Damals wurde ein »Framing Manual« öffentlich, das sich zwei Jahre zuvor der Mitteldeutsche Rundfunk hatte ausarbeiten lassen.
In dieser Ausarbeitung hatte Elisabeth Wehling, eine in den Vereinigten Staaten lebende deutsche Sprachforscherin, versucht, Sprachregelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu entwerfen, mit denen dieser seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verbessern wollte.
Das Problem bestand neben dem stolzen Preis vor allem darin, daß Framing als Manipulation des Konsumenten verstanden wurde. Statt »öffentlich-rechtlicher Rundfunk« sollte von »Unserem gemeinsamen freien Rundfunk« gesprochen werden, um die Bedeutung und damit die Notwendigkeit von Rundfunkgebühren zu unterstreichen.
Framing bedeutet »Rahmung« und meint die sprachliche Einbettung von Themen, die dann, je nach Rahmen, in einem völlig unterschiedlichen Licht erscheinen können. Es geht um den Deutungsrahmen, in dem ein Sachverhalt erscheinen soll.
Schmitt, ein habilitierter Sprachwissenschaftler, setzt sich in seinem Buch mit Begriffen auseinander, die von Linken benutzt werden, um Sachverhalte in einem bestimmten Licht erscheinen zu lassen.
Der Grund für diese Untersuchung liegt nahe. Linke dominieren die gegenwärtige Debatte wie niemals zuvor, weshalb viele Begriffe, die ein dezidiert linkes Weltbild framen, bereits Allgemeingut geworden sind und von vielen unbewußt gebraucht werden, obwohl sie die dahinterstehende Weltanschauung womöglich gar nicht teilen. Dieser Prozeß wird dadurch befördert, daß Linke Wörter »kapern«, um sie mit einem neuen Gehalt auszustatten, und daß Begriffe, die sich nicht umprogrammieren lassen, mit einem Tabu belegt werden.
Schmitt geht an diese Begriffe nicht wortgeschichtlich heran, sondern mit den Mitteln der »Korpuslinguistik«, die ihre Forschungen anhand einer Sammlung von authentischen Texten durchführt – in diesem Fall acht Millionen Texte aus Zeitungen und Zeitschriften aus den Jahren 2014 bis 2019. Daraus werden Worthäufigkeiten (und die der interessierenden Ableitungen) ermittelt, die über die Kollokationen, überzufällig stark auftretende Nachbarwörter, näher bestimmt werden.
Schmitt hat auf dieser Grundlage ein Wörterbuch zusammengestellt, in dem er von »Aktivist« bis »Wende« zahlreiche Wörter anhand der Verwendung und der Kontexte, in denen sie verwendet werden, als linken Frame entlarven will.
Was beim »Klimaleugner« naheliegend ist, da die Leugnung aus anderen Zusammenhängen als Straftat bekannt ist, erweist sich bei der »Solidarität« als schwieriger. Schmitt kann sie vor allem durch ihr überhäufiges Auftreten mit Wörtern wie »international«, »global« und »Menschlichkeit« als das entlarven, was sie ist: die Umschreibung der Auflösung von Nationen und Völkern.
Viele Einsichten, die der aufmerksame Zeitgenosse bislang nur vermuten konnte, lassen sich auf diese Weise bestätigen. Die Funktion dieser Wörter faßt Schmitt wie folgt zusammen: Sie dienen den Linken der Diskreditierung des Gegners, der Moralisierung des eigenen Anliegens, der Verschleierung unliebsamer Fakten und der Projektion der eigenen Mängel auf den Gegner.
Schmitt hat diesen Vorgang auf denkbar unideologische Weise erhellt und damit eine Leistung erbracht, die man mit gutem Recht als aufklärerisch bezeichnen kann.
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Holger Schmitt: Das Framing der Linken. Von »Umverteilung«, »Diversität« und »Nazis«, Bad Schussenried: Gerhard Hess Verlag 2021. 229 S., 16,80 €
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