Deutsche Katholikenelite am Abgrund

Den „Synodalen Weg“ der deutschen Katholiken nachzuzeichnen, hieße, einen Roman zu verfassen.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Das habe ich nicht vor. Wer die offi­ziö­se Lang­form die­ses Krebs­gangs (in allen Bedeu­tun­gen des Wor­tes) nach­le­sen mag, sei sim­pel auf den Wiki­pe­dia­ar­ti­kel  verwiesen.

Gemes­sen an der Zahl von 1,3 Mil­li­ar­den Katho­li­ken welt­weit, denen man die Vor­gän­ge am Kopf der deut­schen katho­li­schen Kir­che nur schwer begreif­lich machen kön­nen dürf­te, ist es ein Sturm im Was­ser­glas. Aber der hat es in sich.

Es ist ein deut­scher Sonderweg.

Also: Anfang 2019 beschlos­sen die deut­schen Bischö­fe gemein­sam mit den katho­li­schen Lai­en-Ver­ei­ni­gun­gen, via „syn­oda­lem [gemein­sa­mem] Weg“ fol­gen­de vier The­men­be­rei­che zu klären:

  • Umgang mit kle­ri­ka­lem Machtmißbrauch
  • Ände­run­gen an der „Lebens­form“ von Bischö­fen und Priestern
  • Erneue­rung der kirch­li­chen Sexualethik
  • Rol­le der Frau­en in der Kirche

Grob zusam­men­ge­faßt spiel­ten also Sex/Gender eine gro­ße Rol­le. Man könn­te hier kichern – aber es ist nicht zum Lachen. Nicht für den, der es ernst meint. Sogar dem bekann­ter­ma­ßen denk­bar pro­gres­si­ven Papst Fran­zis­kus stell­ten sich hier die Nacken­haa­re auf. In einem Brief an das „das pil­gern­de Volk Got­tes in Deutsch­land“ warn­te er, es dür­fe nicht um eine Anpas­sung an den Zeit­geist gehen.

Als Reak­ti­on auf Fran­zis­kus’ Schrei­ben ver­faß­ten Bischof Voder­hol­zer vom Bis­tum Regens­burg und Kar­di­nal Woel­ki vom Erz­bis­tum Köln im August 2019 einen alter­na­ti­ven, weni­ger auf sexu­el­le und Gen­der­fra­gen fokus­sier­ten Sat­zungs­ent­wurf. Er wur­de mit 21 zu 3 Stim­men (bei 3 Ent­hal­tun­gen) abgelehnt.

Höchst­kirch­li­che War­nun­gen, wonach es sich ange­sichts der geplan­ten The­men des Syn­oda­len Weges um ein vom Vati­kan zu geneh­mi­gen­des Par­ti­ku­lar­kon­zil hand­le, wies Kar­di­nal Marx scharf zurück. Der ange­streb­te „Syn­oda­le Weg“ sei kein kir­chen­recht­lich defi­nier­tes For­mat, son­dern „etwas eigenes“.

Marx, der sich unter ande­rem mit dem osten­ta­ti­ven Nicht­tra­gen des Bischofs­kreu­zes bei sei­nem Besuch in Jeru­sa­lem (wozu man wis­sen darf, daß der Kar­di­nal zugleich Groß­pri­or der „Deut­schen Statt­hal­te­rei des Rit­ter­or­dens vom hl. Grab zu Jeru­sa­lem ist“!) und zuletzt mit der Fei­er eines „Queer“-Gottesdienstes einen Namen gemacht hat, war bis März 2020 Vor­sit­zen­der der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Sein Nach­fol­ger, Georg Bät­zing, zeich­net sich eben­falls durch libe­ra­le und pro­gres­si­ve Posi­tio­nen aus.

Die Syn­odal­ver­samm­lung setzt sich aus den 69 Mit­glie­dern der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz und 69 Mit­glie­dern des Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Katho­li­ken zusam­men. Hin­zu kom­men Abord­nun­gen von Orden und Ver­tre­ter ande­rer Grup­pie­run­gen, so daß letzt­lich 227 Teil­neh­mer bei den bis­lang vier Tref­fen in Frankfurt/Main zusam­men­ka­men. Dar­un­ter waren 160 männ­lich, 66 weib­lich; eines sei „divers“.

Über die Umset­zung von Beschlüs­sen, die eine welt­kirch­li­che Rele­vanz ent­fal­ten, ent­schei­det letzt­lich der Apos­to­li­sche Stuhl – wodurch die auf dem „Syn­oda­len Weg“ gefaß­ten Beschlüs­se zuvör­derst pro­kla­ma­to­ri­schen Cha­rak­ter haben: ein „Flag­ge­zei­gen“.

Wel­che Far­ben die­se Flag­ge letzt­lich tra­gen soll­te, war von vor­ne­her­ein klar: die des Regen­bo­gens! (Bekann­ter­ma­ßen läßt die sechs (statt: sie­ben-) strei­fi­ge Homo-/Que­er-/Pri­de-/LGBTQ-Fah­ne gegen­über dem christ­li­chen Regen­bo­gen – den Bund zwi­schen Mensch und Gott sym­bo­li­sie­rend – einen Farb­ton aus, das maria­ni­sche Hell­blau. Der syn­oda­le Regen­bo­gen nun war sechs­far­big, ohne Grün.  Randnotiz!)

Es gab im Ver­lauf des „Syn­oda­len Wegs“, also zwi­schen dem 1. Dezem­ber 2019 und Sep­tem­ber 2022 eine Men­ge schrof­fer Frik­tio­nen, die es aber sel­ten in die Tages­nach­rich­ten schaff­ten. Eine Auswahl:

Der Köl­ner Weih­bi­schof Domi­ni­kus Schwa­der­lapp hat­te sich im Mai 2020 aus dem Forum “Erneue­rung der kirch­li­chen Sexu­al­ethik” zurück­ge­zo­gen, da die dort mehr­heit­lich ver­folg­te Linie auf eine Ver­än­de­rung der kirch­li­chen Sexu­al­mo­ral abzie­le und die­ser Weg nicht der sei­ne sei.

Kar­di­nal Woel­ki beklag­te die demo­kra­tis­ti­sche alpha­be­ti­sche Sitz­ord­nung: Er sprach von „fal­scher Gleich­ma­che­rei“, die nichts mit dem zu tun habe, „was katho­li­sche Kir­che ist und meint“; damit wer­de die  hier­ar­chi­sche Struk­tur der Kir­che in Fra­ge gestellt.

Der frü­he­re Bischof von Regens­burg und eme­ri­tier­te Prä­fekt der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re, Kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler, bezeich­ne­te den Beschluß der Syn­odal­ver­samm­lung, ihre Ent­schei­dun­gen sei­en gül­tig, auch wenn sie der katho­li­schen Leh­re wider­sprä­chen, als „sui­zid­ar­ti­gen Prozess“.

Sta­nisław Gąde­cki, der Vor­sit­zen­de der Pol­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, kom­men­tier­te den Syn­oda­len Weg „mit Sor­ge“. Er kri­ti­sier­te die Posi­tio­nen zur Abschaf­fung des Pflicht­zö­li­bats, zum Pries­ter­tum der Frau­en, zur Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und die Seg­nung von gleich­ge­schlecht­li­chen Part­ner­schaf­ten als „Wie­der­ho­lung abge­dro­sche­ner Slo­gans und Stan­dard­for­de­run­gen“. Gąde­cki warn­te die Kir­che in Deutsch­land davor, „die Leh­re Jesu stän­dig mit den aktu­el­len Ent­wick­lun­gen in der Psy­cho­lo­gie und den Sozi­al­wis­sen­schaf­ten zu kon­fron­tie­ren“, da Wis­sen­schaft in stän­di­ger Ent­wick­lung sei und auch Feh­ler mache.

70 Bischö­fe, über­wie­gend aus den USA und afri­ka­ni­schen Län­dern, unter­schrie­ben einen im April 2022 ver­öf­fent­lich­ten Brief, in dem es hieß, daß die Tex­te des Syn­oda­len Wegs „größ­ten­teils nicht vom Wort Got­tes und der Tra­di­ti­on“ geprägt” sei­en, son­dern „von sozio­lo­gi­schen Ana­ly­sen und zeit­ge­nös­si­schen poli­ti­schen Ideo­lo­gien, ein­schließ­lich der Gen­der­ideo­lo­gie“ auf der Grund­la­ge eines fal­schen Freiheitsverständnisses.

In der drit­ten Syn­odal­ver­samm­lung, Febru­ar 2022, war unter­des­sen mit Mehr­heit beschlos­sen worden:

  • die Ordi­na­ti­on von Frauen
  • ver­stärk­tes Mit­sprach­recht von Lai­en bei der Bischofsernennung
  • öffent­li­che Seg­nungs­fei­ern für homo­se­xu­el­le Paare
  • der Welt­ka­te­chis­mus sol­le bezüg­lich homo­se­xu­el­ler Hand­lun­gen geän­dert werden
  • ver­hei­ra­te­te Män­ner sol­len zum Pries­ter­amt zuge­las­sen werden.

Inso­fern lief alles per­fekt wie am Schnür­chen einer Neu­en Welt­ord­nung. Dann kam aber die 4. Syn­odal­ver­samm­lung vom 8.- 10. Sep­tem­ber 2022. Es ging nun um das The­ma „Leben in gelin­gen­den Bezie­hun­gen – Lie­be leben in Sexua­li­tät und Partnerschaft“.

Co-Prä­si­den­tin Irme Stet­ter-Karp for­der­te zu Beginn „flä­chen­de­cken­de Abtrei­bungs­mög­lich­kei­ten auch im länd­li­chen Raum.“ Der Aache­ner Bischof Hel­mut Die­ser sag­te, er habe von den Bischofs­kol­le­gen kei­ne Kri­tik für sei­ne Aus­sa­ge (kurz zuvor in der ZEIT-Bei­la­ge „Christ und Welt“) bekom­men, daß Homo­se­xua­li­tät gott­ge­wollt sei.

Der dann zur Abstim­mung vor­ge­leg­te Text the­ma­ti­sier­te Fra­gen der Emp­fäng­nis­ver­hü­tung, homo­se­xu­el­ler Part­ner­schaf­ten, der Seel­sor­ge für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und der Gleich­wer­tig­keit nicht-hete­ro­se­xu­el­ler Ori­en­tie­run­gen und Prak­ti­ken. Bei­spiels­wei­se soll­te auch Mas­tur­ba­ti­on kirch­lich legi­ti­miert werden.

Nach kon­tro­ver­ser Debat­te ergab die Abstim­mung eine Zustim­mung von 82,8 Pro­zent der anwe­sen­den Dele­gier­ten. Da jedoch von den anwe­sen­den Bischö­fen „nur“ 33 Bischö­fe (61,1 Pro­zent) dafür stimm­ten und 21 (38,9 Pro­zent) bei drei Ent­hal­tun­gen dage­gen, war die von der Geschäfts­ord­nung des Syn­oda­len Weges gefor­der­te Zwei-Drit­tel-Mehr­heit der Bischö­fe nicht erreicht, so daß der vor­ge­schla­ge­ne Text nicht ver­ab­schie­det wurde.

Das sorg­te für unge­heu­res Auf­heu­len in den Medi­en und bei den Teil­neh­mern. Tagesschau.de berichtete:

Fast hun­dert Syn­oda­le ver­sam­mel­ten sich spon­tan in der Mit­te des Saa­les und bil­de­ten einen Kreis um ein Pla­kat mit der Auf­schrift “Kei­nen Platz für Menschenfeindlichkeit”.

Und wei­ter:

Beson­ders empö­rend wirk­te – einer nann­te es Feig­heit -, dass nur drei der 21 Bischö­fe, die am Ende die neue Sexu­al­ethik zu Fall brach­ten, sich vor­her in der Debat­te als Reform­geg­ner zu erken­nen gege­ben hat­ten. So ent­stand das Gefühl, hier sei­en kon­ser­va­ti­ve Hecken­schüt­zen am Werk, denen es um stra­te­gi­sche Reform­blo­cka­den geht, denen die gan­ze Rich­tung nicht passt.

Übri­gens ein wei­te­rer Beleg der The­se, wonach Kon­ser­va­ti­ve immer ver­lie­ren. Aber­mals stieg der Pegel; via tagesschau.de:

So sei Syn­oda­li­tät nicht gedacht, sich nicht ins Gespräch ein­zu­brin­gen und am Ende mit dem roten Abstim­mungs­knopf sei­ne Macht aus­zu­spie­len, kri­ti­sier­te Prä­si­den­tin Irme Stet­ter-Karp den Trä­nen nahe.

Für eini­ge Tage waren die Sys­tem­me­di­en kon­ster­niert. Gab es also wirk­lich noch kon­ser­va­ti­ve Resis­tenz in den Rei­hen deut­scher Bischöfe?

Nein. Nichts wird so heiß geges­sen, wie es gekocht wird. Es wur­den nament­li­che „Pro­be­ab­stim­mun­gen“ gefor­dert und durch­ge­führt. Ein Teil der Syn­oda­len hat­te da bereits die Syn­odal­kon­fe­renz trot­zig-erregt ver­las­sen. Die­se „re-trau­ma­ti­sier­ten, wei­nen­den Leu­te“ (Zitat #Staats­funk) kehr­ten dann aber mit ihrem Stimm­recht zurück.

In den fol­gen­den Tagen konn­ten dann eini­ge Reform­pa­pie­re ver­ab­schie­det wer­den: Etwa zuguns­ten der Pries­ter­wei­he für Frau­en und zuguns­ten der Pries­ter­wei­he homo­se­xu­el­ler Anwär­ter. All­ge­mein sol­le homo­se­xu­el­le und „nicht­bi­nä­re“ Sexua­li­tät in der Kir­che „neu bewer­tet“ wer­den. Wört­lich heißt es:

Da die homo­se­xu­el­le Ori­en­tie­rung zum Men­schen gehört, wie er*sie von Gott geschaf­fen wur­de, ist sie ethisch grund­sätz­lich nicht anders zu beur­tei­len als die hete­ro­se­xu­el­le Ori­en­tie­rung. Gleich­ge­schlecht­li­che – auch in sexu­el­len Akten ver­wirk­lich­te – Sexua­li­tät ist damit kei­ne Sün­de, die von Gott trennt, und sie ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen.

Die deut­sche Bischofs­kon­fe­renz über­holt damit aber­mals den defi­ni­tiv pro­gres­si­ven Papst Fran­zis­kus links. Denn der hat­te im Juni 2022 geäußert:

Dem Vor­sit­zen­den der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Msgr. Bät­zing, sag­te ich: ‚Es gibt eine sehr gute evan­ge­li­sche Kir­che in Deutsch­land. Wir brau­chen nicht zwei davon.‘ Das Pro­blem ent­steht, wenn der syn­oda­le Weg von intel­lek­tu­el­len, theo­lo­gi­schen Eli­ten aus­geht und stark von äuße­ren Druck­aus­übun­gen beein­flusst wird.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (124)

Rheinlaender

14. September 2022 12:46

Die konservative Reforminitiative "Neuer Anfang" hat ebenfalls auf den "Synodalen Weg" reagiert und spricht von "einen manifesten Bruch mit der Heiligen Schrift und der kontinuierlichen Lehre der Kirche": https://neueranfang.online/4-vollversammlung-war-geburtsstunde-einer-deutschen-nationalkirche/

Allerdings waren die sonstigen Reaktionen der Konservativen tatsächlich schwach, die für ihren zaghaften Widerstand entschuldigende Ausreden suchten und diese illegitime Veranstaltung durch ihre Präsenz legitimierten, anstatt den Tisch umzuwerfen und sie zu verlassen.

Peter Gamon

14. September 2022 13:24

Zutreffende Beschreibung des sonderbaren Weges der deutschen Funktionärskatholiken (geweihte und nicht geweihte/ selbsternannte). Den spöttischen Worten von Papst Franziskus ist nichts hinzuzufügen. 

Neidvoll, besser sehnsüchtig, schaue ich da auf das byzantinische Christentum und seine Orthodoxie, im wahrsten Sinne des Wortes.

Peter Gamon

14. September 2022 13:41

Wenn der Mensch geschaffen wurde, wie er ist, als Mängelwesen, zum Guten wie zum Bösen fähig, mit Neigungen so vielfältig wie es Menschen gibt, und das alles ethisch grundsätzlich nicht anders zu beurteilen wäre, dann wären auch Sündhaftigkeit und Vollkommenheit eigentlich das Gleiche und das Streben nach Vervollkommnung hinfällig.

Gute Nacht deutscher Katholizismus!

Monika

14. September 2022 14:03

„Aber ich sage: was fällt, das soll man auch noch stoßen! Das Alles von heute, das fällt, das verfällt:

wer wollte es halten! Aber ich - ich will es noch stoßen!

Kennt ihr die Wollust, die Steine in steile Tiefen rollt?- Diese Menschen von heute: seht sie doch, wie sie in meine Tiefe rollen !“

Nietzsche, also sprach Zarathustra 

Ich bin 2012 aus der Kirche ausgetreten. Ich würde heute auch keine Theologie in Deutschland mehr studieren. Ich bin froh, dass meine Mutter ( gest.2015) diesen Zerfall der Kirche nicht mehr erleben muss ( ebenso wie Masseneinwanderung und Corona) . Die Frauen ihrer Altersklasse in meiner Gemeinde habe ich nach meinem Austritt noch erwachsenenpädagogisch betreut . Auch diese Frauen sind alle verstorben und müssen das Elend nicht mehr ertragen. Wegen mir können die Steine in steile Tiefen rollen . Das ist eine große Befreiung. Und natürlich ist mein Glaube nicht erschüttert.

