Zum 25. Todestag Ernst Jüngers

Vor 25 Jahren, am 17. Februar 1998, starb Ernst Jünger. Er wurde 102 Jahre alt.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Jün­ger hat das 20. Jahr­hun­dert mit all sei­nen Ereig­nis­sen, Kata­stro­phen und Ver­wer­fun­gen haut­nah erlebt und dar­über ein per­sön­li­ches und lite­ra­ri­sches Zeug­nis abge­legt. Vom Stoß­trupp­füh­rer des Ers­ten Welt­kriegs (In Stahl­ge­wit­tern), über den rech­ten Publi­zis­ten der 1920er Jah­re (Die tota­le Mobil­ma­chung) und Seis­mo­gra­phen der Zeit­al­ters der Ideo­lo­gien (Der Arbei­ter) bis hin zum inne­ren Emi­gran­ten (Auf den Mar­mor­klip­pen), Chro­nis­ten des Zwei­ten Welt­kriegs (Strah­lun­gen) und schließ­lich Wal­gän­ger (Der Wald­gang) – immer hat Jün­ger sein Jahr­hun­dert schrei­bend begleitet.

Der hier ein­ge­le­se­ne Text stammt aus der Fest­schrift Eine Spur hin­ter­las­sen, die zu Kubit­scheks 50. Geburts­tag in einer  Auf­la­ge von 500 Exem­pla­ren erschien und längst ver­grif­fe­nen ist. Er trägt den Titel “Tem­pe­ra­tur­er­hö­hung – Bemer­kun­gen zu einem pro­ble­ma­ti­schen Lei­den” und beschäf­tigt sich mit dem Jün­ger des “aben­teu­er­li­chen Herzens”.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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Kommentare (17)

Nemo Obligatur

17. Februar 2023 11:35

Ernst Jünger. Kann und sollte man sich immer wieder mit beschäftigen. Er reicht für ein ganzes, langes Menschenleben.
Danke für das schöne Video, Herr Dr. Lehnert.

Mitleser2

17. Februar 2023 12:22

Lese gerade "In Stahlgewittern". Harter Tobak. Sollten sich der Hofreiter und andere mal unters Kopfkissen legen, bevor sie in die Ukraine ziehen.

Der_Juergen

17. Februar 2023 18:56

Ja, diesen gewaltigen Schriftsteller musste man anlässlich seines Todestages würdigen. Aufrichtigen Dank dafür, Erik Lehnert.

Hesperiolus

17. Februar 2023 21:16

Jünger selbst nun sah sich ja nicht (mehr?) als den alten Pulverkopf, den das Finalzitat über den Fassungspoetiker hinweg (Sprengstoff, neue Hierarchie) reklamiert. - Hier als Wortmeldung eines Lesers, dem das Abenteuerliche Herz in der zweiten Fassung seinen Vaditemecum voransteht. - Viel zu wenig berücksichtigt in der metapolitischen Rezeption erscheint mir nachdrücklich übrigens, unterresoniert, die „Zeitmauer“. Transhistorischer Raum, Erdvergeistigung usw.. Ansonsten in vielem selbstverständlich d`accord. 

Franz Bettinger

18. Februar 2023 00:03

Habe in jener Zeit, als nur Mephisto sein Unwesen trieb und noch nicht Ahriman (= Merkel und noch nicht Schwab), einmal eine Nacht mit Prof. Günter Scholdt am Kaminfeuer verbracht und (u.a.) über Jüngers Marmorklippen sinniert, ein Buch voller fantatsischer Rätsel, die auch mein Freund nicht alle lösen konnte. Gute alte Zeit! 

Karl Otto

18. Februar 2023 13:47

@Mitleser2: lesen sie mal dies: https://en.wikipedia.org/wiki/Good-Bye_to_All_That besser als Jüngers Stahlgewitter.

RMH

18. Februar 2023 21:55

"besser als Jüngers Stahlgewitter."
@Karl Otto,
ich tue mir in der Literatur sehr schwer mit Formulierungen wie "besser als".  Es gibt viele gute Bücher über den Krieg. Ich persönlich zähle auf seine Art auch Remarques "Im Westen nichts Neues" dazu. Wichtig ist, dass man im Zusammenhang mit dem WK 1 darauf hinweist, dass es auch in UK einen starken literarischen Widerhall darauf gab, Sassoon oder Owen seien ergänzend genannt (bei uns allesamt eher unbekannt).
Mein Großvater, von dem ich nur noch ein Soldbuch aus dem WK1 auf dem Dachboden und das seltsame Ehrenkreuz finden konnte, hat ab 1914 durchgehend als Infanterist an der Westfront gedient und - nach den Eintragungen im Soldbuch - u.a. in Ypern ein schweres Maschinengewehr bedient (Ende 1917 war der Krieg nach Verwundung für ihn vorbei). Er wird also vermutlich einige von den englischen Kameraden auf den Gewissen haben. Alles vergessen, alles verstaubt ... kein Toten Tatenruhm, keine Tagebücher.

