Herr Bosselmann noch seine Lebensweise sind unsympathisch. Im Gegenteil hat diese bescheidene Kargheit ja durchaus einen gewisse Würde. Da der Text bzw. die "Homestory" allerdings in einem Forum erschienen ist, in dem es um intellektuelle Konzepte, Methoden und Strategien der Neuen Rechten geht, wird dieser Text eben auch als Angebot eines Konzeptes rezipiert und ggf. zurückgewiesen. 

Möchte ich, dass Herr Bosselmann weiter so leben kann wie hier geschildert? Ja natürlich 

Möchte ich in einer Welt voller kaltduschender, asketischer Bosselmanns leben? Bitte nicht

 

 

Mitleser2

20. August 2022 20:02

@Der Gehenkte: "Im Übrigen hat Bosselmann das Recht so zu leben, wie er lebt, und jeder andere, das Recht, anders zu leben. Man kann das zur Kenntnis nehmen und für sich abklären und abgleichen, aber nicht mit Hypermoralismen bewerten. ... Kann man natürlich auch, ist aber uninteressant. Was B versucht, ist ein Lebensmodell vorzustellen, das vergleichsweise wenig Schaden anrichtet. Das ist lobenswert."

Alles richtig, und Kritik an HB ist nicht angebracht. Trotzdem wollen wir doch (hoffentlich) als Rechte, dass rechtes Denken sich wieder weiter verbreiten kann. Und dafür werden eben auch andere (meinetwegen hedonistischere) Lebenseinstellungen gebraucht, denn HB vertritt nun mal eine Minderheitsposition. Damit muss man plumpem Konsumismus nicht das Wort reden.

Umlautkombinat

20. August 2022 21:13

> der Gedanke, daß Texte deswegen "anderen nützen" ebenso.

Da nur ich so formuliert habe, lesen Sie doch noch den Rest meiner Kommentare zu diesem Thema. Ironietags werden selten dazugepackt. Die Wortwahl hatte denselben Grund wie in Ihren weiteren Ausfuehrungen genannt.

Volksdeutscher

20. August 2022 21:18

Aus meiner Sicht handelt es sich in ästhetisch-formaler Hinsicht um einen gut gelungenen Text. Denn es dürfte Heino Bosselmann in erster Linie darum gehen, einen solchen Text zu schreiben. Die inhaltliche Seite der Erzählung ist ebenfalls kein Grund fürs Echauffieren, denn er ist keine Empfehlung und schon gar keine Propaganda für die Nachahmung oder gar Aneignung seiner Sichtweise. Bosselmann will die Hedonisten nicht ans andere Ende der Welt verbanenn und stößt auch keinen Fluch in ihre Richtung aus. Er beschreibt seine Haltung in dieser Zeit unter den herrschenden Bedingungen, die uns alle betreffen, und so erzählt er über seine Art des Umgangs mit seinen Nöten. So aufdringlich privat, wie es ihm unterstellt wird, ist der Text nicht. Heino Bosselmann wollte auch keine rechtsintellektuelle Theorie zur Bewältigung der Energiekrise schreiben. Was er wollte, das tat er: uns seine individuelle Sicht auf und seinen Umgang mit der Krise zeigen.

Der Text läßt einen so weiterleben, wie man will und gewohnt ist. Kultivierter Hedonismus (sich mit wertvollen Objekten zu umgeben) und außerweltliche Askese (ordentlich, pünktlich und verbindlich zu sein) schließen sich meines Erachtens nicht aus.

quarz

20. August 2022 21:27

Manche Verteidiger des Hedonismus scheinen diese Position für eine schlichte Negation der Askese zu halten und plädieren folglich für "Ein bisschen Spaß muss sein!". Dieses Plädoyer beruht aber auf einem Missverständnis. Fast niemand, auch unter den Kritikern des Hedonismus, will das Vergnügen aus dem Leben verbannen. Die zentrale These des Hedonismus ist nicht, dass man (auch) Spaß haben soll, sondern dass das Vergnügen das ultimative Ziel allen Lebensvollzugs ist und dass sich alles Handeln letztlich diesem Ziel unterordnen soll. Und das ist eine wesentlich radikalere Forderung, als die, dem Vergnügen einen angemessenen Platz einzuräumen. Zu Recht ist der Hedonismus deshalb in der Ethik eine exotische Minderheitsposition, von der sich inzwischen auch fast alle Utilitaristen abgewandt haben.

