Verhindern, ausschweigen, lügen. – Nicht allein, daß der Staat politisch kritische Menschen als mißliebig empfindet und ihre Einstellung im öffentlichen Dienst so arrogant wie ängstlich verhindert; er vermeidet genau das, was er beständig für sich in Anspruch nimmt, nämlich demokratisch, offen, gar tolerant den Diskurs zu führen und jede Diskriminierung zu verhindern.
Das Gegenteil wird praktiziert: Die Verhinderungsbeamten treffen Entscheidungen auf der Grundlage eigener Google-Recherchen, verrammeln sich danach in ihren Büros und sind in ihrer vermickerten Kleinmütigkeit niemandem zugänglich, beantworten nachfragende und Begründungen erbittende Post nicht und verfügen schon gar nicht über das Minimum an Mumm, sich in gerader und freimütiger Weise einem Gespräch zu stellen, der nach wie vor einzigen Möglichkeit, einen Konflikt so oder so zu klären, indem man Wahrnehmungen austauscht, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Wenn ein Staat Beamte rekrutiert, denen es derart an Haltung gebricht und die nicht in der Lage sind, gerade zu ihren Entscheidungen zu stehen, dann hat der Staat ein Problem mit seinen Repräsentanten. Die weisen den von ihnen Verhinderten höchstens in hämischer Absicht und vorzugsweise schriftlich noch darauf hin, er könne ja klagen; der Rechtsweg stehe ihm doch offen – gewiß darin, daß ein Amt oder ein Ministerium über jene unerschöpflichen Mittel aus Steuergeldern verfügt, mit denen sich Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen und also jahrelang durchhalten lassen, so lange, daß der um sein Recht Streitende eher aufgeben muß – finanziell, mindestens aber zeitlich. Nicht das Amt ist in der Beweislast, der Bürger ist es. Man lese Kafkas Parabel »Vor dem Gesetz«.
Das Peinlichste: Ist die Verhinderung über den üblichen Vorwurf des Rechtsextremismus nicht begründbar, wird ersatzweise dreist gelogen. Während ich bei meinen Bewerbungen um Lehrerstellen anfangs vom Schulamtsleiter noch unter dem wörtlich erhobenen Vorwurf, rechtsextremistisch zu sein, abgewiesen wurde, hieß es später, als das Amt keine Begründungen für das Verdikt fand, daß die Stellenausschreibung als solche »aus schulorganisatorischen Gründen« eingestellt worden sei. Plötzlich und unerwartet. Von einem Tag zum anderen.
Anfangs wurde ich gegenüber Schulleitungen, die mich einstellen wollten, noch offen als »Rechtsextremist« angezinkt. Dafür reichten dem Amtsleiter Google-Ergebnisse zu meinen Beiträgen in der Jungen Freiheit und der Sezession aus. Allein die Publikationsorte. Die Inhalte meiner Veröffentlichungen ließen sich allerdings nicht als rechtsextremistisch identifizieren. So fehlte dem pauschalen Vorwurf jede Rechtfertigung, daher mußten die Ausschreibungen selbst verschwinden. Damit fiel dann technisch-sachlich der Grund für meine Bewerbungen weg. Besser so, meinte das Amt, als den Nazi noch weiter Fragen stellen zu lassen. Sollte die Stelle doch unbesetzt bleiben und die Schule mit der Lücke leben.
Dieser Staat verfährt prinzipiell ebenso dezisionistisch, ebenso hobbesianisch, ebenso machtarrogant wie ein frühneuzeitlicher Staat, einerlei, wie frei und offen er sich darstellt. Nein, er ist in sich hermetisch und bekämpft Menschen, die er als Gegner identifiziert, ähnlich wie eine Diktatur. Sicher, es gibt weder Folter noch Lager, aber alles, was an exekutiven Mitteln aufzubieten ist, das De-facto-Berufsverbot und die Existenzvernichtung etwa, wird voll zum Einsatz gebracht. Vermutlich würde Brutaleres auch gern genutzt, wäre es denn legal.
Die Kader in den Ämtern sind teilweise genau jene Kretins, die sich für alles rekrutieren ließen, würden sie nur satt dafür bezahlt und könnten mit ihrem Einsatz Karriere machen. Die Lüge instrumentalisieren sie bereits ganz unbefangen. Und vor allem hilft ihnen eines: Sie schweigen einen aus. Sie antworten nicht. Ausschweigen ist Macht. Soll der mißliebige Typ sich doch pleite klagen, die Ämter warten das geduldig ab. Ohne gerichtsbewährtes Urteil, ohne offizielle Anforderung von vorgesetzter Stelle kann man lange auf die begehrte Antwort warten, oder es gibt sie gar nicht. Von oben herab sieht man über das Anliegen des Bürgers hinweg. Wenn er als Rechter erweislich ist, dann erst recht und nach Auffassung des Amtes mit vollem Recht. Das hält man sogar für Zivilcourage.