RMH

18. Februar 2023 21:57

@Hesperiolus,
Endlich einmal jemand, der das abenteuerliche Herz auch in der 2. Fasung angemessen würdigt (den neurechte Hype um die erste Fassung kann ich nicht nachvollziehen. Ich finde beide Fassungen wertvoll). Mich selber begleiten die Werke von Ernst Jünger noch gar nicht mal so lange in meinem Leben. Erst etwas über 30 Jahre. In den letzten Jahren schätzte ich gerade die Werke aus der Zeit nach dem WK II - die Bände von "70 verweht" liegen aktuell immer noch auf meinem Nachttisch als Bettlektüre.

Laurenz

19. Februar 2023 05:44

@Karl Otto @Mitleser2 (1)
Mich erinnerte Ihre Graves-Wikipedia zu Good-Bye to All That einerseits sofort an den Film Der Club der toten Dichter, obwohl dieser in den USA spielt, & andererseits an die allerdings nicht einhellige hellenistische Kultur im antiken Griechenland mit einer Kunst-Homosexualität, wenig vetreten in Sparta, stark vertreten, bis zur Vernichtung durch Alexander, in Theben. Alle genannten Autoren im Umfeld Graves' oder auch Jünger, konnten & können Erich Maria Remarque, zumindest in der Reichweite, natürlich auch Dank Hollywoods, unter den Weltkriegsautoren das Wasser nicht reichen. Ich habe in jüngeren Jahren das I. Buch Remarques, den Welterfolg Im Westen nichts Neues & das II. Buch, Der Weg zurück gelesen. Remarque selbst nennt es in diesem guten Interview von 1962, ein Nachkriegsbuch. https://youtu.be/aOzROBGLkpE  Remarque spricht in der Mitte des Interviews auch über Qualität & Erfolg, wie diesbezügliche Dissonanzen. Remarque schrieb eben nicht nur für Intellektuelle, was Ihn mir sympathisch macht. 

Nemo Obligatur

19. Februar 2023 10:10

@ RMH
"Mich selber begleiten die Werke von Ernst Jünger noch gar nicht mal so lange in meinem Leben. Erst etwas über 30 Jahre."
Das ist bei mir ähnlich. Ich bin erst als Student und anlässlich des Abdrucks der Tagebücher von Jünger in der FAZ auf ihn aufmerksam geworden. "Siebzig verweht" - normalerweise lese ich keine Fortsetzungsromane in Zeitungen, aber mich hatte dieser seltsame Titel angezogen, dazu der gemessene Stil. So etwas kannte ich nicht. Von Jünger hatte ich zuvor ganz am Rande irgendwo mal eine Art Wegbereiter Hitlers gehört, noch vom 1. Weltkrieg her, vielleicht ein zweiter Horst Wessel, auf jeden Fall ein ganz böser Bube. Da war ich überrascht, dass a) so einer in der FAZ abgedruckt wird und b) er überhaupt noch lebt. Als ich es mir leisten konnte, kamen dann irgendwann die Tagebücher und die Stahlgewitter ins Bücherregal.
Lachen Sie nicht! Ich komme aus einem eher bildungsfernen Haushalt. Nicht dumm, aber ohne den nötigen finanziellen Hintergrund. Geld für Bücher war knapp, überregionale Zeitungen unbekannt. Und hätte es RTL II schon gegeben, ich hätte es wohl auch geschaut. Man kann die Menschen über Massenmedien und Schulen regelrecht dumm halten. Der kulturelle Höhepunkt meiner Kindheit war ungefähr Wim Thoelkes "Großer Preis". Und wenn man dann auf Jünger stößt - das ist natürlich schon ein ziemlicher Sprung.

Seydlitz

19. Februar 2023 10:26

@Laurenz,  06:01
Der entscheidende Unterschied zwischen den Remarque, Renn, etc. auf der einen und den Nationalen auf der anderen Seite war, dass letztere in dem ganzen Grauen und Elend des Krieges einen Sinn sahen, erstere aber nicht. Darin sahen letztere dann wiederum eine Herabsetzung  der gebrachten Opfer.
Diese Sinngebung brachte dann die Linken auf die Barrikaden, nicht etwa eine Verharmlosung der Schrecken des Krieges, die gab es nämlich bei den nationalen Autoren auch nicht. Wenn man heute jemandem eine entsprechende Passage aus Jünger, Beumelburg oder Zöberlein vorlegen würde,  nähme dieser mit Sicherheit an, der Text sei einem Anti-Kriegs-Roman entnommen.
Prof. Günter Scholdt hat das in seinem vom IfS herausgebrachten Buch "Die große Autorenschlacht" treffend herausgearbeitet ( wie Sie weist er auch auf die Wirkmächtigkeit von Remarque hin). Bei Antaios noch lieferbar - sehr zu empfehlen.