Volksdeutscher

20. August 2022 21:28

Man könnte aus dem Text die Erkenntnis ziehen, daß es notwendig sein könnte, einfach zu leben (Wie?), wenn es einem nicht gegönnt werde, einfach zu leben (Was?).

Kurativ

20. August 2022 21:30

Hallo Herr Bosselmann. Vielen Dank für den schönen Text. Es gibt viele Punkte, die man diskutieren kann. Ich sehe das praktische Leben ebenso wie Sie. Die Dinge lenken ab. 

Kurativ

20. August 2022 22:37

Wenn man es so für sich selber macht, dann finde ich das gut. Ich kann das verstehen. Man macht sich weniger abhängig und wird weniger Teil des Gestells. Wenn man aber hofft, damit die Welt zu retten, dann ist das eine sinnlose und freudlose Angelegenheit. Ganz allgemein: Es wird sich nichts ändern, wenn man sich selber opfert/kasteit.

Ein Blick auf die Bevölkerungspyramide reicht um das zukünftige Deutschland vorauszusehen. Hat schon einmal jemand gesehen, wie in arabischen Ländern die Menschen mit ihrer Umwelt umgehen? Die "Wüste" verdeckt alles. Wer also stolz auf seine Mülltrennung ist oder um 7 Uhr morgens sich seinen Strom vom Munde abspart, der hat noch nicht verstanden, was die langfristige Perspektive ist. Ich fordere hier natürlich nicht im übertragenen Sinne auf, die Batterien/Knopfzellen in den allgemeinen Müll zu werfen. Man muss nur überlegen, wie man mit "Hoffnung" umgehen sollte

Nordlicht

20. August 2022 23:56

@Der Gehenkte

"Im Übrigen hat Bosselmann das Recht so zu leben, wie er lebt, und jeder andere, das Recht, anders zu leben."

Das hat hier Niemand bestritten.

Am Besten gefällt mir von den Kommentaren die von Trim 12:36. Homestories sind für diesen Leserkreis m. E. neu. Warum nicht? Wenn danach wieder Sellner oder der Chef selbst schreibt.

RWDS

21. August 2022 09:13

Jedem das Seine. :)

Der Gehenkte

21. August 2022 09:48

@ Umlautkombinat

"Ironie"

Mein Fehler!

Bitte nie einen "Ironietag" setzen - dann ist es keine Ironie mehr. Sie läuft per definitionem immer Gefahr - besonders wenn sie gut ist - nicht verstanden zu werden. Das macht einen Teil ihrer Schönheit aus.

Franz Bettinger

21. August 2022 10:49

Off topic? Eigentlich nicht. "Auf der 'Fahrradstraße' von München erlebe ich als Autofahrer oft, wie Radfahrer absichtlich breit in der Straßenmitte fuhren, damit ich sie nicht passieren kann,“ schreibt P. Haisenko. Ich zurück: 

Wissen Sie, was ich in einem solchen Fall - der mir auch am anderen Ende der bösen Welt öfters passiert - häufig mache? Ich bleibe hinter den Radlern. Auch wenn diese, ihres Spiels und Macht-Missbrauchs irgendwann müde, an die Seite fahren, bleibe ich immer noch hinter ihnen. Ich fahr mit meinem RAF4 nicht an ihnen vorbei, schon gar nicht wütend. Und wenn sie genervt am Straßenrand stehen bleiben, dann bleibe ich in meinem bösen Auto ebenfalls stehen und seh sie wie 2köpfige Schmetterlinge interessiert an. Ich verfolge sie und das Ganze ganz legal. Und manchmal ergibt sich daraus ein schöner bösartiger Disput, den ich  - wie Sie sicherlich auch - nie fürchten muss. … Bezug: https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20222/die-unertraegliche-arroganz-der-gruenen-radfahrer/

Dietrichs Bern

21. August 2022 11:33

@dojon86: "Dietrichs Bern Im übrigen kann auch Askese bei sinnlosen Konsumausgaben in der Art HB's durchaus in kommenden Zeiten nützlich sein". 

