Die grundlegendste ist, daß sein Werk wieder zugänglich gemacht wird. Im Falle des Weltenbummlers Stefan von Kotze (1869 – 1909) haben das zwei Enthusiasten übernommen und einen Band zusammengestellt, der sich vor allem als Dokumentation versteht, so daß man bei der Lesbarkeit einige Abstriche machen muß. Ihnen geht es allerdings auch weniger um die literarische Qualität des Werkes von Kotze als um dessen abenteuerliches Leben.
Stefan von Kotze entstammte einem alten altmärkischen Geschlecht – Bismarck war sein Großonkel – und galt schon in jungen Jahren als schwarzes Schaf der Familie, ein Ruf, dem er treu bleiben sollte. Während seine Brüder der Familientradition gemäß entweder beim Militär oder in der Verwaltung ihr Auskommen suchten, brach er die Schule ab und zog in die weite Welt, in der er bald sein schriftstellerisches Talent entdeckte. Nach kurzem Dienst auf einem Segelschulschiff der Kaiserlichen Marine ging er um 1887 als Angestellter der Neuguinea-Compagnie für drei Jahre in die pazifischen Kolonien des Reiches.
Von 1892 bis 1900 / 01 hielt er sich in Australien auf, wo er zunächst nach Gold schürfte und Rinder züchtete, bevor er für mehrere Zeitungen als Reporter tätig war, was ihn zu einem Abstecher zu den Südseeinseln führte. Den Kontakt zu den australischen Zeitungen hielt er auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland aufrecht, wo er vor allem für Berliner Zeitungen tätig war.
Ein Auftrag der Berliner Morgenpost führte ihn 1902 zu einer Rundreise um Afrika. Ein letztes Mal brach Kotze 1907 zu einer Reise auf, die ihn auf den Balkan führte. 1909 nahm er sich das Leben.
Seine Bücher über die Südsee, Australien und Afrika erlebten mehrere Auflagen, seine Berichte wurden in verschiedenen Zeitungen nachgedruckt. In bezug auf das gerade angesagte Thema »Kolonialismus« sind Kotzes Texte interessant, da er sich an den teilweise erregten Debatten, die in der deutschen Öffentlichkeit über die Zustände in den Kolonien geführt wurden, gerne beteiligte.
Er legte dabei eine kritische Haltung an den Tag, die aber eher einen zivilisationskritischen bzw. romantischen Zug hatte, wenn er über die Südsee schreibt: »Dafür hielt der preußische Paragraphen- und Polizeigeist Einzug, und vor ihm floh oder verbarg sich alles, was schlecht war in der Südsee, und leider auch alles, was schön und poetisch gewesen.«
Mit seinem Essay Die gelbe Gefahr (1904) gab er einer allgemeinen Furcht der Jahre einen Namen, der sich bis heute als Schlagwort erhalten hat. Für die Rezeption australischer Literatur in Deutschland spielte er die Rolle eines Wegbereiters, und der Feminismus fand in ihm einen frühen Gegner, als er 1904 seinen »Altjungfernkoller« veröffentlichte. Die Wertschätzung, die Kotze auch nach seinem Tod genoß, bringt nicht zuletzt ein Aufsatz von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1918 zum Ausdruck, in dem er Kotze als ein seltenes Beispiel für deutsche Humoristen würdigt.
– –
Ralf Küttelwesch, Bernhard Knapstein: Stefan von Kotze. Biographie, hrsg. von der Stefan von Kotze Gesellschaft, Mittenwalde: factum coloniae 2020. 252 S., 23,80 €
Dieses Buch können Sie auf antaios.de bestellen.