Das ist natürlich die Theorie, die von unserer politisch-medialen Klasse bevorzugt und gefördert wird, auch wenn es noch keine Beweise gibt. Führende Anglo-Medien sind bereits dabei, das Narrativ von der russischen Täterschaft unter Umgehung aller Elefanten und Gorillas im Raum festzumachen, etwa die britische Times.
Diese These zu begründen, bedarf es allerdings einiger Gedankenakrobatik, im Gegensatz zum Verdacht der US/NATO-Täterschaft, wo das “cui bono” glasklar zu Tage liegt. Im Grunde läuft alles, was momentan in diese Richtung kursiert, auf die Behauptung hinaus, Putin habe mit der Sabotage eine Art psychologische Kriegsführung betrieben.
Der Anschlag diene vor allem der Abschreckung und der Demonstration der eigenen Macht. Putin habe “damit signalisiert, daß er die europäische Energieinfrastruktur nach Belieben beschädigen kann und dies auch in Zukunft tun wird” (meint z. B. dieses Fräulein vom US-Thinktank Stimson Center, meint z. B. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München).
Ich nenne es die “Warnschuß ins eigene Knie”-Theorie. Wer will, kann sie sich hier anhören, und danach entscheiden, wie plausibel sie ist. Sie klingt ein bißchen nach einem “Mexican Standoff”, in dem sich einer der Protagonisten in den Fuß schießt, um zu zeigen, daß seine Pistole geladen ist (ich weiß nicht mehr, von wem ich diesen Witz geklaut habe).
Noch schlauere Hirnakrobaten sehen in dem Anschlag eine Art 4D-Schach, um Verunsicherung zu stiften und den Nährboden für Desinformation zu bereiten, indem etwa der Verdacht auf den Hegemon des Westens gelenkt und das Vertrauen in die NATO unterminiert wird.
Damit verwandt ist die Theorie, daß Putin Europa komplett aufgegeben hat, und “akzelerationistisch” seinen kompletten Ruin vorantreiben, alle Brücken abbrechen will.
Eine mildere Variante ist, daß er die Gaspreise wieder hochtreiben will, und die europäischen Bevölkerungen gegen ihre Regierungen aufwiegeln will. Dazu hätte es jedoch gereicht, einfach die Gasventile auf unbestimmte Zeit abzuschalten, eine Strategie, die er bereits eingeschlagen hat.
Wie man es nun auch dreht und wendet, unterm Strich kommt stets heraus, daß Putin im Fall einer Täterschaft einen langgehegten glühenden Wunsch seiner Feinde, der USA, der Polen, der baltischen Staaten und des sonstigen “Slava Ukraina”-Teams erfüllt hätte, mit dem Bonus, daß sie diese Nummer für antirussische Stimmungsmache verwenden können.
Und vermutlich ging hier auch ein insgeheimer Wunsch der deutschen Regierung in Erfüllung, von deren Feigheit und bestenfalls nur halbherzigem Einsatz für nationale Interessen man ausgehen kann. Klonovsky berichtet:
Heute im Bundestag sagte ein Sprecher der Bundesregierung (in einer nichtöffentlichen Sitzung), egal wer die beiden Pipelines gesprengt habe, jetzt könne immerhin niemand mehr im Winter für ihre Wiederinbetriebnahme demonstrieren.
Erinnern wir uns auch an Meinungsartikel wie diesen, erschienen in der Welt vom 18. August, Autor Felix Eick, Redakteur für Wirtschaft und Finanzen. Darin heißt es:
Baut die Pipelines ab! Das wäre ein ultimatives Zeichen der Stärke gegen Putin.(…) Die Energie-Sicherung ist auf einem guten Weg – grundsätzlich. Jetzt müssen Deutschland und Europa auf den entscheidenden Pfad kommen und ein starkes Signal senden. Warum jeder Kilometer weniger Pipeline mehr Freiheit bedeutet. (…) Ohne Pipelines ist das System Putin nichts.
Hat Putin Europa und Deutschland nun ein paar Kilometer mehr “Freiheit” geschenkt? Ist sein “System” jetzt zu “nichts” zerfallen? Hat Europa an “Stärke” gewonnen? Wenn die Antwort ja ist, wie kann er dann als Täter in Frage kommen? Und gibt es womöglich noch andere Mächte, die Europa und Deutschland schwächen und kontrollieren wollen?
Da die Pipeline ohnehin schon längst moralisch und politisch “out” war, scheint sich die allgemeine öffentliche Empörung nur recht verhalten einzustellen. Die Sprechpuppen in der deutschen Regierung und in der EU sagen ihre Sprechpuppensprüche, die wie müde und heuchlerische Pflichtübungen klingen.