Nun,ich würde schon sagen, dass ich eben darauf achte, auch jetzt schon vernünftig mit dem Geld umzugehen und nicht in Verschwendung zu leben, aus meiner Sicht ist der Familienvater aber anderen Herausforderungen ausgesetzt, als der Alleinlebende Bosselmannschen Zuschnitts. 

 

 

 

RMH

21. August 2022 12:03

Fragen des "wie lebe ich" - auch was die materielle Ausstattung angeht - sind wesentlich und Diskussionen darüber sind zwingend zu führen, da metapolitischer, als manch anders. Jeder ist verschieden, aber jeder hat als soziales Wesen Mensch, Interesse daran, wie machen es andere. Brüche, Scheitern, der Blick nach vorn, der Blick zurück, alles normales, menschliches Verhalten. Beim Blick zurück auf den bspw. von mir genannten Bukowski (der mit Romanen wie "Der Mann mit der Ledertasche" auch Literatur auf Weltniveau hinterlassen hat) zeigt, dass der auch zur Verrottung führende Alkoholismus, der das permanente Grundrauschen aller weißen Zivilisationen war und ist (das ist UNSERE Droge!), vergleichsweise fast schon romantische Vielschichtigkeit liefern kann, als bspw. die moderne, brachiale Absturz- und Todesrealität der Opioidkrise in den USA. Metallica singt im Lied "Frantic" buddhistisch:

"You live it or lie it! My lifestyle determines my deathstyle."

Lebensdarstellungen, die "ich hab den Dreh raus" vermitteln, legen den Verdacht nahe, dass es sich dann um den Teil "or lie it" handeln könnte. Wo sind die echten Brüche?

Laurenz

21. August 2022 12:11

@Dietrichs Bern @Dojon86

aus meiner Sicht ist der Familienvater aber anderen Herausforderungen ausgesetzt, als der Alleinlebende HB'schen Zuschnitts. 

Ja, natürlich. Aber hat das was mit der Lebensart zu tun? Mal abgesehen davon, daß sich K&K für Ihre Zwerge, wie so viele Spezialdemokraten auch, ein Internat leisten, so glaube ich verstanden zu haben, daß HBs beschriebene Lebensart gar nicht so weit von dem Ideal GKs entfernt liegt.

@Franz Bettinger

Fahrradfahrer

Die Unverschämtheiten von Fahrradfahrern sind eher dämlich. Wer liegt denn im Falle des Falles im Krankenhaus? Das gilt auch für die vielen, mit Lastwagen oft tödlichen, Rechtsabbieger-Unfälle. Im Ernst, was bringt da das Recht auf Vorfahrt?

@Volksdeutscher

Viel spannender, als die reine Debatte um die Lebensart, ist doch die Beobachtersituation HBs in einem sozialen Glimmpunkt. Was passiert denn dort, wenn Hartz4 oder zukünftiges Bürgergeld, zB aufgrund von Inflation, nicht mehr zum Überleben ausreicht?

Trim

21. August 2022 12:25

@ Bosselmann/ RMH/ Bukowski/ Metallica

Doderer schrieb mal folgendes nieder:"Ich halte jeden Menschen für voll berechtigt, auf die - von den Ingenieursgesichtern und Betriebswissenschaftlern herbeigeführte - derzeitige Beschaffenheit unserer Welt mit schwerstem Alkoholismus zu reagieren, soweit er sich nur was zum Saufen beschaffen kann. Sich und Andere auf solche Weise zu zerstören ist eine begreifliche und durchaus entschuldbare Reaktion. Wer nicht säuft, setzt heutzutage schon eine beachtliche und freiwillige Mehr-Leistung."

 

Karl

21. August 2022 13:21

Zum "einfachen Leben" gehören FAZ, NZZ, Deutschlandfunk und MDR-Kultur? Soooo einfach kann das Leben dann nicht sein. Gegenüber diesen Zeitungen und Radiosendern ständig sich abzugrenzen ist auf Dauer sehr anstrengend... Propaganda lebt von Wiederholungen. Vielleicht definiert dauerhaftes Abgrenzen die eigene Identität? Es gibt auch Alternativen zu diesen Propagandaschleudern.