RMH

14. September 2022 14:33

Ich verstehe mittlerweile diese seltsame Anmaßung vieler nicht mehr, die meinen, eine Kirche habe sich ihren Wünschen und Überzeugungen anzupassen, zu verändern oder zu reformieren. Die Zeiten, wo Mitglied der oder auch nur einer der beiden Kirchen in Deutschland zu sein, quasi fast existentiell notwendig war oder Ketzer, Austreter und Häretiker verbrannt oder anderweitig verfolgt wurden, sind lange vorbei. Ich persönlich habe spät, aber nicht zu spät, für mich begriffen, dass die evangelische Kirche und ich einfach einen bis mehrere fundamentale Dissense haben und bin dann - Familientradition hin oder her - jetzt einfach ausgetreten. Und wer Homosexuell oder etwas ist, was gegen die katholische Lehre fundamental verstößt und das ausleben will, der sollte konsequenterweise auch austreten und ggf. eben seinen eigenen Laden aufmachen, wo er dann seine Vorstellungen von Christentum verwirklichen kann. Es wird ihm nichts passieren. Passieren kann aber mittlerweile Menschen etwas, die traditionell katholisch oder evangelisch sind. Sie erhalten nicht mehr die gleiche Toleranz wie die "Austreter", vielmehr droht ihnen die Knute der weltlichen Religionen, wenn sie öffentlich bspw. Homosexualität verurteilen etc. - denn hierfür wird die rechtliche Luft immer dünner (weshalb die Debatte hier zu moderieren auch für die Verantwortlichen bei SiN recht schwer sein dürfte).

Laurenz

14. September 2022 14:54

(1)

Ohje, Frau Kositza, da haben Sie aber ein Faß aufgemacht.

Die katholische Kirche Deutschlands hat überhaupt keine andere Wahl, als den Weg zu gehen, den Sie hier skizziert haben. Denn auch der Bischof von Rom, Papst Franziskus & die weltweite katholische Kirche werden zum großen Teil aus deutschen Steuermitteln, Kirchensteuer & (katholischen) Sozialdienstleistern finanziert. Folgen die deutschen Kirchen nicht der politischen Vorgabe, ist das deutsche Nazi-Kirchenrecht, das Reichskonkordat, ruckzuck weg. Das wäre die einzige alternative Option, konservativ zu bleiben, der Ausstieg aus dem Kirchenstaat Deutschland, so wie der Kampf gegen Rechts es eigentlich vorsehen müßte. Das größte noch existierende Relikt des NS-Regimes auf deutschem Boden existiert völlig unbehelligt, rein des schnöden Mammons willen.

Und mal Hand auf's Herz. Die Kirchen haben sich schon sehr früh weit von den Lehren Jesu Christi entfernt. Wenn sich Kardinal Wölki über eine Sitzordnung beschwert, hat er der Lehre gemäß Unrecht. Jesus sprach weder von Bischöfen noch davon, daß seine Lehren von seinen Jüngern aufgeschrieben werden müßten, was unklugerweise zur Orthodoxie, wie zur Häresie führen muß.

Gimli

14. September 2022 15:09

Hmmh, Zarathustra ist eine Dichtung und bietet als solche einen schönen feuilletonistischen Rahmen für eine Meinungsbekundung. Aber keinen guten Grund, sich der Jetztzeit zu verweigern. Die Bibel, auch eine Dichtung, muss zu jeder Zeit neu ausgelegt werden und wird sie auch. Die Kirche hat eingestanden, dass sich die Welt nicht um die Erde dreht, sie hat eingestanden, dass der Mensch nicht vom Himmel gefallen ist sondern in Affen seinen Ursprung hat. 
Sie wird auch mit diesen Veränderungen klarkommen und müssen. Die Gleichsetzung von echter Sünde mit Homosexualität ist schon übergriffig. Eigentlich bräuchten wir eine neue Phase der Aufklärung. Der heutige Mensch sowie seine Technologie und Wissenschaft passen kaum noch zueinander.

Laurenz

14. September 2022 15:29

(2)

Ich persönlich muß da auch Volker Pispers zustimmen. "Moslems nehmen ihre Religion ernst, bei Katholiken völlig undenkbar."

Ich hatte Sie, EK, neulich schon darauf hingewiesen. Sie erinnern Sich vielleicht. Sie im besonderen, aber auch CS & Frau Dagen geben sich in keiner Weise als Frauen katholisch. Zu meiner großen Freude präsentieren Sie Sich alle immer heidnisch frei Ihrem Geschlecht entsprechend. Mit Verlaub, aber genau das entspricht der berühmten Aussage von Volker Pispers.

GK kann man da schon ernster nehmen, meist dunkel schlicht gekleidet, fehlt nur noch der weiße Kragen um Ihn zum Geistlichen zu machen, was aber eher puritanisch, protestantisch aussieht, wirkt, im Vergleich zum katholischen Pomp.

Sie haben zwar Ihren Artikel sehr gut recherchiert, in bester Tradition kurz & bündig gehalten, aber trotzdem bleibt er zwiespältig.

Kositza: Als Katholikin strebe ich auch nicht die Tradition an, die von kurzhaarigen Frauen in beigen Hosen repräsentiert wird. Ich mag lieber den großen heiligen Frauen nacheifern. Klar, daß ich weit entfernt davon bin. SD ist in der Tat nicht katholisch.

Jupp Koschinsky

14. September 2022 15:46

Vielleicht dazu lesenswert:

http://www.muslim-markt-forum.de/t2409f2-Offener-Brief-eines-einfachen-Muslims-an-die-Katholiken-Deutschlands.html

Kositza: In der Tat! Eine Umfrage dieser Tage (INSA) hatte passend ergeben, daß unter den hier Lebenden, denen der Name Georg Bätzing etwas sagt, mehr Moslems seien als Nichtmoslems.
So ein Bätzing steht also vlt. für das Bild, daß die Mohamedaner vom Katholizismus haben - vielsagend.

RMH

14. September 2022 15:56

"Die Kirche hat eingestanden, dass sich die Welt nicht um die Erde dreht, sie hat eingestanden, dass der Mensch nicht vom Himmel gefallen ist sondern in Affen seinen Ursprung hat. 
Sie wird auch mit diesen Veränderungen klarkommen und müssen. Die Gleichsetzung von echter Sünde mit Homosexualität ist schon übergriffig."

@Gimli,

Tja, wenn da nicht diese dumme Bibel wäre, die man als "Gottes Wort" versteht - so kann man leicht die von Ihnen aufgezählten Zugeständnisse machen, denn da stößt sich wenig bis nichts an der Bibel (wenn man Gott als Schöpfer aber beibehält - dass der Mensch im Affen seinen Ursprung habe, ist auch heute noch wissenschaftlich falsch). Bei der HS gibt es eben klare Bibelstellen, die das nicht so toll bewerten. Ähnlich wohl auch im Islam. Wer das übergriffig findet, braucht den entsprechenden Clubs nicht beizutreten. Die Kirche "muss" also heutzutage gar nichts. Jeder kann übrigens selber eine Kirche aufmachen. R. Hubbard  wird zugeschreiben, dass er gesagt haben soll, dass die Gründung einer Religion angeblich der schnellste Weg zum Millionär sei. Viel Erfolg also.

Gracchus

14. September 2022 16:01

In der Tat haben Sie, EK, da ein Fass aufgemacht (@Laurenz). Einige Forderungen - so nach einer Überprüfung der Sexualethik, Aufhebung des Zölibats - halte ich für sinnvoll. Der deutsche Gremien-Katholizismus ist aber ein eigentümliches Völkchen mit seiner engen parteipolitischen Verquickung - schleierhaft, was das mit Glauben zu tun haben soll. Daher würde ich mich damit auch nicht gemein machen wollen. 

Derzeit habe ich eh mit der katholischen Kirche abgeschlossen. Ich war nur zu faul, meinen Austritt zu erklären. 

MARCEL

14. September 2022 16:32

Vgl. Wladimir Solowjow (1853-1900): "Kurze Erzählung vom Antichrist"

zeitschnur

14. September 2022 16:48

Auch hier dieser Eindruck, als wären die Protagonisten betrunken. Anders als die Autorin und manche Kommentatoren oder Mitgläubige sehe ich das Problem der "Desiderats"-Liste differenzierter.

Von den genannten Punkten, die man ändern will, sind manche kein Bestandteil der Glaubens- und Sittenlehre, manche dagegen im Bereich der himmelschreienden Sünden.

Das macht es so schillernd und wirklich "verquer": Pflichtzölibat ist weder ein biblisches noch echtes Lehrgebot. Es ist inzwischen müßig, drauf hinzuweisen, dass die Apostel es nicht kannten und die Kirche Jahrhunderte lang gar nicht, außer der RKK allesamt, auch die alten Kirchen, bis heute nicht! Warum sollte man also eine solche heilige Kuh unbedingt weiter abmagern lassen?!

Dass sich natürlich durch diesen Zwang nicht gerade gesunde Männer in dem Amt einfanden, sieht jeder, der Priester kennt: Alkoholiker, überforderte und freudlose Gestalten, die ganz sicher keinerlei Relevanz mehr in geistlicher Hinsicht haben. Wer einen guten Beichtvater braucht, geht heutzutage in ein Kloster ... heimliche Liebschaften und oft eine totale geistliche Leere, die die letzten guten Priester aus Neid dann noch niedermacht.

ff

zeitschnur

14. September 2022 17:11

ff

Eine ähnliche Fragwürdigkeit liegt darin, Frauen kategorisch von einem hierarchischen geistlichen Amt auszuschließen. Immerhin gab es bis zum VatII mehrere geistliche Stände: alle Weiheträger, daneben alle Ordensleute beiderlei Geschlechtes, die keine Priester sind.

Das bedeutete, dass auch Frauen (Nonnen oder geweihte Jungfrauen) ein geistliches Amt innehatten, wenn auch kein Weiheamt. Äbtissinnen konnten sogar Investituren wie ein Bischof erhalten und Priester waren ihr untergeben. Sie übten Gerichtsbarkeit aus und waren präsent. Das wurde schon seit Bonifaz VIII, dem Tridentinum und final durch das radikale und betrügerische VatI und Pius IX radikal abgeschafft, der geistliche Ordensstand der Nicht-Geweihten dann durch das VatII.

Stattdessen diese "Ämter" nach Betonklotz-Ästhetik ohne irgendein echtes geistliches Profil. In meiner Kindheit war eine Ordensfrau eine Insitution, jetzt ist sie das nicht mehr.

Mit all dem hat wiederum dieser Queer-Kram null zu tun, denn das ist unvertretbar nach der Lehre der Kirche, hat sich aber durch die Fehlentscheidungen der beiden letzten Konzile folgerichtig mit dazugesellt. Berechtigte Einwände gegen die kirchliche Praxis wurden vermischt mit schweren sündhaften Problemen, die nun salonfähig gemacht werden sollen. Aber bis Katholiken das begreifen, kommt das Jüngste Gericht.

quer

14. September 2022 17:50

Es bewahrheitet sich, was ich schon vor vielen Jahren mit meiner konvertierten Frau gesehen habe: Um Katholik bleiben zu können, ist es zwingend aus dem Steuerverein auszutreten. Dafür wird man zwar wegen Verweigerung der Simonie "exkommuniziert", aber das macht nichts. Wenn man den Dampfer der deutschsprachigen Abteilung verläßt, steigt man eben in eines der schwimmfähigen Rettungsboote. Petrus- oder Pius X. Die bekommen dann eben das, was wir als Kirchensteuer berappen müßten als Spende. Da besteht nur die Frage, wo eine (un)ordentliche Messe am Sonntag Vormittag besucht werden kann. Dort erlebt man in der Regel volle Kirchen und Menschen diverser Nationen und Farben. Alle verstehen alles, weil Latein. Das Problem ist eben nur, wie viele Km dafür abgerissen werden müssen. Bei uns sind es in Allem 60 km. In unserer "eigentlichen" Gemeinde schaffen manche nicht mal 500 m. 

Eigenartig: Dieses Reformations-Virus erlebt zuverlässig ca. alle 500 Jahre im deutschsprachigen Raum seine Auferstehung. Eine Gegenreformation kommt immer danach.

Ein gebuertiger Hesse

14. September 2022 17:52

Es will nicht aufhören: Man kann aus dem katholischen Laden (von dem evangelischen reden wir erst nicht) gar nicht so oft austreten, wie man immer wieder Gründe dafür geliefert bekommt.

Was bleibt, im Guten, ist der ins Tiefe des eigenen Seelengemüts gehende Anblick der alten Gotteshäuser von innen wie von außen. Heute abend mal wieder rausgehen und eine Weile vor einem solchen stehenbleiben, gucken, wirken lassen, was da zu einem spricht - und gut ist.

Gimli

14. September 2022 17:59

Ohje, RMH, Ihr Kommentar liest sich wie der eines Bibeltreuen. Da wäre dann jede Diskussion umsonst, maximal kognitiv dissonant, und an sich eine Sekte, denn die aktuelle Theologie sieht Gottes Wort als Metapher und weiß um der Bibel Wert als Schriftenkanon von Texten von Menschen. Darinnen ist kaum was wörtlich haltbar  

Und doch: Der Mensch stammt von Affen ab, wie anders wollen Sie denn diese Ahnen nennen? 
 

 

Fuechsle

14. September 2022 18:24

Ich verweise auf das Interview von Martin Mosebach vom 25.08.2022 auf https://www.thecathwalk.de/2022/08/25/ein-traditionalist-sollte-das-schisma-der- deutschen-Kirche-ersehnen   

Nüchterne, illusionslose  Analyse, auch was die sog. Konservativen angeht, weitere Kommentare eigentlich überflüssig - das sage ich als  Protestant! 

Imagine

14. September 2022 18:42

1/2

Für mich stand die Realpolitik der Kirchen immer im Widerspruch zu meinen christlichen Ideen, Zielen und Idealen, wie sie Jesus formulierte und lebte. Aus diesem Grund bin ich mit Erreichen der Volljährigkeit aus der Kirche ausgetreten, insbesondere weil die Kirche in Südamerika auf Seiten der Großgrundbesitzer gegen die armen Bauern und Landarbeiter stand.

Ich unterscheide klar zwischen Kirchenchristentum und echten Christen. So wie Hans Kilian, einer meiner hochgeschätzten akademischen Lehrer („Das enteignete Bewusstsein“ 1971).

Die großen christlichen Kirchen waren in Deutschland immer herrschaftssichernde ideologische Apparate der herrschenden Klasse, also Staatskirchen. Sie paktierten mit dem Adel, mit den Nazis und in der DDR mit den Stalinisten und jetzt mit der dekadenzkapitalistischen Klasse.

Immer mehr Menschen verlassen die Kirchen:
„So viele Austritte wie noch nie …
Laut Deutscher Bischofskonferenz (DBK) kehrten 2021 deutschlandweit 359.338 Katholikinnen und Katholiken ihrer Kirche den Rücken - etwa 86.000 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2019. …
2020 hatten 221.390 Katholikinnen und Katholiken in Deutschland die Religionsgemeinschaft verlassen. 2019 - im Jahr vor Corona - lag die Zahl nach DBK-Angaben bei 272.771.“
(tagesschau v. 27.6.22)

Imagine

14. September 2022 18:44

2/2

Heute gibt es einen Markt für unzählige neue Religionen: Scientology, Öko, Feminismus, Klima, LGBT, Veganer, Corona usw. usf.

Die größte Anhängerschaft haben im Westen die sozialdarwinistischen und anti-christlichen „Geld-Religionen“: Markt und Kapitalismus.

Geld ist der neue Gott, schrieb schon Marx.

dojon86

14. September 2022 19:17

Ich bin, obwohl ich nicht an ein ewiges Leben glaube, noch daran, dass Gott an der menschlichen Spezies besonders interessiert ist, Katholik. Nicht irgendwelche Germanen und Wikinger haben Europa geschaffen sondern Leute wie der hl  Benedikt, der hl  Severin und viele andere als die Kulturwelt in der Völkerwanderung unterging. Zur Morallehre der Kirche, wie auch der Grünroten sage ich, Moral erweist sich im Handeln und nicht im Reden darüber. Ich  bin aus drei Gründen nicht ausgetreten. Den ersten habe ich bereits genannten  Zweitens liebe ich schöne katholische Messen in alten Kirchen mit guter Musik und mit nicht zuviel Moralgeschwätz. Und drittens ist es für mich offensichtlich, dass die MSM Medien seit Jahrzehnten gegen die katholische Kirche kampagnisieren. Aber ein Bericht wie dieser können mich zuletzt doch zu einem Austritt bewegen. Dass die Kirchenoberen Leuten in den Arsch kriechen, die ihre Institution vernichten wollen, wird mir stets ein Rätsel sein.

Niekisch

14. September 2022 19:29

Bereits in den 60iger Jahren hat Juan Maler auf die Unterwanderung der katholischen Kirche durch die Freimaurerei anhand von konkreten Beispielen aus aller Welt hingewiesen und den Untergang vorausgesagt. So wie der Hochvogel am Gipfel gespalten ist, so ist die Kirche mittlerweile weiter unten zerrissen.

Jesus, laß die Peitsche kreisen,

prügel die Kirchen aus dem Haus -

nur du magst gute Wege weisen,

für den, der an dich glaubt.

 

 

 

 

 

Arrow

14. September 2022 19:40

In einem soziologischen oder steuerrechtlichen Sinne wird man die Dignitatis-Humanae-Sekte als "römisch-katholische Kirche" bezeichnen dürfen. Inhaltlich ist es die "Kirche des neuen Advents" (JP II), die alles Katholische an sich selbst bekämpft oder peinlich findet.

Zur Frage, ob Gott Homosexualität will: Gott will offenkundig Krankheiten, schließlich könnte er ohne jede Anstrengung eine Welt ohne Krankheiten erschaffen. Aber Er will Krankheiten eben zum Zwecke der Heilung des gefallenen Menschen durch Annahme und Linderung des Leides und nicht zum Zwecke ihrer Verleugnung.

 

Zu Priesterinnen: Sendet man Frauen wie Schafe unter die Wölfe? Gilt der Satz  ,gratia supponit naturam'  nicht mehr?

Hartwig aus LG8

14. September 2022 19:50

... "Reichskonkordat"...

@Laurenz

Habe diesmal etwas dazugelernt, ... durch Sie. War mir so nicht bekannt. ... Besten Dank.

Gracchus

14. September 2022 20:02

@Laurenz: Die katholische Kleiderordnung, gegen die EK und CS, die ausserdem, soweit aus den Videos ersichtlich, einen unterschiedlichen Kleidungsstil haben, existiert nur in ihrem Kopf.

Ich glaube, Sie haben etwas komische Vorstellungen von katholischen Frauen. Die katholische Sinnlichkeit ist doch sprichwörtlich. Schauen Sie sich katholische Länder an - und dann die Frauen, und wie sich kleiden. 

