Mein abenteuerliches Herz

Aus Anlaß der Befreiungsfeierlichkeiten unseres auf den Hund gekommenen Vaterlands bringen wir Abschnitte aus dem Tagebuch Heimo Schwilks.

 Druckausgabe

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Wir haben die Erlaub­nis, die­se Aus­zü­ge aus dem Tage­buch Mein aben­teu­er­li­ches Herz I (hier ein­se­hen und bestel­len) abdru­cken zu dür­fen – in die­ser Aus­wahl vom Autor Heimo Schwilk auto­ri­siert. Sie umfas­sen einen Zeit­raum, in dem eine »Neue demo­kra­ti­sche Rech­te« bin­nen andert­halb Jah­ren ver­such­te, im vor­po­li­ti­schen Raum Posi­tio­nen zu beset­zen und zu hal­ten, die der ver­än­der­ten Lage nach 1989 Rech­nung tra­gen und den Deut­schen die Mög­lich­keit vor­stel­len woll­ten, eine selbst­be­wuß­te Nati­on zu sein.

Schwilks Tage­buch­ein­trä­ge beschrei­ben den Ver­such, der Zei­tung Die Welt eine Neu­aus­rich­tung in die­sem Sin­ne zu geben, außer­dem die Reso­nanz auf den Sam­mel­band Die selbst­be­wuß­te Nati­on und auf den »Ber­li­ner Appell«, der in den Wochen vor der Bun­des­tags­wahl von 1994 einen anti­to­ta­li­tä­ren Kon­sens ein­for­der­te. Auch Pla­nung und Schei­tern einer Groß­ver­an­stal­tung zum 50. Jah­res­tag des 8. Mai 1945 sind Thema.

Die Tage­bü­cher Schwilks stel­len über den hier vor­ge­stell­ten Aspekt des Poli­ti­schen eine ganz spe­zi­fi­sche Melan­ge aus phi­lo­so­phi­scher Refle­xi­on, pri­va­tem All­tags­ge­sche­hen, Traum­no­ta­ten und dem wei­ten Feld der Arbeit des Jour­na­lis­ten dar. Der vor­lie­gen­de ers­te Band erstreckt sich über einen Zeit­raum von 16 Jah­ren und beginnt 1983 mit einem Besuch am Grab von Her­mann Hesse.

Als eigent­li­cher Schwer­punkt die­ser Jah­re ent­puppt sich bald die Bekannt­schaft (und spä­te­re Freund­schaft) mit Ernst Jün­ger, über den Schwilk 1988 einen opu­len­ten Bild­band ver­öf­fent­licht, der zahl­rei­che Erst­dru­cke von Bild- und Text­do­ku­men­ten ent­hält. Neben Jün­ger hat Schwilk vie­le ande­re pro­mi­nen­te Autoren getrof­fen, die er inter­view­te und über die er geschrie­ben hat. Sei­ne Rei­sen führ­ten ihn u. a. nach Mos­kau und in die Ark­tis, als Kriegs­re­por­ter berich­te­te er vom Golf und aus dem Koso­vo. Hin­zu kom­men sei­ne aus­führ­li­chen Berich­te über die fried­li­che Revo­lu­ti­on in der DDR, deren Augen­zeu­ge Schwilk in Ber­lin wurde.

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Ber­lin, 17. Janu­ar 1994 – – Die ers­ten Wochen des neu­en Jah­res tur­bu­lent, vor allem kon­tu­riert sich mein Enga­ge­ment bei der Welt. Mehr­fach mit Ulrich und RZ [Rai­ner Zitel­mann] mit Man­fred Geist über die Neu­kon­zep­ti­on kon­fe­riert. Was wir wol­len: wert­kon­ser­va­ti­ve Pro­fi­lie­rung, vor allem auf der Ebe­ne von Mei­nung und Kul­tur; dazu ver­mehrt inves­ti­ga­ti­ver Jour­na­lis­mus, der kei­ne Gesin­nung lan­ciert, son­dern auf Fak­ten schaut. Auch ein kla­rer Kurs gegen die Poli­ti­cal Cor­rect­ness, die Miß­stän­de weg­zu­re­den ver­sucht. Ralf Georg Reuth soll von der FAZ zu uns sto­ßen, um dem Poli­tik­res­sort mehr intel­lek­tu­el­le Kom­pe­tenz zu ver­mit­teln. Als His­to­ri­ker wird er zusätz­lich die Kul­tur ver­stär­ken. Ende des Monats steht mein ent­schei­den­des Gespräch mit Gün­ter Prinz, dem Vor­stands­vor­sit­zen­den von Sprin­ger, an. Danach wol­len wir eine Rei­he von Plan­stel­len neu beset­zen. Eine ech­te kon­ser­va­ti­ve Revolution. […]

Ber­lin, 21. März 1994 – – Vier Wochen, in der sich die Welt ver­än­der­te – oder auch nicht. Im ers­ten Anlauf geschei­tert, könn­te man sagen. Am Diens­tag trat ich vom Amt des Kul­tur­chefs zurück, nach einer öffent­li­chen Kam­pa­gne, mit der Ulrich, Rai­ner und ich als »Rechts­extre­me« abge­stem­pelt wur­den, teils aus dem Blatt her­aus. Zeit, FR, SZ, taz und Spie­gel insze­nier­ten den Ruf­mord mit Unter­stüt­zung von miß­güns­ti­gen Welt-Redak­teu­ren und Rolf Hoch­huth, der Mate­ri­al, u. a. mei­ne Brie­fe an ihn, dem Spie­gel zuspiel­te.

Alles nach­zu­le­sen in der taz, die genüß­lich über Welt-Inter­na berich­te­te. Ich soll zu den Redak­teu­ren gesagt haben: »Das ist der Auf­stand des Schlam­mes gegen den Berg« und zu Hoch­huth: »Kom­men Sie mir doch nicht dau­ernd mit die­sen alten Män­nern, die inter­es­sie­ren hier eben­so­we­nig wie die zwei noch amtie­ren­den Chef­re­dak­teu­re.« Ulrich bekann­te sich stolz zum ers­ten State­ment, das er tat­säch­lich Welt-Redak­teu­ren an den Kopf geknallt hat­te, als sie sei­ne Kom­pe­tenz als Chef­re­por­ter in Fra­ge stellten.

Die publi­zis­ti­sche Kam­pa­gne ist eine per­fi­de Mischung aus Halb­wahr­hei­ten, Lügen, Spe­ku­la­tio­nen. In einer »Ehren­er­klä­rung« hiel­ten u. a. Bri­git­te See­ba­cher-Brandt, Arnulf Baring, Micha­el Wolff­sohn, Sarah Kirsch, Wal­ter Kem­pow­ski und Hans Joa­chim Schäd­lich dage­gen. Eigent­li­cher Aus­lö­ser für mei­nen Rück­tritt war aber nicht die­se Denun­zia­ti­ons­kam­pa­gne, son­dern Astrids Ein­lie­fe­rung ins Kran­ken­haus wegen star­ker Blu­tun­gen. »Ich ver­lie­re mein Kind!« schluchz­te sie am Tele­fon. Am Nach­mit­tag gab ich dann mein Welt-Amt auf, das das Sprung­brett sein soll­te für die Chefredaktion.

Die zurück­lie­gen­den Wochen waren lehr­reich; ich habe viel über die Mise­ra­bi­li­tät des Men­schen gelernt, über das Böse, das sich als Gutes mas­kiert. Erst­mals das Paria-Gefühl am eige­nen Leib gespürt, »Min­der­heit« und »Haß­ob­jekt« zu sein. Viel­leicht waren wir unse­rer Sache zu sicher, wahr­schein­lich hat das Gemein­schafts­ge­fühl uns dazu ver­führt, die Geg­ner nicht ernst zu neh­men. Wir haben den Wider­stand gegen die intel­lek­tu­el­le Wen­de in der Redak­ti­on, aber auch Man­fred Geists Oppor­tu­nis­mus unter­schätzt. Ärger­lich nur, daß die Lemu­ren tri­um­phie­ren, die Min­der­be­gab­ten, die Zeit­geist-Rit­ter von der trau­ri­gen Gestalt. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 31. März 1994 – – Die Anti­fa läuft Sturm: Nach dem Lübe­cker Syn­ago­gen-Brand wer­den auf allen Kanä­len »geis­ti­ge Brand­stif­ter« nam­haft gemacht: Botho Strauß, Ernst Nol­te, Rai­ner Zitel­mann, Franz Schön­hu­ber, Will Trem­per etc. Die taz mel­det tri­um­phie­rend, daß Ulrich Schacht von der Welt zur Welt am Sonn­tag »zurück­de­le­giert« wor­den sei, »die Redak­ti­on atmet auf«. Man ist stolz auf das eige­ne Werk, die Ver­hin­de­rung eines »Rechts­rucks« bei Sprin­ger. Dabei wird von die­sem Rechts­ruck seit Jahr­zehn­ten gefa­selt; schon Axel Sprin­ger schmäh­te man als »Bran­den­bur­ger Tor«, des­sen Glau­be an die deut­sche Ein­heit man her­un­ter­mach­te. Nun ist der gro­ße Ver­le­ger von der Geschich­te bestä­tigt wor­den, und die Acht­und­sech­zi­ger machen den Ver­such eines Roll­backs, malen einen neu­en Natio­na­lis­mus an die Wand, um als Kas­san­dra irgend­wie doch recht zu behal­ten. Popanz dabei sind Schacht, Schwilk und Zitel­mann, in denen neu-altes Unheil auf­er­stan­den ist. […]