Mitleser2

21. August 2022 13:21

@Trim: Aus Ihrem Zitat würde ich schließen, dass auch Sie die ingenieursgeschaffene Welt abschaffen wollen. In welche Höhle soll's denn dann gehen? Auch trinkbarer hochprozentiger Alkohol, von dem man nicht gleich erblindet, basiert auf technisch-chemischen Prozessen.

Gracchus

21. August 2022 13:38

@Trim, RMH

Das Doderer-Zitat ist natürlich vorzüglich.

Womöglich streitet sich hier (im Forum) auch Preußen vs. Habsburg?

Es gibt auch ein vergnügliches Büchlein von Michael Krüger, "Literatur und Alkohol". 

 

Gracchus

21. August 2022 13:47

@RMH: Zustimmung, dass die Frage, wie leben, sozusagen die metapolitische Generalüberschrift bildet.

Was bei Bosselmann ja auch anklingt: ein gewisses, überwiegend wohl selbst gewähltes "social distancing" - früher: Aussenseitertum genannt -, was, scheint mir, für eine Vielzahl von den hier kommentierenden Foristen zutrifft, mindestens innerlich; mit der derzeitigen Entwicklung vermag man sich nicht zu identifizieren, erst recht nach den Corona-Exzessen. 

 

Gracchus

21. August 2022 13:52

@Laurenz "Charakterfrage": 

Ich sehe es auch als Charaktertest an, ob die Deutschen sich von Figuren wie Lauterbach oder Kretschmann befreien bzw. den grün-woken Kräften widerstehen können. Das wird spannend. 

dojon86

21. August 2022 14:17

@Dietrichs Bern 21.o8. 11:33 Ich weiß genau, was sie meinen. Schließlich habe auch ich eine Zeitlang versucht, 4 Erdenbürger mit einem Durchschnittsgehalt zu erhalten. Am ärgerlichstein in diesem Zusammenhang ist die auf Teenagers ausgerichtete Werbung.

@Laurenz um 12:11 Was bedeutet k &k ?

Hajo Blaschke

21. August 2022 14:20

Off top: gestern, am 20. August wurde die Tochter von Alexandra Dugin ermordet. Ihr Auto wurde vermutlich von einer  Wagen angebrachten Bombe zerfetzt. Sie fuhr im Auto ihres Vaters, der im Auto eines Bekannten mitfuhr. Es ist davon auszugehen, dass beabsichtigt war Alexandra Dugin zu ermorden.

Laurenz

21. August 2022 14:26

@Trim @Bosselmann, RMH, Bukowski & Metallica

Doderer, die Technik & das Saufen

Ja klar, dem von Doderer wäre es lieber gewesen, das feudale Habsburg existierte noch mit dem altbewährten Adriazugang, um in Pula zu flanieren. Doderer verdankt doch sein ganzes labohèmeisiertes Leben genau dem, was er hier angreift. Mit Verlaub, lächerlich, ja fast schon etwas eklig unangenehm der Mann.  https://de.wikipedia.org/wiki/Heimito_von_Doderer

https://www.kenn-dein-limit.de/

Wir haben in Deutschland so ca. 3 Mio. Alkis, tablettensüchtig sind ca. 2 Mio.

@Karl

Überfliege fast jeden Tag den Relotius. Wie soll man sonst erfahren, was der politische Gegner gerade Hanebüchenes plant?

@Gracchus @RMH

"social distancing"

Absolut korrekt. Mit Maskenträgern hat man nur noch insoweit zu tun, wie sich eine direkte oder schriftliche Korrespondenz nicht vermeiden läßt.

Trim

21. August 2022 16:12

@ Mitleser2

"die ingenieursgeschaffene Welt abschaffen" auf diesen Gedanken bin ich, ehrlich gesagt, noch nie verfallen.

Ich glaube nicht an eine ingenieursgeschaffene Welt. Und deshalb mache ich mir auch keine Gedanken über die chemisch-technischen Prozesse bei der Alkoholherstellung und möchte das auch fürderhin lieber nicht tun.

