Was will eigentlich … Kevin Kühnert?

PDF der Druckfassung aus Sezession 105/ Dezember 2021

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

49 Jung­so­zia­lis­ten (Jusos) sind in den 20. Deut­schen Bun­des­tag ein­ge­zo­gen. Der pro­mi­nen­tes­te Ver­tre­ter die­ses lin­ken Blocks inner­halb der Sozi­al­de­mo­kra­tie hört auf den Namen Kevin ­Küh­nert. Er führ­te die Jusos unum­strit­ten von 2017 bis ins aktu­el­le Jahr hin­ein; seit 2019 ist der 1989 gebo­re­ne Stu­di­en­ab­bre­cher aus West-Ber­lin über­dies einer der stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den der Mut­ter­par­tei. Von Ber­lin-Schö­ne­berg aus ver­tritt Küh­nert, der stets kum­pel­haft-juve­nil wir­ken will, die Inter­es­sen des lin­ken Par­tei­flü­gels – mit Erfolg.

Daß das Duo Nor­bert Wal­ter-Bor­jans und Saskia Esken die kri­seln­de Sozi­al­de­mo­kra­tie über­neh­men konn­te, kann man auch auf Küh­nerts ent­spannt wir­ken­de, aber unnach­gie­bi­ge Kärr­ner­ar­beit im Umfeld des Wil­ly-Brandt-Hau­ses zurück­füh­ren. Dies läßt sich nach­voll­zie­hen dank einer bei­spiel­lo­sen Wer­be­kam­pa­gne, die der Nord­deut­sche Rund­funk (NDR) leis­te­te. Eine TV-Doku­men­ta­ti­on, ver­füg­bar auf You­Tube, bewirbt man wie folgt: »Für ihre sechs­tei­li­ge Dokuse­r­ie haben die NDR Filmemacher*innen Katha­ri­na Schie­le und Lucas Strat­mann […] ­Kevin Küh­nert drei Jah­re lang mit der Kame­ra beglei­tet […]. Die bewußt gewähl­te Metho­de bei der Pro­duk­ti­on war die strik­te Beob­ach­tung mit der Kame­ra, ›Direct Cine­ma‹ genannt. So sind inti­me Ein­bli­cke in das Innen­le­ben einer lan­ge strau­cheln­den Volks­par­tei und eines auf­stre­ben­den Jung­po­li­ti­kers ent­stan­den.« Ein­bli­cke, über deren Ver­lauf und Umfang Küh­nert, wie er einem Gesprächs­part­ner preis­gibt, aus­schließ­lich selbst ent­schei­den durfte.

Eben­die­se sub­jek­ti­ve Selek­ti­vi­tät macht die Beson­der­heit des Film­ma­te­ri­als aus: Kei­ne PR-Agen­tur und kein ­Juso-Medi­en­be­auf­trag­ter hät­ten eine sol­che qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Propaganda­show mit die­ser Reich­wei­te umset­zen kön­nen. So etwas gelingt spie­le­risch-seri­ös nur über For­ma­te, die vom Bei­trags­zah­ler gestützt wer­den. Nur an weni­gen Stel­len der Doku scheint die Hybris des Jung­po­li­ti­kers durch: Etwa dann, wenn er fas­sungs­los sei­nen nicht min­der ent­setz­ten Juso-Freun­den berich­tet, daß er ange­gan­gen wor­den sei. Schnell stellt sich her­aus: Es han­del­te sich bei den als Über­grif­fen inter­pre­tier­ten Vor­komm­nis­sen um ver­ba­le Kri­tik an den poli­ti­schen For­de­run­gen Küh­nerts durch ein­zel­ne Pas­san­ten. (Kaum aus­zu­den­ken, wie hys­te­risch die gefühls­ge­lei­te­te Gene­ra­ti­on Küh­nert mit tat­säch­li­chen Dif­fa­mie­run­gen oder gar Angrif­fen umge­hen wür­de, von denen jeder halb­wegs pro­mi­nen­te Akteur rechts der Mit­te Dut­zen­de erlebt hat.)

Man rea­li­siert bei Küh­nerts Per­sön­lich­keits­pro­fil ja an vie­len Stel­len: Wider­spruch ist er gewohnt, aber eben nur im Rah­men des lin­ken und allen­falls noch »mit­ti­gen« Kon­sens­bo­gens; alles dar­über hin­aus ist in der Ber­li­ner Repu­blik gar nicht vor­ge­se­hen – die kul­tu­rel­le, media­le und schließ­lich auch poli­ti­sche Hege­mo­nie des lin­ken Lagers wirkt als Schutz­pan­zer für anti­fa­schis­ti­sche Gemü­ter. Apro­pos Anti­fa­schis­mus: Küh­nert scheint in die­ser Sze­ne kei­ne Berüh­rungs­ängs­te zu kennen.

Der Anti­fa-Jour­na­list »Sören Kohl­hu­ber«, mit dem sogar der lin­ke »Stö­rungs­mel­der« von Zeit Online 2017 die Zusam­men­ar­beit ein­stell­te, plau­der­te auf sei­nem Blog im Dezem­ber 2019 offen aus, daß er Küh­nert min­des­tens seit 2007 (!) ken­ne: Küh­nert habe ihm damals einen »auf­blas­ba­ren Rie­sen­pe­nis in Regen­bo­gen­far­ben« geschenkt: »Die­ser fuhr, in Anleh­nung an schwu­le TeBe-Fans, mit zu sei­ner ers­ten Aus­wärts­fahrt.« TeBe steht für den Sport­ver­ein Ten­nis Borus­sia aus dem Ber­li­ner West­end. Des­sen Fuß­ball­s­par­te ist bekannt für ihre Anti­fa-durch­setz­te Fanszene.

Bei so wenig Distanz zu Links­ra­di­ka­len und ent­spre­chen­den poli­ti­schen Stand­punk­ten läßt sich erah­nen, daß die bun­des­deut­sche Lin­ke auf die 4,9‑Prozent-Wahlpartei Die Lin­ke ver­zich­ten könn­te; mit den Jusos hat man eine viel wirk­mäch­ti­ge­re Trup­pe im Reichs­tag. Sie dürf­te künf­tig immer dann, wenn es nötig scheint, ent­spre­chen­den ideo­lo­gi­schen Druck auf das bür­ger­lich-sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Fei­gen­blatt Olaf Scholz aus­üben. In Koope­ra­ti­on mit den eben­falls von anti­deutschen Res­sen­ti­ments gepräg­ten Jung­grü­nen und den oppor­tu­nis­tisch-pro­gres­si­ven Jung­li­be­ra­len läßt die vie­ler­orts gefei­er­te »Ver­jün­gung« des deut­schen Par­la­ments­be­trie­bes nichts Gutes erahnen.

 

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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