Ber­lin, 14. April 1994 – – Ges­tern in der FAZ ein Bei­trag über die »Geis­ti­ge Welt«, in dem Zitel­manns Wir­ken und unser Rück­zug aus der Welt kom­men­tiert wer­den. Der Vor­wurf des Autors läuft dar­auf hin­aus, RZ betrei­be in der »Geis­ti­gen Welt« die Abwen­dung vom »Libe­ra­lis­mus des Wes­tens«. Dabei ist Zitel­mann ein glü­hen­der Anhän­ger des Wirt­schafts­li­be­ra­lis­mus und FDP-Sym­pa­thi­sant! Man schreibt beim Spie­gel und der taz ab und erspart sich so das Lesen von Zitel­manns Welt-Bei­trä­gen und sei­ner Bücher.

Rich­tig ist allein die Fest­stel­lung, RZ bemü­he sich, lin­ke und rech­te Intel­lek­tu­el­le zusam­men­zu­brin­gen. Unse­re wert­kon­ser­va­ti­ven Grund­hal­tun­gen wer­den über­haupt nicht wahr­ge­nom­men; aber aus ihnen erklärt sich die Soli­da­ri­tät von Leu­ten wie Arnulf Baring, Bri­git­te See­ba­cher- Brandt, Hans-Peter Schwarz, Micha­el Wolff­sohn. Ulrich arbei­tet im Auf­trag von Frank Schirr­macher an einer per­sön­li­chen Gegen­dar­stel­lung in der FAZ. Schirr­ma­cher steht eben­falls unter Beschuß – im eige­nen Blatt. […]

Ham­burg, 2. Sep­tem­ber 1994 – – […] Am 22. August, abends nach der Pro­duk­ti­on, dann Eröff­nung von Geist und Böde­cker, man sehe kei­ne Mög­lich­keit, mich in der Chef­re­dak­ti­on ein­zu­set­zen. Die acht Wochen in Ham­burg gaben mir einen Ein­blick in das Getrie­be einer Redak­ti­on, die weni­ger der Leis­tung ver­pflich­tet ist als den kaum kaschier­ten Kar­rie­re­er­war­tun­gen. Wir woll­ten eine intel­lek­tu­el­le und, ja, auch welt­an­schau­li­che Wen­de, die von außen als »rechts«, ja »rechts­extrem« ver­teu­felt wur­de. Den Ball nah­men die­je­ni­gen dank­bar auf, an denen die­se Neu­ori­en­tie­rung vor­bei­zu­ge­hen droh­te. Ihr Roll­back ent­spricht dem, was das gan­ze Land seit Anfang der Neun­zi­ger erlebt. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 26. Sep­tem­ber 1994 –[…] Ers­te Rezen­sio­nen der Selbst­be­wuß­ten Nati­on, die der frü­he­re Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter ­Rupert Scholz im Axel-Sprin­ger-Club in der Koch­stra­ße vor­stell­te. Rund 70 Zuhö­rer, dar­un­ter zehn Autoren des Ban­des, auch Bri­git­te See­ba­cher-Brandt. Außer der B.Z. boy­kot­tier­te die »Sprin­ger-Pres­se« die Buch­prä­sen­ta­ti­on – im eige­nen Haus! Die Kol­le­gen leh­nen das Auf­merk­sam­keit erre­gen­de »Tri­um­vi­rat« Schacht / Schwilk / Zitel­mann ab, meist aus Neid, aber auch aus poli­ti­schem Kal­kül. In der Wochen­post und der taz ganz­sei­ti­ge Rezen­sio­nen, aber ohne jede Sub­stanz. Man las das Buch nicht, son­dern las vie­les hin­ein, was in den alar­mis­ti­schen Köp­fen her­um­spukt. Ein­zi­ges The­ma: Die »Neue Rech­te« als Gefahr für das wie­der­ver­ein­te Land! Dabei hat­te die Lin­ke die Ein­heit jahr­zehn­te­lang als Dro­hung an die Wand gemalt und jeden her­un­ter­ge­macht, der die Über­win­dung der Tei­lung als Ziel deut­scher (und euro­päi­scher!) Poli­tik anstreb­te. Sand­te Ernst Jün­ger und Botho Strauß Exem­pla­re; das Kanz­ler­amt for­der­te ein Buch für Hel­mut Kohl an. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 29. Sep­tem­ber 1994 – – […] Heu­te unser Ber­li­ner Appell in vie­len Blät­tern kom­men­tiert, meist als Sym­ptom für einen Rechts­ruck in Deutsch­land. Die Frank­fur­ter Rund­schau sag­te eine Wie­der­kehr von Anto­nio Gramscis Theo­rie der intel­lek­tu­el­len Hege­mo­nie vor­aus, nun von rechts. Kom­men­ta­re auch im Neu­en Deutsch­land, in der taz, FAZ, in der Jun­gen Welt und der Jun­gen Frei­heit, im Ber­li­ner Tages­spie­gel. Bis­lang läuft alles nach Regie. Jetzt noch der Spie­gel und Focus; grö­ße­re Bei­trä­ge zur Selbst­be­wuß­ten Nati­on sind bereits angekündigt. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 30. Sep­tem­ber 1994 – – Heu­te Demen­ti von Sarah Kirsch in der FAZ; sie will den Ber­li­ner Appell nie unter­schrie­ben haben. Man hat sie wohl mit viel Druck zu die­sem pein­li­chen, ja fei­gen Rück­zug gebracht; die Kirsch ist seit lan­gem mit Ulrich befreun­det und sieht die Ent­wick­lung seit 1989 wie wir, hat aber Angst um ihre Pfrün­de als Autorin. […]

Ber­lin, 2. / 3. Okto­ber 1994 – – Anruf von Freya Klier wegen des Ber­li­ner Appells. Sie müs­se sich lei­der distan­zie­ren. Wir rede­ten eine Stun­de lang, in der ich sie über­zeug­te; aber sie befürch­tet Nach­tei­le für ihre Arbeit und will sich her­aus­zie­hen. Unse­re Gegen­dar­stel­lung im Tages­spie­gel; dazu Noti­zen zum Ber­li­ner Appell in Focus, ND, taz. […]