Hesperiolus

14. September 2022 20:14

Ein liquidatorisches Unternehmen dieser teuto-synodale Weg, im zunächst after-hegelschen Sinn der Abschmelze in den Maelstrom. Dazu etwa im „Orientierungstext. Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung. Theologische Grundlagen des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland“ die besonders unangenehme Vokabel der „Verflüssigung“: Ein Dialog lebt von verschiedenen…. Standpunkten, die zu Gehör gebracht werden. Und er verflüssigt sie, wenn sie unter dem Eindruck guter Argumente und neuerer Erkenntnisse nicht mehr haltbar sind. (ib., S.4). Zum temporal-dynamischen Prozess-Quatsch der neo-theologischen Epistemik eines titelstolz-parodierenden Akademikeradels der staatsnahen Berufskatholiken und ihrer „Traditionskritik“ vielleicht hier berufenere Foristen. - Aufbauend dagegen für katholische Leser ein Blog wie dieses: https://www.mariendonk.de/index.php/blog

 

 

dojon86

14. September 2022 20:25

@Imagine 18:42 Warum erwähnen sie nur die ausgetreten Katholiken. Wahrscheinlich weil aus dem evangelischen Verein ( Kirche mag ich das nicht mehr nennen) mangels Masse kaum mehr wer austreten kann. Sie predigen in letzter Konsequenz auch nichts anderes alls der von ihnen (und von mir) verachtete Kapitalismus, nämlich die radikale Vereinzelung. Der Mensch ist dafür nicht gemacht, er will die Sicherheit der Gruppe. (Familie, Religion, Nation) Am schmerzlichsten fühlen diese Vereinzelung Emigranten. Warum glauben sie, sind die Hinterhof Moscheen und Kirchen unserer Neubürger voll. Ich zitiere aus meinem Lieblingswerk der politischen Philosophie, nämlich " Game of Thrones" (Achtung Ironie) The lonely Wolf dies, the Pack survived. Die Mihigrus wissen das besser als wir.

Ordoliberal

14. September 2022 20:53

Es ist so schwer über Religion zu sprechen. Entweder man glaubt an die Möglichkeit göttlicher Offenbarung, an Geister und Wunder, oder nicht. Ich selbst bete, obwohl ich nicht daran glaube. Ich glaube auch nicht an die Sünde. Ich glaube, dass es Laster gibt und Straftaten. Homosexuell oder pädophil zu sein ist ein Schicksal, keine Sünde. Sex mit Kindern hingegen ist eine Straftat. Und Promiskuität ist ein Laster. Um Kindesmissbrauch zu verurteilen, brauchen wir keine Religion. Dafür gibt es schon Staatsanwälte und Richter. Gegen Laster zu predigen hingegen ist legitim. Ich höre allerdings weg, wenn Priester Sex nur zwischen verschiedenen Geschlechtern oder innerhalb der Ehe dulden wollen. Das ist unmenschlich.

Was Priesterinnen und Homo-Ehe angeht, denke ich, dass die katholische Kirche gut beraten wäre, ihren Markenkern zu schützen. Wer sowas will, kann ja zu den Protestanten gehen. Es scheint Menschen zu geben, die sich Gott in neobeleuchteten Gemeindesälen näher fühlen. Ich brauche dafür Dämmerlicht, Weihrauch und die Wucht jahrhundertealter christlicher Kunst. Ich will das Leid der Welt fühlen. Nicht ihre Langeweile.

Gracchus

14. September 2022 21:01

Zu den Reizthemen: 

Die orthodoxen Kirchen, zu denen manche ja schielen, sind, was Scheidung und Wiederverheiratung angeht, pastoral nachsichtiger. Insgesamt ist mein Eindruck, dass die Orthodoxen weniger vom römisch-juristischen Geist vergiftet ... pardon ... geprägt sind.

Zu erfüllter Sexualität gehört durchaus die Zeugung von Nachwuchs. Die Vorstellung, dass jeder einzelne Geschlechtsakt auf Fortpflanzung ausgerichtet sein sollte, entspringt auch eher juristischer als biblischer  Logik. 

Generell finde ich, dass zölibatäre Kleriker sich eher zurückhalten sollten, Laien ungebeten in ihr Sexualleben reinzureden. 

Homosexualität - ist nicht mein Beritt. Zufällig habe ich gestern ein Interview mit Julien Green gelesen, wo er sagt, Gott habe ihn vor die Entscheidung gestellt, ER oder seine Homosexualität. 

 

Maiordomus

14. September 2022 21:06

@Laurenz/Hartwig. Das mit dem Konkordat war immer klar, würde vom grossen katholischen Schriftsteller Reinhold Schneider kritisiert. Habe als Katholik und ebenso Dante- wie Bibel-Leser in der verfassungsgebenden Versammlung meines Kantons für den selben das Ende der in der Schweiz zwar vergleichweise stärker demokratisierten Systemkirche mit Verbindung Kirche - Staat beantragt, dabei mehr als einen Fünftel der Stimmen der Zuständigen in geheimer Abstimmung, was eine Ausnahme war, auf meine Seite gebracht: oft Ungläubige, eine Minderheit evangelikale Protestanten und /oder sowohl sehr liberale als auch fundamentalistische Katholiken. Nicht trotz, sondern wegen dieser meiner Haltung, als Leser von Dante, Calderon, Pascal, Brentano, auch Kaltenbrunner, könnte ich die letzten Sätze von kürzlich @Monika mitunterschreiben. Von meinen einst aussichtslosen Anträgen empörte mich die klare Ablehnung der Gewähr für eine würdige zivile Abdankung in jeder auch noch so kleinen Friedhofgemeinde am meisten. Und bei den Protestanten der Systemkirche fiel mir noch auf, dass Atheismus für sie weit eher diskutierbar war als die "unsoziale" Infragestellung der Kirchensteuer; diese Einstellung gilt unterdessen  für die Katholen. ebenfalls. 

Maiordomus

14. September 2022 21:23

PS. Die Sache mit der ethischen Sinngebung der Homosexualität wird weder von den konservativen noch den vermeintlich progressiven Vertretern der Systemkirche in ihrer Gesamtproblematik unbefangen verstanden, erst nicht von den LQ-Buchstabengläubigen. Die wünschbare u. nötige Emanzipation der Homosexuellen ist so wenig auf die Ehe, was sie bisher war, angewiesen, als z.B. die Ehe von Mann und Frau als "ein Fleisch" vor Gott auf kirchliche oder staatliche Eheschliessung. In  diesem Sinne hätten sich Gläubige mit Anarchisten treffen können, die schon immer Abschaffung der öffentlichrechtlichen Ehe gefordert haben. Mir selber und meiner Braut wurde vor gut 50 Jahren aus staatsrechtlichen Gründen eine nur kirchliche Eheschliessung nicht bewilligt. Dabei ist auch die kirchliche Eheschliessung in Anbetracht des noch patriarchalen germanischen Rechts, das im Mittelalter hoch weitgehend gültig war (bis zum Rückgaberecht an den Brautvater bei Unfruchtbarkeit der Frau), so oder anders eine zumindest unbiblische Anmassung. Dies lässt sich aus der Geschichte der Ehe im Mittelalter, illustriert aufgrund der Akten des Klosters St. Gallen, nachweisen. 

RMH

14. September 2022 21:33

@Gimli,

mir als alten und mittlerweile ex-Evangolen brauchen sie nichts von "Metaphern" oder gar Entmythologisierung der Bibel zu erzählen (Bultmann, ick hör dir trapsen - ist aber bekanntermaßen auch schon ziemlich "alt"). Hier geht´s aber um die katholische Kirche und nicht ums protestantische. Und bei der galt eigentlich, man hat die Wahrheit entweder ganz oder gar nicht. Mein Punkt war, dass in einer sich "offen" bezeichnenden Gesellschaft niemand etwas gegen Widerstände hin zwingend reformieren muss, was durch eine Reform dekonstruiert und inhaltsleer wird. Er kann dann eben seinen eigenen Laden aufmachen. Schlimm finde ich es, dass diese "Reformer" die volle Rückendeckung der aktuell herrschenden politischen Religionen haben, womit man auch nicht mehr von einer unbeeinflussten, innerkirchlichen Willensbildung ausgehen kann. Für mich - als Außenstehenden - wärs eben nicht mehr die katholische Kirche wenn sie das Praktizieren von HS auf einmal als, ist doch ok, durchgehen lässt und ich sehe die üblichen linken Kräfte am Werk, die jede Institution schleifen. Die Differenzierung von @zeitschnur teile ich, "katholisch" hängt hingegen wahrlich nicht vom Zölibat ab. 

quer

14. September 2022 21:51

Es bedarf noch eines Nachtrags meiner Anmerkung: Indem wir die (un)ordentliche Messe (lateinisch) der z.B. Piusbruderschaft besuchen, ersparen wir uns Klimavorträge und Bannflüche auf die AfD , welche ja antisozialistisch ist. Stattdessen erwarten uns Predigten die das sind, was sie seit altersher waren: Kathechese im Glauben.

Ordoliberal

14. September 2022 23:24

@zeitschnur

Was den Zölibat angeht: Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Der ist unmenschlich und hat die katholische Kirche überhaupt erst durch negative Personalauswahl in ihre missliche Lage gebracht. Wie soll man sich einem Priester anvertrauen, der Sex nur als eine mit Schuld behaftete, heimliche, schmutzige Verirrung kennt? Oder sogar nur aus Büchern! 

Pit

15. September 2022 00:17

Ich bin ethno-identitär; das ist mein Thema. Im Vergleich zu diesem Thema (und auch absolut gesehen) sind die o.g. Themen schrecklich unrelevant. Wieviele Homosexuelle gibt es denn? Das ist also unser schlimmes Problem ? Masturbation, Frauen als Priester: das ist unser schlimmes Problem?

Kositza: Ich kann Ihre Sicht verstehen. Aber Sie - scheint mir - sehen nur sich innerhalb der vordergründigen Probleme unserer Zeitgenossenschaft. Der Horizont unserer "Identität" umfaßt aber ganze Jahrhunderte. Das scheinen Sie nicht im Blick zu haben. Mir erscheint es trügerisch zu denken, "ach, was die da in der Kirche machen, ist doch egal". Homosexuelle Neigung war in W a h r h e i t nie ein Problem u. nicht mal eine Sünde. Die offensichtliche und buchstäbliche Verqueerung aller Verhältnisse: Ja, das ist "unser schlimmes Problem."

Maiordomus

15. September 2022 06:46

@imag."Das Geld muss abgeschafft werden, kenne schon einen, der keins mehr hat", soll Marx gegenüber Engels geklagt haben. Ist Ihnen aufgefallen, dass in USA und  EU, was Röpke den "Respekt vor dem Geld" nannte, längst abhandengekommen ist? Vgl. Faust II. Das Geld ist am Bösen so wenig schuld wie Messer oder Schiesspulver an damit verübten Morden. Dass man vom Geld zu wenig versteht, war Schwäche der Politik in nichtprotestantischen westl. Ländern, vgl. den "Banco Rotto" im Italien der Renaissance, auch Geldpolitik der Habsburger, was Kepler praktischer als Marx/Engels analysieren konnte. Dagegen dachte Paracelsus über das Geld ähnlich fundamentalistisch wie Sie, ausser, wie auch Brecht, es ging um das Eigene. Dürrenmatt auf die Frage, warum er als Multimillionär den Kapitalismus kritisiere: "Ich arbeite halt für mein Geld." Erinnert mich an die 10 Jahre Arbeit für noch gutverkauftes Buch, mit dessen Tantiemen ich den halben Jahreslohn eines Gymlehrers (CH) erzielte: Grosser Erfolg, Kollegen erblassten vor Neid! 

Maiordomus

15. September 2022 07:37

@Niekisch. Müssen es schon wieder die Freimaurer sein? Das Gift der Selbstzerstörung trägt eine Institution wie eine zum System erstarrte Kirche in sich selber Ich erinnere an die Lebensleistung eines bedeutenden "Bruders",Verfasser der 8 Bände "Stunden der Andacht", hervorragender Freiheitsdenker und Bildungspionier: Heinrich Zschokke, dem Schweizer aus Magdeburg., der u.a. als Pionier des Genossenschaftsdenkens gelten kann. Zu den bürgerlichen Werten des Verfassers ausser der damals besten Freiheitsgeschichte der Schweiz und einer Geschichte Bayerns gehörten Patriotismus und strenge sog. altbackene Erziehungsgründsätze. An der von ihm mitgegründeten Kantonsschule in Aarau, noch zu Einsteins Zeiten eine Eliteschule, studierte mit Gewinn der spätere  Physiker, der wegen seinen Rückständen (als zugezogener Deutscher) in Französisch aber Abitur wiederholen musste, was dann zur lächerlichen Legende des "schlechten Schülers Einstein" führte. Auch der beste Verleger in der Schweiz im 19. Jahrhundert, wie Zschokke aus Deutschland zugezogen, Heinrich Remigius Sauerländer, eng befreundet mit Cl, Brentano, war Freimaurer. Selber referierte ich in Logen über deren Geschichte, wurde aber nicht mehr eingeladen, weil ich, was als Beleidigung empfunden wurde, der diplomatisch angedeuteten Empfehlung, Mitglied zu werden, aus Zeitgründen keine Folge leisten konnte. 

Maiordomus

15. September 2022 08:50

@RMh. Zur Sinngebung der Homosexualität war  Platon im Gastmahl und im Phaidros ein Pionier; in der Neuzeit Heinrich Hössli und Karl Heinrich Ulrichs, was Marx und Engels schon realisierten, wenngleich eher ironisch, mit den Klassikern des Sozialismus zu vergleichen. Darauf lassen sich freilich weder die Homo-Ehe noch die derzeitige hedonistische Ideologie der Streetparade-"Liturgie" begründen. Näher liegt ein Zusammenhang mit der neuen westlichen Zivilreligion bei Ersetzung von vernünftigem Naturverständnis durch irrationale Klima-Religiosität, welch letztere als konsequente Fortsetzung des psychologisch unausrottbaren Hexen- und Teufelsglaubens interpretiert werden könnte. Dazu gehört Strafbarkeit von Sünden gegen Wetter und Klima mit herrschaftstauglichen Ablassregeln. Nicht zu unterschätzen, das heisst, dass schon im Mittelalter "Wissen" über solche Zusammenhänge ohne abgeschlossenes Hochschulstudium kaum als ernsthaft zu bezeichnen war;  Ordentliche Hexenverfolgung war auf Rat von Akademikern angewiesen, die im Einzelfall dies oder jenes richtig gesehen haben bei falschen politischen und juristischen Schlussfolgerungen. Für die Einstellung der Kirche zur Homosexualität bleibt bedeutsam, dass zum Ritual der Schwarzen Messe der Analverkehr gehört, so wie ohne das Geständnis dieses Verkehrs bei Verhören die Grundlage für ein Todesurteil in der Regel nicht gegeben war.  

Waldgaenger aus Schwaben

15. September 2022 09:36

(2/2) JPII erklärte zur Priesterweihe für Frauen:

„Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben. (OS Nr. 4)“

Einige haben dann nachgefragt, ob endgültig endgültig bedeute.

Die Kongregation für die Glaubenslehre antwortete am 28. Oktober 1995 darauf

    „Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung [assensum definitivum], weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 25,2).

    Aus diesem Grund hat der Papst angesichts der gegenwärtigen Lage in Ausübung seines eigentlichen Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32),  die gleiche Lehre mit einer förmlichen Erklärung vorgelegt, in ausdrücklicher Darlegung dessen, was immer, überall und von allen Gläubigen festzuhalten ist, insofern es zum Glaubensgut gehört.“

Maiordomus

15. September 2022 10:00

@Waldgänger aus Schwaben. Ich empfehle Ihnen das bei weitem gelungenste, übrigens auch von Dürrenmatt gerühmte Drama "Die amerikanische Päpstin" von  Esther Vilar. Anstelle eines vielleicht erwarteten Weicheis kommt als Nachfolger des homosexuellen Papstes Oscar I. als erste legitime und legale Päpstin  eine "Margaret Thatcher" der Kirche an die Macht, welche aus bemerkenswerter "Einsicht" in die von Esther Vilar und Dostojewskijs Grossinquisitor postulierte bzw. mit Gründen vermutete Unfähigkeit in die menschliche Freiheit das Rad der liberalisierten Kirche wieder zurückdreht. Auch wenn es  nicht so sein muss: Ich hätte lieber eine Margaret Thatcher der Kirche als einen Wölkl oder Pseudomarx, wobei aber klar sein müsste, gerade von der Kirche her, dass der Feminismus für ihre zentralen Anliegen noch um Welten gefährlicher ist und bleibt als der sog. Wissenschaftliche Sozialismus. Es kommt doch auf das religiöse Format an, nicht das Geschlecht, wiewohl sicher keine Päpstin je den Rang der Muttergottes erreichen würde, das wäre gewiss ein blasphemischer Anspruch. Andererseits hat der Muttergotteskult der Kleriker teilweise auch giftige Nebenwirkungen gehabt, das hat Drewermann, mit dem ich mich keineswegs verstehe, durchaus richtig gesehen. 

Monika

15. September 2022 10:02

Leider ist es in Deutschland nicht möglich, aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts ( Steuerverein) auszutreten, ohne gleichzeitig die Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft als Glaubensgemeinschaft ( kath. Kirche) zu verlieren. Als ausgetretener Katholik ist man von den Sakramenten ausgeschlossen. Das ist m. E. ein wesentlich größeres seelsorgerisches Problem als etwa der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen. Entsprechende Vorstöße waren bisher zum Scheitern verurteilt. Hier läge auch die eigentliche Sprengkraft für eine den jeweiligen staatlichen Interessen angepasste Funktionärskirche ( mehr ist der synodale Weg nicht). Gab es in den 80er Jahre die sog. „Kirche von unten“ würde ich heute eine „Kirche von außen“ für  zeitgemäß halten. 

Laurenz

15. September 2022 10:16

@Gracchus @L.

Kleiderordnung

Ich stamme in mehreren Zweigen aus Familien, die aus Katholiken oder sogar Hardcore-Katholiken bestehen. Natürlich zogen sich katholische Frauen früher anders an, wie heute noch orthodoxe Frauen ein Kopftuch beim Kirchenbesuch aufsetzen.