Als ich mich letzten Sommer als Lehrer an einer Grabower Schule bewarb, schrieb mir deren Leiterin:
Nach Rücksprache mit dem Staatlichen Schulamt Schwerin teile ich Ihnen mit, daß Sie für den Schuldienst in Mecklenburg-Vorpommern nicht geeignet sind. Aufgrund Ihrer Schriften und rechtsextremistischen Stellungnahmen ist davon auszugehen, daß Sie Ihre Aufgaben an unseren Schulen nicht wertfrei ausüben können und den Anforderungen des Dienstherrn damit nicht entsprechen. Unseren vereinbarten Gesprächstermin am 30. 08. 2021 sage ich in diesem Zusammenhang ab.
Offenbar war die Dame also instruiert, so daß ich versuchte, im Schulamt Schwerin Klarheit darüber zu erlangen, mit welcher Begründung ich dort als »rechtsextremistisch« eingestuft wurde. Ich fragte nach höflicher Anrede und Einleitung:
- Wer genau trifft innerhalb des Schulamtes die Einschätzung, davon ausgehen zu müssen, ich würde schulische Aufgaben nicht wertfrei ausüben und so den Anforderungen des Dienstherrn nicht entsprechen? Mit welcher genauen Begründung?
- Wie wird insbesondere die Zuschreibung bzw. Einschätzung begründet, ich selbst wäre bzw. meine Stellungnahmen wären »rechtsextremistisch«?
- Inwiefern sollte ich nach Qualifikation und Erfahrung – dezidiert ausgewiesen u. a. in Arbeitszeugnissen staatlicher und kirchlicher Stellen – den »Anforderungen des Dienstherren nicht entsprechen«, insbesondere vor dem Hintergrund meiner klaren Einstellung, im Unterricht nie und nirgends Inhalte politisch zu konnotieren oder zu bewerten, ganz abgesehen davon, daß ich in allem, was ich schulisch, unterrichtlich und erzieherisch vertrat, stets gemäß Grundgesetz und im Sinne der demokratisch-freiheitlichen Grundordnung handelte, so daß es bisher weder von Schulleitungen noch Ämtern Klagen oder auch nur Kritik an meiner Arbeitsweise gab, schon gar nicht daran, ich würde mit irgendeiner Weise politisch tendenziös oder gar manipulativ wirksam?
Die lakonische Antwort des Amtsleiters, bei der es seitdem bleib, also seine einzige Äußerung mir gegenüber überhaupt:
Aufgrund Ihrer dokumentierten rechtsextremistischen Gesinnung sind Sie leider zutreffender Weise vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen, da eben Zweifel an Ihrer persönlichen Eignung bestehen.
Obrigkeitsgestus. Wichtig erscheint vor allem der Partikel »eben«. Es bestünden »eben« Zweifel, so daß man das Verdikt gar nicht zu begründen brauchte; es dürfte sich doch wohl von selbst verstehen, also sollte ich besser Ruhe geben und nicht noch dreist nachfragen. Eben! Da ich davon ausging, daß sich das Urteil des Amtsleiters auf meine seit den 2000er Jahren in der Jungen Freiheit und der Sezession veröffentlichten Beiträge und deren Resonanzen im Netz bezog, fragte ich nochmals höflich nach:
Wenn Sie sich auf Veröffentlichungen von mir berufen, so müßte doch zu bezeichnen sein, welchen publizierten Text oder Gedanken Sie als »rechtsextrem«, ja »rechtsextremistisch« identifizieren – eben mit der von Ihnen abgeleiteten Konsequenz, es fehlte mir die – politische! – Eignung zum Beruf, weil ich als »rechtsextremistisch dokumentiert« wäre. Beides wäre also begründet zu erweisen, sowohl meine vermeintlich »rechtsextremistische« Gesinnung, die ich reinen Gewissens verneinen kann, als auch meine mir von Ihnen attestierte berufliche Nichteignung, gegen die mein Lebenslauf und die Einschätzungen sämtlicher Arbeitszeugnisse von staatlichen und privaten Schulen sprechen.