Ber­lin, 18. Okto­ber 1994 – – Im Spie­gel der lan­ge erwar­te­te Bei­trag über die ­Selbst­be­wuß­te Nati­on. Der Ver­fas­ser ist mein frü­he­rer Tübin­ger Kom­mi­li­to­ne Mar­tin Doer­ry, wie ich einst wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kraft bzw. Assis­tent bei Pro­fes­sor Bern­hard Mann. Ein übles Mach­werk, reins­tes Denun­zi­an­ten­tum. Dazu bringt das Maga­zin nicht die Kon­ter­feis der Her­aus­ge­ber, son­dern die von Nol­te und Zitel­mann, um die denun­zia­to­ri­sche Schlag­zahl zu erhö­hen. Botho Strauß wird als welt­frem­der Wald­gän­ger der Ucker­mark prä­sen­tiert. Aus mei­nem Schmerz-Bei­trag zitier­te der »Anbräu­ner«, wie EJ sol­che Leu­te nennt, den Satz über das Zer­rei­ßen der Föten bei der Abtrei­bung. Tenor: »Flut bräun­li­cher Pro­sa«. Nun wol­len Her­bert Kremp (Die Welt), Rupert Scholz (Rhei­ni­scher Mer­kur) und ­Ste­phan Satt­ler (Focus) antworten. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 24. Okto­ber 1994 – – […] Man schei­tert nicht umsonst. Das Aben­teu­er des Poli­ti­schen ist been­det, bevor es rich­tig begon­nen hat. Die­se Paria-Erfah­rung war wich­tig, weil sie vie­les zurecht­rück­te, vor allem das Hei­mat­lo­se und damit Bedroh­te unse­rer gesell­schaft­li­chen Exis­tenz frei­leg­te. Man kann nicht gegen die gan­ze Welt antre­ten. Selbst ein Mar­tin Luther ver­hielt sich tak­tisch, um ans Ziel zu kom­men. Und er hat­te die Ten­den­zen der Epo­che auf sei­ner Sei­te. Wir haben nur unse­re Unbe­dingt­heit, die in die­ser noto­ri­schen Kom­pro­miß­ge­sell­schaft zum Schei­tern ver­ur­teilt. Auch wenn wir noch immer fest dar­an glau­ben, daß uns die Geschich­te am Ende recht geben wird. In all den Kämp­fen bin ich Astrid wie­der näher gekom­men und dank­bar für die Treue, mit der sie alles begleitete. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 17. Novem­ber 1994 – – Heu­te Tele­fo­na­te mit Mar­tin Wal­ser und ­Stef­fen Heit­mann. Wal­ser hat unser Buch erhal­ten und sich an Ernst Nol­tes Essay fest­ge­le­sen. Des­sen Links-rechts-Kau­sa­li­tät (»rechts reagiert auf links«) er für »hirn­ris­sig« erklär­te. Er befürch­tet, im Fal­le sei­ner Mit­wir­kung an der zwei­ten Auf­la­ge atta­ckiert zu wer­den, das wol­le er sich nicht noch ein­mal antun. Er sor­ge schon selbst, sag­te er sar­kas­tisch, für die Pro­vo­ka­tio­nen. Erklär­te ihm, daß sei­ne Kate­go­ri­sie­rung unse­res Ban­des als »rechts« genau das repe­tie­re, was die PC-Medi­en mit sei­nen eige­nen Tex­ten ver­an­stal­te­ten. Nach län­ge­rem Dis­put räum­te er ein, daß wir »im sel­ben Boot« säßen, ver­wies aber auf einen Brief, den er an mich abge­schickt und in dem er sei­ne Posi­ti­on dar­ge­legt habe. Ich sol­le ihn am Wochen­en­de erneut anru­fen. Stef­fen Heit­mann, eins­ti­ger Kan­di­dat für das Amt des Bun­des­prä­si­den­ten, sag­te sofort zu, sei­nen FAZ-Bei­trag in unse­rem Band abzudrucken. […]

Ber­lin-Ste­glitz, 24. Novem­ber 1994 – – Heu­te die Fah­nen mit den Kor­rek­tu­ren für die zwei­te Auf­la­ge abge­ge­ben. Rund 5000 Exem­pla­re des Ban­des sind laut Ver­lag nach zwei Mona­ten ver­kauft – trotz oder gera­de wegen des üblen Medien-Echos. […]

Ber­lin, 16. Febru­ar 1995 – – Hin­ter mir lie­gen zahl­rei­che TV- und Rund­funk­ge­sprä­che; dar­un­ter ein Pan­ora­ma-Auf­tritt sowie eine Talk­show beim Sen­der N3 mit Peter Mer­se­bur­ger, Arnulf Baring, Claus Leg­ge­wie, Gui­do Wes­ter­wel­le und Wolf­gang Temp­lin. Dazu Inter­views mit Repor­tern von Le Mon­de und L’Express. Im Aus­land sieht man unse­re Arbeit viel gelas­se­ner, ja wünscht sich gera­de­zu ein grö­ße­res Selbst­be­wußt­sein der Deut­schen, die all­zu lan­ge in ihre Geschich­te ver­strickt blie­ben und damit als Akteu­re aus­fie­len. Bei allen Gesprä­chen ging es um die Dop­pel­ver­öf­fent­li­chung der Selbst­be­wuß­ten Nati­on und der Jün­ger-Fest­schrift, die als tak­tisch ein­ge­schätzt wird. Das stellt sich natür­lich, schaut man auf die Wir­kung, durch­aus so dar, aber es sind ja auch Ereig­nis­se wie die Debat­te um den »Anschwel­len­den Bocks­ge­sang« und vor allem der 100. Geburts­tag Ernst Jün­gers, die hier die Ter­min­la­ge bestimm­ten. Die Lin­ke inter­pre­tiert die­se Koin­zi­denz als Dis­kurs­stra­te­gie der »Neu­en Rech­ten«, um, im Sin­ne von Anto­nio Gramsci, die Mei­nungs­füh­rer­schaft zu über­neh­men. Das gefällt Rai­ner Zitel­mann, dem es vor allem um maxi­ma­les Getö­se und den eige­nen Auf­tritt geht.

Das Tri­um­vi­rat ­Schacht / Schwilk / ­Zitel­mann ist eigent­lich eine Mär von inter­es­sier­ter Sei­te, um uns als Ver­schwö­rer zu dis­kre­di­tie­ren. Uns, den Her­aus­ge­bern der Selbst­be­wuß­ten Nati­on, also Ulrich und mir, geht es um Nor­ma­li­sie­rung, um die Aner­ken­nung der neu­en Lage nach 1989. »Selbst­be­wußt­sein«, das schrei­ben wir im Vor­wort, »for­miert sich nicht gegen ande­re, son­dern formt sich auf sich selbst hin. Ohne Selbst­ver­trau­en jedoch ist solch ein Pro­zeß nicht wirk­lich mög­lich«. Dann folgt der Satz, der von den Denun­zi­an­ten, die dem Band und sei­nen Autoren Revi­sio­nis­mus vor­wer­fen, durch­weg über­le­sen wird: »Das deut­sche Selbst­ver­trau­en aber ist gebro­chen. Dafür gibt es bösen Grund. Jedes Nach­den­ken über deut­sche Iden­ti­tät muß sich die­ses bösen Grun­des – als tem­po­rä­rer, nicht dau­ern­der deut­scher Selbst­ver­feh­lung – bewußt sein.« […]

Ber­lin, 19. Mai 1995 – – Wochen vol­ler Tur­bu­len­zen, kei­ne Atem­pau­se, um Tage­buch zu füh­ren. Die Initia­ti­ve 8. Mai 1945 bean­spruch­te alle Kräf­te. Dies­mal arbei­te­te die gan­ze Fami­lie mit. Astrid orga­ni­sier­te den Brief­ver­sand, Timo und Lina tüte­ten Ein­la­dun­gen ein, kleb­ten Brief­mar­ken. 6000 Brie­fe wur­den ver­sandt, 700 Brie­fe mit Ein­tritts­kar­ten für die geplan­te Groß­ver­an­stal­tung in der Münch­ner Phil­har­mo­nie – und, nach den Inter­ven­tio­nen von Kohl und Wai­gel, 700 Absagen.

Der Auf­ruf »8. Mai 1945 – Gegen das Ver­ges­sen« erschien als Anzei­ge erst­mals am 7. April auf Sei­te 3 der FAZ. Ich hat­te ihn zusam­men mit Ulrich und Rai­ner Zitel­mann for­mu­liert. Wir nutz­ten ein Heuss-Zitat, um den undif­fe­ren­zier­ten öffent­li­chen Umgang mit dem Kapi­tu­la­ti­ons­da­tum zu attackieren:

Im Grun­de genom­men bleibt die­ser 8. Mai 1945 die tra­gischs­te und frag­wür­digs­te Para­do­xie für jeden von uns. War­um denn? Weil wir erlöst und ver­nich­tet in einem gewe­sen sind.«

Dar­an knüpf­ten wir unse­re Kritik:

Die Para­do­xie des 8. Mai, die der ers­te Prä­si­dent unse­rer Repu­blik, Theo­dor Heuss, so tref­fend cha­rak­te­ri­sier­te, tritt zuneh­mend in den Hin­ter­grund. Ein­sei­tig wird der 8. Mai von Medi­en und Poli­ti­kern als ›Befrei­ung‹ cha­rak­te­ri­siert. Dabei droht in Ver­ges­sen­heit zu gera­ten, daß die­ser Tag nicht nur das Ende der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Schre­ckens­herr­schaft bedeu­te­te, son­dern auch den Beginn von Ver­trei­bungs­ter­ror und neu­er Unter­drü­ckung im Osten und den Beginn der Tei­lung unse­res Lan­des. Ein Geschichts­bild, das die­se Wahr­hei­ten ver­schweigt, ver­drängt oder rela­ti­viert, kann nicht Grund­la­ge für das Selbst­ver­ständ­nis einer selbst­be­wuß­ten Nati­on sein, die wir Deut­schen in der euro­päi­schen Völ­ker­fa­mi­lie wer­den müs­sen, um ver­gleich­ba­re Kata­stro­phen künf­tig auszuschließen.