In Orden ist es extrem, bis auf Jesuiten, tragen Mönche Kutten, also Kaftane & Nonnen Schador.

Kositza: ALLE Frauen zogen sich früher anders an als heute. Gg. eine Kopfbedeckung (Frau) beim Kirchbesuch spricht auch heute nichts.

Laurenz

15. September 2022 10:32

@Maiordomus

Reichskonkordat

Sie können ja mal im Netz recherchieren, in welchen Staaten Kirchensteuer existent ist. Das betrifft ja auch nicht nur die Kirchensteuer. Ich finanziere Käßmann, Wölki, Bedford-Strohm & Marx, obwohl ich keiner Kirche angehöre, zahle Reparationen für die Säkularisierung Bonapartes von 1805/6. Sozialdienste der Kirchen müßten sofort verstaatlicht werden, weil sie eigenem Recht unterliegen. Daß Kirchen nämlich dem Konkordat gemäß ein eigenes Steuer-, Bilanzierungs-, Sozial- & Arbeitsrecht haben, ist auch vielen hier anscheinend nicht bekannt. Es gibt sogar Kirchen-Kassen, die gar nicht bilanziert, also nicht gebucht werden müssen. 

Und wir haben hier Ahnungslose, wie 

@Ordoliberal

die nicht wissen, daß Mißbrauchsfälle an Kindern in den Kirchen, wenn sie von Würdenträgern begangen wurden, fast nie von einer Staatsanwaltschaft verfolgt werden, sondern lächerlicherweise in der Kirche selbst aufgeklärt werden müßten, das geht doch alles nicht.

Die Kirche ist ein Verein, wie jeder Fußball- oder Kaninchenzüchterverein auch & gehört ins Vereinsregister. Das Dasein als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine Nazi-Sauerei. Schauen Sie auf den Kulturkampf Bismarcks, der deswegen hier nicht bei allen beliebt ist. Bismarck war auch diesbezüglich der vorbildliche Staatsmann & Politiker.

Monika

15. September 2022 10:32

Wenn Bätzing für das Bild steht, das Moslems vom Katholizismus haben ( ich habe den offenen Brief des einfachen Muslims noch nicht gelesen, danke aber schon mal für den Hinweis), dann ist das insofern dramatisch, als viele einfache Muslime „einen Gott oder eine Vorstellung von Gott suchen, die der Beschreibung des christlichen Gottes entspricht“( Ayaan Hirsi Ali in:  „Ich bin eine Nomadin). Jede Verwässerung oder politische „Anpassung“ des christlichen Gottesbildes hat hier fatale Auswirkungen. Man schaue sich etwa den Gedenkgottesdienst vom 27.6.21 in Würzburg für die Opfer des Messerterrors auf YouTube an ( mit Bischof Jung, Markus Söder, einem muslimischen Geistlichen u.a. ) . Die Opfer bleiben namenlos, haben kein Gesicht und gehen im großen „friedlichlichen Miteinander“ aller Menschen und Religionen  unter. Die Geister werden schon lange nicht mehr unterschieden. Die Kirche lässt nicht nur ihre eigenen Mitglieder und Ausgetretenen im Stich, sondern alle Menschen, die der Erlösung bedürfen und harren.

Laurenz

15. September 2022 10:40

@Waldgänger aus Schwaben

Zur Zeit, als Lukas sein Evangelium schrieb, gab es keine Kirche. Es gab Gemeinschaften, Vereine, Gemeinden welches sich in der Übersetzung des griechischen Wortes Eglise ausdrückt. Erst in den Jahrhunderten nach den Evangelisten, entwickelte sich das Wort Eglise zum Terminus für Kirche. Auch das ganze Kirchenrecht hat rein gar nichts mit dem Neuen Testament zu tun. Natürlich war Jesus weltlicher & jüdischer als es Paulus oder der Kirche recht war oder ist, wie die Debatte/Beschwerde zwischen Jesus & Simon Petrus über die 12 Throne beweist. Aber Katholiken & andere gläubige Christen haben es nicht so sehr mit der Schrift.

anatol broder

15. September 2022 11:19

eine religion ohne bilderverbot ist wie ein spieleabend bei familie winkelmann: «schwanzhund?» – «ja. das sind 57 punkte.» (loriot 1987: ödipussi).

quarz

15. September 2022 11:35

@ordoliberal

"Priester ... , der Sex nur als eine mit Schuld behaftete, heimliche, schmutzige Verirrung kennt"

Wie kommen Sie denn auf die Idee? Wenn ein Gastwirt seine Gäste ermahnt: "Gegessen wird bei mir auf dem Tisch, nicht auf dem Boden!", dann unterstellen sie ja auch nicht, dass der Gastwirt Essen "nur als eine mit Schuld behaftete, heimliche, schmutzige Verirrung kennt".

Imagine

15. September 2022 12:11

@dojon86  14. September 2022 20:25
„Warum erwähnen sie nur die ausgetreten Katholiken. …
Sie predigen in letzter Konsequenz auch nichts anderes als der von ihnen (und von mir) verachtete Kapitalismus, nämlich die radikale Vereinzelung.“

Hätten Sie die von mir zitierten Quelle fanden auch die Austritte aus der ev. Kirche Erwähnung.

Inzwischen sind über die Hälfte der deutschen Bevölkerung keine Kirchensteuerzahler mehr.

Selbst bin ich nicht anti-klerikal eingestellt, sondern „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“, sofern dies im Rahmen von Recht und Verfassung und der privaten Lebensführung geschieht. Wenn er Mitglied einer Glaubensgemeinschaft oder eines anderen weltanschaulichen Vereins ist, dann ist dies im Rechtsrahmen zu tolerieren, egal ob er Christ, Moslem, Kommunist, Feminist ist oder Mitglied irgendeiner sonstigen Sekte oder Fetischistenvereins ist.

Für mich als freiheitlichen Menschen ist sowohl die positive wie auch negative Religionsfreiheit wichtig.

Wenn Ihr Anliegen die Überwindung der psychosozialen Vereinzelung durch die Konkurrenzgesellschaft ist, dann ist man m.E. als Fan eines Fußballvereines am besten dran, denn dann gibt es bei jedem Spiel im Stadium die ozeanische Verschmelzung, fast so intensiv wie zu Führers Zeiten. Bei Borussia Dortmund gibt es angeblich sogar „echte Liebe“, während bei Christen, wenn es ums Geschäft und Geld geht, meist mit Gemeinschaft nicht mehr viel los ist.

Ein gebuertiger Hesse

15. September 2022 12:12

@ anatol broder

"eine religion ohne bilderverbot ist wie ein spieleabend bei familie winkelmann: «schwanzhund?» – «ja. das sind 57 punkte.» (loriot 1987: ödipussi)."

Dieser Einwurf überwölbt gar manches in dieser ohnehin sehr guten Kommentar-Diskussion. Gloriots!

Laurenz

15. September 2022 12:20

@EK

ALLE Frauen zogen sich früher anders an als heute.

Bei Muslimen, Armische oder Mormonen ist das nicht so. Insofern trifft das eben nicht für alle Frauen zu. Diese Gruppierungen leben eben ihren Glauben.

 

wolfdieter

15. September 2022 12:44

Ich kann nicht finden, dass die Lehre Christi Homosexuelle missbilligt – Jesus ging schließlich auch zu den Aussätzigen. Jedoch ist ein himmelweiter Unterschied zwischen Toleranz (im besten Sinn) und Staatsdoktrin.

Mit Eintritt ins Berufsleben bin ich aus der evangelischen Kirche ausgetreten – unter rückhaltlosem Bekenntnis zum Christlichen Ethos: so wie der ein schlechter Soldat wäre, der nur der Gefangenschaft entgehen will, so wäre der ein schlechter Christ, der nur um der Hölle zu entgehen Gutes tut. (Aus meiner Sprüchesammlung; ich bekenne mich dazu.)

Es gäb noch einiges zu sagen, aber nicht hier.

Maiordomus

15. September 2022 12:45

@Laurenz. Paulus kannte die Verhältnisse zur Zeit von Jesus sicher besser als Sie; genauso wie nun mal die kirchenrechtlichen Angelegenheiten usw. nicht mit Ihren Nazischlagworten usw. zusammengefasst werden können; so wie Sie "Nazi" fast nur in diesem Zusammenhang kompromisslos negativ konnotieren, sonst sehen Sie, nicht immer zu Unrecht, stets auch positive Errungenschaften (Tierschutz), noch interessant Abschaffung v. Frakturschrift. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich mich praktisch-politisch mit der Trennung von Kirche und Staat, einer in der Tat enorm komplexen Verflechtung mit 1 700 Jahren Tradition, je vor Ort mit persönlichem Risko verbindlich auseinandergesetzt; machte mir aber klar, dass praktische Lösung der Probleme, die nicht mal der Kommunismus in Russland geschafft hat, sehr viel Zeit, bei zu fassenden Beschlüssen zur Vermeidung ungewollter negativer Nebenfolgen, Übergangszeit benötigt. Auch die Sache mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803, einem "Geschenk" Napoleons an Deutschland, war aus hier nicht auszuführenden staatsrechtlichen und sonstigen juristischen Gründen, u.a. legitime Eigentumsverhältnisse betreffend, von enormer rattenschwanzähnlicher Komplexität. . 

Maiordomus

15. September 2022 13:04

Ergänzung zu@ Esther Vilars Meisterinnen-Drama: Es geht der amerikanischen Päpstin um "die Einsicht in die Unfähigkeit des Menschen zur Freiheit", weswegen es nun mal ein System wie die Kirche brauche,. Eine Auffassung, die in Dostojewskijs "Grossinquisitor" bedenkenswert artikuliert wird und die selbst ein Aufklärer wie Voltaire nicht  als falsch zurückgewiesen hat, unweit des späteren Standardwerks des reaktionären, aber doch soziologischen und frühcarlschmittischen Denkens bei Joseph de Maistre, Du pape, einem der Väter der politischen Theologie. Vgl. noch Carl Schmitts vor 100  Jahren erschienenes Standardwerk "Politische Theologie". Über dasselbe besuchte ich vor 50 Jahren in Zürich ein hochkompetentes Seminar bei Lübbe; sah die enormen Erkenntnisleistungen von Schmitt betr. die faktische "Unausweichlichkeit" einer politischen Theologie, vgl. heute die Grünen; mir wurde aber ein für allemal klar, dass ich so wenig ein Schmittianer werden konnte als z.B. ein Marxist. Bei Schmitt,  Marx und dem Erzkritiker Voegelin kann man aber die Politologie der modernen Ideologien  lernen, echtes Basis-Wissen.

Gracchus

15. September 2022 13:37

1. Missbrauch an Kindern durch Geistliche ist ein ernstes Thema. Natürlich gehört dies aufgearbeitet. Unglücklich, gelinde gesagt, ist die Verbindung mit kirchenpolitischen Forderungen. Soweit ich die Positionen kenne, reitet jede Seite ihr Steckenpferd. Schuld ist für die einen sexuelle Repression, für die anderen sexuelle Permissivität. Beide liegen, meine ich, falsch. Das Thema ist aber zu ernst, um es hier in wenigen Zeilen abzuhandeln. 

2. Natürlich ist die Kirche für die Lauen da. Das größte Problem der Kirche ist dennoch der Glaubensverlust. Damit meine ich weniger das Für-Wahr-Halten von Glaubenssätzen, sondern (kindliches) Gottvertrauen. Über genuine Glaubensfragen wird in katholischen Kreisen aus meiner Erfahrung aber kaum gesprochen. 

zeitschnur

15. September 2022 14:02

Ich weiß nicht, warum manche über Sinnlichkeit und Klamotten reden - da kann doch jeder machen, was er/sie denkt. Dass die Piusleute natürlich Frauen in Hosen ablehnen oder Männer nur in Stoffhosen akzeptieren, ist eine Spinnerei, die es in so mancher Sekte gibt. Allgemein katholisch ist das nicht. Und hierzulande war auch niemals eine Kopfbedeckung vorgeschrieben, jedenfalls seit Generationen nicht. Wenn Piusfrauen mit diesen lächerlichen iberischen Mantillas herumrennen, dann ist das mehr eine Maskerade, als dass es irgendetwas mit deutschem Katholizismus zu tun hätte, der übrigens immer sehr offen und "liberal" war. Meine sehr alten Verwandten (ich hab sie gefragt) kannten das überhaupt nicht.

Ich habe niemals das Empfinden gehabt, man wäre sinnenfeindlich, ich bin auch katholisch. Das ist doch Blödsinn. Der Durchschnitt-Säku kann sich einfach nicht vorstellen, dass Menschen Heiliges von Profanem trennen, ohne eines davon abzulehnen ...

Dass es schlimme Entgleisungen v.a. in der neuzeitlichen Theologie gab (Alfons von Liguori zB), wenn es um Sexualität geht, die die Menschen quälten und verklemmten, ist wahr, aber ich habe es eher so erlebt, dass die Kirche keine "ungeordnete" Sexualität in praxi wünscht, die bloße Neigung in allen Facetten aber nicht als sündhaft ansieht, sondern als natürlich.

Niekisch

15. September 2022 14:28

"@Niekisch. Müssen es schon wieder die Freimaurer sein? Das Gift der Selbstzerstörung trägt eine Institution wie eine zum System erstarrte Kirche in sich selber"

@ Maiordomus 7:37: Werter Meister, wenn die Kirche die Selbszerstörung in sich trägt, um wieviel mehr wird dann eine im negativen Sinne extremaufklärerische Geheimorganisation ihren Hauptfeind unterminieren wollen? Warum sollte sie ausgerechnet den Hort des Transzendentalen auslassen wollen? 

Auf Wunsch liefere ich zu diesem hier ablenkenden Thema Belege. 

Nath

15. September 2022 14:37

@Laurenz

Zunächst zum Wortsinn von "Kirche". Die beiden ursprünglichen griechischen Termini sind entweder kerygma (κήρυγμα), sofern die Verkündigung der frohen Botschaft gemeint ist, oder ekklesia (ἐκκλησία), sofern es sich um die Versammlung der Gemeinde handelt. Das von Ihnen verwendete "eglise" ist hingegen die f r a n z ö s i s c h e Entsprechung zu ekklesia.

Angesichts der etymologischen Verwandtschaft von "Kirche" und "kerygma" ist die Vermutung nicht ganz unangebracht, dass auch von der S a c h e her die Deutschen von Anfang an die Verkündigung der frohen Botschaft gegenüber der neutraleren, in der Antike rein weltlich konnotierten "Versammlung" (ekklesia) favorisierten. Christlichkeit und Kirchlichkeit wurden hier, mehr als anderswo, immer zusammengedacht, denn die wahre Verkündigung sollte von individueller Willkür geschützt bleiben. Was für die mittelalterliche Kirche die Häresie war, wurde später bei den Protestanten zum "Sektenunwesen". Im Kirchensteuer-Phönomen verrät sich noch ein letzter Rest jener ehemaligen deutschen Affinität zu religiöser Eintracht und Amtlichkeit.

Gracchus

15. September 2022 15:56

@Laurenz: Was reden Sie denn da? Der Glaubensernst hängt doch nicht an der Kleidung. 

Gracchus

15. September 2022 16:12

Diese Episode mit dem Abnehmen des Bischofskreuzes, das EK erwähnt, hat mich, zumal in dem Kontext (und mit dem Herumdrucksen hinterher), ebenfalls erheblich irritiert.  

Die Randnotiz - also der Unterschied zwischen christlichem und Queer usw. usf.-Regenbogen - war mir übrigens nicht bekannt. Trotz dieses Unterschieds sehe ich darin ein gekapertes Symbol. Ich würde den Regenbogen lieber mit Noah und dem göttlichen Bund in Verbindung wissen.  

 

Laurenz

15. September 2022 16:24

@Zeitschnur

Ich käme nie auf die Idee, Armische in die Pfanne zu hauen. Die lassen sogar ihren erwachsen werdenden Kindern Zeit die normale Welt zu erleben. Wer sich aber dann für das Armische entscheidet, dessen Kleidung & Frisur (Bartwuchs) ist vorgeschrieben. Ich persönlich halte auch nichts von der Beschneidung Anatol Broders & anderer. Müßte ich aber in der Wüsten mit Wassermangel im Zelt leben, wäre die Beschneidung sogar ein Gedanken wert, ähnlich der Tatsache, daß Schweinefleisch in der Wüste ohne Kühlschrank nicht unbedingt der Bringer ist. Wenn Sie der Medicus von Noah Gordon lesen, drück es ein Rabbi irgendwo im Balkan direkt aus, warum Juden komische Vorschriften des Alltags, wie in Äußerlichkeiten unterworfen sind. Ganz einfach, um sich von den anderen zu unterscheiden. Laut EK unterscheiden sich Katholiken von gar nichts, im Sinne der Katholiken ein eklatanter Fehler.

dojon86

15. September 2022 16:46

@zeitschnur 14:02 Mantillas sind in unseren Breiten sicher eine Art Verkleidung, aber als lächerlich empfinde ich sie nicht. Ein gewisser Stilwillen täte der Nordwesteuropäischen Alltagskleidung gut. Ich kann mich mittlerweile nur noch wundern, mit was für Bekleidungen die Leute herumlaufen. Man bekommt Augenkrebs beim Hinschauen. Leider Gottes macht diese textile Verwahrlosung sich mittlerweile sogar in Italien breit. Für meine Eltern, klassische Traditionskatholiken war es jedenfalls Ehrensache, in einem schönen Gewand zur Messe zu gehen.  Ich selbst praktiziere das auch. 

Imagine

15. September 2022 17:20

@Maiordomus  15. September 2022 06:46
"Das Geld muss abgeschafft werden, kenne schon einen, der keins mehr hat", soll Marx gegenüber Engels geklagt haben. Ist Ihnen aufgefallen, dass in USA und  EU, was Röpke den "Respekt vor dem Geld" nannte, längst abhandengekommen ist? Vgl. Faust II. Das Geld ist am Bösen so wenig schuld wie Messer oder Schiesspulver an damit verübten Morden.“

Das Bonmot ist nur witzig für jene, die über ein vulgärmarxistischen Denken nicht hinausgekommen sind, sowohl auf linker wie auf rechter Seite.

Nie ging es bei Marx darum, das Geld abzuschaffen. Denn keine moderne Gesellschaft kann ohne allgemeines Tauschäquivalent funktionieren.