Laurenz

21. August 2022 16:44

@Dojon86 @L.

K&K

In diesem Fall ist damit nicht die Abkürzung von Habsburg & Anhängseln gemeint, sondern das Ehepaar Ellen Kositza & Götz Kubitschek, mit den beiden Erstbuchstaben der Nachnamen abgekürzt. 

Zu 99% haben wir hier mit jeweils nur einer Person von Beiden zu tun, auch wenn meist Beide in der Schnellroda-Videos "Am Rande der Gesellschaft" auftreten, Beide aber in der Regel unterschiedliche Aussagen tätigen & Frau Kositza meist moderiert. Deswegen kürzen viele & ich hier, vermehrt seit Einführung der Zeichenbegrenzung, die Einzelpersonen mit EK oder GK ab. Beschwerden darüber konnte ich bisher nicht wirklich festhalten.

Den sogenannten SiN-Dauerbadegästen war daher klar, wen ich gemeint hatte. Aber als Neuerwerbung oder Einzelkarten-Käufer muß man das nicht unbedingt wissen. Insofern ist es auch richtig nachzufragen.

Laurenz

21. August 2022 16:55

@Hajo Blaschke

Dugin-Attentat

Mitleser2 hatte es schon erwähnt.

Interessant ist es hier wirklich einerseits die in diesem Falle nüchterne Berichterstattung der JF 

https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2022/tochter-des-russischen-philosophen-alexander-dugin-bei-anschlag-getoetet/

zu lesen. Das ist tatsächliche Berichterstattung und anderseits sich das reaktionäre Hetzblatt Der Relotius reinzuwürgen, wahrlich journalistische Anti-Kultur. Hier findet man den echten historischen Bezug des Relotius zur DDR & zur Ära der Nationalsozialisten.

https://www.spiegel.de/ausland/darja-dugina-tochter-von-russischem-nationalisten-stirbt-bei-bombenanschlag-a-d0359731-8dd7-427c-b610-e2154b4d6674

Daß die Attentäter die Tochter erwischt haben & nicht Dugin selbst, zeigt schon eine gewisse mangelnde Professionalität.

RMH

21. August 2022 18:06

Womöglich streitet sich hier (im Forum) auch Preußen vs. Habsburg?

@Gracchus,

ja, preußischer, säkularisierter Staatsprotestantismus gegen katholischen Inn-Salzach, Wiener Klassik-Stil.

Ich bin dann eindeutig für Topfenstrudel, Tafelspitz, Kalbsschnitzel & Gulasch  und Heurigen statt Kartoffelsuppe und Pillkaller.

Sandstein

21. August 2022 18:48

So gut der Bosselmann Text auch sein mag, die Kommentare sind (mal wieder) einsame Spitze. 

@niekisch sehr wahrscheinlich :>

Dank:
@gracchus @Trim @ mitleser2 ..im Prinzip an alle. Rechte Homestories aus dem Plattenbau haben anscheinend was für sich. 

dojon86

21. August 2022 19:45

@RMH 18:06 Gut möglich, Norddeutsch-protestantisch gegen Süddeutsch-katholisch ist im Unterbewusstsein bis heute eine Trennlinie. In diesem Sinne ist Herr Bosselmann ein klassischer Preuße, was an sich ja lobenswert ist. Er war ja auch Soldat in der Armee des entsprechenden Hinweis Nachfolge-Staates. Ich halt's halt mehr mit dem k.u.k Bezirkshauptmann Trotta, dem, obwohl Asket, die richtige Konsistenz seiner Kirschknödel sehr wichtig war.

Mitleser2

21. August 2022 20:32

@Trim: "Ich glaube nicht an eine ingenieursgeschaffene Welt. Und deshalb mache ich mir auch keine Gedanken über die chemisch-technischen Prozesse bei der Alkoholherstellung und möchte das auch fürderhin lieber nicht tun."

Dann verstehe ich nicht, was Sie uns eigentlich mit dem Doderer-Zitat sagen wollten. Aber vielleicht ist es besser, wir führen das nicht fort.

Die Dugin-Geschichte ist viel interessanter, und wahrscheinlich auch viel problematischer.

KlausD.