Wei­te­re Anzei­gen in den gro­ßen deut­schen Blät­tern folg­ten und lös­ten ein gewal­ti­ges Echo aus. Es unter­schrie­ben u. a. der Ehren­vor­sit­zen­de der CDU Alfred Dreg­ger, der frü­he­re Bun­des­mi­nis­ter Hans Apel von der SPD, die CSU-Poli­ti­ker Die­ter Spran­ger und Fried­rich Zim­mer­mann sowie Peter Gau­wei­ler und der eins­ti­ge baye­ri­sche FDP-Vor­sit­zen­de (und jet­zi­ge Chef des Bun­des Frei­er Bür­ger) Man­fred Brun­ner. Um dem posi­ti­ven Echo eine Büh­ne zu bie­ten, luden wir Mit­glie­der der Uni­on und sämt­li­che kon­ser­va­ti­ven Köp­fe des Lan­des nach Mün­chen ein. Dort soll­te eine Gegen­ver­an­stal­tung zu der von Bun­des­kanz­ler Kohl im Kon­zert­haus am Gen­dar­men­markt in Ber­lin geplan­ten Fei­er stattfinden.

Um die Details der Münch­ner ­Ver­an­stal­tung zu bespre­chen, lud Alfred Dreg­ger uns in sein Bun­des­tags­bü­ro nach Bonn ein. Rai­ner Zitel­mann führ­te das gro­ße Wort, was Ulrich ver­är­ger­te. Die bei­den sind sich spin­ne­feind. Wir ver­ein­bar­ten, daß Dreg­ger die Haupt­re­de hält, ­Ulrich als DDR-Wider­stands­kämp­fer unse­re Posi­ti­on dar­legt. Auf der Büh­ne der Phil­har­mo­nie soll­ten dann Ernst Nol­te, Man­fred Brun­ner, ­Ulrich Schacht, Rai­ner Zitel­mann und ich über die his­to­ri­schen Hin­ter­grün­de bzw. die gesell­schafts­po­li­ti­sche Bedeu­tung des 8. Mai diskutieren.

Am Ende stie­ßen wir mit Sekt auf das Gelin­gen der Münch­ner Ver­an­stal­tung an. ­Dreg­ger sag­te: »Mei­ne Her­ren, es ist gut, daß es Sie gibt!« Nur zehn Tage spä­ter, am 27. April, fiel er um, nach­dem er uns Bedin­gun­gen für sei­nen Red­ner-Auf­tritt – unter ande­rem die Absa­ge des Podi­ums – hat­te dik­tie­ren wollen.

Davor führ­te ich zahl­rei­che Tele­fo­na­te mit ihm und sei­ner per­sön­li­chen Refe­ren­tin. Die Gesprä­che zeig­ten, wie abhän­gig der soge­nann­te Rechts­au­ßen der Uni­on, von sei­nen Ver­eh­rern wegen sei­nes for­schen Auf­tre­tens »Djan­go« genannt, von Hel­mut Kohl ist. Vor nichts scheint er mehr Angst zu haben als vor der Aus­gren­zung. Am Tele­fon jam­mer­te er: »Ich bin in mei­ner Par­tei völ­lig iso­liert.« Er erwar­te­te wohl, daß ich mich aus Mit­leid umstim­men las­se, was natür­lich völ­lig abwe­gig war. Wir waren ja die Ver­an­stal­ter, und der Gast-Red­ner kann nicht – nach­träg­lich! – die Agen­da bestimmen.

Dreg­ger hat­te Hel­mut Kohl nichts ent­ge­gen­zu­set­zen. Kohl woll­te als »Kanz­ler der Ein­heit« unbe­dingt den gro­ßen Auf­tritt in Ber­lin und hat­te dazu auch Gor­bat­schow gela­den. Lei­der fiel auch Gau­wei­ler um, der sich um unse­ren Auf­tritt in der Münch­ner Phil­har­mo­nie geküm­mert und das Haus ange­mie­tet hat­te. Er knick­te letzt­lich vor dem CSU-Vor­sit­zen­den Theo­dor Wai­gel ein. Der ver­such­te die baye­ri­sche Ver­an­stal­tung im Sin­ne sei­nes Meis­ters zu ver­hin­dern. Eri­ka Stein­bach sag­te mir nach dem 8. Mai, Dreg­ger sei nun sehr depres­siv und bekla­ge unse­re Hart­nä­ckig­keit, die er voll­kom­men unter­schätzt habe. Wir nen­nen das Moral.

In den zurück­lie­gen­den Wochen gab ich unzäh­li­ge Inter­views, vie­le auf eng­lisch: BBC, ABC etc. Zwei TV-Inter­views fan­den am Gen­dar­men­markt und vor dem Bran­den­bur­ger Tor statt. Weni­ge Tage vor dem 8. Mai kam ein ABC-Repor­ter (Euro­pa-Kor­re­spon­dent des Sen­ders) extra aus Lon­don, um mit mir ein Gespräch zu füh­ren. Es wur­de in der bes­ten Sen­de­zeit – 18.30 Uhr – in den USA ausgestrahlt.

Inzwi­schen liegt uns ein dicker Pres­se­spie­gel zum 8. Mai vor, der doku­men­tiert, was für ein kon­tro­ver­ses Echo unse­re Akti­on aus­ge­löst hat. Trotz der »von oben« ver­füg­ten Münch­ner Absa­ge, die vie­le Sym­pa­thi­san­ten (und Uni­ons­leu­te) ent­täusch­te, ent­schie­den wir, eine Alter­na­tiv­ver­an­stal­tung auf dem Ham­ba­cher Schloß zu orga­ni­sie­ren. Dort hielt Ulrich sei­ne, auch rhe­to­risch, groß­ar­ti­ge Rede (»Das Maß der Erschüt­te­rung«). Die ­Zuhö­rer hielt es nicht auf den Sit­zen, tosen­der Applaus, der auch unse­rem Durch­hal­te­wil­len galt – trotz des über­mäch­ti­gen Gegen­win­des aus dem Kanzleramt.

Ich mode­rier­te anschlie­ßend eine zwei­stün­di­ge Podi­ums­dis­kus­si­on zum The­ma Auf­bruch und Erneue­rung. Lei­der hat­te Alfred Jebens, Vor­sit­zen­der der Hans Fil­bin­ger-Stif­tung, Spie­gel-TV und die Zeit aus­ge­la­den, so daß nur die Regio­nal­pres­se berich­te­te. Bei der Pres­se­ar­beit soll­te man nicht nach ideo­lo­gi­schen Kri­te­ri­en ver­fah­ren, son­dern aus­schließ­lich nach der Wir­kung. Nichts ist schlim­mer als die Nicht-Bericht­erstat­tung. Das weiß jeder Autor, der ein­mal erlebt hat, daß sein Buch nicht schlecht, son­dern gar nicht bespro­chen wurde. […]

Kauf­te einen Extra-PC nebst Fax­ge­rät für das Orga­ni­sa­to­ri­sche. Bei­des ist nütz­lich, wenn wir jetzt dar­an­ge­hen, unse­ren Ver­ein »Arbeit für Deutsch­land« auf­zu­bau­en – Vor­stu­fe für eine mög­li­che Par­tei mit dem Namen »Alli­anz für Deutsch­land«, Kür­zel AfD.

– – –

Heimo Schwilk: Mein aben­teu­er­li­ches Herz I (hier ein­se­hen und bestel­len)

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Kommentare (41)

t.gygax

8. Mai 2023 19:51

Sehr gut, daß sezession hier diese Berichte bringt. Es ist auch heute noch von Interesse,  dergleichen zu lesen...und gleichzeitig ein trauriges Lehrstück über Feigheit, Anpassung , Unterwerfung und Gleichschaltung. Nebenbei: warum die JF und andere den m.E.  etwas schwächlichen  Schriftsteller Rolf Hochhuth ( literarisch gesehen) immer als absolute Vorzeigeperson präsentierten, ist mir schon damals als JF -Leser nie klargeworden. Der Hochhuth konnte nur eines richtig gut: Geld aus den NS-Versatzstücken ( Der Stellvertreter/ Eine Liebe in Deutschland/ und ähnliches Zeug.....) machen und mißliebige Leute denunzieren, bekanntestes Beispiel die Filbinger-Affäre 1976 in Baden-Württemberg. Mir war Filbinger nie sympathisch, aber wie er erledigt wurde, das war schon mehr als bösartig.

quer

8. Mai 2023 19:56

Besagtes Buch steht seit ewig (und gelesen) in meinen Regalen. Hätte ich seinerzeit die Hintergründe der Entstehung gekannt, wäre ich umgehend aus der CDU geflüchtet. Interessant, wie schon damals sogar von der sog. "Stahlhelm-Fraktion" das Einknicken geübt wurde. Schon damals eine Steilvorlage und beispielgebende Bestätigung für die FDJ-Merkel. Gelernt ist gelernt.

