Holger Schmitt: Das Framing der Linken

Das Wort Framing ist seit etwa zweieinhalb Jahren in aller Munde.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Damals wur­de ein »Framing Manu­al« öffent­lich, das sich zwei Jah­re zuvor der Mit­tel­deut­sche Rund­funk hat­te aus­ar­bei­ten lassen.

In die­ser Aus­ar­bei­tung hat­te ­Eli­sa­beth Weh­ling, eine in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten leben­de deut­sche Sprach­for­sche­rin, ver­sucht, Sprach­re­ge­lun­gen für den öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk zu ent­wer­fen, mit denen die­ser sei­ne Wahr­neh­mung in der Öffent­lich­keit ver­bes­sern wollte.

Das Pro­blem bestand neben dem stol­zen Preis vor allem dar­in, daß Framing als Mani­pu­la­ti­on des Kon­su­men­ten ver­stan­den wur­de. Statt »öffent­lich-recht­li­cher Rund­funk« soll­te von »Unse­rem gemein­sa­men frei­en Rund­funk« gespro­chen wer­den, um die Bedeu­tung und damit die Not­wen­dig­keit von Rund­funk­ge­büh­ren zu unterstreichen.

Framing bedeu­tet »Rah­mung« und meint die sprach­li­che Ein­bet­tung von The­men, die dann, je nach Rah­men, in einem völ­lig unter­schied­li­chen Licht erschei­nen kön­nen. Es geht um den Deu­tungs­rah­men, in dem ein Sach­ver­halt erschei­nen soll.

Schmitt, ein habi­li­tier­ter Sprach­wis­sen­schaft­ler, setzt sich in sei­nem Buch mit Begrif­fen aus­ein­an­der, die von Lin­ken benutzt wer­den, um Sach­ver­hal­te in einem bestimm­ten Licht erschei­nen zu lassen.

Der Grund für die­se Unter­su­chung liegt nahe. Lin­ke domi­nie­ren die gegen­wär­ti­ge Debat­te wie nie­mals zuvor, wes­halb vie­le Begrif­fe, die ein dezi­diert lin­kes Welt­bild framen, bereits All­ge­mein­gut gewor­den sind und von vie­len unbe­wußt gebraucht wer­den, obwohl sie die dahin­ter­ste­hen­de Welt­an­schau­ung womög­lich gar nicht tei­len. Die­ser Pro­zeß wird dadurch beför­dert, daß Lin­ke Wör­ter »kapern«, um sie mit einem neu­en Gehalt aus­zu­stat­ten, und daß Begrif­fe, die sich nicht umpro­gram­mie­ren las­sen, mit einem Tabu belegt werden.

Schmitt geht an die­se Begrif­fe nicht wort­ge­schicht­lich her­an, son­dern mit den Mit­teln der »Kor­pus­lin­gu­is­tik«, die ihre For­schun­gen anhand einer Samm­lung von authen­ti­schen Tex­ten durch­führt – in die­sem Fall acht Mil­lio­nen Tex­te aus Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten aus den Jah­ren 2014 bis 2019. Dar­aus wer­den Wort­häu­fig­kei­ten (und die der inter­es­sie­ren­den Ablei­tun­gen) ermit­telt, die über die Kol­lo­ka­tio­nen, ­über­zu­fäl­lig stark auf­tre­ten­de Nach­bar­wör­ter, näher bestimmt werden.

Schmitt hat auf die­ser Grund­la­ge ein Wör­ter­buch zusam­men­ge­stellt, in dem er von »Akti­vist« bis »Wen­de« zahl­rei­che Wör­ter anhand der Ver­wen­dung und der Kon­tex­te, in denen sie ver­wen­det wer­den, als lin­ken Frame ent­lar­ven will.

Was beim »Klima­leugner« nahe­lie­gend ist, da die Leug­nung aus ande­ren Zusam­men­hän­gen als Straf­tat bekannt ist, erweist sich bei der »Soli­da­ri­tät« als schwie­ri­ger. Schmitt kann sie vor allem durch ihr über­häu­fi­ges Auf­tre­ten mit Wör­tern wie »inter­na­tio­nal«, »glo­bal« und »Mensch­lich­keit« als das ent­lar­ven, was sie ist: die Umschrei­bung der Auf­lö­sung von Natio­nen und Völkern.

Vie­le Ein­sich­ten, die der auf­merk­sa­me Zeit­ge­nos­se bis­lang nur ver­mu­ten konn­te, las­sen sich auf die­se Wei­se bestä­ti­gen. Die Funk­ti­on die­ser Wör­ter faßt Schmitt wie folgt zusam­men: Sie die­nen den Lin­ken der Dis­kre­di­tie­rung des Geg­ners, der Mora­li­sie­rung des eige­nen Anlie­gens, der Ver­schleie­rung unlieb­sa­mer Fak­ten und der Pro­jek­ti­on der eige­nen Män­gel auf den Gegner.

Schmitt hat die­sen Vor­gang auf denk­bar unideo­lo­gi­sche Wei­se erhellt und damit eine Leis­tung erbracht, die man mit gutem Recht als auf­klä­re­risch bezeich­nen kann.

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Hol­ger Schmitt: Das Framing der Lin­ken. Von »Umver­tei­lung«, »Diver­si­tät« und »Nazis«, Bad Schus­sen­ried: Ger­hard Hess Ver­lag 2021. 229 S., 16,80 €

 

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Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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