Im ersten und bei weitem umfangreichsten Text, der auch als Titel des Essay-Bandes gewählt wurde, sieht Kunkel (*1963 und »hauptberuflich« Schriftsteller und Werbefachmann) einen sich bereits realisierenden Übergang zu einem kybernetischen Sozialismus. Das Vorgefundene geht dabei weit über Schlagworte wie »Great Reset« oder »One World« hinaus.
Ansatzpunkt sind die Entwicklungen im Zuge der Corona-Politik, die allerdings nicht ursächlich sind, sondern die Vorhaben stärker sichtbarer gemacht und beschleunigt haben. Mit Blick auf die Zeit der »Pandemie« will es scheinen, »als befände sich Europa in der ersten Phase der geplanten Transformation – die Gewöhnung an ein wissenschaftlich-sozialistisches Denken, das eine hybride Staatstechnologie aus Konzern-Sozialismus und globalem Kapitalismus hervorbringen soll.
Diese Verschmelzung kann nur mit Hilfe der Kybernetik bewerkstelligt werden.« Kunkel erkennt eine neue biopolitische Wende, die den »Bios als Mittel der Governance in den Fokus« rückt. Es gehe nicht lediglich um »eine Erweiterung der Natur, sondern um die Verschmelzung mit einer Maschinerie«, die »neben medizinischen und therapeutischen« ebenso »soziale und politische Techniken« beinhalte.
Verfolgt werde die Idee, »organische Lebensformen könnten eine Mischform aus Hard- und Software« sein, Stichwort »Wetware«, damit sei »eine Mensch-Maschine-Schnittstelle möglich«. Die erste dieser Schnittstellen erkennt Kunkel im Corona-Impfkanal, zustande gekommen aufgrund »einer erzwungenen Einsicht«, ein Vorgehen, welches einem totalitären Regime entspreche, das »ungeniert mit seinem Menschenmaterial experimentiert«.
An anderer Stelle sieht er das – vermeintliche – »Upgrade« durch die Impfung als Zeichen einer sich verfestigenden Vorstellung, man könne den Körper mittels medizinischer Eingriffe immer weiter optimieren. Bei seinen Überlegungen zum kybernetischen Sozialismus verweist er auf den zu Beginn der 1970er Jahre in Chile umgesetzten Versuch des Cybersyn – einer mittels Technik in Echtzeit kontrollierten Zentralwirtschaft – oder auf die Macy-Konferenzen. 1947 wurde hier bereits das Ziel einer »Weltheilung« in Angriff genommen.
Mit der Corona-Politik habe sich »ein verwissenschaftlichter Sozialismus« nun erstmals »ungeschminkt zu erkennen« gegeben. Die Demokratie, »dieses ruchloseste aller ideologischen Gase«, habe man »wie eine Staffage« zusammengefaltet. Aber auch dies sei eher Ergebnis oder Station eines Prozesses. So sei etwa im Rückblick die DDR nicht in der Bundesrepublik »aufgegangen«, man sollte besser von einer »schleichenden Diffusion, einer Verrechnung von Systemparametern« sprechen. Angemessen sei der Begriff Demokratur: Man könne zwar wählen – aber das habe keine Änderungen zur Folge.
Von den anderen Essays des Buches schließen Kunkels Überlegungen »Vom gläsernen Konsumenten zum gläsernen Wähler« an seine These vom Übergang zum kybernetischen Sozialismus an. Er fragt, ob sich die Idee des Neuromarketings – das auf den gescannten statt auf den befragten Konsumenten setzt – nicht auch ganz gut in den Dienst einer regulierten, nach Kontrolle strebenden Politik stellen ließe.
Die weiteren Abhandlungen beschäftigen sich etwa mit den Anmaßungen von »Vorzeige-Mihigrus« wie Mesut Özil, Hasnain Kazim oder Lamya Kaddor, wobei nicht zuletzt der »Selbstbeschmutzungsauftrag« der deutschen »senilen, altlinken Medienfürsten« zu genau diesen Verhaltensweisen geführt habe. Mit dem abschließenden Text über die »Konditionierung der Deutschen zu guten Verlieren«, angefangen mit der »Re-Education«, kommt Kunkel auf sein Leitthema, den kybernetischen Sozialismus, zurück. Denn genau diese Konditionierung betrachtet er als wesentliche Grundlage für eine solche Transformation.
Bei den hier vorliegenden Texten handelt es sich um lose geordnete Notizen, um Beobachtungen, Überlegungen und persönliche Erlebnisse. Zwar war nichts anderes versprochen, aber eine etwas systematischere Ausarbeitung hätte die anregenden, beunruhigenden Gedankengänge leichter nachvollziehbar gemacht.
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Thor Kunkel: Der Weg der Maschine. Annährungen an den kybernetischen Sozialismus. Riskante Essays, Dresden: Edition Buchhaus Loschwitz 2021. 139 S., 17 €
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