Gracchus

8. Mai 2023 21:10

Sehr aufschlussreich. Eine verpasste Chance. Einigen Protagonisten hat es offensichtlich an Mut gefehlt. Aber eine selbstbewusste Nation sollte wohl auch verhindert werden (von wem?). Fragt sich, wie groß die Chance unter den gegebenen Machtverhältnissen war. Schon damals hat die taz nicht kapiert, wem sie zuarbeitet, oder es ist linker Zynismus.
Dass Zitelmann und Schacht sich spinnefeind waren, wundert nicht - mir ist Zitelmann höchst unsympathisch, Schacht halte ich dagegen für einen feinen Autor.

Wuwwerboezer

8. Mai 2023 23:32

Eins
Habe die Interna damals nicht mitbekommen, danke! Erinnere mich noch gut an Kampagne und Gegenkampagne. Habe damals nur den Kopf geschüttelt über so viel krachende Fehlanalyse. Es war die Zeit, in der vor buchstäblich jedem Imbiß- und Gastrodings der Styvesant-Come-Together-Sonnenschirm aufgespannt war, während dazu I Swear in Dauerschleife lief - und 99,9 % fanden`s obercool oder es hat sie zumindest in keiner Weise gestört, Wir-Gefühl! Und die Welle war gerade erst am Anebben!

Wuwwerboezer

8. Mai 2023 23:33

Zwei
Wiederhole mich: 99,9 % der sogenannten Bürgerrechtler der DDR war Honi einfach nur nicht rot genug gewesen, die wollten`s einfach nur noch roter. In Hohenschönhausen hatten zu geschätzt 75 % SED-Linksabweichler in Richtung Kulturmarxismus eingesessen gehabt, der Rest waren großteils 230er. Es gab in den DDR-Knästen Langzeitinsassen, die sich von den Sprillos mit Kongo-Müller oder Pinochet anreden ließen, aber das waren ganzkörpertätowierte funktionelle Analphabeten mit großen Zahnlücken.
Kam damals aus dem Staunen über die diesbezüglichen Bizarr-Skuril-Grotesk-Illusionen der West-Rechten nicht mehr raus. Leute, was hat euch damals nur geritten, die rote, siehe oben, Improtheater-Klier mit ins Boot zu holen? (ab 02:03)
Die CDU war im selben Jahr mit Hintzes Roter-Socken-Kampagne genauso verpeilt, diese hat zwar ein paar Mandate eingebracht, aber das Selbstbewußstsein des Ostens kontra Westen und die Linke überproportional gestärkt.

Wuwwerboezer

8. Mai 2023 23:34

Drei
Zwischendurch, so etwa zwischen 2010 und 2016, lag mal 'Sinnkrise' in der Luft, jetzt sind die Fronten dank "sozialer Netzwerke", AfD, Muttiputsch und Plandämie säuberlich geklärt, jeder weiß jetzt quadratmillimetergenau, wo er steht - d. h. es sieht noch schlimmer aus als 1994, als die Rechte noch keine Mosaikrechte sondern ein nicht mal als solches vorhandenes Sammelsurium an Freischwebern, teilweise auch Erratikern, und dementsprechend unberechenbar, zumal für den Gegner, gewesen war.

Wuwwerboezer

8. Mai 2023 23:34

Vier
Noch ein schönes Zitat von Peter Hacks aus dieser Zeit:
"Alle kapitalistischen Parteien sind ein Federbett und ein Hintergrund und ein Nährboden, aber sie sind nicht geeignet, die Organisation hervorzubringen. Sondern dazu braucht man zunächst eine Splittergruppe, die sich entschließt, dieses Geschäft zu übernehmen. Ich nehme an, in Deutschland werden es die Grünen und dieses Bündnis 90 sein. Also, es werden nicht die Nazis von Herrn Frey und es werden nicht die Nazis von Herrn Schönhuber sein, sondern es werden die sein. Also, die sind der Schoß, aber der Schoß ist nicht die Sache. Und die Sache muß irgendwo aus einer Keimzelle keimen, das ist ein Gesetz: Wer einmal geschlagen ist, kann nicht unter demselben Namen wiederkommen. Der braucht eine neue Maske. Deshalb glaube ich auch, daß eben nicht in Deutschland die beiden Naziparteien die Keimzelle werden, sondern jemand, auf den man nicht kommt. Und diese weinenden Kleinbürgerorganisationen, die gegen alles sind und überhaupt nicht wissen, wofür sie sind, die eignen sich. Es ist ein bißchen Prophezeiung drin. Wir werden es sehen.“ - Hacks, "Tendenz der Faschisierung", 1992

Laurenz

9. Mai 2023 00:12

Es ist schon mal interessant, in so eine Journalisten-Seele hineinschauen zu dürfen, vor allem dann, wenn sie noch von einem gewissen Ideal getrieben ist. Allerdings fällt sofort auf, daß auch oder gerade Journalisten/Publizisten, will mal sagen, als Szene, in einer Blase leben. Den Springer-Verlag sich zu diesem Zeitpunkt als Medium auszusuchen, zeugt auch von einer gewissen, wenn auch legitimen Naivität. Axel Springer, ein Mann, der Gelegenheit hatte, Frauen, wie Willy Brandt, schockweise konsumieren zu können, spannte seinem Nachbarn 2 nacheinander aus, um am Ende das Kindermädchen als 5. Frau zu heiraten. Das hat schon was manisches. Springer starb bereits 1985. Das frühere Kindermädchen regelte sein Erbe, ähnlich wie im Falle Reinhard Mohns. Frauen sind nicht in der Lage, unternehmerisch Milliarden zu machen, aber dafür mit dem ältesten Gewerbe der Menschheit. Deswegen wundere ich mich in der Tat, wie Journalisten auf die Idee kommen, an Friede Springer vorbeizukommen? Das kann nicht einmal ein Bundespräsident. Der Artikel bringt mich noch mehr zu der Überzeugung, daß den Konservativen Deutschlands vor allem eins fehlt, Geld.

Franz Bettinger

9. Mai 2023 05:34

"Man kann nicht gegen die ganze Welt antreten. Selbst ein Martin Luther verhielt sich taktisch, um ans Ziel zu kommen.“ Ja, das mag stimmen. Jesus hingegen? Tat es nicht. Keine Taktik. Nur: Gerade Sein. Aufrecht sein. Bis zum Schluss. Aber welcher Sterbliche kann es aufnehmen, mit ihm? Mea culpa, sagen so viele. Gegen alle Widrigkeiten anständig zu bleiben, ist verdammt schwer, wenn man kein Gott ist. - No harm intended!  

MarkusMagnus

9. Mai 2023 06:43

@ Gracchus
Ja, eine selbstbewusste Nation sollte verhindert werden. Dazu passten auch gut die Morde an Herrhausen und Rohwedder und die seltsamen Mordversuche an Schäuble und Lafontaine in den frühen 90ern. 
Deswegen wurden auch Leute wie Möllemann aus den Verkehr gezogen, wie auch immer.
Oder Martin Hohmann 2003 wegen seiner Rede zum 3. Oktober.
Man muss sich nur einmal ansehen von wem Kohl, Merkel und Weizsäcker mit Preisen ausgezeichnet wurden. 
 
 
 
 

tearjerker

9. Mai 2023 07:51

Ich erlebte im gleichen Zeitraum wie eine Podiumsdiskussion u.a. mit Leggewie und Manfred Brunner vom BFB an der Uni Paris-Nanterre vor Beginn durch linke französische Kämpfer angegriffen und verhindert wurde. Damals liefen diese Aktionen europaweit koordiniert ab.