Geld ist für Marx Ausdruck eines gesellschaftlichen Verhältnisses. Welches in der kapitalistischen Gesellschaft mit einem falschem Bewusstsein verbunden ist. Geld besitzt in der Marktwirtschaft einen Fetischcharakter.

Nichts ist falscher als der Glaube, dass Geld die Welt regieren würde. Nur im falschem Bewusstsein erscheint es so. Geld wird in diesem falschen und menschenfeindlichen System zu einem Subjekt und die arbeitenden Menschen zu werden zu Objekten gemacht, deren ökonomische Hauptfunktion es ist, mit ihrer Arbeit und ihrem Konsum zur Geldvermehrung beizutragen. Die menschliche Lohnarbeit wird zur profitablen Ware. Die Menschen werden in diesem System zu Menschenfeinden.

 

Laurenz

15. September 2022 17:55

@Nath @L.

Sie haben Recht, ich habe Eglise einer französischen ARTE-Doku entnommen. Der Erfinder der Häresie war Justin (*100/+165). Justin wird zwar heute als Kirchenvater bezeichnet, was aber bedeutet, daß es noch keine Kirche gab. Er war Chef einer kleinen christlichen Schule in Rom, von denen es mehrere (3) gab. Denn zu Justins Lebenszeit gab es noch keine Kirche. Es gab Bischöfe, auch den Bischof von Rom, der zwar über Renommee verfügte, aber über keinerlei Weisungsbefugnis anderen gegenüber besaß. Hier in der ARTE-Folge weiter hinten

https://youtu.be/9eiXrDS_q04?list=PLlQWnS27jXh87WC27k3yhxAigE_0jBDi_

https://youtu.be/ipVYGovbw9E?list=PLlQWnS27jXh87WC27k3yhxAigE_0jBDi_

https://youtu.be/xCkM-Oq4CzM?list=PLlQWnS27jXh96VaW7tw01IIMbxDcRwrBi 

und folgende.....

 

dojon86

15. September 2022 18:29

Imagine 12:11 Danke, für ihren Tipp. Ich brauche aber weder Borussia-Dortmund noch den Führer. Habe das ozeanische Gefühl, auf das sie anspielen, bei etlichen linken Demos in den 70gern kennengelernt. Etliche der Typen, die ich da sah, traf ich 20 Jahre später beim harten Intrigieren um Spitzenposten im Staat oder bei staatsnahen Vereinen wieder. Das hat mich geheilt, seitdem nehme ich Denksysteme, die das Glück auf Erden verheißen, nicht mehr ernst. 

 

Nath

15. September 2022 18:59

@Gracchus

"Natürlich ist die Kirche für die Lauen da."

Sollte Ihnen hier ein freudianischer Versprecher (Verschreiber) unterlaufen sein? Ich nehme an, Sie meinten "Laien".

Dennoch kann man auf der Suche nach dem Körnchen Wahrheit, das in diesem (unbeabsichtigten) Satz stecken mag, durchaus fündig werden; etwa, indem man umgekehrt fragt, wie müsste denn, ganz formal gesprochen, eine Zugangangsmöglichkeit für die Nicht-Lauen beschaffen sein? Antwort: Es müsste ein w i r k l i c h e r  Zugang sein, einer, der in das ihm Zugängliche auch tatsächlich einmündet und den Gehenden dorthin führt.

Da Sie kindliches Gottvertrauen erwähnen, könnte man gemäß dem oben Gesagten das Beispiel einer Mutter anführen, die dem Kind das Laufen beibringt. Am Ende muss und wird das Kind o h n e  ihre Hilfe des Laufens fähig sein. Das anfängliche Vertrauen in die anleitende Kraft der Mutter wird erst in dem Augenblick seine Bewahrheitung erfahren, da es ihrer Hilfe nicht mehr bedarf.

Zu fragen wäre schließlich, ob nicht alle diejenigen (Kirchen, heilige Traditionen, einzelne Meister etc.), die ihr einziges Ziel nicht darin sehen, sich selbst so rasch wie möglich überflüssig zu machen, gerade der viel gescholtenen "Lauen/Laien" bedürfen. Letztere in "ewiger Schülerschaft" Befindlichen bzw. Gehaltenen stellen weder sich noch den Oberen ein gutes Zeugnis aus.

Ein Fremder aus Elea

15. September 2022 19:20

Gracchus,

ich habe keine Ahnung, ob LGBT diesen Bezug bewußt gesucht hat, aber es gibt selbstverständlich eine Verbindung zum Noah'schen Bund, nämlich daß sich die Sündflut eben nicht wiederholt, selbst wenn öffentlich Pride Parades abgehalten werden.

Übrigens, da ich gerade die Brüder Karamasow lese, welche hier im Strang immer wieder auftauchen: Dmitrij Fjodorowitsch Karamasow sagt da etwas recht interessantes im Zusammenhang mit LGBT, nämlich daß für die Mehrheit der Menschheit die Schönheit die Schönheit Sodoms sei, welche sie gerade suchte, und Hollywood hat ja auch schon von früh an, seit 1930, seine Stars nach diesem Kriterium ausgesucht, viel konsequenter als sonst eine Filmschmiede, wiewohl Leni Riefenstahl in Das blaue Licht auch Pionierarbeit im Bereich der modernen Werbeästhetik geleistet hat.

Interessant an Dostojewskij ist, daß er das 20. Jahrhundert genau vorweggenommen hat. Auch was er über Gymnasiasten schreibt: "Sie wissen Dinge über Frauen, welche selbst Soldaten nicht wissen." Er nennt es einen äußeren Zynismus. Heute sagen wir: Sie wollen cool sein. Er hat das alles haarklein kommen sehen. Leider gibt es diesen äußeren Zynismus heute bei 35 Jährigen, welche ihre Coolheit dadurch beweisen, daß sie nonchalant über die Notwendigkeit der Depopulation sprechen.

Und als ich das letzte Mal im Bücherladen war, hatten sie kein einziges Buch von ihm.

zeitschnur

15. September 2022 19:57

@ Laurenz

Niemand muss in ein Kloster eintreten. Niemand muss Amischer sein (bitte ohne r). Unter dem Dach der Kirche haben viele Wohnungen Platz, das kann man mit Fug und Recht sagen. Das war schon immer so.

Noah Gordon ist nun nicht gerade Fachliteratur.

Wo EK behauptet habe, Katholiken unterschieden sich in gar nichts? Vielleicht noch mal genauer lesen?

@ Gracchus

Der Regenbogen ist eigentlich das Zeichen der festen und sicheren rakia, des Firmamentes. Es ist ein festes Gewölbe, das bei der Sintflut von Gott geöffnet wurde. Die Urwirbel, die drüber waren, stürzten in das Reich der Erde hinein. Ebenso brachen alle Urwirbel der Tiefe auf und schossen noch oben. So versank alles in einem vorweltlichen "Tohuwabohu".

Die rakia ist nach dem Psalm Künderin der Schöpfungswerke, ihre kristalline Gestalt bricht das Licht in alen Farben. Der Bogen vollzieht den Bogen des Gewölbes nach, das Gott nie mehr für die Urwirbel öffnen wird, das war sein Bund mit der Schöpfung am Berg Ararat.

Maiordomus

15. September 2022 21:14

@Imagine. Ist ja klar, dass der Satz von Marx an Engels nur eine ironisierende Form des Jammerns um eigene, oft von Engels zu behebende Geldnöte waren und dass er sich über die Tauschbedingungen keine Illusionen machte. Eher schon illusionäre aber war, wie sich Marx und Engels über die Vorstellungen einer sexuellen Revolution bei Karl Heinrich Ulrichs lustig machten, das konnten sie sich schlicht nicht vorstellen, wobei aber Ulrichs den Anspruch erhob, genau so ein Menschheitsbefreier sein zu wollen wie die Sozialisten und Anarchisten, wobei er selber  im Prinzip Altliberaler blieb. Aber seine Vorstellungen, er unterschied auch schon über 28 Geschlechter, gingen ähnlich wie die Rousseaus so in Erfüllung, dass er und Hössli heute über die Resultate vielleicht ähnlich skeptisch geworden wären wie der Rousseauist von 1860. Johann Georg Zimmermann aus Brugg und Hannover, über die tatsächlich eingetretene franz. Revolution. So hatte es Rousseau sicher nicht gemeint, siehe seinen antizentralistischen Verfassungsentwurf für Korsika von 1769, der am ehesten an Verfassungen der späteren Kantone Appenzell erinnert, weit weniger an die franz. Nation. 

zeitschnur

15. September 2022 21:39

@ dojon86

Über Geschmack lässt sich trefflich streiten. Aber auch meine Verwandten gingen natürlich im Sonntagsstaat in die Kirche, ich selbst wenigstens mit etwas, das ich selbst einigermaßen angemessen empfinde. Also: Keine Arbeitskleidung und nichts, was verrissen oder zu abgetragen ist. Knallenge Strichkleidung habe ich eh nie getragen.

Die derzeitige Mode ist Kleidung, die noch in meiner Kindheit nur Huren und Sklaven getragen haben. Heute ist das "schick". Immer mehr Leute machen sich ihre Kleider daher selber. Es gibt nicht nur islamische, sondern auch katholische Kleiderläden, die Überschneidungen mit Trachten und Ökoklamotten haben. Wenn ich in Stoffläden bin (ich mache alles selbst), findet man inzwischen auch immer mehr Einheimische, früher war ich die einzige Nichtmuslima.

Was EK oben meinte, war, dass früher die allgemeine Kleidung auch ungefähr der für die Kirche entsprach. Das ist heute nicht mehr so. Das macht es für uns alle schwer: Tragen wir draußen mutig das, was heute "out" oder extravagant ist, oder schlappen wir genauso in die Kirche, wie man draußen verboten herumläuft? Oder leben wir in zwei Welten, die nicht zampassen?

Maiordomus

15. September 2022 21:56

Zimmermann, der um 1760 die Revolution visionär voraussagte, war 1789 und speziell 1792 - 1794 über das Resultat höchst enttäsucht, neigte sogar zu Verschwörungstheorien. Er war also ein Rousseauist von 1760., wie andere Mitglieder der Helvetischen Gesellschaft von Schinznach, der deswegen Albrecht von Haller, der damals grösste Schweizer Gelehrte, nicht beitrat. 

FraAimerich

15. September 2022 23:36

@ Niekisch

Das Thema "Freimaurerei und Kirche" ist weitgehend verbraucht. Kein auf sein Renommee bedachter Intellektueller, Akademiker gar, wird es aufgreifen, schon gar nicht, wenn man zuvor mit Juan Maler gewunken hat. Denn dieser kommt aus einer Ecke, die für die meisten "Kenner der Materie" ein gewisses "Geschmäckle" hat, mit dem man sich also nicht gemein zu machen wünscht. Allenfalls gelitten wären Festschriften, was die Kirche Aufklärern und Freimaurern alles "zu verdanken hat".

Auch ist der Einwurf von @Maiordomus jenseits des neckischen Bekenntnisses, selbst einige sehr freundliche, gebildete und offenbar keineswegs bocksfüßige Freimaurer zu kennen, durchaus ernst zu nehmen: Der "Keim der Selbstzerstörung" gelangte nicht erst durch freimaurerische Konterbande in die Romkirche. Daß es solche gab, läßt sich freilich auch nicht ernsthaft bestreiten.

Wer sich ideengeschichtlich für das Thema interessiert, insbesondere für die "Eintrittstore" neuplatonischer und kabbalistischer Einflüsse bis hin zur "illuminierten" Traditionslinie Joseph de Maistres oder der Martinisten, sei auf die Studie The Occult Renaissance Church of Rome von Michael Hoffman verwiesen. Sie könnte selbst akademischen Ansprüchen einigermaßen genügen, jedenfalls eher als Maler (der nicht weit genug zurück und ohnehin nur in eine Richtung greift; was nicht heißen soll, daß man nicht auch bei ihm Interessantes finden könnte).

Gracchus

15. September 2022 23:54

@Nath: Kein Verschreiber. In einer Volkskirche sind Eiferer in der Minderheit. 

"Kindlicher Glaube" - ich bezog mich dabei auf "wenn ihr nicht werdet wie die Kinder" und den Film "Ordet" von Carl Theodor Dreyer. Durchaus als Ziel im Verhältnis zu Gott: "Gotteskindschaft". Durchaus in Einklang zu bringen damit, dass der Gott das Kind los lässt, damit es selber läuft. Dass es sich dies zutraut, gehört ebenso zum Gottvertrauen. 

Die Kirche bezeichnet sich zwar als Mutter oder Lehrerin. Wer dies so empfinden kann: gut. Es ist aber etwas Anderes als das, was Sie, meine ich, ansprechen, nämlich das Verhältnis eines Schülers zu seinem geistlichen Meister (Guru). So etwas gibt es wenig im katholischen Bereich, oder man muss suchen. In der Orthodoxie gab oder gibt es - wie er in dem vom Fremden aus Elea erwähnten Dostojewski-Roman auftaucht - den Starez. Natürlich sollte solche Lehrerschaft darauf abzielen, sich überflüssig zu machen. 

 

Gracchus

16. September 2022 00:09

@Fremder aus Elea

Dostojewski kann man tatsächlich als eine Art Propheten bezeichnen, Brüder Karamasow ist in meinen Augen ein extrem wichtiger Roman. 

Nur was meinen Sie damit, Hollywood habe seine Stars nach der Schönheit Sodoms gecastet? Lauren Bacall zum Beispiel in Gangster von Key Largo assoziiere ich nicht mit der Schönheit Sodoms, sondern, auch oder gerade was den von ihr dargestellten Charakter angeht, eher mit der eines Engels. Sie bringt doch den desillusionierten Kriegsveteran (Humphrey Bogart) dazu, wieder an das Gute zu glauben.

anatol broder

16. September 2022 00:14

«ungeheueres aufheulen bei […] den teilnehmern»

die professorin julia knop argumentiert ab 0:40 für die änderung: (1) menschenwürde, (2) menschlichkeit, (3) gerechtigkeit, (4) abschied von jeder diskriminierung.

während (1) und (2) floskeln sind, begeht knop mit (3) und (4) einen logischen widerspuch. knop lehrt dogmatik in erfurt.

Laurenz

16. September 2022 03:02

Wie Anno '33: https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-waffenlieferungen-fuer-papst-franziskus-nur-zur-selbstverteidigung-a-52d80833-6847-4982-95d3-281991b0c2bd

Maiordomus

16. September 2022 08:25

@Zeitschnur. Was Sie über den Sonntagsstaat für die Kirche ausführen, zeigt, dass es sich früher, auch früher, bei den konfessionellen Denominationen viel mehr um eine kulturelle Prägung handelte als um Glauben. Vgl. nicht zuletzt auch die Juden. Der  Glaube war früher vielfach kleiner als wir heute denken, ist aber heute vielfach doch noch grösser, als viele vermuten. Diese Äusserlichkeiten wurden dann von vielen der sog. Aussenseiter und Sektierer der Reformation in Frage gestellt, auch als Perversion des Glaubens beschrieben. Entsprechend pochten die Wiedertäufer auf Einfachkeit in der Mode, waren zum Beispiel gegen die aufkommenden Knöpfe, indem sie auf den Haken und Ösen beharrten:

"Mit Knöpfen und Taschen,

Wird dich der Teufel haschen.

Mit Haken und Ösen

Wird Gott dich erlösen"

 

Aus einem volkskundlichen Text über die Berner Täufer, von denen dann die amerikanischen Amischen zum Teil abstammten. Deren heutige, teuer gewordene Mode war das, was man früher schlicht nannte. 

Monika

16. September 2022 09:30

Bevor der Strang mit seinen Sophistereien zwischen „Analverkehr und Sonntagsstaat“ in den Weiten des Netzes vertrudelt, noch der verzweifelte Versuch eines hoffnungsvollen Ausblicks : Selbst wenn sich die Deutsche Katholikenelite am Abgrund befindet, so besteht doch die ewige Verheißung für die eine,  heilige und katholische Kirche, 1926 in den „Hymnen an die Kirche“ großartig von Gertrud von le Fort geschrieben. Ich zitiere daraus im nächsten Kommentar.

RMH

16. September 2022 09:40

@Maiordoums,

danke für den Hinweis auf Karl Heinrich Ulrichs. Ob so ein geistiger Mensch einen CSD mit seinen platt fetischistisch- animalischen Entgrenzungen, auf einem Priesterseminar gemeinsam onanierende Anwärter, darkrooms, barebacking und die regelmäßige Einnahme von AIDS-Prophylaxe Medikamenten auf Krankenkassenkosten (danke an Jens Spahn, dass war wirklich ein Akt der Emanzipation) noch goutieren würde, erscheint mir fraglich. Und wenn also ein derart hormonell-triebgesteuerter Haufen die Öffnung einer sich als heilig denkenden Kirche lautstark in Anspruch nimmt, dann kann man buchstäblich fordern, reißt Euch mal am Riemen, strebt zumindest das Niveau eines Karl Heinrich Ulrichs an und dann kann man eher für die Position werben, dass es Teil der göttlichen Schöpfung sei, dass es eben auch Urninge gibt.

Diese ganzen, polit-medial gepushten queer-schrillen Schreier schaden ihrer eigenen Sache und vereinnahmen dabei auch hs- Kreise, die eigentlich damit nichts zu tun haben wollen (es gibt auch konservative Männerliebende - dazu gabs mal einen Artikel in der Sezession).

@zeitschnur, die Frage der Bekleidung ist meiner Meinung nach für diese Diskussion eher nebensächlich. 

Monika

16. September 2022 09:41

 Hymnen an die Kirche ( Gertrud von le Fort, 1926)

Ich will dich noch lieben, wo meine Liebe zu dir endet.
ich will dich noch wollen, wo ich dich nicht mehr will.
Wo ich selbst anfange, da will ich aufhören,
und wo ich aufhöre, da will ich ewiglich bleiben.
Wo meine Füße sich weigern, mit mir zu gehen, da will ich mich einknien,
Und wo meine Hände versagen, da will ich sie falten.
Ich will zu Hauch werden in Herbsten des Stolzes und zu Schnee in Wintern der Zweifel...

