Thor Kunkel: Der Weg der Maschine

von Erik Lommatzsch --

Um die gute Laune zu vertreiben, sind Thor Kunkels Thesen und Feststellungen hervorragend geeignet.

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Im ers­ten und bei wei­tem umfang­reichs­ten Text, der auch als Titel des Essay-Ban­des gewählt wur­de, sieht Kun­kel (*1963 und »haupt­be­ruf­lich« Schrift­stel­ler und Wer­be­fach­mann) einen sich bereits rea­li­sie­ren­den Über­gang zu einem kyber­ne­ti­schen Sozia­lis­mus. Das Vor­ge­fun­de­ne geht dabei weit über Schlag­wor­te wie »Gre­at Reset« oder »One World« hinaus.

Ansatz­punkt sind die Ent­wick­lun­gen im Zuge der Coro­na-Poli­tik, die aller­dings nicht ursäch­lich sind, son­dern die Vor­ha­ben stär­ker sicht­ba­rer gemacht und beschleu­nigt haben. Mit Blick auf die Zeit der »Pan­de­mie« will es schei­nen, »als befän­de sich Euro­pa in der ers­ten Pha­se der geplan­ten Trans­for­ma­ti­on – die Gewöh­nung an ein wis­sen­schaft­lich-sozia­lis­ti­sches Den­ken, das eine hybri­de Staats­tech­no­lo­gie aus Kon­zern-Sozia­lis­mus und glo­ba­lem Kapi­ta­lis­mus her­vor­brin­gen soll.

Die­se Ver­schmel­zung kann nur mit Hil­fe der Kyber­ne­tik bewerk­stel­ligt wer­den.« Kun­kel erkennt eine neue bio­po­li­ti­sche Wen­de, die den »Bios als Mit­tel der Gover­nan­ce in den Fokus« rückt. Es gehe nicht ledig­lich um »eine Erwei­te­rung der Natur, son­dern um die Ver­schmel­zung mit einer Maschi­ne­rie«, die »neben medi­zi­ni­schen und the­ra­peu­ti­schen« eben­so »sozia­le und poli­ti­sche Tech­ni­ken« beinhalte.

Ver­folgt wer­de die Idee, »orga­ni­sche Lebens­for­men könn­ten eine Misch­form aus Hard- und Soft­ware« sein, Stich­wort »Wet­ware«, damit sei »eine Mensch-Maschi­ne-Schnitt­stel­le mög­lich«. Die ers­te die­ser Schnitt­stel­len erkennt Kun­kel im Coro­na-Impf­ka­nal, zustan­de gekom­men auf­grund »einer erzwun­ge­nen Ein­sicht«, ein Vor­ge­hen, wel­ches einem tota­li­tä­ren Regime ent­spre­che, das »unge­niert mit sei­nem Men­schen­ma­te­ri­al experimentiert«.

An ande­rer Stel­le sieht er das – ver­meint­li­che – »Upgrade« durch die Imp­fung als Zei­chen einer sich ver­fes­ti­gen­den Vor­stel­lung, man kön­ne den Kör­per mit­tels medi­zi­ni­scher Ein­grif­fe immer wei­ter opti­mie­ren. Bei sei­nen Über­le­gun­gen zum kyber­ne­ti­schen Sozia­lis­mus ver­weist er auf den zu Beginn der 1970er Jah­re in Chi­le umge­setz­ten Ver­such des Cyber­syn – einer mit­tels Tech­nik in Echt­zeit kon­trol­lier­ten Zen­tral­wirt­schaft – oder auf die Macy-Kon­fe­ren­zen. 1947 wur­de hier bereits das Ziel einer »Welt­hei­lung« in Angriff genommen.

Mit der Coro­na-Poli­tik habe sich »ein ver­wis­sen­schaft­lich­ter Sozia­lis­mus« nun erst­mals »unge­schminkt zu erken­nen« gege­ben. Die Demo­kra­tie, »die­ses ruch­lo­ses­te aller ideo­lo­gi­schen Gase«, habe man »wie eine Staf­fa­ge« zusam­men­ge­fal­tet. Aber auch dies sei eher Ergeb­nis oder Sta­ti­on eines Pro­zes­ses. So sei etwa im Rück­blick die DDR nicht in der Bun­des­re­pu­blik »auf­ge­gan­gen«, man soll­te bes­ser von einer »schlei­chen­den Dif­fu­si­on, einer Ver­rech­nung von Sys­tem­pa­ra­me­tern« spre­chen. Ange­mes­sen sei der Begriff Demo­kra­tur: Man kön­ne zwar wäh­len – aber das habe kei­ne Ände­run­gen zur Folge.

Von den ande­ren Essays des Buches schlie­ßen Kun­kels Über­le­gun­gen »Vom glä­ser­nen Kon­su­men­ten zum glä­ser­nen Wäh­ler« an sei­ne The­se vom Über­gang zum kyber­ne­ti­schen Sozia­lis­mus an. Er fragt, ob sich die Idee des Neu­ro­mar­ke­tings – das auf den gescann­ten statt auf den befrag­ten Kon­su­men­ten setzt – nicht auch ganz gut in den Dienst einer regu­lier­ten, nach Kon­trol­le stre­ben­den Poli­tik stel­len ließe.

Die wei­te­ren Abhand­lun­gen beschäf­ti­gen sich etwa mit den Anma­ßun­gen von »Vor­zei­ge-Mihi­grus« wie Mesut Özil, Has­nain ­Kazim oder Lamya Kad­dor, wobei nicht zuletzt der »Selbst­be­schmut­zungs­auf­trag« der deut­schen »seni­len, alt­lin­ken Medi­en­fürs­ten« zu genau die­sen Ver­hal­tens­wei­sen geführt habe. Mit dem abschlie­ßen­den Text über die »Kon­di­tio­nie­rung der Deut­schen zu guten Ver­lie­ren«, ange­fan­gen mit der »Re-Edu­ca­ti­on«, kommt Kun­kel auf sein Leit­the­ma, den kyber­ne­ti­schen Sozia­lis­mus, zurück. Denn genau die­se Kon­di­tio­nie­rung betrach­tet er als wesent­li­che Grund­la­ge für eine sol­che Transformation.

Bei den hier vor­lie­gen­den Tex­ten han­delt es sich um lose geord­ne­te Noti­zen, um Beob­ach­tun­gen, Über­le­gun­gen und per­sön­li­che Erleb­nis­se. Zwar war nichts ande­res ver­spro­chen, aber eine etwas sys­te­ma­ti­sche­re Aus­ar­bei­tung hät­te die anre­gen­den, beun­ru­hi­gen­den Gedan­ken­gän­ge leich­ter nach­voll­zieh­bar gemacht.

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Thor Kun­kel: Der Weg der Maschi­ne. Annäh­run­gen an den kyber­ne­ti­schen Sozia­lis­mus. Ris­kan­te Essays, Dres­den: Edi­ti­on Buch­haus Losch­witz 2021. 139 S., 17 €

 

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