RMH

9. Mai 2023 07:57

Es war eine unglaubliche Zeit der Vielfältigkeit, wenn man damals noch nicht in Alltagsverstrickungen gefangen war. @Wuwwerboezers Beiträge sind daher eine gute Ergänzung. Der Satz hier stimmt besonders:
"als die Rechte noch keine Mosaikrechte sondern ein nicht mal als solches vorhandenes Sammelsurium an Freischwebern, teilweise auch Erratikern, und dementsprechend unberechenbar, zumal für den Gegner,"
Heute ist wieder alles schön abgegrenzt, abgepackt und in Schubladen mit Beschriftung gepackt. Zum nicht unerheblichen Teil selbstverschuldet (!), da man seine (auch öknomischen) Nischen suchte und in Nischen kann es nur einen Platzhirsch geben, was den Kontrolleuren die Sache deutlich vereinfacht, hier Platz 1 mit Hirsch x, dort Platz 2 mit Hirsch y ... etc. Man richtet sich ein, der Gegner richtet sich ein, nur in den besseren Stellungen. Die gesamte Dynamik der 90er, die immerhin bis ins 21 Jhdt. ausstrahlte, ist dahin. Wobei natürlich bereits damals erkennbar war, dass es Allerortens die starken Bemühungen der Einhegungen gab, damit die freien Geister, die aus der Flasche gelassen wurden, es nicht zu toll treiben (Beispiel aus der Subkultur, da WW "I swear" genannt hat: Techno, der über die DT64 Sendung einstens als eher düstere no-future-artige Tanz-Bewegung gestartet, wurde verhippiisiert, eingefangen und gnadenlos kommerzialisiert und fand bereits 1995/1996 mit Blümchens "Herz an Herz" einen einzigartigen Tiefpunkt).

Volksdeutscher

9. Mai 2023 08:42

"Im Grunde genommen bleibt dieser 8. Mai 1945 die tragischste und fragwürdigste Paradoxie für jeden von uns. Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind." 
Sowohl Heussens Aussage als auch die von Schwilk daran geknüpfte Kritik sind hohles Geschwafel. Man wollte und will das Offenkundigste nicht begreifen, nämlich, daß die Vernichtung Deutschlands von Anfang an feststand, unabhängig davon, wer in Deutschland gerade an der Macht war. Die sentimentale Platitude "Völkerfamilie" ist gruselig anzuhören: Was war denn das für eine "Völkerfamilie", die mit einem ihrer vermeintlichen Mitglieder so umging? Schwilk und die seinen scheinen zu keiner Zeit begriffen zu haben, daß man die Deutschen zu keiner Zeit als selbstbewußte Nation brauchte und deshalb gleich einen Krieg gegen sie anzettelte, als sie Selbstbewußtsein erlangten. Der bis in unserer Zeit andauernde Terror des Ungeistes der Umerziehung bezeugt, daß jene politischen Kräfte nur darauf bedacht sind, die Entstehung einer selbstbewußten deutschen Nation zu verhindern. In diese Kerbe schlägt auch der sich dem Geist Moskaus andienende und sich in Unterwürfigkeitsgesten übende AfD-Politiker Chrupalla, der nicht zufällig keine Kränze vor Denkmälern der Opfer der Vertreibung, sondern vor Denkmälern von Rotarmisten niederlegt. Man sollte ihn bald aus dem Fenster nehmen, ehe er seiner Partei und unserem Deutschland noch größeren Schaden verursacht. Wir leben in Zeiten, in denen man sich solche Leute einfach nicht leisten kann.

MARCEL

9. Mai 2023 09:44

"man scheitert nicht umsonst"
Ein erhebender Satz, erinnert an Henry de Montherlant.

Niekisch

9. Mai 2023 11:20

Danke, Volksdeutscher, ich umarme Sie im Geiste. Lieber tot als in einer Welt der Lügen leben...

RMH

9. Mai 2023 12:35

"daß die Vernichtung Deutschlands von Anfang an feststand,"
@Volksdeutscher,
kurze Rückfrage zum Verständnis: Auf wann, ca. welches Jahr, würden Sie diesen Anfang, von dem an die Vernichtung Deutschlands feststand, legen?
Ich habe nicht den Eindruck, dass das 2. Kaiserreich nach seiner Gründung bereits nur noch von Verschwörern umgeben war, die dessen Vernichtung herbeiführen wollten ... von 1871 bis 1945 ist eine lange Zeit, wo setzen Sie den Anfang?

Volksdeutscher

9. Mai 2023 14:02

@RMH - Sie wollen mich in eine Falle locken, indem sie mich dazu aufrufen, einen Anfang zu setzen. Dabei wissen Sie genauso gut wie jeder andere in dieser Runde, daß Zeit eine Kontinuität ist.

Laurenz

9. Mai 2023 14:28

@RMH
Das Berliner Abkommern von 1878 war allseits unbeliebt & alle, außer die Achsenmächte haben es gebrochen, womit eindeutig die formale Kriegsschuld bei den Entente-Mächten & ihren Vasallen zu finden ist. Habe mich schon immer gefragt, wie jemand auf die blödsinnige Idee, etwas anderes in den Versailler Vertrag zu schreiben, kommen kann? Allerdings das Beharren auf dem k.&k.-Protektorat Bosnien war seitens der Habsburger ziemlich dämlich. Man hatte einfach zu viel Geld in dieses bodenlose Faß gepulvert. Nach der Niederlage im Schweinekrieg gegen die Serben hätte man es einfach mit einem Adria-Zugang an die Serben abtreten sollen. Damit wäre die feindselige Fokussierung der Briten gegen Deutschland in der damaligen Globalisierungsphase auf die Russen übergegangen. Aber so, wie ich das damalige politische Bewußtsein einschätze, war man sich nie über den Vernichtunsgwillen der Briten klar geworden. Das hat sich auch im II. Krieg nur wenig verändert. Habe zwar mit dem einzelnen Briten kein Problem, aber natürlich ist es mein Wunsch, daß dieses Inselreich in viele Teile zerschlagen wird. Und die Briten die nächsten 200 Jahre zahlen lassen, ist natürlich auch ein herer Wunsch.

MarkusMagnus

9. Mai 2023 14:51

@RMH
Ich würde die Bibelübersetzung von Luther als Zeitpunkt ansetzen. 
Matthaeus 21:43
"Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volke gegeben werden, das seine Früchte bringt"
Da liegt der Hase im Pfeffer.
Man darf auch den 30 jährigen Krieg nicht vergessen! 

Umlautkombinat

9. Mai 2023 15:13

@Volksdeutscher
Ein Anfang ist aber die Bezeichnung eines Punktes in dieser Kontinuitaet. Die sollen Sie sicher nicht auf Tag und Stunde geben, es ist allerdings ein Unterschied, ob ein paar nach Engeland emigrierte roemische Ueberlebenden von Arminius Waldgang, Elisabeth die Erste, das perfide Albion, oder erst Roosevelt und Churchill die in Frage stehenden Weichen stellen wollten (oder meinetwegen jede Auswahl der auch hier im Detail beliebten jeweiligen Hintermaenner).

RMH

9. Mai 2023 15:16

@Volkdeutscher,
ich will Sie in gar keine Falle locken, nur wenn es von Anfang an festehend war, dass Deutschland vernichtet werden soll, wo beginnen Sie? Man kann das ernsthaft diskutieren unter der Voraussetzung, dass Länder/Staaten Interessen haben, zu diesem Zweck sich Verbündete suchen und auch Feindschaften pflegen. Und da sehe ich Deutschland sehr lange nicht ausschließlich umgeben von Feinden, die es vernichten wollen. Und im übrigen - selbst wenn einem keiner wohlgesonnen ist - kann die eigene politische Führung durchaus den entscheidenden Unterschied machen, ob man am Ende vernichtet wird oder nicht. ALles auf andere schieben geht nicht. Sie wissen das zu genau, daher kommen Sie jetzt mit dem Fallestellen- Argument, um einmal wieder etwas angedeutet im Raum stehen und wirken zu lassen, statt es klar zu benennen.

Adler und Drache

9. Mai 2023 15:40

Der Ton - hemdsärmelig, "fresh" - erstaunt. Man spürt den Zeilen ab, was sich innerhalb von 30 Jahren geändert hat, allerdings auch das, was sich nicht geändert hat: Anpassungsdruck und Kuschen. Schon damals!
Witzig, der Gedanke einer bald 30 Jahre alten AfD ... Ist es nun zu bedauern, dass es nicht schon damals so weit kam? Wäre uns dann manches erspart geblieben? Ich denke, es ist letztendlich besser, dass uns der "steinige Weg" nicht erspart geblieben ist und auf absehbare Zeit nicht erspart bleiben wird - das Gesetz von Druck und Zeit!