Monika

16. September 2022 10:06

....Und die Pharisäer bildeten einen Kreis um ein Plakat mit der Aufschrift: „Keinen Platz für Menschenfeindlichkeit.“ Und Jesus sprach: Nicht alle, die von Menschenliebe sprechen, werden darum schon ins Himmelreich eingehen, sondern nur, wer den Willen meines himmlischen Vaters tut.... ( eigentümlich frei nach Mt, 7,21-23) 🤫 Natürlich ist vollmundig proklamierte Liebe zur Menschheit etwas anderes als die ganz praktische Zuwendung zu einem konkreten einzelnen Menschen. Diese Unterscheidung zieht sich durch alle Werke Dostojewskis. Zitat aus  „Der Idiot“

“In der abstrakten Liebe zur Menschheit liebt man fast immer nur sich selbst.“

 

Maiordomus

16. September 2022 10:47

@Monika. Die Zeit nach dem 1. Weltkrieg war für Katholizismus Blütezeit, wofür  Gedichte von Gertrud v. le Fort zeugen, so die damaligen Konversionen, später A.v.Speyr, das Katholisieren eines Werfel mit Lourdes, nicht zu vergessen Hofmannsthal, sogar Wittgenstein. Schneider, Bergengruen,  Guardini, Hugo u. K.Rahner, I. Görres, christl. Glaubenszeugen im NS usw,, was auf das 2. Vat. Konzil als oft enttäuschte Hoffnungsperspektive vorauswies.

Sonntagsstaat hat mit Religionssoziologie zu tun, sogar Frauenemanzipation, dass man z.B. ab 1830 in der Schweiz als Frau mit  Mantel zum Gottesdienst ging, usw.  Analverkehr gehört leider zu Details der Hexenprozesse, Mitfaktor der Satanisierung der Homosexualität; bin darauf nicht herumgeritten, kenne es vom Aktenstudium, dabei selten sehr konkret beschrieben. Unappetitliche Sachen betr. Anales hab ich im Eigenauftrag bei über 100jährigen Kindsmissbrauchprozesseakten nun mal eingesehen, kenne es länger u. gründlicher als die v. der CH-Bischofskonferenz beauftragten Quoten-Historikerinnen.

 

zeitschnur

16. September 2022 11:12

@ Maiordomus @z

Ja, das stimmt, ich gebe Ihnen recht. Natürlich sind das Äußerlichkeiten, aber sie sprechen immer auch für etwas. Übrigens: Ob man meine kleinen bayerischen Ahnen in ihem lebenslang gepflegten einen Trachten-Sonntagsstaat nicht sogar mit den Amishen vergleichen kann? Das waren Waldler, gut einige zogen dann nach München und wurden urban ... aber nehmen wir die Waldler.

Wie viel echter Glaube vorhanden war, wissen wir nicht. Auch da gebe ich Ihnen recht. Aber da stoßen wir eben auf das Problem, das ebenfalls immer in Kritik war: Die Kirche kann weder Glauben definieren noch erzeugen noch bewahren, jedenfalls nicht, wenn man sie iS Konstantins und der Konzilien versteht. Sie ist ein rein soziales Konstrukt, das Traditionen bildet, die aber brüchig sein müssen, denn andernfalls hätte man sie nicht so lange mit Brachialgealt durchsetzen müssen. Die Wahrheit steht bekanntlich selbst, sie bedarf keiner Macht.

 

Maiordomus

16. September 2022 11:21

@RMH. Als Leser aller publizierten Werke von Karl Heinrich Ulrichs und Heinrich Hössli bezeuge ich die Auffassung, dass diese beiden damals zusammengeschrieenen und bis zum Gehtnichtmehr verbotenen hochgebildeten Pioniere und absoluten Gewaltgegner, auch Kritiker der Todesstrafe,  weit eher den Namen von Humanisten verdienen als zB. die Terror u. Diktatur  nicht ausschliessenden Marx und Engels, m.E.  auch Mandela. Kaum je wurde ein "progressives" Anliegen in der Geschichte der Menschheit so ehrlich und redlich und integer vertreten wie durch den durch ein Todesurteil auf dem Rad politisierten  Hutmacher aus der Schweiz und den hochgescheiten und einmalig humanistisch gebildeten Juristen und späteren Redaktor einer lateinischen Zeitschrift aus Deutschland; wobei freilich die Bedeutung von Ulrichs, dem Entdecker v. Hössli, höher einzuschätzen ist als die des Glarner Hutmachers und dennoch grossartigen Verfechters der direkten Landsgemeindedemokratie. Hösslis Buch "Eros", das er nach der revolutionären Landsgemeinde von 1836 glaubte veröffentlichen zu dürfen, weil Meinungsfreiheit beschlossen war, freilich im Rahmen des "sittlich Zulässigen", wurde postwendend verboten, genauer sogar weitgehend unterhalb der Verbotsstufe, so der 2. Band, gedruckt in St. Gallen, im Buchhandel usw. unterdrückt. 

zeitschnur

16. September 2022 11:22

@ FraAimerich

Dass die Institution Kirche viel früher schon alles mögliche aufgenommen hat, das in ihr den Untergang ausgesät hat, sollte eigentlich jedem klar sein, der sich tiefer damit befasst. Nicht nur dass ihre Frühzeit kaum rekonstruierbar, weil überschrieben ist durch Eusebius, dem wir ja keineswegs einfach trauen sollten, sondern auch dass sie durch die dogmatische Entwicklung suggerierte, die Wahrheit könne nicht alleine glänzen, sondern müsse in dürre Sätze gesperrt werden, deren Hintergründe sehr oft - die Christen merken das aber nicht - keinerlei biblischen Anhalt haben, angefangen beim Konstrukt der Trinitätslehre, von der weder Jesus noch die Apostel etwas wussten. Alleine die Gewalttaten, die vollbracht wurden, um den Glauben der Frühzeit zugunsten dieses Konstruktes totzuschlagen, sprechen für sich. Nizäa war der Beginn der Brachialgewalt in der jungen Staatskirche. Dennoch können wir immer noch aus den älteren Quellen klar erkennen, dass nicht ein einziger früher Vater davon ausging, dass Jesus "Gott" wie DER Gott war. Ich habe mich damit lange befasst, und auch die Schrift gibt das überhaupt nicht her. Auf dieser Verzerrung wurde die Institution aufgebaut. Auch der Protestantismus hat das nicht erkannt, sondern seinerseits Zweifler wie Servetus durch ganz Europa verfolgt und schließlich verbrannt. Hat die Wahrheit das nötig?

ff

zeitschnur

16. September 2022 11:29

ff

Der Niedergang ist ein anschwellender Strom durch die Jahrhunderte, in den alles mögliche einfloss. Nur verstehen die Traditions-Katholiken das nicht. Sie denken, alles sei gut gewesen, bis der Protestantismus kam. Oder man müsste ja nur alles straff hierarchisch führen, dann würde alles gut.

Warum ihr Hierarchiekonzept scheiterte, interessiert sie nicht. Dass es nicht an aufbegehrenden Massen scheiterte, sondern an sich selbst, sehen sie nicht. Der Glaube an Hierarchie ist der babylonische Turm in der Kirche. Er stammt aus einem absurden Repräsentationsmodell und dem Wahn, damit könne eine Leiter zum Himmel hergestellt werden. Ausgangspunkt waren dafür komplizierte Engellehren aus dem Judentum, der Neuplatonismus und der angeblich aufgefundene Dionysius Areopagita. Auch interessant, was in "Reset"-Zeiten alles plötzlich massenhaft "aufgefunden" wird. Ihr Stichwort Renaissance war gut ...

Es ist, wie Jesus es sagte: Von Anfang an wurde schlechter Samen auf das Feld gesät und wuchs auf mit dem Weizen. Wohl dem, der das eine vom anderen unterscheiden kann, denn das sollten wir. Nur ausreißen sollen wir nicht. Das wird am Ende offenbar, jeder wird es sehen, und die "Schnitter" kommen und werden es trennen.

quarz

16. September 2022 13:14

@Maiordomus

"Die Zeit nach dem 1. Weltkrieg war für Katholizismus Blütezeit"

Interessanterweise auch in Frankreich und in England. Haben Sie eine Erklärung für dieses länderübergreifende Phänomen?

Monika

16. September 2022 13:29

@ Maiordomus Ich weiß Ihre Fach- und Detailkenntnisse durchaus sehr zu schätzen. In diesem Falle tragen sie nicht unbedingt zur Erhellung des großen Ganzen bei und manches möchte man auch nicht so genau wissen. Immerhin geht es um das Ende der Volkskirche in Deutschland und um die traurige Tatsache, dass das Land der Dichter u. Denker keine großen Theologen u. Philosophen mehr hervorbringt. Und Menschen, mit denen man über Gott reden kann, ohne ausgelacht zu werden, muss man suchen  ( Arnold Stadler) . Die sog. Seelsorger brauchen zudem selbst eine gründliche Seelsorge und so steht der „religiös begabte“ Mensch allein auf weiter Flur. Aber vielleicht haben Sie zu genau diesem Thema  noch literarische und historische Beispiele? 

Maiordomus

16. September 2022 15:11

@quarz.Nach WK I mit Sturz vieler Monarchien gingen Sicherheiten verloren,  Aufkommen von Gross-Ideologien wie Kommunismus, Faschismus u. NS. Es gab Konvertiten, die in Alternative zu diesen Ideologien standen, ersehnten im Katholizismus den gesuchten ehernen Bestand: Wortwahl des polit. Katholizismus in der Schweiz usw. war stark auf "Führer" ausgerichtet, so in Spanien und Portugal. Im Rahmen dieser Sehnsucht nach Stabilität und Orientierung machte er vorwärts. In der Schweizer Grossbürgerfamilie Schwarzenbach sympathisierte die linke Annemarie Schwarzenbach mit Stalin der rechte Publizist James Schwarzenbach stand zwischen Frontismus und Katholizismus, entschied sich als Konvertit für einen integristischen Rechtskatholizismus. R. Schneider schwärmte 1930 im Buch über Philipp II. von der Inquisition, deren "harten" u. "strengen" Dienst er bewunderte. Katholizismus erwies sich als eine Art Ersatz-Totalitarismus, obwohl politisch verschiedene Optionen offen lassend. "Katholisch" war oft eine knallharte Orientierung: es war erlaubt, um nicht zu sagen geboten, radikal zu sein, wiewohl es Vernünftige gab, so Adenauer. Der war 1960 gegen Kennedy skeptisch. Sagte ein Berater: "Aber der ist doch katholisch!" Adenauers Antwort: "Der Frings" (Erzbischof) "ist ooch katholisch". Gesundes Misstrauen gegen Klerikalismus!.

Maiordomus

16. September 2022 15:46

@Monika. Man muss sich nicht auf Rahner berufen, um in der Auseinandersetzung, auch Ineinandersetzung mit Mystik einen Ausweg nicht auszuschliessen; nur glaube ich, dass das bemühte Zen, z.T. ein Progagandatrick v. Jesuiten, für mich als Ausweg nicht taugt. Eher bei Eckhart ansetzen, der ein vernünftiger, oft nach Augustinus und biblisch-vorlutherisch orientierter Scholastiker war, blieb bei aller Tollkühnheit denkender Europäer, weniger v. Thomas u. Pascal entfernt als man glaubt.  Es stimmt wohl, dass man, ohne auf "grün" zu machen, es ohne Neuausrichtung der Ernährung, auch Fasten, kaum geht, ferner sich innerlich und äusserlich mit der Linguistik des Gebetes auseinandersetzen. Für personale Mystik sollte man es mal mit der nach wie vor unverstandenen, den Umgang mit sich selbst fördernden "Heiligen Dreifaltigkeit" versuchen, v. K. Marti "Geselligkeit Gottes" genannt. Z.B. nachzulesen beim Japaner Ueda  "Die Gottesgeburt in der Seele und der Durchbruch zur Gottheit", für mich einst beste Einführung in Meister Eckhart, eine unbefangene, nicht an vorgegebene Dogmen orientierte Deutung der Dreifaltigkeit: Als  Modell der Kommunikation mit "Gott" in uns und ausser uns, was sogar "gottlos" funktionieren kann. Die Frage nach der Existenz Gottes ist ohnehin falsch gestellt. 

Ein Fremder aus Elea

16. September 2022 15:48

Gracchus,

was ich damit meine ist, daß Hollywood von Anfang an einen Hang zur seelenlosen Schönheit hatte, was selbstverständlich Ausnahmen nicht ausschließt, aber im Vergleich zum englischen oder französischen Kino, etwa, doch ein verdientes Urteil ist. Zum Beispiel das "Liebespaar" in Ninotchka...

Monika,

der Gedanke zur Liebe zur Menschheit im allgemeinen findet sich auch in den Brüdern Karamasow wieder, da in Form eines Bekenntnisses eines Arztes, der es nicht ausstehen kann, mit anderen zusammenzuleben. Das ist auch sonst ein wiederkehrendes Element, Menschen die sich selbst ins Unglück stürzen, weil sie irgendetwas nicht ausstehen können oder sonstige, mutwillige Meinungen haben, die für jeden vernünftigen Menschen offenkundig nur Unheil stiften können. Da ist der Arzt sogar noch gut weggekommen mit seiner Einsamkeit. Ich hab's bisher aber nur bis Kapitel VIII des dritten Buchs geschafft. Smerdjakows Gedanken zum Glauben sind sehr lustig, abgesehen von der von Fjodor Pawlowitsch 100% korrekt erfaßten Sophisterie (dort anders genannt) stellt sich bei all dem natürlich stets unausgesprochen die Frage: Der Glaube an was genau? (Antwort: Daß man selbst wichtig ist und Gott einen deshalb beschützt.) Smerdjakow freilich hält weder sich, noch die anderen für wichtig, aber das bleibt alles unausgesprochen, ja, ich dachte einmal, daß es vielleicht sogar noch in die Richtung: Aber wenn Gott einen als Psychopathen erschaffen hat? geht.

Maiordomus

16. September 2022 16:14

@Zeitschnur. Es stimmt, dass Kirche Glauben wohl nicht "definieren" kann; eher ihn "vorbeten" oder durch ein Kreuzzeichen, ganz wichtig bei den Orthodoxen, liturgisch praktizieren; das geht auch und gerade privat. Es war am 8. Sept, als per SMS an einen russischen Gesprächspartner, Monarchist, die Nachricht vom Tod der Queen hereinkam: Er machte stille Gebetspause, schloss diese mit orthodoxem Kreuzzeichen; nicht das Alt-Orthodoxe des Protopopen Awwakum. Es war aber, ob altes Kreuzzeichen oder "neues" Kreuzzeichen, seit 1682, schlicht echt. Das altrussische Kreuz wird mit zwei Fingern gemacht, bedeutet nicht Definition, sondern auf Leben und Tod Praktizierung des Dogmas "Wahrer Gott und wahrer Mensch", reine Verkündigung als Proferation (Darbringung: wie wenn sie im Ernst sagen  "Ich liebe dich"). Wenn dieser wahre Gott als wahrer Mensch in Ihnen Ereignis wird,  dann findet dieser wahre Gott (1. Person) und wahre Mensch (2. Person) in Ihnen (3. Person) statt, sofern Sie es wirklich so meinen. Ein Beispiel für Gottesgeburt in der Seele. Beim orthodoxen Kreuzzeichen findet es statt, ob Sie es mit zwei oder mit drei Fingern machen, aber nur im Glaubensvollzug. Natürlich muss dafür nicht extra eine Königin sterben, letzteres war in diesem Fall der äussere Anlass einer  echten inneren Bewegung eines Religiösen. Gott findet statt, wenn Sie dafür bereit sind.

Laurenz

16. September 2022 17:00

@alle Gläubigen hier

Was hier grundsätzlich eklatant auffällt, ist die historische Ignoranz gegenüber der Kirche. Schon die Christianisierung des Römischen Reichs ging mit einem kulturellen Niedergang einher, quasi der antiken Erschaffung eines sozialistischen Menschen. Gerade bei den katholischen Intellektuellen hier fällt das ganz besonders auf, denn sie müßten es besser wissen. Als die norditalienischen Kaufmannsfamilien anfingen, den Stuhl Petri zu kaufen, konnten sie ungehindert die Renaissance starten. Spätestens mit der langsamen Einführung der Schulpflicht in Preußen, welche, wie auch die Abschaffung der Kinderarbeit, militärischen Gründen geschuldet war, können wir vom Anfang des kirchlichen Niedergangs sprechen. Denn Wahrheit, Bildung widersprechen diametral einem Gottesstaat. Diese Logik ist bereits am Anfang der Genesis beschrieben, mit der Vertreibung aus dem Paradiese, wegen des Naschens vom Baum der Erkenntnis. Beispielhaft ist auch der Umgang der Kirche mit den Anfängen der Archäologie.

Gracchus

16. September 2022 17:00

@FraAimerich

Neuplatonische Einflüsse gab es bereits vor der Renaissance. Die Kabbala, die neuplatonische Elemente enthält, wird und wurde zwar christlich rezipiert - dass sie die katholische Kirche bzw. das päpstliche Lehramt nennenswert infiltriert, vermag ich nicht zu erkennen.

Der synodale Weg, um den es hier geht, ist sicherlich nicht kabbalistisch oder hermetisch inspiriert. 

Diese Laiengremien, wie ZdK, muss man auch sagen, vertreten längst nicht alle Laien. Eigentlich ist es eine Alibi-Veranstaltung. 

Ferner ist es mit der Liberalität auch nicht so weit her. Bei der alten Messe hört die Liberalität auf. Am liebsten sähen sie die alte Messe ganz verboten, und Tradis aus der Kirche gedrängt. 

