Schönes – Dieser Bildband bündelt monographisch den Jugendstil als Kunstform und das Wasser als künstlerischen Gegenstand. Er geht auf eine Ausstellung des Museums Wiesbaden zurück und ist, bei solchen Werken enorm wichtig, hochwertig gedruckt. In über 250 Werken der letzten, prägenden europäischen Stilepoche wird das liquide Medium aus verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet. Dazu widmen sich die begleitenden Aufsätze, getreu der interdisziplinären Wirkungskraft des Jugendstils, Gemälden, Plastiken, Musik, Gesellschaft und Architektur. Letztere sind besonders faszinierend. Zwei echte Jugendstiljuwele, das Müllersche Volksbad in München und der Sprudelhof in Nauheim, werden gewürdigt.
Das Wasser kann sogar als Urelement des Jugendstils begriffen werden, wie Betrachtungen über die „geschwungene Linie“ und die häufige Darstellung von Fisch- und Wasserwesen nahelegen. Auch die Befruchtung durch den östlichen Japonismus, der diesem Kunststil wohl das Exotisch-Befremdliche verleiht, wird bedacht.
Besonders schön sind die epochetypischen Plakate, die eine Übergangsphase zwischen Stil und Vermarktung, Werbung und Kunst markieren. Der Herausgeber Peter Forster widmet sich in einem Beitrag auch der Lebensreform. Hier geht es um den revolutionären, gesellschaftlichen Aufbruch, der mit dem Jugendstil verschwistert war. Es fallen Namen wie Karl Wilhelm Diefenbach und Stefan George. Das Heilbad und das Wasser als magischer Lebensquell und Element der Freikörperkultur waren ein integraler Bestandteil vieler Kommunen und Alternativbewegungen. Auch im heutigen „Eisbad“-Kult einer neuen rechten „Lebensreform“ taucht das Wasser wieder auf, womit sich ein Kreis schließt. Ein schöner Bild- und Aufsatzband, der gottseidank, weitgehend frei von politisch korrekten Belehrungen und ideologischen Aufdringlichkeiten ist.
Peter Forster (Hrsg.): Wasser im Jugendstil, 400 S., 56 € – hier bestellen.
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Wahres – Das Lager findet sich in einer seltsamen Rolle wieder. Gegen eine Klimabewegung, die in globalistischer Mission, von den entsprechenden Eliten getragen, Verzicht und Deindustrialisierung fordert, kippen viele ins Extrem eines fortschrittstrunkenen „Diesel-Rechten“. Man feiert Konsum, Verbrauch, ja Vergeudung und macht sich zum Verteidiger einer kapitalistischen Vision des ewigen Wachstums. Umso wichtiger ist es, gerade im Advent, Maß und Ziel der Rechten in Erinnerung zu rufen.
In dieser Aufsatzsammlung tut das Alain de Benoist, indem er die klassisch rechte Position der Wachstumskritik zusammenfaßt. Die Essays wechseln sich mit Interviews ab und machen den Band sehr lesefreundlich. Auf die entscheidende Kritik, die viele Rechte dem Postwachstum und dem Antiproduktivismus entgegenhalten, wird leider kaum eingegangen: wie verträgt sich die Forderung der Abrüstung und Entschleunigung mit der Verteidigung nationaler Interessen in der Weltpolitik? Handelt es sich hier um einen utopischen Wunschtraum, der auf die freiwillige Unterstützung und Mitwirkung aller anderen Nationen setzt? Darauf weiß Benoist sichtlich keine klare Antwort, doch die entscheidende Tatsache macht er überdeutlich: Ein System, das im begrenzten Raum auf ewiges Wachstum setzt, kann nur scheitern. Und, wir können hinzufügen, eine Rechte, die Konsum, Verbrauch und Produktion zu ihren zentralen Werten macht, würde ihre Mitte verlieren.
Alain de Benoist: Nach dem Wachstum, 136 S., 16 € – hier bestellen.
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Gutes – Der Bestseller von Cixin Liu machte im Jahr 2017 Furore und den Autor zur Berühmtheit. Ich kann die gesamte „Trisolaris“-Triologie des Chinesischen Schriftstellers nur wärmstens empfehlen. Das gilt auch besonders für jeden, die beim Genre „Science-fiction“ eher elitär die Nase rümpfen. Selbst Kritiker wie Denis Scheck gestehen Die drei Sonnen das Gütesiegel „literarisch wertvoll“ zu. Anders als bei westlicher Science-fiction, die oft individuell und existentialistisch anmutet, geht es hier um Politik. Lius Buch ist pure und brutale Geopolitik in stellaren Dimensionen. Es geht um das Fremde, die Feindbestimmung und die Notwendigkeit der politischen Befriedung nach Innen. Gerade das macht das Buch in der derzeitigen Weltlage so aktuell und spannend.
In epischer Breite, teils im Stil einer kaiserlichen Chronik, erzählt Liu eine Saga, die von der chinesischen Kulturevolution, über ökoterroristische Endzeitsekten bishin zu einer bizarren feindlichen Zivilisation der „Trisolarier“ führt. Wir erfahren warum das Universum aus Sicht der „Astro-Soziologie“ ein dunkler Wald ist, in dem gilt, um jeden Preis verborgen zu bleiben.
Im Gewoge galaktischer Interessenskonflikte und detailverliebter spieltheoretischer Szenarien verschwinden die Hauptcharaktere nicht nur aufgrund ihrer, für westliche Ohren, verwechselbaren chinesischen Namen fast. Was im Gedächtnis bleibt, ist der große Handlungsstrang. Und der ist unbarmherzig. Wie reagiert ein politischer Korpus auf die drohende Auslöschung? Wenige zeitgemäße westliche Autoren wagen es, diese Fragen derart hart und teilweise erschütternd zu Ende zu denken wie Cixiun Liu in diesem Paradebeispiel „harter“, militärischer und düsterer Science-fiction. Der Inhalt des Buches ist zwar nicht sehr weihnachtlich, aber aufgrund der Länge eignet es sich dennoch gut für die kommenden Feiertage.
Cixin Liu: Die drei Sonnen, 592 S. 16,99 € – hier bestellen.
Nordlicht
Zitat: „Diesel-Rechten“. Man feiert Konsum, Verbrauch, ja Vergeudung und macht sich zum Verteidiger einer kapitalistischen Vision des ewigen Wachstums.
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Ich habe den Eindruck, hier wird ein nicht existierender Popanz aufgeblasen, um ihn bekämfen zu können. Ich kenne keine Rechten, auch keine Veröffentlichungen, die Konsum, Vergeudung und ewiges Wachstum feiern.