Letztere versucht eine Antwort auf die Frage zu geben: Wer sind wir? Da Gemeinschaftsgebilde in der Regel nicht nur komplex sind, sondern auch laufend Wandlungen unterliegen, erweist sich eine genauere Bestimmung als schwierig.
Am besten nähert man sich dieser Problematik in Form von Mosaikbausteinen, die zeigen, aus welchen grundlegenden Bestandteilen sich unsere Identität zusammensetzt, wobei die entsprechenden Elemente stets ergänzungsbedürftig sind. Ein ebenso reizvolles wie unabschließbares Unternehmen!
Der von dem Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker herausgegebene Sammelband Was ist deutsch? hat die Herausforderung eines solchen Projektes hervorragend gemeistert. 23 Aufsätze (neben dem Vorwort) umreißen eindrucksvoll, was »eigene Eigenart« in Geschichte und Gegenwart konkret bedeutet. Die Beiträge sind erstmals in der Zeitschrift Neue Ordnung erschienen, die 2020 in Abendland umbenannt wurde.
Die Essays umfassen Themen wie Nation, Staat, Region, Heimat, Religion, Geschichte, Volk, eigene Sprache, Kunst, Freiheit, Mythos und einige mehr. Im Vorwort stellt der Herausgeber klar, daß das Bekenntnis zur angestammten Nation und zum eigenen Volk nichts mit Hochmut zu tun hat. Er sei nicht stolz, Deutscher zu sein, zumal er diese Zugehörigkeit nicht gewählt habe. Der Wahlspruch seiner Familie habe stets gelautet: »Liebe dein Volk, die anderen aber achte!« Berücksichtigt man diesen Grundsatz, so ist man nie in Gefahr, in nationalistische Abgründe zu fallen, die nicht so sehr die Liebe zum Eigenen als den Haß auf andere propagieren.
Doch ist in Deutschland seit 1945, allen antinationalistischen Bekundungen zum Trotz, keine wirkmächtige Strömung anzutreffen, die solche Zielsetzungen verfolgt, geschweige denn, größere Erfolge damit erzielt hätte, etwa bei Wahlen; vielmehr erlebten wir in den letzten Jahrzehnten Wellen an Oikophobien aller Art, nicht selten im globalistischen Gewand. Sie reichen von der Klima‑, über die Euro- bis zur Flüchtlingsrettung.
Aufmerksam zu machen ist in besonderer Weise auf den (sicher provokanten) Text, den der Volkswirt Friedrich Romig beigesteuert hat. Er verbindet Deutschsein und Christsein aufs engste miteinander. Gegen eine derartige Synthese verweisen heidnische Rechte gerne auf die Zerstörung germanischer Gottheiten durch christliche Missionare.
Weiter beachtet Romig, der die Dichotomie von Judentum und Deutschtum stark betont, zu wenig die gelungenen Formen der Verbindung beider. Sie sind, um nur ein Beispiel zu nennen, vermehrt an Fronten des Ersten Weltkrieges zum Vorschein gekommen. Dvorak-Stocker stößt mit seinen Betrachtungen zu alten und neuen Mythen, ohne die letztlich kein Staat auskommt, zur zentralen Thematik des Bandes vor. Der Negativmythos »Auschwitz« prädisponiert maßgeblich eine gefährliche Entwicklung unseres Volkes: nämlich »zur Minderheit im eigenen Land« zu mutieren. Bestimmende (Gegen-)Mythen, die »Kräfte des Selbsterhalts« mobilisieren könnten, sind nicht in Sicht.
Dazu passen die Überlegungen des Politologen Paul Gottfried über die antideutsche Frankfurter Schule, deren Oberhaupt, Theodor W. Adorno, 1945 an seine Eltern geschrieben hatte: »Alles ist eingetreten, was man sich jahrelang gewünscht hat. Das Land vermüllt, Millionen von Hansjürgens und Utes tot.« Zu erwähnen sind ferner drei Beiträge des Historikers und ehemaligen Generalleutnants der Bundeswehr, Franz Uhle-Wettler, die über militärische Traditionen und Tugenden Aufschluß geben. Der Band schließt mit Erörterungen über das »Geheime Deutschland«.
Selten hat ein Buch in den letzten Jahren so sehr als Antidot gegen die selbst- und geschichtsvergessene »Canossa-Republik« (Lennart Meri) fungiert wie dieses.
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Wolfgang Dvorak-Stocker (Hrsg.): Was ist deutsch? Elemente unserer Identität, Graz:
Ares Verlag 2021. 284 S., 24,90 €
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