Valjean72

9. Mai 2023 16:17

@RMH:
Sie hatten zwar Ihre Frage an Volksdeutscher und nicht an mich gerichtet, dennoch werde ich kurz antworten.
Der ungeheure wirtschaftliche Aufstieg des deutschen Reiches liess spätestens um die Mitte der 1890er Jahre - in einem Teil der englischen Elite - den Gedanken reifen, Deutschland über einen angestrebten Krieg, mindestens zurechtzustutzen wenn nicht gar zu vernichten.
So titelte die englische Zeitung Saturday Review in dieser Zeit wiederholt: Germania est delenda (s. hier)
"Our chief rival in trade and commerce today is not France but Germany. In case of a war with Germany, we should stand to win much and lose nothing ..."
Es gäbe hier noch mehrere Indizien zu nennen, ich will es mit einem Zitat des englischen Spitzenpolitikers und Top-Diplomaten Lord Balfour aus dem Jahr 1907 belassen:
„We are probably fools not to find a reason for declaring war on Germany before she builds too many ships and takes away our trade.”
(Quelle: Allan Nevins, „Henry White – Thirty Years of American Diplomacy", New York: Harper Bros., 1930, S. 257-258)
 

Ein Fremder aus Elea

9. Mai 2023 17:01

Franz Bettinger,

"Denn es geht nicht an, daß ein Prophet umkomme, außer in Jerusalem." "Wenn ich nicht von euch gehe, kann der Tröster nicht zu euch kommen." "Aber nicht mein Wille geschehe, sondern Deiner." "Ein Beispiel habe ich euch gegeben, es mir nachzutun. So ihr dabei nicht vergeßt, daß der Knecht nicht größer als sein Herr ist, seid ihr selig."

Fällt mir so aus dem Stegreif ein.

Volksdeutscher

10. Mai 2023 09:25

1. @RMH - Churchill: "You must understand that this war is not against Hitler or National Socialism but against the strength of the German people, which is to be smashed once and for all, whether it is in the hands of Hitler or a Jesuit priest! (1955, in Emrys Hughes, British Bulldog, 145.)
Meine Behauptung basiert auf der pothumen Aussage einer geschichtlich bedeutenden Persönlichkeit. Weitere Indizien, die sogar ins 19. Jahrhundert zurückreichen, hat Ihnen @Valjean72 bereits geliefert. Im Nachhinein wird freilich angesichts der erdrückenden Beweislast zu Gunsten Deutschlands versucht, Aussagen und Taten von Persönlichkeiten der Alliierten, allen voran die von Churchill, als nicht gesagt und/oder als nicht getan zu erklären. Es gibt im Internet Websites, die im Stile der "Faktenchecker" solche geschichtlichen Aussagen dir nichts, mir nichts falsifizieren. 

Volksdeutscher

10. Mai 2023 09:31

2. @RMH - Nun zu Ihrer Frage... Es ist aus meiner Sicht bedeutungslos, wann ein Anfang gesetzt wurde. Das mag historisch interessant und spannend sein, einem Gedanken nachzugehen, in wessen Kopf er geboren wurde und welchen Weg er ging, bis er schließlich in Form von Phosphorbomben über deutschen Köpfen herniederregnete. Was zählt, ist der Fakt, daß diese Absicht in Form einer Aussage - wenn auch posthum - bekannt wurde und für uns, die Nachwelt, erhalten blieb und nicht, wann die Absicht geboren wurde. Was ändert der niemals restlos zu klärbare Anfang des Anfangs an geschehenen Taten? Hauptsache ist, daß aus der Aussage herauslesbar ist, daß die Absicht, Deutschland zu vernichten, von Anfang an feststand, also schon vor den eigentlichen Kriegshandlungen. Zum Schluß erlauben Sie mir bitte eine persönliche Frage: Könnte es sein, daß Sie zu einer Generation gehören, die es schwer verkraften kann, daß Deutschland trotz Militarismus und Nationalsozialismus keine kriegerischen Absichten hatte und der die anerzogenen Selbstbezichtigungen und Schuldzuweisungen inzwischen in Fleisch und Blut übergingen?

Valjean72

10. Mai 2023 09:54

"Steffen Heitmann, einstiger Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, sagte sofort zu, seinen FAZ-Beitrag in unserem Band abzudrucken."
---
Interessanter und auch aufschlussreicher Einblick in einen zeitgeschichtlichen Diskurs, der seinerzeit komplett an mir vorbeiging.
Steffen Heitmann ist offenbar ein prinzipientreuer und auch charakterfester Mann. Ende 2015 trat er aus Protest ob der ungezügelten Masseneinwanderung aus der CDU aus.
Alfred Dregger hingegen verkörperte wohl eher den biegsamen Typus eines Alt-BRD-Konservativen.

Valjean72

10. Mai 2023 10:03

@MarkusMagnus:
Vielen Dank für Ihren Hinweis auf die Rede von MdB Martin Hohmann aus dem Jahr 2003. Wenig verwunderlich, dass er danach aus der Unions-Bundestagsfraktion und anschliessend auch aus der CDU Hessen ausgeschlossen wurde.

Gracchus

10. Mai 2023 13:00

@RMH, Volksdeutscher
Selbst wenn: ändert dies doch nichts daran, dass die NS-Herrschaft verbrecherisch und ein Übel war. Besser wäre gewesen, diese wäre von innen gestürzt worden.
Chrupulla und Gauland hätten auf ihren Besuch in der russischen Botschaft dennoch besser verzichtet. 
 

Adler und Drache

10. Mai 2023 14:51

@Volksdeutscher: Damals wie heute haben die "kriegerischen Absichten" natürlich immer nur DIE ANDEREN. 

Laurenz

10. Mai 2023 15:01

@Valjean72 @RMH
Balfours Nennung der Marine wird von den Briten gerne vorgeschoben, war aber schon immer eine Lüge. Britannien hätte dann auch einen Krieg mit Japan & den USA vom Zaun brechen müssen. Dieser Argumentationsgrundlage wurde mit dem II. Krieg spätestens, als wir über keine nennenswerte Flotte verfügten, der Boden entzogen. Im folgenden Link finden Sie den Ausschnitt einer Rede Benjamin Disraelis im Britischen Parlament vom 09.02.1871 zum Preußisch-Französischen Krieg, also noch 7 Jahre vor dem Berliner Abkommen.
https://ghdi.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=1849#:~:text=It%20is%20no%20common%20war,French%20revolution%20of%20last%20century.
PS @Hajo Blaschke 
https://www.germaniateutonia.de/MUeTZENBAND-FUeR-MATROSEN-SCHLACHTSCHIFF-SCHARNHORST-1
 

RMH

10. Mai 2023 15:14

@Volksdeutscher,
immerhin scheinen Sie ja jetzt die Frage auf rund um den WK II einzugrenzen. Ich habe hier eine andere, differenzierende Sicht. Gerade bei den Briten und noch mehr bei den Amerikanern gab es unterschiedliche Lager. Die einen waren eher Tauben, die durchaus Verständnis dafür hatten, dass Deutschland mit Versailles zu viel zugemutet wurde etc. - die Vorarbeit für dieses Verständnis haben die von den Nazis als "Erfüllungspolitiker" geschmähten Politiker der Weimarer Republik geleistet. Und dann gab es die Falken, zu denen unbestreitbar Churchill zählte und denen man unterstellen kann, dass sie eine Erweiterung des Krieges zu einem Weltkrieg wollten, damit so die Wirtschafts- und Militarmacht der USA wieder die Sache regelt, diesesmal aber final, ohne ein weiteres Versailles. Und jetzt raten Sie mal, wen ich mit (! - mit und nicht "allein") dafür verantwortlich mache, dass sich die Falken so gut & einfach durchsetzen konnten (es war übrigens die Labour Party, die auf Churchill bestand und so den Appeasement Politiker Halifax verhinderte). Und natürlich war die NS-Führung auf Erweiterung des Gebietes aus. Wenn es sein muss, dann auch mit militärischen Mitteln (was wäre wohl passiert, wenn die "Rest-Tschechei" sich anders entschieden hätte?).  Und wenn Sie mit Ihrer These vom Taubenreich Deutschland - wofür aber sehr wenig spricht - recht hätten, dann könnte ich das persönlich recht gut verkraften.
PS: @Gracchus, danke für Ihren Beitrag, dem ich zustimme.

Laurenz

10. Mai 2023 17:10

@Gracchus @RMH & Volksdeutscherdass die NS-Herrschaft verbrecherisch und ein Übel war. Besser wäre gewesen, diese wäre von innen gestürzt worden.
Selten einen so sinnlosen Beitrag von Ihnen gelesen, Gracchus. Wir alle hier wissen mehr oder weniger Bescheid. Nur Hunger & Verzweiflung trieben das Deutsche Volk in die Radikalisierung. Ihr gravierender, mehrheitlicher Trugschluß in dieser geopolitischen Debatte ist die Tatsache, daß die Nationalsozialisten geopolitisch keine Rolle spielten. Keine gewählte Reichsregierung, welcher Couleur auch immer, hätte sich ohne entscheidende Maßnahmen länger als 3 Monate am Ruder halten können. Auch die Spannungen mit Polen wegen Ostpreußen standen auf der innenpolitischen Agenda & harrten einer Lösung, auch, egal, wer dran war. Stresemann war in dieser Frage viel radikaler als Hitler. Aus einem lokalen territorialen Konflikt mit Polen, hätte Britannien so oder so einen Weltkrieg entfesselt.
Chrupulla und Gauland hätten auf ihren Besuch in der russischen Botschaft dennoch besser verzichtet.  ... Wenn die Russen von einer AfD-geführten Regierung im diplomatischen Interessenausgleich fairer als bisher wahrgenommen werden wollen, hat auch das seinen Preis. Wir brauchen keinen Austausch desjenigen, der das historische Narrativ vorgibt, wenn wir uns von einer Weltmacht etwas lösen.