21. August 2022 21:13

@RMH  21. August 2022 18:06   

" ... preußischer ... Staatsprotestantismus gegen katholischen ... Wiener Klassik-Stil ... Ich bin dann eindeutig für Topfenstrudel, Tafelspitz, Kalbsschnitzel & Gulasch  und Heurigen statt Kartoffelsuppe und Pillkaller."

Lesen wir, was der französische (Deutschland)Reisende Johann Kaspar Riesbeck 1784 dazu beobachtet hat (auszugsweise):

In Wien (katholisch): "Man frühstücket bis zum Mittagessen, speist dann zu Mittag bis zum Nachtmahl ... von einem trägen Spaziergang unterbrochen, und dann geht´s in das Schauspiel ... Kaffeehaus ... das ewige Essen, Trinken und Spielen. ... Subordination ist hier die einzige Triebfeder des Staates. Ich habe noch kein Fünkchen von der Freiheitsliebe der Engländer oder von dem Gefühl der Ehre ... hier aufspüren können  ..."

In Berlin (protestantisch): "So viel sehe und höre ich überall, daß das hiesige Publikum in seiner höheren Region, nämlich um die Köpfe, besser bestellt ist als das wienerische ... herrscht hier eine Aufklärung über den Zustand des Landes, eine Freiheit in Beurteilung der Regierung, ein Nationalstolz, eine Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten und unter den Militär- und Zivilbediensteten eine Tätigkeit für den Staat ... daß man glauben sollte, man wäre nach London versetzt worden."

Gracchus

21. August 2022 21:18

@RMH, dojon86: Kulinarisch, literarisch: Habsburg klar vorne. 

 

Valjean72

21. August 2022 21:22

RMH:

Ich bin dann eindeutig für Topfenstrudel, Tafelspitz, Kalbsschnitzel & Gulasch  und Heurigen statt Kartoffelsuppe und Pillkaller.

In der real existierendem BRD, diesem modernen Rheinbund und eingeschränkt souveränen (kastrierten) deutschen Rumpfstaat, haben Sie weder das eine (Österreich) noch das andere (Preussen).

Trim

21. August 2022 21:32

@ Mitleser2

"...problematischer"

Problematisch ist bei der Exegese des Dodererzitats sicherlich, daß er - nicht nur aber auch - Humor hatte.

Ich habe zwar nur dies und das von ihm gelesen, an die Erschaffung der Welt durch Ingenieure, soviel wage ich nach Durchsicht des vorliegenden Materials zu behaupten, hat er jedenfalls nicht geglaubt.

Er lebte übrigens nicht im Plattenbau, aber - habe ich gelesen - in einer Dachwohnung, und zwar bescheiden.

Sonst haben Sie aber recht ("besser, wir führen das nicht fort").

RMH

21. August 2022 21:55

... "glauben sollte, man wäre nach London versetzt worden."

@KlausD,

Ist doch schön, wenn hier im Forum London mal nicht das perfide Albion ist, sondern eine Art positives "role model"

@Valjean72,

da haben Sie recht - und die Republik Österreich hat auch "sein" Österreich verloren. 

Die Diskussion zeigt, dass der 30-jährige Krieg immer noch nachwirkt. Und das @Gracchus mit seiner These im Beitrag 21. August 2022 13:38 nicht unrecht hat und einen guten Punkt getroffen hat.

Dietrichs Bern

21. August 2022 21:55

@KlausD.“In Berlin (...) Nun die lächerlichste Hauptstadt neben Mogadischu vielleicht, steht heute für Dreck, Zerfall und Skrupellosigkeit im Abgreifen von anderer Leute Arbeit. Wenn es irgendwas gibt, das dieses Land an Bewunderungswürdigem hervorgebracht hat, ist dieser Moloch am weitesten davon entfernt.

