Das habe ich nicht vor. Wer die offiziöse Langform dieses Krebsgangs (in allen Bedeutungen des Wortes) nachlesen mag, sei simpel auf den Wikipediaartikel verwiesen.
Gemessen an der Zahl von 1,3 Milliarden Katholiken weltweit, denen man die Vorgänge am Kopf der deutschen katholischen Kirche nur schwer begreiflich machen können dürfte, ist es ein Sturm im Wasserglas. Aber der hat es in sich.
Es ist ein deutscher Sonderweg.
Also: Anfang 2019 beschlossen die deutschen Bischöfe gemeinsam mit den katholischen Laien-Vereinigungen, via „synodalem [gemeinsamem] Weg“ folgende vier Themenbereiche zu klären:
- Umgang mit klerikalem Machtmißbrauch
- Änderungen an der „Lebensform“ von Bischöfen und Priestern
- Erneuerung der kirchlichen Sexualethik
- Rolle der Frauen in der Kirche
Grob zusammengefaßt spielten also Sex/Gender eine große Rolle. Man könnte hier kichern – aber es ist nicht zum Lachen. Nicht für den, der es ernst meint. Sogar dem bekanntermaßen denkbar progressiven Papst Franziskus stellten sich hier die Nackenhaare auf. In einem Brief an das „das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ warnte er, es dürfe nicht um eine Anpassung an den Zeitgeist gehen.
Als Reaktion auf Franziskus’ Schreiben verfaßten Bischof Voderholzer vom Bistum Regensburg und Kardinal Woelki vom Erzbistum Köln im August 2019 einen alternativen, weniger auf sexuelle und Genderfragen fokussierten Satzungsentwurf. Er wurde mit 21 zu 3 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt.
Höchstkirchliche Warnungen, wonach es sich angesichts der geplanten Themen des Synodalen Weges um ein vom Vatikan zu genehmigendes Partikularkonzil handle, wies Kardinal Marx scharf zurück. Der angestrebte „Synodale Weg“ sei kein kirchenrechtlich definiertes Format, sondern „etwas eigenes“.
Marx, der sich unter anderem mit dem ostentativen Nichttragen des Bischofskreuzes bei seinem Besuch in Jerusalem (wozu man wissen darf, daß der Kardinal zugleich Großprior der „Deutschen Statthalterei des Ritterordens vom hl. Grab zu Jerusalem ist“!) und zuletzt mit der Feier eines „Queer“-Gottesdienstes einen Namen gemacht hat, war bis März 2020 Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz. Sein Nachfolger, Georg Bätzing, zeichnet sich ebenfalls durch liberale und progressive Positionen aus.
Die Synodalversammlung setzt sich aus den 69 Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz und 69 Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zusammen. Hinzu kommen Abordnungen von Orden und Vertreter anderer Gruppierungen, so daß letztlich 227 Teilnehmer bei den bislang vier Treffen in Frankfurt/Main zusammenkamen. Darunter waren 160 männlich, 66 weiblich; eines sei „divers“.
Über die Umsetzung von Beschlüssen, die eine weltkirchliche Relevanz entfalten, entscheidet letztlich der Apostolische Stuhl – wodurch die auf dem „Synodalen Weg“ gefaßten Beschlüsse zuvörderst proklamatorischen Charakter haben: ein „Flaggezeigen“.
Welche Farben diese Flagge letztlich tragen sollte, war von vorneherein klar: die des Regenbogens! (Bekanntermaßen läßt die sechs (statt: sieben-) streifige Homo-/Queer-/Pride-/LGBTQ-Fahne gegenüber dem christlichen Regenbogen – den Bund zwischen Mensch und Gott symbolisierend – einen Farbton aus, das marianische Hellblau. Der synodale Regenbogen nun war sechsfarbig, ohne Grün. Randnotiz!)
Es gab im Verlauf des „Synodalen Wegs“, also zwischen dem 1. Dezember 2019 und September 2022 eine Menge schroffer Friktionen, die es aber selten in die Tagesnachrichten schafften. Eine Auswahl:
Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp hatte sich im Mai 2020 aus dem Forum “Erneuerung der kirchlichen Sexualethik” zurückgezogen, da die dort mehrheitlich verfolgte Linie auf eine Veränderung der kirchlichen Sexualmoral abziele und dieser Weg nicht der seine sei.
Kardinal Woelki beklagte die demokratistische alphabetische Sitzordnung: Er sprach von „falscher Gleichmacherei“, die nichts mit dem zu tun habe, „was katholische Kirche ist und meint“; damit werde die hierarchische Struktur der Kirche in Frage gestellt.
Der frühere Bischof von Regensburg und emeritierte Präfekt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, bezeichnete den Beschluß der Synodalversammlung, ihre Entscheidungen seien gültig, auch wenn sie der katholischen Lehre widersprächen, als „suizidartigen Prozess“.
Stanisław Gądecki, der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, kommentierte den Synodalen Weg „mit Sorge“. Er kritisierte die Positionen zur Abschaffung des Pflichtzölibats, zum Priestertum der Frauen, zur Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene und die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften als „Wiederholung abgedroschener Slogans und Standardforderungen“. Gądecki warnte die Kirche in Deutschland davor, „die Lehre Jesu ständig mit den aktuellen Entwicklungen in der Psychologie und den Sozialwissenschaften zu konfrontieren“, da Wissenschaft in ständiger Entwicklung sei und auch Fehler mache.