MarkusMagnus

10. Mai 2023 18:26

@ Valjean72
Keine Ursache. Herr Hohmann kommt ganz aus der Nähe von mir. Das war damals ein reiner aufgebauschter Medienskandal. Ich wusste schon das es Ärger gibt bevor es Ärger gab als ich die Rede gehört hatte ;)
Es hat etwas gedauert aber dann haben sie heftig am Rat gedreht. Mich hat besonders der Umgang mit dem Herr General Günzel sehr betrübt. Ich denke mal Herr Kubitschek und Jedem der gedient hat ging es genauso. 
Wie das ZDF ihn in die Falle gelockt hat mit dem Unterstützerbrief für Hohmann, der unwürdige Rausschmiss von Verteidigungsminister Struck aus seiner Kaserne, keine Dankesurkunde usw. Ich "durfte" sogar auch mal den Struck persönlich treffen und bedienen und habe ein paar Worte mit ihm gewechselt. Im Nachhinein hätte ich gerne auf diese "Ehre"  verzichtet.
Das war allerdings vor der Sache mit Hohmann und Günzel, kurz nach dem Rausschmiss von Scharping. Da gab es einen Empfang für ihn in der Kaserne und wir haben ein bisschen die Ordonanz verstärkt.

Gracchus

10. Mai 2023 19:47

@Laurenz: geht mir mit Ihrem Kommentar genauso. Ich kann nicht mal einen Bezug zu meinem herstellen. 

Volksdeutscher

10. Mai 2023 21:42

@Gracchus - Ich nehme Ihre Bemerkung zur Kenntnis, aber es ging nicht um den NS und seine Charakterisierung, sondern alleine um die Frage, ob die Absicht der Vernichtung Deutschlands, unabhängig davon, wer in Deutschland an der Macht war, schon lange vor dem 2. WK erfolgte oder nicht. @Valjean und ich warfen dafür gute Argumente in die Waagschale. Nun wird aber versucht, davon abzulenken und die Diskussion in die Sackgasse zu führen.
@RMH - Die Existenz verschiedener Lager bei den Alliierten in Bezug auf das 3. Reich mag ein interessantes Detail sein, das für einen Angehörigen der Verlierernation angenehm zu lesen ist. Für mich ist jedoch der Fakt maßgebend und entscheidend, daß die Vernichtung erfolgte. Und sie erfolgte unabhängig von der Existenz der von Ihnen erwähnten Lager. Ich möchte dem noch hinzufügen, daß sich der Fakt vor der Hypothese nicht zu rechtfertigen hat, sondern umgekehrt. 

RMH

11. Mai 2023 07:30

"mag ein interessantes Detail sein, das für einen Angehörigen der Verlierernation angenehm zu lesen ist."
@Volksdeutscher,
ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, was Sie mit Ihrer Küchentischpsycholgie bei der Diskussion um historische Abläufe bezwecken wollen, aber prinzipiell läuft das gegen die übliche, nicht unberechtigte revisionistische Forderung nach einer Historisierung der Historie. Sie betreiben also mit Geschichte ein Geschäft und damit unterscheiden Sie sich im Grunde nicht groß von denen, die Sie kritisieren. 

RMH

11. Mai 2023 07:39

@VD, Teil 2. Wenn man sich mit Geschichte befasst, geht es gerade nicht um angenehm oder unangenehm, sondern darum zu versuchen zu erfassen, was war. Und da sind solche Plattheiten wie sie @Laurenz oder Sie in nicht ganz so simpler Art verkaufen wollen wie "Auch ohne Nazis wäre Deutschland vernichtet worden", (was unter dem Strich die Nazis eben zu einer Art "Vogelschiss" an Unbedeutsamkeit erklärt) recht klare Nebelkerzen, da diese Thesen reine Vermutungen sind, die schon durch den konkreten Geschichtsverlauf ab 33 nie mehr belegbar sein werden, da es eben auf deutscher Seite einen Player gab, der maßgeblich das internationale, antideutische Feuer selber mitangefacht hat. Im Übrigen darf man daran erinnern, dass bereits die Nazis selber diese Interpretation einer Art deutschen "Notwehr" als maßgeblichen Teil ihrer eigenen Propaganda vorangetrieben haben - man erinnere sich bspw. an die NS-Kampagne um den sog. "Kaufman-Plan" (1941), bei der man eine Einzelstimme (die zuvor für die Neutralität der USA plädierte) als Beleg für Absichten der US-Regierung hochstilisierte. Aber so ist das eben bei totalitären Regimen: Man kennt selber nur zentral abgesegnete Veröffentlichungen und damit ist prompt jede Veröffentlichung in einem anderen, Land, wo es das so nicht gibt, natürlich auch gleich die direkte, genehmigte und gültige Stimme der Machthaber (auf ähnlich niedrigem Propaganda-Niveau operiert heutzutage bspw. Russland).

MarkusMagnus

11. Mai 2023 07:51

@ RMH
Kennen Sie das folgende Zitat von Eugen Gerstenmeier?
"Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Dass der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde"
Tja, mein Opa deutscherseits war einfacher Arbeiter, er hatte es von Anfang an begriffen.
Einige begreifen es bis heute nicht. 
Haben Sie je von folgender Affäre je gehört?
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Tyler-Kent-Aff%C3%A4re
Diese Affäre beweist die Verschwörung gegen Deutschland vor dem WK2. Sie steht auch nicht in "unseren" Geschichtsbüchern.
Wieso wohl?
99,9 % aller deutschen Schüler haben noch nie davon gehört. 
Das sollten wir ändern. Dem mutigen Tyler Kent sollte ein Denkmal gesetzt werden.
Er wollte den Krieg verhindern! 
 
 
 
 
 

Gracchus

11. Mai 2023 09:53

@Volksdeutscher: Moment! Den Ausgangspunkt Ihrer Ausführungen bildete das Heuss-Zitat, das Sie zu hohlem Geschwafel deklarieren - und da geht es nicht darum, ob die Absicht, Deutschland zu vernichten, von Anfang an feststand; sondern wie der 8. Mai aus deutscher Sicht eingeordnet wird, und dabei spielt die NS-Herrschaft natürlich eine Rolle.

RMH

11. Mai 2023 10:02

@MarkusMagnus,
legen Sie mir doch bitte nicht solch eine schwarz-weiß-Malerei in meine Beiträge. Natürlich wurde ein Krieg gegen Deutschland geführt (gegen wen den sonst?) und wenn sich die Siegermächte nach 45 nicht selber verfeindet hätten, wäre der Wiederaufbau in West UND Ost nicht so gelaufen, wie er gelaufen ist. Das streitet doch keiner ab. Ich verwahre mich gegen die immer wieder mitschwingende These, dass es auf die Nazis doch eigentlich gar nicht ankomme, dass Deutschland so oder so in einen Krieg verwickelt wurde etc. Das ist ein Kleinreden des NS- verschuldeten Verursachungsbeitrags. Da helfen auch nicht die Enthüllungen des Tyler Kent weiter, im Gegenteil, diese bestätigen die oben genannte These von den Falken und den Tauben, denn die Telegramme von Churchill an Roosevelt ergingen zu einer Zeit, wo Churchill noch gar kein Premierminister in UK war. Es wird immer so getan, als ob Churchills Linie in UK quasi seit 33 maßgeblich gewesen war, dem war gerade nicht so. Und am Ende bleibt immer noch der Fakt: Ohne Angriff auf Polen durch Deutschland wären all diese Pläne, einen großen Krieg zu eskalieren, damit dieses mal Deutschland ganz vernichtet wird, vermutlich nicht so aufgegangen,wie sie dann funktioniert haben. Dann hätten sich die Deutschland-Vernichter etwas anderes ausdenken müssen. Zusätzlicher Punkt: Deutschland hat sich im NS so verhalten, dass es für die Falken recht einfach war, in ihren Ländern entsprechende Mehrheiten für ihre Absichten zu gewinnen. 

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