RMH

21. August 2022 22:11

Ach ja - und da hier gerade durch ein Zitat das preußische Berlin als beinahe London dargestellt wurde, H.B. das einfache, "preußische" Leben beschreibt, dann kommt über Preußen-England bei mir die Assoziation zur Fellowship of the new Life

The Fellowship of the New Life – Wikipedia 

Aus dieser entwickelte sich die Fabian Society (mit kurzzeitigem Ableger der "Fabier" in Wien) - die bis heute wirkt (und Gegenstand und Teil von einigen VT ist).

dojon86

21. August 2022 22:31

@KlausD zu ihrem Text würde ich sagen, na ja, Protestanten loben einander. Viel Freiheit und Ehre kann ich in penibler Pflichterfüllung für das Haus Hannover, Habsburg oder Hohenzollern, (und das war damals der Staat) nicht erkennen. Aber im Ernst, @Mitleser2 hat völlig recht, es gibt weitaus Wichtigeres, mag das jetzt das Attentat auf Dugins Tochter, die anlaufende Völkerwanderung, Energie und Klima und schließlich auch noch Corona. Trotzdem schadet ein bisschen Herumblödeln am Sonntagabend nicht.

Gracchus

21. August 2022 22:57

106 Kommentare - aber die brisanteste Stilfrage wurde nicht mal gestreift. Und zwar die nach Wortwiederholungen. Wie wahrscheinlich alle habe ich im Deutschunterricht gelernt, Wiedeholungen vor allem von Substantiven in einem oder dem folgenden Satz zu vermeiden. Und  - auch eine Regel aus dem Deutschunterricht: Keinen Satz mit "Und" beginnen - genau dieser Regel folgt HBs Text, wenn in einem Satz in dessen erster Hälfte von Rad die Rede ist, in der nächsten aber ein (schweizerisches) Velo auftaucht. 

Ich habe diese Regel über Bord geworfen; anstatt Synonyme zu verwenden, ist es meist besser, Redundanz in Kauf zu nehmen. Michael Maar hat mich in dieser Ansicht bestätigt (Kapitel "Der edle Kruster" seines Stil-Buchs). Velo statt Rad mag ein Grenzfall sein. Sehr komisch klänge: Drahtesel. Auch wenn mir Velo durchaus geläufig ist, bin ich doch drüber gestolpert - und habe mich (ich übertreibe) gefragt, ob die Waldorfschüler aus der Schweiz, beispielsweise aus Dornach angeradelt kommen. 

dojon86

21. August 2022 22:59

@KlausD Ich nehme den Satz, Protestanten loben einander zuruck, ich schloss beim Namen Riesbeck auf norddeutsche Herkunft. Weil sehr französisch klingt der Name ja nicht. Auch das Lob Englands ließ mich jedenfalls auf eine nicht französische Herkunft schließen. Na, beim abendlichen Polemisieren kann so etwas schon passieren.

Laurenz

21. August 2022 23:50

@Dojon86 @RMH

Norddeutsch-protestantisch gegen Süddeutsch-katholisch ist im Unterbewusstsein bis heute eine Trennlinie.

Das ist rein eine Frage des Standpunkts. Für mich sind die Unterschiede beider Konfessionen zu Islam, Orthodoxie, Judentum & Marxismus lapidar. Gegen meine Sicht der Dinge kann man natürlich was haben, aber meist sind es keine Argumente.

Volksdeutscher

22. August 2022 00:05

@Laurenz - "Was passiert denn dort, wenn Hartz4 oder zukünftiges Bürgergeld, zB aufgrund von Inflation, nicht mehr zum Überleben ausreicht?"

Sollte diese Wirklichkeit uns bevorstehen, wird das System dafür wohlweislich vorsorgen oder en situ auf altbewehrte Krisenentschärfung zurückgreifen. Dann wird es wieder Essensmarken, Massenküche, stundenlanges Anstehen, Durchhalteparolen und Sonntagspredigten zum nationalen Zusammenhalt geben. Das System wird alles versuchen, bloß um keine Unruhen und Revolten aufkommen zu lassen, was ihm auch leicht gelingen könnte. Der Deutsche ist ja bekanntlich nicht aus dem Stoff, aus dem die Träume von Revolutionären gemacht sind. Dem Deutschen müssen Auflehnung erst befohlen werden, damit er sich für die Revolte begeistert und bewegt. Es gibt nichts, was ihn mehr in Entzückung versetzte, als einem Befehl zu folgen. Wenn schon Revolte, dann wenigstens mit Ordnung und Disziplin. Wo kämen wir hin, würde er denken, wenn jeder wild herumliefe und auf den Putz haute, wie es ihm dünkte?