 

Maiordomus

16. September 2022 17:32

@Zeitschnur. Was "in Sätze gesperrt wird", wirkt nicht. Als "Dogma" noch handelnde Verkündigung bedeutete, begleitet v. liturgischer und ethischer Praxis, war Blüte des Glaubens möglich, wenigstens nicht ausgeschlossen. Eingetrichtertes zählt nicht. Wenn Sie mit der Dreifaltigkeit, Frucht, nicht Produkt des Johannesevangeliums nichts anfangen können, wird Ihnen die christliche bzw. paulinische Spiritualität u. Mystik, bis zur Lehre v. Person u. Gewissen, fremd bleiben. Sie wählen dann besser andere Glaubensangebote. Wobei zB. Klimaglaube wissenschaftstheoretisch unsicherer ist als der überzeugungsgesicherte Glaube an  Auferstehung: im christlichen Sinn die totale Vereinigung mit Gott, worauf Modell Dreifaltigkeit hinausläuft. Wiewohl Hinrichtung des Dreifaltigkeitsleugners Serveto durch Calvin heute Abscheu erregt, war damit klar zu machen, dass ohne die Dreifaltigkeit als Modell der Realisierung des christlichen Glaubens an die Auferstehung Calvins Gottesstaat auf dem Nullpunkt wäre. Woran das Weltbild hängt, zu leugnen, bedeutet Zerstörung der innersten Gewissheitsüberzeugung und der darauf aufgebauten Ordnung.  Das ist, wie nicht nur "woke" zeigt, Basis der Religionen und unbedingt auch der Zivilreligionen, die am ehesten ihren Glauben noch wie im Mittelalter polizeilich durchsetzen können. 

 

 

Niekisch

16. September 2022 17:45

"Kein auf sein Renommee bedachter Intellektueller, Akademiker gar, wird es aufgreifen, schon gar nicht, wenn man zuvor mit Juan Maler gewunken hat. Denn dieser kommt aus einer Ecke, die für die meisten "Kenner der Materie" ein gewisses "Geschmäckle" hat, mit dem man sich also nicht gemein zu machen wünscht."

@ FraAimerich 15.9.21:56: Diese Kriterien spielen für mich keinerlei Rolle, da ich kein Intellektueller bin, Akademiker nicht mehr bin und Winken immer noch besser ist als den  Zeigefinger zeigen. 

dojon86

16. September 2022 17:57

Es geschah in den letzten Tagen vor der Erstürmung Konstantinopels. In der Hagia Sophia sitzen einige Theologen und diskutieren über die Bedeutung des Wortes filioque im Glaubensbekenntnis. Warum wohl kommt mir anhand etlicher Postings diese alte Geschichte in den Sinn?

zeitschnur

16. September 2022 20:19

@ Monika

Ihren Pessimismus würde ich nicht teilen wollen. Wir sehen in dieser Umbruchszeit die hervorragenden Dichter und Denker nicht, weil wir rückwärts gewandt sind und alles an dem messen, was vorbei ist. Es ist nicht traurig, wenn das Überlebte dann auch gehen muss. Was interessiert es, ob die Volkskirche untergeht? Die wahre und echte Kirche (ekklesia) wird bekanntermaßen von den Pforten der Hölle nicht überwunden werden.

Es ist nicht ausschlaggebend, wer in gepflegten Zirkeln hofiert wird, sondern wer auch über diese Zeit hinaus etwas zu sagen hat, was die Herzen trifft.

Ich finde, dass der deutschsprachige Raum immer noch voller Hochbegabter ist. Dass der Spießer sie nicht erkennt oder überhaupt wahrnimmt, ist altes deutsches Schicksal sehr vieler der Besten gewesen.

Und in der Kirche? Vergessen Sie nicht, dass Gott es nicht den Weisen offenbart hat, sondern den Säuglingen und Unmündigen. Daran hat sich nichts geändert.

zeitschnur

16. September 2022 21:35

@ Maiordomus

Wenn Sie mit der Dreifaltigkeit, Frucht, nicht Produkt des Johannesevangeliums nichts anfangen können, wird Ihnen die christliche bzw. paulinische Spiritualität u. Mystik, bis zur Lehre v. Person u. Gewissen, fremd bleiben.

Gemach, lieber Tausenfüßler, und das mit dem Klimaglauben überhöre ich Ihnen zuliebe, weil ich Ihre Belesenheit schätze.

Das Schriftwort könnte andere Früchte tragen (keine Produkte!), Sie wissen genauso gut wie ich, dass diese Lehre nicht genuin christlich ist. Natürlich sagen Sie zurecht, dass darauf aber der ganze abendländische Laden basiert. Und da geht Ihnen keine Fragelicht auf? Ich habe ein ganzes Buch dazu geschrieben und finde, Sie sollten sich erst mal ansehen, womit ich was anfangen kann und womit nicht und warum ("In der Gestalt Gottes").

Dass spekulative Köpfe dieses Konstrukt lieben, verstehe ich, aber warum ist es "weitgehend unverstanden"? Weil es unverständlich ist ... Gehen Sie raus und fragen in herum, wer im Ernst diese Lehre versteht: Sie werden erkennen müssen, dass das noch nie verstanden oder geglaubt wurde. Es war nichts weiter als eine blasse philosophische Spekulation.

Alles oder nichts ist hier Ihre Devise. Das würde ich Ihnen am meisten bestreiten. Natürlich gibt es fruchtbarere Wege, die Gestalt Jesu Christi zu verstehen. Dass Gott sich iS der Schechina in uns "ereignet" oder besser einwohnen will, teile ich sogar sehr. Aber nicht im Rahmen dieses Dogmas.

Gracchus

16. September 2022 22:53

@Fremder von Elea

Für das klassische Hollywood würde ich das nicht so pauschal unterstreichen. Die Kulturindustrie hat eine Tendenz zur Seelenlosigkeit. Derzeit kann ich mir aus dem von ihnen genannten Grund keinen aktuellen Hollywood-Film, aber auch keine Netflix-Produktion ansehen. 

Gracchus

16. September 2022 23:16

Oh - hier geht's aber zur Sache.

Die Diskussion zeigt eindrücklich, dass der struppigen Dogmen-Glaube ziemlich ins Rutschen geraten ist und nicht mehr ohne weiteres angenommen wird, und daher zweifle ich stark, ob er noch als Grundlage für kirchliche Gemeinschaft dienen kann. Das sehen m. E. Tradis zu wenig - oder sehen es, es ist ihnen aber egal, weil sie sich gesund schrumpfen wollen. Herschaftskritisch könnte man sagen, dass die dogmatischen Fixierungen ein Erfordernis einer bürokratischen Hierarchie sind, um Rechtgläubige zu unterscheiden. 

Maiordomus

17. September 2022 05:52

@Zeitschnur Respekt. Wer würde Popper vorwerfen, dass 3Faltigkeit nicht das Seine war? Klar, war Glaube christlicher Heiliger, so Franz, Rosa v. Lima,  Awwakum, Kolbe "nicht genuin" christlich, realexistierende Praxis buddhistischer Mönche nach Schopenhauer kaum "genuin buddhistisch", so wie Mao u. Frau nichts mit "genuinem" chinesischen Kommunismus am Hut hatten. Verstand Maya-Priester, was er glaubte? Nicht jeder wird wie Eckhart ein Jesus: "Ich und der Vater sind eins".

Russe praktizierte bei Mitteilung des Todes seiner Verwandten "genuin realchristlich" mit Kreuzzeichen (ein Sakramentale der Taufe) den Glauben Jesu Christi und aller Heiligen, von denen aber fast keiner die Dreifaltigkeit auf Niveau Ueda interpretiert hätte; nur mit der Droste könnten wir da kaum mithalten. Dennoch hat meine Mutter, 7 Jahre Volksschule, ununterbrochene Beterin bis zu bemerkenswert erleuchtetem Tode, ausser Dreifaltigkeit und "Mein Jesus Barmherzigkeit" vom Christentum nichts realisiert; so wie gemäss Vermutung nach 60 Jahren Forschung, Klaus von Flüe, wie Muhammad ein heiliger Analphabet.

 

 

 

Maiordomus

17. September 2022 06:25

@Zeitschnur. "Dass Gott sich in uns "ereignet" oder besser einwohnen will, teile ich sogar sehr. Aber nicht im Rahmen dieses Dogmas." 

Das bedeutet, dass Sie mit Recht den religiösen Schematismus ablehnen. Mit "Respekt" oben meinte ich auch, dass ich Ihren Weg der Sinnsuche bis zum Beweis des Gegenteils respektiere und Ihnen gegenüber lernfähig bleibe; für den Fall, dass Sie in Ihrem Buch nicht Unsinn zusammengeschrieben haben, hoffentlich Entdeckungen präsentieren. Für das sog. offenbare Geheimnis der Dreifaltigkeit, den zentralen, nicht zum esoterischen Kissen-Sitzen disponierten Kern christlicher Mystik, braucht es für uns Unheilige enorme Bemühungen bis hin zu deren Preisgabe. Vgl. auch "Die Mystik des Apostels Paulus " von Schweitzer, dem "Rassisten", der von der Leben-Jesu-Forschung wie von Bach mehr verstand als v. Medizin u. Ethnologie. Intellektuell schafft man es mit der Dreifaltigkeit selten ohne 40 Jahre Beschäftigung. die Heiligen und viele schlichte Gläubige schaffen es indes intuitiv, so wie Mozart nun mal musikalisch war. Vgl. den "Stalker", einen Mos-Film, den Hollywood mit seinen Kitsch-Heilanden nie geschafft hätte. Es brauchte vielfach ernsthaft stalinistische Unterdrückung der Religion, die Freiheit des Christenmenschen praktikabel zu machen. . 

 

 

Maiordomus

17. September 2022 08:30

@Zeitschnur. Zu den erkenntnistheoretischen Trouvaillen Heideggers (vor dem ich von meinem gymnasialen stets nach Logik orientieren Philosophieprof. gewarnt wurde), gehört Heideggers Mahnung: die Missverständnisse in der Philosophie, so Ontologie u, Metaphysik, entstehen, wenn man etwas vermeintlich schwarz auf weiss nach Hause getragen haben glaubt,  so erstes Verständnis v. "Sein" u."Seiendem" u. "Substanz", von Scholastikern bis zum Gehtnichtmehr definiert, rein methodisch zwar lehrreich, weil anders sowieso Wirrnis herrscht. "Definitio fit per genus proximum et differentiam specificam". Sonst alles nur Geschwätz, wie in Small-Talk-Philosophie bei Leuten, die in Logik-Prüfungen Niveau Bolzano u. Kamlah-Lorenzen durchfallen würden. Mit der Definitionitis aber passierte mit der Dreifaltigkeit Ähnliches wie mit  unreflektiertem Geleier über "Sein" und "Seiendes". So kam es, sagt Heidegger, zur "Seinsvergessenheit". Das Schicksal des Abendlandes, raunte er, "hängt an der Übersertzung des (gr.) Wortes 'on'." Mit dem "Schicksal" der Debatte um Dreifaltigkeit  (auch ein Kern des Weltbildes der Alchemie, einer Variante der Gnosis), verhielt es sich ähnlich. Pointe wird in der Regel nicht "gecheckt". Der johanneische Logos bleibt, ob es uns passt oder nicht, ein Spezialfall von Gnosis, angereichert mit einer speziellen Geschichte.

Ein Fremder aus Elea

17. September 2022 09:17

Gracchus,

um noch einmal darauf zurückzukommen, ich mißbillige die austauschbare Schönheit, das Produkt der Visagisten, mit einer erkennbaren Persönlichkeit sind immer konkrete Erfahrungen verbunden, welche man schätzt, so daß die Person über sich selbst hinausweist, aber das hat Hollywood von Anfang an gescheut.

Natürlich liegen die Dinge im Einzelfall kreuz und quer, aber insgesamt, über 100 Jahre hinweg, hat Hollywood eindeutig darauf hingewirkt, alles Menschliche in Vergessenheit geraten zu lassen. Als seelenvoll würde ich "the witch of the waste" nicht unbedingt bezeichnen wollen, aber Myrna Loy, Ingrid Bergman, Katherine Hepburn, Cybill Shepherd, Sean Young und Helen Slater schon, wobei Hepburn allerdings etwas albern ist. Kann man natürlich nicht als Gegenmodell zu Sodom aufbauschen, ganz und gar nicht, wiewohl Myrna Loy, in einem Nachtclub aufgegabelt, ambitioniert genug war, auf der Leinwand für etwas anderes zu stehen, aber es wird einfach ein anderes Bild von der Welt gezeichnet, wenn in einem Film Menschen auftreten, selbst wenn sie wie Cybill Shepherd auf ganz bestimmte Nischenrollen festgelegt sind.

Maiordomus

17. September 2022 09:21

@Zeitschnur. PS. Mit Recht sagen, dass kaum ein Christ die Dreifaltigkeit erörtern konnten, trotz der Bemühungen des heiligen Patrick, der es mit dem Kleeblatt, dem Wappenemblem, für die Anfängerdidaktik gar nicht schlecht schaffte. Man sollte der irischen Schule der Religionsdidaktik den Respekt nicht versagen.

Es verhält sich aber mit dem Verständnis der Taufe im Namen des dreifaltigen Gottes wie mit dem Verfassungsrecht. Nach Themistokles konnten alle Griechen singen und tanzen, aber die wenigsten eine taugliche Verfassung ausdenken. Wie da alles mit allem zusammenhängt, können nur Promille von Bürgern erklären. Hingegen ist der Wahlkörper eines Kulturvolkes mit ausgebildeten Traditionen wie Griechenland, England, Appenzell usw., prima in der Lage zu entscheiden, ob es ihm im Verfassungssystem behage oder nicht; so wie ich als Laie dem Zahnarzt gegenüber Experte bin, ob ich Zahnweh habe oder nicht. Ein Verfassungssystem zu ergründen, braucht Wissen u. Erfahrung. Die verfassungsgebende Versammlung meines Kantons tagte 8 Jahre, für jedes Mitglied lehrreich. Napoleon diktierte aber 1802/03 in Malmaison unsere erste Verfassung, nicht die schlechteste, innerhalb 20 Minuten. Das Schema wurde noch auf andere Kantone übergestülpt, klar ohne Volksbefragung; ganz im Gegensatz zur neuen Totalrevision mit insgesamt 5 Volksabstimmungen plus Wahlen.

 

FraAimerich

17. September 2022 10:08

@Gracchus: (Neu-)Platonische Einflüsse sind natürlich gewissermaßen "von Anfang an" geschmacksprägend für die heidenchristlichen Suppe, von Augustinus bis zum äußersten Rand der "negativen Theologie". Hoffmans Darstellung des geistig bunten Treibens der Renaissance-Päpste sowie ihrer protegierten "Magier", "Kabbalisten" und "Philologen" zielt in der Tat darauf ab, die Ursprünge einer modernistischen Infiltration zu beschreiben, die dem "nachkonziliaren Aufbruch" der "Progressiven" ideengeschichtlich vorausging.

Wann kabbalistische Muster "nennenswert" aufscheinen, mag mit der Stärke der verwendeten katholischen Linse zusammenhängen. Oder damit, wie man solche Entdeckungen wertet. So wird mitunter auch die Übernahme sublimierter Elemente des Isis-Kults oder sonstigen heidnischen Brauchtums abgetan und verdrängt, wo dergleichen nicht als Leistung der Romkirche im Sinne missionarischer Schläue oder gar des Perennialismus hervorgehoben wird.

Was den "synodalen Weg" angeht, will ich es beim Hinweis belassen, daß die meisten Menschen keine Ahnung von dem haben, was sie antreibt. Manches ist auch weniger "inspiriert" als "impulsiert". Was die zuletzt vertretenen Auffassungen zur Homosexualität und Genderismus angeht, ließen sich durchaus interessante Parallelen zum Androgynos der Hermetik oder rabbinischen Überlieferungen finden. Schon im Talmud werden acht Geschlechtsbezeichnungen unterschieden.

 

FraAimerich

17. September 2022 10:09

@Niekisch: Vielleicht haben Sie bemerkt, daß mein Fingerzeig vor allem auf den Umstand gerichtet war, daß sich viele mit bestimmten Themen und Autoren nicht (mehr) zu befassen wünschen, weshalb auch kaum Nachfrage nach Belegen besteht, die einmal mehr Freimaurer, Jesuiten und sonstige Finsterlinge belasten.

@zeitschnur: Das Schöne an der von @maiordomus so anschaulich beschriebenen "mystischen" Dreifaltigkeit ist, daß sie zu einem "handhabbaren" Gottesbild führen kann - das Dogmatikern und Theologen meist abgeht (wohl eine Art "Berufskrankheit").

Laurenz

17. September 2022 14:22

@Maiordomus (& Zeitschnur & andere) (1)

Habe mir Ihre hanebüchene Debatte noch 2x durchgelesen. Die Ablehnung eines Volksglaubens oder Volkskirche entzieht allem den Rest jeglicher Glaubwürdigkeit. Gäbe es Ihren Glauben als Intellektueller ohne Volksglauben? Maxentius bediente sich in seiner Propaganda aller bekannten Götter, er vergaß nur den Christengott, welchen sich dann Konstantin vor der Schlacht an der Milvischen Brücke schnappte. Hier zeigt sich doch das allgemeine Gottesverständnis in der Spätantike, welches einen Gott in weltliche Macht projiziert (ähnlich dem Heil eines Herzogs), wie auch die Gottwerdung eines Menschen auch vor Jesus von Nazareth nichts neues war, auch Kaiser & Pharaonen wurden zu Göttern. Aus diesem Verständnis war die Plünderung Roms durch den Arianer Alarich ein derber Rückschlag für den katholischen Gottesstaat, da der katholische Gott nicht in der Lage war, Rom vor Plünderung zu schützen. In Nicäa hatten die Arianer (zu denen ich auch auch Zeitschnur nach dem Gelesenen hier zähle) die Mehrheit, aber der nicht getaufte Konstantin entschied, als Bischof der Heiden, über den rechten Glauben & pro Trinität, weil die Katholiken Konstantin mehr anzubieten hatten, als die Arianer.

Laurenz

17. September 2022 14:45

@Maiordomus (& Zeitschnur & andere) (2)

Ihre Kritik an einem, wie auch immer gearteten Führerkult, entspricht nicht der Schrift. Einen mehr totalitären, ja sozialistisch eingeforderten, bedingungslosen Führerkult des Jesus von Nazareth in Matthäus 10.34 ff., hat es nie gegeben. Auch die bereits mehrfach zitierte Debatte um die 12 Throne, bezeugt einen weltlichen, revolutionären Anspruch, wie der Installation eines neuen Politbüros, welches die alte weltliche Ordnung ersetzt. Die von Ihnen angesprochene paulinische Mystik erzeugt stante pede einen Interpretationskonflikt. Denn Paulus (als ältester Quellenlieferant) ignoriert faktisch vorab den größten Teil des Neuen Testaments & reduziert alles auf's Messianische, die Kreuzigung & Auferstehung, alles grundsätzlich jüdische Tools, was ihn grundsätzlich in den Konflikt mit all den Juden brachte, die Jesus noch persönlich kannten. Paulus erzeugt eine Verschiebung des Glaubens auf ihn selbst. Der Gläubige ist vordergründig gezwungen nicht an Gott oder Jesus zu glauben, sondern an die spirituelle Wahrnehmung eines jüdischen Wanderpredigers namens Paulus von Tarsus. Woher wissen wir, daß er tatsächlich Jesus & sein Evangelium & nicht den Teufel wahrgenommen hat? Ja, nur weil er es schreibt. Aber Paulus ist nur ein Mensch.