Scholz hat sich bereits dazu verstiegen, diese beispiellosen Attentate auf die kritische deutsche Infrastruktur launig-infantil als “Doppelwums” zu verniedlichen, während er den Nikolo-Modus einschaltete und mal eben so aus der Hüfte heraus “einen 200 Mrd. Euro Abwehrschirm” versprach.
Es wird mit Sicherheit keine ernsthafte Aufklärung des Anschlags geben, und selbstverständlich wird Rußland davon abgehalten werden, sich an den Untersuchungen zu beteiligen oder eigene anzustellen. Der Bericht von Gottfried Curio aus dem Innenausschuß im Bundestag verheißt nichts Gutes:
Schon nur bei der Frage der Zuständigkeiten in der Regierung die Ermittlungen betreffend, herrschte Verwirrung – offensichtlich hat man gar nicht vor, sich um die Aufklärung zu kümmern. Schon gar nicht wird in alle Richtungen ermittelt, sondern nur in jene, die in das eigene Rußland=böse und USA=gut Narrativ paßt – und dies tatsächlich auf Basis der Auskunft, man wisse zwar eigentlich noch gar nichts, aber man könne jetzt schon davon ausgehen, dass es die Russen waren.
Auch bei den Warnungen des amerikanischen Geheimdienstes vor Anschlägen auf Nordstream blieb die Informationspolitik der Bundesregierung mangelhaft: weder wurden danach Abwehrmaßnahmen getroffen, um so einen Anschlag zu vereiteln, noch wurde überhaupt nur der Eigentümer von Nordstream von der Gefährdungslage in Kenntnis gesetzt. In Anbetracht des bislang größten Anschlages auf die deutsche Energieinfrastruktur wurde nur eines deutlich: Interesse an der Unversehrtheit dieser Pipelines bestand gar nicht und statt Aufklärung soll bereits neue Propaganda betrieben werden.
Die ganze Wahrheit werden wir nie erfahren, ebensowenig wie über “9/11”. Und vermutlich werden die Pipelines auch nicht mehr repariert werden (inzwischen wurde übrigens ein viertes Leck entdeckt).
Ob das alles genügen wird, auch noch die letzten Transatlantiker, revitalisiert durch den Krieg, wachzurütteln und von ihren Illusionen zu befreien? Wie kann man den westlichen, amerikanisch dominierten Eliten in einen Krieg folgen, den sie selbst beharrlich provoziert und eskaliert haben? Wie kann man ihnen Vertrauen schenken, wenn sie selbst einen hybriden Krieg gegen ihre eigenen Völker führen, schlimmer, als Putin es je zustande brächte und offenbar auch gar nicht beabsichtigt?
Auf eine sehr merkwürdige Art befindet sich Deutschland, das geopolitische “Heartland” Europas, siebenundsiebzig Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs erneut in der Zange zwischen dem Hegemon im Osten und dem Hegemon im Westen. Gibt man Putin die Schuld an der Nord Stream-Sprengung, dann muß man auch zugeben, daß er damit Biden und den USA freundlicherweise entgegengekommen ist. Was für ein seltsames Bild entsteht hier?
Erinnern wir uns an einen Artikel aus dem Globalistenblatt Economist, der Mitte September auf Deutsch im Focus erschienen ist. Man mußte sich fast die Augen reiben, als man die Schlagzeile sah: “Putin verwirklicht Morgenthau-Plan und Deutschland droht Deindustrialisierung”. Aus dem Text:
Fast 80 Jahre später könnte es Wladimir Putin gelingen, einen Teil des Planes von Morgenthau umzusetzen. Indem er das von der mächtigen deutschen Industrie dringend benötigte Erdgas als Waffe einsetzt, bringt der russische Präsident die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt und ihren drittgrößten Warenexporteur ins Wanken. (…)
Deutschlands größtes Problem sind aber die explodierenden Energiekosten. Der Strompreis für das kommende Jahr hat sich laut BDI bereits verfünfzehnfacht und der Gaspreis verzehnfacht. Im Juli verbrauchte die Industrie 21 Prozent weniger Gas als im Vorjahresmonat. (.…)
Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg, prognostiziert, dass angesichts der wohl noch eine Weile anhaltenden hohen Energiekosten zwei bis drei Prozent der deutschen Industrieunternehmen mit energieintensiven Herstellungsverfahren ihre Produktion ins Ausland verlagern werden. Ein Großteil der Industriebetriebe wird seine Produktion in diesem und im nächsten Winter drosseln.
Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft warnt davor, dass „eine ökonomische Lawine auf Deutschland zurollt“. In Kürze werden die Kunden deutscher Unternehmen in aller Welt den Widerhall zu spüren bekommen.
Man wird in dem Text vergeblich eine Begründung suchen, inwiefern es nun Putin ist, der die Deindustrialisierung Deutschlands vorantreibt. Wie Wagenknecht im Bundestag richtig sagte:
Die hohen Energiepreise, viel höher als in anderen europäischen Ländern, sind doch nicht vom Himmel gefallen, die sind doch das Ergebnis von Politik.
Und zwar zu einem großen Teil der Sanktionspolitik gegen Rußland. Wirklich “gegen Rußland”? Das war der schlaue Schachzug des Westens seit Beginn des Krieges: Putin bestrafen, in dem wir uns selbst von den Energielieferungen aus Rußland abschneiden.
Das wurde ziemlich rasch mit Propagandakampagnen nach dem Motto “Frieren gegen Putin” gebuttert, quasi “intersektional” unterstützt mit Klimapanik- und “Nachhaltigkeits”-Slogans, in denen die Massen auf kommende Einschränkungen hinkonditioniert wurden, auf eine Weise, die ziemlich genau den Mustern der Lockdown-Propaganda entspricht.
So hat “Putin” die Rolle des Dämons “Corona” übernommen: Früher hieß es immer, “Corona” mache dieses und jenes, treibe den Mittelstand in den Bankrott, bringe das Kulturleben zum Erlahmen, oder erzeuge Angstneurosen und Sprechstörungen bei unseren Kindern. Es war aber nicht “Corona”, das all diese Dinge vollbracht hat, sondern es waren die Regierungsmaßnahmen, die als völlig alternativlos hingestellt und von arbiträren auf- und absteigenden “Zahlen” abhängig gemacht wurden.
Und nun wird “Putin” regelmäßig in die Schuhe geschoben, was hauptsächlich das Werk unserer eigenen Regierungen und Eliten ist. Das geschieht mit einer derartigen Offenkundigkeit, daß man sich schon fast blöde vorkommt, sie zu bemerken und anzusprechen, weil es gar so einfach, allzu einfach erscheint.
Ich für meinen Teil habe sehr wenig Ahnung von Wirtschaft. Aber sogar ich hätte im Februar/März zwei und zwei zusammen zählen und voraussagen können, daß die Sanktionspolitik gegen Rußland zu einem massiven Schuß ins Knie unserer eigenen Volkswirtschaften führen wird. Wenn ich totaler Dilettant dies kommen sah, wie ist es möglich, daß Scholz oder Johnson oder Macron es nicht sahen?
Hat Deutschland wirklich die “dümmste” Regierung Europas, wie Wagenknecht sagt, dabei herunterspielend, daß diese “Dummheit” gerade Generallinie mehr oder weniger der gesamten westlichen Politik gegenüber Rußland ist? Manche ihrer Vertreter wirken tatsächlich außerordentlich dumm, wie die plappernde Kindfrau Baerbock (ein “Young Leader” made in Davos), andere eher verschlagen-opportunistisch wie Olaf Scholz (“Agenda contributor” des WEF) oder heillos überfordert und vom Angstschweiß gezeichnet wie Habeck (ebenfalls ein Davos-Mann).
Die alte Frage steht wieder im Raum: Dummheit, böse Absicht, Korruption, oder eine Mischung aus allem zusammen? Die Zerstörung der europäischen Wirtschaft und Industrie, insbesondere Deutschlands, macht jedenfalls den Eindruck einer kontrollierten Sprengung: Great Reset, Teil 2.
Mehr darüber demnächst.
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Franz Bettinger
@200 Mrd.-Abwehrschirm: Geld ist bedrucktes Papier, aus dem Nichts, ohne jeden Bezug zur Wirtschaftskraft geschaffenes Fiat-Money von staatlich lizensierten Geld-Fälschern (Großbanken). Dass Geld einfach so gedruckt werden kann, galt früher als V-Theorie. Mittlerweile ist das Fälschen eine weltweit anerkannte Methode. Es ist salonfähig, und so agieren die Geldfälscher nicht mehr gegen Kontroll-Behörden, sondern gegeneinander. Die Masse der Bürger hat das Ponzi-Spiel nicht durchschaut. Was hätte sie auch davon? Was hätten Truthähne davon, den Sinn ihres Daseins zu erkennen?