Laurenz

22. August 2022 09:26

@Volksdeutscher @L.

Der Deutsche ist ja bekanntlich nicht aus dem Stoff, aus dem die Träume von Revolutionären gemacht sind.

Ja. wissen wir. 

Aber HB hat jetzt nicht das erste mal Seinen Plattenbezirk geschildert. Da leben so gut wie keine Deutschen. Was meinen Sie denn, warum ich 

Was passiert denn dort, wenn Hartz4 oder zukünftiges Bürgergeld, zB aufgrund von Inflation, nicht mehr zum Überleben ausreicht?

geschrieben hatte?

Fremde Bürger andere Sitten.....

KlausD.

22. August 2022 09:43

@dojon86  21. August 2022 22:31

"bisschen Herumblödeln am Sonntagabend"

Sie haben natürlich recht, mehr war es eigentlich nicht. Aber ich habe nicht angefangen, @RMH war´s. Nach den "Meckereien" zu Berlin reizt es mich aber doch, noch einen kurzen Satz nachzuschieben. Herr Riesbeck hat ja damals zu insgesamt 15 Städten und Regionen im deutschsprachigen Raum seine gesellschaftlichen Analysen betrieben. Schauen wir uns doch bloß nochmal an, was er zum protestantischen Dresden festgestellt hat:

"Der große Haufen zu Wien, München usw. kennt keine andere Wollust, als sich den Bauch zu füllen, sich von dem Unsinn eines Harlekins kitzeln zu lassen und zu kegeln. ... Hier weiß man aber das Vergnügen des Umgangs, der Freundschaft und Liebe zu schmecken. Man macht, wie bei uns, kleine Partien auf das Land und hat Gefühl für die mannigfaltigen Schönheiten der Natur ... herrscht Geschmack an Kunstsachen, und die Lektüre ist fast allgemein. ... Unterschied der katholischen und protestantischen Deutschen ... nämlich, daß bei diesen ein Junge von zwanzig Jahren mehr weiß als bei jenen mancher alter Gelehrte ... Einer der schönsten und stärksten Züge, wodurch sich die Sachsen von den Süddeutschen auszeichnen, ist ihre Vaterlandsliebe und ihre warme Teilnahme an allem, was den Staat interessiert."

(Alle Zitate aus "Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland" Verlag Rütten & Loening, Berlin 1976)

Karl

22. August 2022 11:14

@Laurenz 21.8. 14:26

"Überfliege fast jeden Tag den Relotius. Wie soll man sonst erfahren, was der politische Gegner gerade Hanebüchenes plant?"

Den Dreckschleudern auch noch Geld für ein Abonnement in den Gierrachen zu werfen und Aufmerksamkeit auf ihre Ergüsse durch Klickzahlen zu suggerieren, nur um zu wissen, welche Sau auf der Gegenseite gerade durchs Dorf getrieben wird, halte ich für eine suboptimale Lösung des Informationsproblems. Wenn jeder auf unserer Seite das so machen würde, hätten sie eine beträchtliche Anzahl von Abonnenten/Klickzahlen als Argument für ihre Daseinsberechtigung. Und das nur weil man nichts verpassen will? Wirklich Wichtiges wird ohnehin nicht zu übersehen sein...

 

Maiordomus

22. August 2022 11:22

Nach den Einträgen etwa über 100, wohl schon zuvor,  scheint alles nach dem "Badeschluss" zu lechzen, die Substanz begann krass abzunehmen. 

Karl

22. August 2022 11:28

Ergänzung zu meinem vorherigen Kommentar:

Durch die Wahrnehmung/Registrierung der für wichtig gehaltenen propagandistischen Staatsmedien verbaut man sich die Zeit. Wundert sich, weshalb davon sowenig bleibt und arbeitet sich womöglich noch an ihnen ab. Sie können dich mit ihrem oft unsinnigen konstruktivistischen Dauergeplapper zumüllen, so dass du zu nichts Anderem mehr kommst. Und dabei: so ein kurzer Tag, so wenig Zeit! Nichts was du tust hat keinen Effekt, auch wenn du nichts tust...

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