Venator

17. September 2022 15:18

@dojon86

Oh wie recht Sie haben und nach Ihrem Posting geht es fröhlich weiter damit. Es ist wirklich alles nur noch amüsant. Aber Carl Sand hatte, zu dem Thema, ja schon vor einiger Zeit alles geschrieben.

zeitschnur

17. September 2022 15:39

@ Maiordomus

Die Taufe an dieser einen Belegstelle im NT "im Namen des Vaters etc" wird durch zahlreiche andere Stellen, wo einfach nur "im Namen Jesu" getauft wurde vom Podest gehoben, sachte, aber gewiss. Frühe Christen scheinen gesagt zu haben "im Namen des Vaters, durch Jesus Christus und im Heiligen Geist", was der "Formel" einen völlig anderen Charakter gibt. Dass dies die ursprüngliche Aussage ist, erkennen Sie anzahlreichen Wendungen, die bis heute liturgisch unangefochten sind, die dieses "durch Jesus Christus, unseren Herrn" ausdrücken. Wir dürfen zum Vater so nah heran durch den Christus, der aber ein Mensch war, und dies in der Gabe des Heiligen Geistes. Daraus folgt keine "Dreifaltigkeit". Wir taufen eben nun mal nicht im Namen der Dreifaltigkeit, sondern zentral unter Berufung auf den Christus im Heiligen Geist. Die Formel sagt nur diese drei Aspekte, nicht ein Trinitätskonstrukt.

Im NT ist durchweg eine strikte Unterscheidung zwischen Jesus und dem Vater, und das nicht nur secundum hominem. Sondern generell: das sind zwei verschiedene Gestalten, aber die zweite ist durchweg Empfänger der exousia (wie jeder bevollmächtigte Mensch), die erste Geber, der natürlich keine exousia haben kann, weil er doch der ist, der sie vergibt, er ist der Gewaltige, de Allerhöchste, dem alles zukommt und entströmt. Dem Christus kommt wohl kaum göttliche potentia zu im NT, aber energeia im höchsten Ausmaß. Ein Gott, der homoousios ist, kann schwerlich Empfänger der energeia sein.

ff

zeitschnur

17. September 2022 15:41

ff

Er mag "Gott" genannt werden (das gesteht Jesus sogar dem Satan zu und nennt ihn ho theos tou aionos toutou!), daraus lässt sich folglich nicht schließen. Man muss von den konkreten Zuordnungen ausgehen, und die nennen den Christus stets einen Menschensohn gegenüber dem Gott, dem Vater.

In meinem Buch geht es eher um die notwendige Revision der Anthropologie. Immerhin wurde der Mensch zu Beginn nach dem hebräischen Text "in der inneren und äußeren Gestalt Gottes" erschaffen.

Was wenn Gott sich einen vorbehalten hat, der das nicht - wie wir anderen - verloren hatte?

Von da aus gedacht kommen Sie in völlig andere Gefilde. Es ist mir gleich, was Patrick, Klaus und Mechthild dachten, wenn es auf einem Irrtum oder Missverständnis basieren sollte bzw ich sehe es dann an dem Punkt mit Vorbehalten. Und das darf man, MD, das ist legitim. Mehrheiten sind kein Wahrheitskriterium.

An der filioque-Frage sieht man ja, wie es Teilen der Christenheit allmählich mulmig wurde mit der Trinitätslehre.

Gracchus

17. September 2022 17:15

@FraAimerich 

Na ja, dazu kann ich natürlich wenig sagen, ohne das Buch gelesen zu haben. Ich vermag aber schon nicht zu sehen, wieso man Kabbala, Hermetik oder Neuplatonismus als modernistisch etikettieren sollte. Genau so gut könnte man sagen, dass die Aristoteles-Rezeption des Thomas von Aquin modernistisch ist. Ferner wurde der sogenannte Modernismus ja von Rom einzudämmen versucht, wobei ich nicht genau weiß, was alles unter Modernismus zu verstehen ist, so dass ich der Ansicht zuneige, es handelt sich um einen Kampfbegriff, ungefähr so wie der Kampf gegen rechts. Wahrscheinlich ist die Crux, dass die klerikale Hierarchie dem neuzeitlichen überbordenden Subjektivismus anders nicht in den Griff beizukommen glaubte. Die sture Ablehnung hat sich aber gerächt. 

Sie sagen es: Es ist völlig unklar, was die Protagonisten des "synodalen Weges" antreibt. Es ist in meinen Augen darin aber kein Impuls zu einer geistlichen Erneuerung erkennbar. 

Niekisch

17. September 2022 17:54

@ Fra Aimerich 17.9. 10:09: Ja, ich habe es bemerkt, aber Sie haben nicht bemerkt, daß ich mit "Finger zeigen" nicht Sie, sondern eine Maurerspezifische Symbolik meinte. Sie finden den ausgestreckten Zeigefinger des öfteren bei ViP-Personen, wobei die Medien uns dann mitteilen, es werde einer anderen Person oder der unbedarften, tumben Masse  "der Weg gezeigt". In Wirklichkeit zeigen die ViPs damit an, daß sie zum Bund gehören. 

10:08: "die heidenchristlichen Suppe" Interessant dazu Eugen Drewermann: " Die verhängnisvolle Polemik der Kirche gegen die unbewußten Kräfte der menschlichen Psyche beginnt bereits mit der frühchristlichen Abwehr des heidnischen Mythos ( wohl besser  d e r  Mythen, Niekisch ) Um sich mit seinen eigenen Lehren von der sterbenden und wiederauferstehenden Gottheit so weit wie möglich von den antiken Religionen abzusetzen, verleugneten die frühchristlichen Apologeten schon des 2. Jahrhunderts bewußt den gemeinsamen Ursprung aller religiösen Symbole in den Tiefenschichten der menschlichen Psyche; ohne es zu wollen, unterdrückten, ja verteufelten sie damit die Welt der Mythen, der Märchen und der Träume als etwas Unchristliches und Gottwidriges, ohne schon ahnen zu können, daß sie damit die Wurzeln der Religiosität selber zu vergiften begannen" ( "Psychoanalyse und Moraltheologie, Band 1, S.10 )

FraAimerich

17. September 2022 19:43

@ Maiordomus, 17. September 2022 08:30

Das ist schön auf den Punkt gebracht und für mich der bisherige Höhepunkt Ihrer jüngsten "Einweihungswinke"! Erspart jahrelanges gelangweiltes Schmachten in allerlei "Wissenslogen" und Seminaren zur "Esoterik des Christentums"

Wobei ich den Begriff "Esoterik" anders als Sie ohne einen gewissen Unterton gebrauche. Und zwar insofern, als das Christentum jenseits aller traditionswahrenden Exoterik und Folklore (sowie übrigens ganz unabhängig davon, was man von den "spirituellen Wahrnehmungen jüdischer Wanderprediger" halten und ob man an den Tod und die Auferstehung des Nazareners glauben mag oder nicht) tiefe innere Wahrheiten enthält (@Laurenz: übrigens gerade weil es "von Menschen gemacht" ist).

Daß die "Kreuzigung" - Sie erwähnten Schweitzers Eschatologie - am Anfang, nicht am Ende der "Vollendung" des "Menschensohns" steht, ist eine davon.

Auch der von Ihnen offenbar geschätzte "Stalker" ist übrigens auf der Suche nach inneren Wahrheiten im Rückzug von einer "äußeren Kultur", die von sich selbst nicht mehr allzuviel hält. Ich möchte fast sagen - ein esoterischer Film von soteriologischer Relevanz. Daß Tarkowski sich intensiv mit "Esoterik" - u.a. auch mit Rudolf Steiner - befaßt hat, vermag kaum zu überraschen.

Gracchus

17. September 2022 22:06

@FraAimerich

Um auf Ihren letzten Kommentar einzugehen: 

Tarkovski wollte anscheinend - und das ausgerechnet mit Alexander Kluge - Steiners Akasha Chronik verfilmen. 

Tarkovskis ganze Filmästhetik lässt eine innige Vertrautheit mit esoterischen Gehalten erkennen. 

Ich benutze den Begriff "Esoterik" ebenso wenig abwertend, sondern sehe, im Gegenteil, das Verderben darin, dass die exoterische Kirche sich vom esoterischen Christentum weitgehend abgekoppelt hat. 

Nun bin ich zwar der Ansicht, dass jede Esoterik auch Exoterik braucht. Aber ich - was heißt, dass ich das nicht verallgemeinern würde - sehe ich mich in der aktuellen Situation vor ein Entweder - Oder gestellt. So wie Sie das über den Stalker sagen.

Ein weiterer großer Film von Tarkovski - mein liebster - dreht sich um Andrei Rubljow, den Malermönch. Sein berühmtestes Werk ist die Ikone der Hl. Dreifaltigkeit. (Die Diskussion über die Hl. Dreifaltigkeit scheint mir wiederum hiesigen Rahmen zu sprengen.)

 

Laurenz

17. September 2022 23:37

@Gracchus @FraAimerich

Die Diskussion über die Hl. Dreifaltigkeit scheint mir wiederum hiesigen Rahmen zu sprengen.

Das ist, in einem gewissen Sinne, ein Problem. Mir geht, würde man mich persönlich fragen, geht die Dreifalt oder die Einfalt der christlichen Religion am Allerwertesten vorbei. Wie bereits zitiert, entschied ein formaler Heide dieses Thema in 325 nach 0, an was heute die Gläubigen heute in diesem Zusammenhang glauben. Wenn neben dem Forum für die heiß geliebten SiN-Artikel ein Fach-Forum infrastrukturell möglich wäre, wo explizite Themenbereiche anhaltender diskutiert werden könnten, hätte die Redaktion das mutmaßlich längst etabliert. Dieser redaktionelle Aufwand scheint den möglichen Rahmen zu sprengen. Auch mir fehlen die finanziellen Mittel um einen weiteren redaktionellen Mitarbeiter bei der SiN zu beschäftigen, der solch ein Forum im Sinne des Chefs verwalten könnte.

Nath

18. September 2022 01:00

@Maiordomus, zeitschnur und andere.    

Es ist bezeichnend, dass die einzige Stelle des neuen Testamentes, wo die Drei - E i n i g k e i t explizit zum Ausdruck kommt, eine Fälschung ist. Während in den alten griechischen Mauskripten nur steht:

"Drei nämlich sind es, die es als wahr bezeugen: Der Geist, das Wasser und das Blut, und diese drei sind eins." ("Hoti treis eisin hoi martyrountes to pneuma kai to hydor kai to haima kai hoi treis eis to Hen eisin."). (Johannesbrief, 5.7-8),

wurde in mittelalterlichen lateinischen Fassungen Folgendes in den Text hineininterpoliert:

"Im Himmel bezeugen es drei: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins. Drei sind es auch, die auf Erden Zeugnis ablegen: der Geist, das Wasser und das Blut, und diese drei sind eins." (Joh.1. 5.7-8)

Es handelt sich hierbei um das sognannte "Johanneische Komma". Um das Schelmenstück noch ein wenig weiter zu treiben - wir reden hier von der Zeit des Erasmus von Rotterdam - übersetzte man obige Stelle aus dem Lateinischen in das griechische "Original" zurück, natürlich mit dem Zweck, auf diese Weise Authentizität zu simulieren. Diese Hinzufügung ging dann auch in die berühmte englische King-James-Bibel ein und wurde, allen Einwänden von Gelehrten zum Trotz, mehr als 300 Jahre beibehalten.. Es ist dies ein treffendes historsches Exempel, wie die pia fraus (fromme Lüge) auch vor Eingriffen in die eigene heilige Schrift nicht zurückschreckt.

 

 

 

Maiordomus

18. September 2022 12:07

@Zeitschnur. Ohne Hl. Geist kann Christentum als Religionsphilosophie einpacken. @FraAimerich/Gracchus. Benützte vor Jahren den Begriff esoterisch wie Goethe u.Steiner bei Einschränkungen - Anhänger haben geschadet -  noch nicht abwertend. Heute ist es keine Empfehlung mehr. Vgl. Essay des Atheisten Lütkehaus, wie Heidegger und Deschner katholisch geschult: "Schöner Meditieren - Der esoterisch verhunzte Buddhismus"(1995). Ja, so ist es!  Gerade weil ich den Rationalismus nicht anthropologisch überbewerten möchte, muss man dem esoterischen Irrationalismus und dem notorisch unpräzisen Gequatsche entgegentreten. Es ist mir aufgefallen, dass man nach dem offenkundigen auch Geist-Bankrott des Kirchensteuerchristentums (was zwar Sekten auch nicht rechtfertigt) aus dem Lager der Jesuiten und Pseudo-Religionswissenschaft jetzt "asiatisch" anbändeln möchte: eine kulturelle "Aneignung" mit Hintergedanken. Aber Debatte hier scheint mir von Niveau - bei einer nicht zu nennenden Ausnahme mit immer gleichen quellenbezugsfreien Nichtswisserprojektionen zur Bestätigung eigener Ressentiments und Feindbilddenken.

zeitschnur

18. September 2022 14:04

@ Maiordomus

Sie sagen es: Ohne den Heiligen Geist ist die Kirche am Ende, und das wird wohl der Hauptgrund für den Niedergang sein. Jedenfalls wäre das logisch. Wir haben den Geist ausgelöscht. Es ist das passiert, wovor Paulus warnte, als er sagte, man solle den Geist der Weissagung nicht unterdrücken (was das Lehramt getan hat), weil damit der Geist ausgelöscht würde. Natürlich meine ich nun nicht ein "pneumatologisches Konzept", das nichts weiter als spiritueller Muckefuck ist, eine Art geistlose Geistigkeit mit Anleihen aus anderen Traditionen bzw deren Geistlosigkeiten, obwohl auch die Geist haben, den man aber ignoriert. Ein Dilemma. Eine riesige Verwirrung. Zu Ihrer Schlussbemerkung: Ich liebe diese Formulierungskunst und stimme Ihnen belustigt zu.

@ Nath

Das Comma hab ich erst gar nicht mehr mit einbezogen, weil es eh klar ist, dass das ein trinitarischer Schiebungs-Zusatz ist. Der Zusatz erscheint alleine schon logisch unsinnig, denn im Himmel muss wohl kaum einer irgendetwas bezeugen. Die Trias von Geist, Wasser und Blut dagegen, die echt ist, hat einen sehr tiefen Sinn, der seiner Kontemplation noch harrt.

Laurenz

18. September 2022 14:34

@Maiordomus @FraAimerich & Gracchus

Natürlich herrscht bezüglich der katholischen Intensität von Tolkiens der Herr der Ringe Uneinigkeit bezüglich der katholischen Intensität dieses Werkes. Meine polarisierte Position ließ nur die Existenz von gut & böse als katholischen Inhalt des Werkes zu. Andere sehen das anders, wobei mir da die Argumentationsgrundlage zu sehr fehlte. Aber angenommen, meine Debattanten hätten Recht. Der Herr der Ringe ist voll von Magie & es haben sicherlich mehr Leser dieses Buch seit seiner Erstauflage gelesen, als die  Bibel.

FraAimerich

18. September 2022 15:02

@Maiordomus: Ja, "Esoterik" ist ein geradezu schmieriger Begriff geworden. Das gilt in unserer Zeit freilich für viele Begriffe, die uns etwas bedeuten sollten - und ohne die man nicht auskommt. Auch auf Quellen kann "im Ernstfall" nicht verzichtet werden.  Doch liegt darin auch eine Gefahr. Kommt doch stets irgendeiner um die Ecke, der Übersetzungsfehler, Manipulationen und Fäschungen "nachweist", um sich und andere der Einsicht in "innere Zusammenhänge" gleichsam "kriminologisch" entziehen zu können.

Hinweise, wie ein mißverstandenes Dogma zu verstehen sei, gelten weniger als dessen "Widerlegung". Man interessiert sich auch gar nicht für dessen Bedeutung oder die Besonderheit der christlichen Perspektive auf ein mit unscharfen Begriffen notdürftig eingekleidetes "Schöpfungsgeheimnis am Rande der Häresie", das durch Reminiszenzen vorchristlicher (polytheistischer) Göttertriaden nur zusätzlich verdunkelt wird.

Ironischerweise scheint es mir keinesfalls ausgeschlossen, daß die von Ihnen angedeutete "Pointe" einigen Kritikern, etwa auch unserem @Laurenz, durchaus gefallen könnte - sofern sie denn mal in einer Arte-Dokumentation enthüllt werden sollte...   

FraAimerich

18. September 2022 15:50

@Gracchus: Rubljows "Dreifaltigkeit" bezieht sich auf die alttestamentarische Trinität. Ein schöner Hinweis - denn Abraham begegnete seinem einzigen Gott im Hain von Mamre verblüffenderweise in Gestalt von drei "Wanderern" um zu erfahren, was für ihn und sein Geschlecht noch vorgesehen ist.

Gracchus

18. September 2022 15:53

@Maiordomus (1.)

Wenn Ihnen das Niveau der Debatte zu dürftig ist, müssen Sie ja nicht mitdebattieren. 

Das, was heutzutage - so marktgängig wie marktschreierisch -  unter Esoterik läuft, hat relativ wenig mit echter Esoterik zu tun, so dass die Berufung hierauf natürlich heikel ist. Dasselbe gilt aber auch für "spirituell" oder "mystisch". Sie werden als Schlagwörter oder "Plastikwörter" verwendet, bei geringem begrifflichen Gehalt. Insoweit kann man natürlich ablehnen, diese Schmuddelwörter auch nur mit der Kneifzange anzufassen - oder sie trotzdem benutzen und sie mit einem relativ präzisen Sinn belegen. Zugegeben: Ich verwende den Begriff gerne auch, um damit zu provozieren, zum Beispiel Akademiker wie Sie. 

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.