Aber erwartungsgemäß erhielt ich gar keine Antwort. Vielmehr ergaben sich kuriose Verläufe: Wo es das Schulamt künftig verpaßte, einen Vorstellungstermin an Schulen zu blockieren, erhielt ich nach dem Gespräch mit der jeweiligen Leitung und dem Personalrat prompt stets eine Stellenzusage, jüngst dreimal hintereinander. Ich verfüge über eine dreißigjährige Praxiserfahrung an verschiedenen Schularten und konnte zu meinen angestammten Fächern Deutsch, Geschichte und Philosophie im letzten Jahrzehnt andere mit Erfolg fachfremd unterrichten, so Mathematik, Geographie und Sport. Durchweg wurden sehr gute, ja ausgezeichnete Arbeitszeugnisse ausgestellt. Daher hatten meinen Bewerbungen an sich Erfolg, zumal das Land Lehrer suchte.
An einem gymnasialen Schulzentrum etwa war man nach dem Vorstellungsgespräch sehr erfreut, in mir einen geeigneten Kollegen gefunden zu haben, man gratulierte zur erfolgreich absolvierten Bewerbung und ging wegen des akuten Lehrermangels absolut davon aus, die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages durch das Schulamt wäre nur eine zügig zu erledigende Formalie. Aber der Amtsleiter wies das Ansinnen der Schule ganz erwartungsgemäß sofort zurück und veranlaßte die zerknirschte Schulleitung, mir sofort eine neutrale Absage zu senden. So verfuhr er danach mehrfach.
Weil die Begründung, ich sei »rechtsextremistisch«, jetzt offenbar vermieden werden sollte, da sie anfechtbar wäre, sah sich die Schulleitung wegen ihres Versprechens mir gegenüber in der Bredouille. Der Direktor teilte am Telefon verdruckst mit, es tue ihm leid, seine Zusage sei leider doch zu eilig erfolgt, es seien nun unerwartet plötzlich zwei Referendare aufgetaucht, die er mit den für mich vorgesehen Unterrichtsstunden zu versorgen habe. Bedauerlich, ja, aber nicht zu ändern …
Da ich diesen Schulleiter während des Vorstellungsgespräches als aufgeschlossen, zugewandt, ja herzlich kennengelernt hatte, bat ich ihn in einer Mail um eine gerade Antwort darauf, ob das Schulamt ihn nicht doch eher veranlaßt habe, mich nach seiner zuvor gegebenen Stellenzusage zu blocken. In dem Fall würden mich die vom Amt mitgeteilten Gründe interessieren, an die Geschichte mit den Referendaren könne ich nach meinen jüngsten Erfahrungen mit dem Amt nicht so recht glauben. Daraufhin erhielt einen kurzgefaßten Brief: Verantwortlich für die Absage nach der erfolgten Zusage seien einfach »schulinterne Gründe«.
Ein letztes Mal antwortete ich:
Ich habe davon auszugehen, daß es sich so verhält, vermute aber, Sie beugen sich einer Anordnung des Schulamtes, das meine Anstellung an Ihrer Schule engagiert verhindern möchte und Sie dafür einspannt.
Sollte dem so sein, hätte ich eine klare und unverstellte Information darüber sehr honorig und vor allem couragiert in der Haltung gefunden, obwohl wir beide die Maßgabe des Schulamtes zunächst hätten hinnehmen müssen.
Sie werden nach dem bisherigen Verlauf von Gespräch und Korrespondenz die von mir gehegten Zweifel verstehen, mindestens wohl, daß ich die Worthülse »schulinterne Gründe« in der Weise verstehe: Sie haben – ob mit oder ob gegen Ihren eigenen Willen – eine Anordnung des Schulamtes zu exekutieren, ohne die eigentlichen Gründe nennen zu dürfen, die eben nicht im »Schulinternen«, sondern vielmehr in einer Dienstanweisung des Schulamtes liegen, das eben sein Verdikt bis zum Stand heute mir gegenüber entweder nicht begründen kann oder will.
Ich habe Sie als einen immens sympathischen und zugewandten Schulleiter kennengelernt. Alle Achtung. An diesem sicheren Eindruck gibt es für mich nichts zu revidieren. Vielmehr bedauere ich, daß selbst ein Mann Ihres Formats nicht anders handeln kann, als Maßgaben durchzuschalten, denen gegenüber er selbst seine Vorbehalte haben mag – wenn vielleicht nicht zuerst dem Inhalt, dann aber sicher der vom Schulamt so fragwürdig gehandhabten Verfahrensweise nach.