70 Bischöfe, überwiegend aus den USA und afrikanischen Ländern, unterschrieben einen im April 2022 veröffentlichten Brief, in dem es hieß, daß die Texte des Synodalen Wegs „größtenteils nicht vom Wort Gottes und der Tradition“ geprägt” seien, sondern „von soziologischen Analysen und zeitgenössischen politischen Ideologien, einschließlich der Genderideologie“ auf der Grundlage eines falschen Freiheitsverständnisses.
In der dritten Synodalversammlung, Februar 2022, war unterdessen mit Mehrheit beschlossen worden:
- die Ordination von Frauen
- verstärktes Mitsprachrecht von Laien bei der Bischofsernennung
- öffentliche Segnungsfeiern für homosexuelle Paare
- der Weltkatechismus solle bezüglich homosexueller Handlungen geändert werden
- verheiratete Männer sollen zum Priesteramt zugelassen werden.
Insofern lief alles perfekt wie am Schnürchen einer Neuen Weltordnung. Dann kam aber die 4. Synodalversammlung vom 8.- 10. September 2022. Es ging nun um das Thema „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“.
Co-Präsidentin Irme Stetter-Karp forderte zu Beginn „flächendeckende Abtreibungsmöglichkeiten auch im ländlichen Raum.“ Der Aachener Bischof Helmut Dieser sagte, er habe von den Bischofskollegen keine Kritik für seine Aussage (kurz zuvor in der ZEIT-Beilage „Christ und Welt“) bekommen, daß Homosexualität gottgewollt sei.
Der dann zur Abstimmung vorgelegte Text thematisierte Fragen der Empfängnisverhütung, homosexueller Partnerschaften, der Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene und der Gleichwertigkeit nicht-heterosexueller Orientierungen und Praktiken. Beispielsweise sollte auch Masturbation kirchlich legitimiert werden.
Nach kontroverser Debatte ergab die Abstimmung eine Zustimmung von 82,8 Prozent der anwesenden Delegierten. Da jedoch von den anwesenden Bischöfen „nur“ 33 Bischöfe (61,1 Prozent) dafür stimmten und 21 (38,9 Prozent) bei drei Enthaltungen dagegen, war die von der Geschäftsordnung des Synodalen Weges geforderte Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe nicht erreicht, so daß der vorgeschlagene Text nicht verabschiedet wurde.
Das sorgte für ungeheures Aufheulen in den Medien und bei den Teilnehmern. Tagesschau.de berichtete:
Fast hundert Synodale versammelten sich spontan in der Mitte des Saales und bildeten einen Kreis um ein Plakat mit der Aufschrift “Keinen Platz für Menschenfeindlichkeit”.
Und weiter:
Besonders empörend wirkte – einer nannte es Feigheit -, dass nur drei der 21 Bischöfe, die am Ende die neue Sexualethik zu Fall brachten, sich vorher in der Debatte als Reformgegner zu erkennen gegeben hatten. So entstand das Gefühl, hier seien konservative Heckenschützen am Werk, denen es um strategische Reformblockaden geht, denen die ganze Richtung nicht passt.
Übrigens ein weiterer Beleg der These, wonach Konservative immer verlieren. Abermals stieg der Pegel; via tagesschau.de:
So sei Synodalität nicht gedacht, sich nicht ins Gespräch einzubringen und am Ende mit dem roten Abstimmungsknopf seine Macht auszuspielen, kritisierte Präsidentin Irme Stetter-Karp den Tränen nahe.
Für einige Tage waren die Systemmedien konsterniert. Gab es also wirklich noch konservative Resistenz in den Reihen deutscher Bischöfe?
Nein. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Es wurden namentliche „Probeabstimmungen“ gefordert und durchgeführt. Ein Teil der Synodalen hatte da bereits die Synodalkonferenz trotzig-erregt verlassen. Diese „re-traumatisierten, weinenden Leute“ (Zitat #Staatsfunk) kehrten dann aber mit ihrem Stimmrecht zurück.
In den folgenden Tagen konnten dann einige Reformpapiere verabschiedet werden: Etwa zugunsten der Priesterweihe für Frauen und zugunsten der Priesterweihe homosexueller Anwärter. Allgemein solle homosexuelle und „nichtbinäre“ Sexualität in der Kirche „neu bewertet“ werden. Wörtlich heißt es:
Da die homosexuelle Orientierung zum Menschen gehört, wie er*sie von Gott geschaffen wurde, ist sie ethisch grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als die heterosexuelle Orientierung. Gleichgeschlechtliche – auch in sexuellen Akten verwirklichte – Sexualität ist damit keine Sünde, die von Gott trennt, und sie ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen.
Die deutsche Bischofskonferenz überholt damit abermals den definitiv progressiven Papst Franziskus links. Denn der hatte im Juni 2022 geäußert:
Dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Msgr. Bätzing, sagte ich: ‚Es gibt eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei davon.‘ Das Problem entsteht, wenn der synodale Weg von intellektuellen, theologischen Eliten ausgeht und stark von äußeren Druckausübungen beeinflusst wird.
Rheinlaender
Die konservative Reforminitiative "Neuer Anfang" hat ebenfalls auf den "Synodalen Weg" reagiert und spricht von "einen manifesten Bruch mit der Heiligen Schrift und der kontinuierlichen Lehre der Kirche": https://neueranfang.online/4-vollversammlung-war-geburtsstunde-einer-deutschen-nationalkirche/
Allerdings waren die sonstigen Reaktionen der Konservativen tatsächlich schwach, die für ihren zaghaften Widerstand entschuldigende Ausreden suchten und diese illegitime Veranstaltung durch ihre Präsenz legitimierten, anstatt den Tisch umzuwerfen und sie zu verlassen.