in den angeschlossenen Blogs. Da erklärt der eine die Kinderlosen zu “unseren” Feinden – und ist sicherlich auch heute nicht auf der Straße, um diese Feinde zu bekämpfen. Und ein anderer erklärt seit Tagen seinen Abschied von den Rechten – und zeigt gerade durch den nicht endenwollenden Abschiedsgruß, wie sehr er um uns kreist.
Hinter solchen Botschaften radikaler Feindschaft und radikaler Abgrenzung scheint die große Suche auf. Es ist die Suche nach einem guten Grund, so zu sein, wie man ist. Man ist nicht einfach, man will glasklar so sein, wie man nicht ist und nie war. Ich gehe jede Wette ein, daß derjenige, der die Kinderlosen zu unseren Feinden erklärte, sich noch beim Schreiben vorgenommen hat, in seinem Bekanntenkreis künftig eindeutig Stellung zu beziehen – um sich selber sicher zu werden, daß er das Richtige tat in seinem Leben.
Wie unfruchtbar ist das zu große Wort! Es muß doch weitergehen! Dieses Kotzen, diese Selbstvergewisserung durch Beschimpfung und sinnlose Feinderklärung und quaddernde Distanzierung: Das ist doch alles nur dann gerechtfertigt, wenn aus dem Leben ein – sagen wir – vereinzeltes, konsequentes Gesamtkunstwerk werden könnte. Anders ausgedrückt: Einem Künstler nehme ich seinen Haß und sein Gegröle nicht übel, einem abgesicherten Beamten und Arbeitnehmer schon.
Und doch, auch bei den Künstler ist es das, was mich immer abstieß, etwa bei der Lektüre eines Davila, eines Cioran oder eines Franz Xaver Kroetz: Der geäußerte Ekel, der anscheinend in dem Moment nicht präsent ist, wenn man sich nach verfaßtem Aphorismus im Restaurant ein Mahl servieren oder von einem Taxifahrer zu einer Lesung kutschieren läßt.
Nicht übertreiben. Hamsun lesen und den Menschen liebevoll beschreiben wie er ist, oder auch verächtlich, aber dann nicht zu selbstsicher und zu böse, denn morgen haben wir mit denen umzugehen, die wir gestern beschimpften. Ein bißchen Vorsicht mit den Wörtern also!
Thorsten
Schöner und wichtiger Beitrag. Wer vom Volk und der Gemeinschaft spricht, muß einen Weg zum Volk finden und offenhalten und selbst gemeinschaftsfähig sein. Mann kann nicht das verachten, was man sich auf die Fahne geschrieben hat: Unser Volk. Bedenkt, wir haben kein anderes.
Passend dazu: "Man kann seiner eigenen Zeit nicht böse sein, ohne selbst Schaden zu nehmen." (Robert Musil)