Letztlich handelt es sich wohl um ein politisches Lehrstück, in dem wir uns beide kennengelernt haben. Sie wissen: Legalität ist nicht gleich Moralität.
Das war’s. Ich hörte und las nichts mehr. Zweierlei schob ich an: Zum einen stellte ich dem Bildungsministerium eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber dem Schulamt zu, in der ich allerdings betonte, mir liege an einer gütlichen Einigung, vor allem an einem klaren Wort, also einer Begründung des Vorwurfes, ich sei »rechtsextremistisch«. Zum anderen fragte ich beim Verfassungsschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern nach, ob Daten oder Informationen über mich gespeichert wären, die mich als rechtsextremistisch erscheinen ließen. Der Dienst antwortete im Gegensatz zum Ministerium postwendend und bündig: Nein, man habe nichts über mich.
Im September letzten Jahres lud mich eine Schweriner Schule, der ich eine Initiativbewerbung gesandt hatte, zum Vorstellungsgespräch ein, ohne vorher eigens beim Amt nachzufragen. Als ich danach wieder mal beglückwünscht wurde, weil man mich gern einstellen wollte und die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages durch das Amt erfahrungsgemäß nur eine Formalie wäre, hielt ich es für geboten, den Schulleiter darüber zu informieren, daß der Schulamtsleiter den Arbeitsvertrag nicht unterschreiben, sondern unweigerlich zurückweisen werde – mit der dann erfolgenden Maßgabe an den Schulleiter, er solle mich informieren, daß meiner Anstellung »schulinterne Gründe« entgegenstünden.
So ja meine Erfahrung. Die tatsächlichen Gründe würde das Amt verschweigen. Sie lägen darin, daß es mich als »rechtsextremistisch« ansehe, es neuerdings aber besser vermeide, dies auch so zu kommunizieren, weil es die Behauptung nicht belegen könne und sich, so es sich überhaupt äußere, allenfalls auf die ihm verdächtig erscheinenden Publikationsorte, nicht aber auf die Inhalte meiner Beiträge beziehe, in denen sich, da sei ich sicher, nicht eine Zeile rechtsextremistisch verstehen lasse.
Als alles so eintrat, der Amtsleiter also wegen meines Namens auch diesen, ihm von der Schule vorgeschlagenen Arbeitsvertrag vom Tisch wischte und den Schulleiter wieder zu der Absage aus schulinternen Gründen bringen wollte, tat der, was er nicht hätte tun müssen, er bestellte mich kurzerhand noch einmal ein, zu einem informellen Gespräch. Wir waren zu zweit, also allein, als er mir offenherzig mitteilte, wie konsterniert er sei, daß meine Prognose sich als genau zutreffend erwiesen hatte. Als man ihn anwies, mir mitzuteilen, »schulinterne Gründe« stünden einer Anstellung entgegen, habe er im Amt nachgefragt, welche genauen Gründe das denn bitte sein sollten, denn er wolle mich unbedingt als Lehrer einsetzen, ich sei der richtige Mann für ihn, teilte das Amt sibyllinisch mit: Für die Ablehnung des Herrn Bosselmann gebe es eben Gründe. Eben. – Mehr nicht. Das sollte so ja gefälligst genügen.
Ich bedankte mich ausdrücklich für die Offenheit und machte dem Schulleiter ein Kompliment für seinen Mumm und seine Redlichkeit mir gegenüber; genau das vermißte ich von Amt und Ministerium. Dringend riet mir der Mann, ich solle unbedingt klagen, er werde versuchen, mir die Stelle freizuhalten. Zwar werde er mir die Absage, so wie vom Amt formuliert, zukommen lassen, könne dann aber abwarten, denn es gebe keinen zweiten geeigneten Bewerber.
Zweimal fragte ich beim Ministerium nach, wie es sich mit der Antwort auf meine vor bald zwei Monaten erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde verhalte. Insbesondere sei ich daran interessiert, daß der Vorwurf, ich sei »rechtsextremistisch«, begründet werde. Endlich, nach einer klaren Fristsetzung, erhielt ich ein Schreiben. Eine Abteilungsleiterin des Ministeriums zitierte zunächst umfassend eine Verordnung, wie in Bewerbungs- bzw. Personalangelegenheiten zu verfahren sei, und kam dann zum Kern ihrer Auslegung:
Auch hinsichtlich der konkreten Beurteilung sind keine Fehler zu erkennen, die zur Unrechtmäßigkeit und Unzweckmäßigkeit des Handelns des Staatlichen Schulamtes führen. Im Rahmen der Eignungsbeurteilung ist eine Eignungsprognose vorzunehmen, das heißt eine Prognose über das voraussichtliche zukünftige Verhalten, insbesondere im Hinblick auf die künftige Verfassungstreue. Bei der Anwendung von Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz steht dem öffentlichen Arbeitgeber ein von der Verfassung gewährleisteter Beurteilungsspielraum zu. Hinreichende Fehler bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums sind vorliegend nicht ersichtlich.
Daß Ihnen keine weitere Begründung dargelegt wurde, ist nicht fehlerhaft. Ein Anspruch auf eine ausführliche Begründung besteht im vorliegenden Fall nicht. Bereits die oben genannte Verwaltungsvorschrift macht keine zwingenden Formvorgaben für die Ablehnung des Bewerbers. Auch im übrigen besteht keine allgemeine rechtliche Pflicht, den Grund für den Ausschluß aus dem Bewerbungsverfahren gegenüber dem abgelehnten Bewerber darzulegen.
Den sich wiederholenden Verlauf ertrug ich letztlich als ein lehrreiches Dramolett in pragmatischer Absicht: Mag ja sein, der Amtsschimmel ruhte gerade. Und ich stünde dann wieder vor der Tafel. Mich dann verspätet, also quasi vor versammelter Klasse, aus dem Haus zu weisen und als Nazi vom Hof zu jagen, das wäre aufwendiger und schwieriger. Insbesondere weil Kollegen und Schüler dann fragen würden: Was, der? Dieser Bosselmann soll ein Rechtsextremist sein?
Eine Weile erwog ich tatsächlich zu klagen. Ich nahm Kontakt zu einem erfahrenen Rechtsanwalt auf, dessen Argumentation mich dann von einem Rechtsstreit absehen ließ. Er teilte mir mit, daß ein Verfahren keinen Sinn habe. Solche Fälle würden so gut wie nie erstinstanzlich entschieden. Die Gegenseite, also Amt und Ministerium, hätten das Geld, ausdauernd Prozesse durch alle Instanzen zu führen; ich hätte dieses Geld nicht. Zudem wäre ich vermutlich Rentner, wenn die Sache so oder so entschieden wäre.
Sein Rat laute anders: Ich solle versuchen, wieder an einer privaten Schule zu arbeiten. Aber auch dort müßte mich das Schulamt als geeigneten Lehrer bestätigen, insofern freie Träger der staatlichen Anerkennung bedürfen, nicht zuletzt mit Blick auf die dort beschäftigten Lehrer. Also wäre dies für mich nur etwas weniger aussichtslos. Ferner müßte ich, so der Anwalt, versuchen, irgend jemanden im System zu finden, der sich für mich verwenden würde, der mich also irgendwie zu protegieren wüßte. Mindestens solle ich mich an den Bürgerbeauftragten des Landes wenden.
Das tat ich tatsächlich. Die zuständige Stelle nahm mein Anliegen und das Protokoll der Verhinderung zur Kenntnis. Nach wochenlangem Schweigen beschloß ich, es sollte sich um der eigenen Selbstachtung willen mit der Bittstellerei haben. Sich jemanden im System zu suchen, der einem aus freien Stücken hilft, kommt ja – bei ohnehin nur minimalen Chancen – einem ganz und gar obrigkeitshörigen Verfahren gleich. Man wendet sich an einen Fürstenknecht, der in dessen Gunst steht und bereit ist, sich für einen zu verwenden, sobald ihm der Monarch sein Ohr leiht. Wie man sich für einen gefallenen Sünder, einen Delinquenten, einen Kriminellen verwendet, der, weil man ihm noch mal trauen möchte, dann in den Zustand huldvoller Gnade gehoben wird und danach um so mehr zu serviler Dankbarkeit verpflichte wäre.
Aber der Bürgerbeauftragte meldete sich, telefonisch. Ja, er habe nachgefragt, erhalte aber selbst seit Wochen keine Antwort vom Ministerium. Er würde jetzt entschieden nachdrücken. Rechtlich scheine die Art, wie Amt und Ministerium verfahren, so nicht haltbar, der Vorgang sei, nun ja, außergewöhnlich, denn es sollten von der Regierung die genauen Gründe benannt und dargelegt werden. Und vor allem dürften die Schulen nicht beschädigt werden, indem man kurzerhand deren Stellenausschreibungen schließt, nur weil mein Name fällt. Ich bedankte mich. Und werde gemeinsam mit dem zugewandten Herrn abwarten, was die Exekutive zu antworten geruht.