MarkusMagnus

19. Februar 2023 11:36

@ Franz Bettinger Ich bin der Meinung das man die Marmorklippen auch anders lesen kann. Es kommt auf den Blickwinkel an. Manchmal kapiert man es auch nicht beim ersten Mal lesen oder sehen. Ich musste mir das Meisterwerk "Apocalypto"  auch nochmal ansehen um zu erkennen wie herrlich subversiv dieser Film ist. 

MarkusMagnus

19. Februar 2023 11:54

Erwähnenswert ist noch das auch sein Freund Albert Hofmann 102 geworden ist. Ich bin auch ab und zu mal ein Raumfahrer ;)  

Idise

19. Februar 2023 12:22

@Hesperiolus Da ich gerade "Die Zeitmauer" lese, kann ich dem nur beipflichten, dass auch dieses Jünger-Buch mehr Beachtung verdient! 

RMH

19. Februar 2023 13:21

@Seydlitz,
Ihr Hinweis ist wichtig. Man erkennt aus m. S. auch die Qualität der Autoren über die Lager hinweg, dann, wenn sie in der Lage sind, einfach die Lebenslagen gut und unprätentiös zu schildern. Und da merkt man dann eben, dass sowohl links eingeordnete als auch rechts einsortierte (eigentlich ist das Bilden von Schubladen dann ja zumeist die Aufgabe von Germanisten und des Feullietons) Autoren eben auch gute Autoren waren. Jünger und Remarque waren gute Autoren, die ihr Handwerk beherrschten. Was linke aber wenig vermitteln ist, dass ein Sinn des Krieges gar nicht einmal so sehr die Kulmination des Kapitals und des Imperialismus ist, als vielmehr das Ende überkommener Ordnungen, den Weg Freimachen für Neues, also für genuin linken Fortschritt - Kriege sind ab irgendwann im 19Jhdt. ist mithin mehr links als rechts. Der linke Charakter des Krieges wird kaum zugegeben. Dieses Ende der Ordnungen hat Josph Roth in Radetzkymarsch und Kapuzinergruft genial beschrieben - Roth würde ich aber bestimmt nicht den Stempel rechts geben. Grundsätzlich dreht sich auch das Werk Thomas Manns um den Untergang der alten, bürgerlichen Welt, weshalb er als Chronist - trotz seiner Reden während des WK II - ein wertvoller Autor ist. Die Frage ist also: Bejaht ein Autor den Fortschritt und will ihm den Weg ebnen oder trauert er nur dem Untergang der überkommenen Ordnungen nach? Auch hier zeigt sich die Güte der Autoren, wenn man sie nicht einfach auf irgend etwas festnageln kann. Jünger kann man auch nicht auf "rechts" festnageln.

Laurenz

19. Februar 2023 15:36

@Seydlitz @L.
Unser Hauptgegner, die USA, will uns in einen Krieg gegen Rußland hineinziehen, obwohl uns die Russen, seit sie als souveräner Staat wieder existieren, nichts getan haben. Stattdessen müßten wir jetzt Norwegen angreifen, den Süden inklusive Oslo & alle Ölplattformen besetzen, bis die Norweger kapitulieren, Kriegskosten & die Reparatur der Pipelines aus ihrem Staatsfond bezahlen. Ramstein müßte geschlossen, das Personal nach Polen ausgewiesen werden. Wir sind weder auf einen Krieg mit Rußland vorbereitet, noch auf den erklärten Krieg der Norweger & der US Ameikaner entsprechend zu reagieren. Und da, werter Seydlitz, ist die Reaktion der Bevölkerung gemäß Remarque vollkommen korrekt, nicht in einem sinnlosen Krieg gegen Rußland verrecken zu wollen.

Hesperiolus

19. Februar 2023 19:45

@RMH
Wobei die beiden ersten Bände „Siebzig verweht“, des auf Reisen in wärmere Breitengrade „Temperaturerhöhung“ eher  als „eidechsenhaftes Behagen“ in südlichen Gefilden suchenden Diaristen mir neben besonders auch den „Strahlungen“ öfter in die Hände geraten, freilich bieten auch die folgenden, wie mir scheint etwas altersspröderen, angereicherter mit Auszügen aus Korrespondenzen, Zuschriften und anderen Skripturen eine Fundgrube. Tatschächlich habe ich im Jüngerschen Werk als bescheidener Leser doch etwas wie beständigen Aufenthalt genommen, im Sinne der Stelle aus „Autor und Autorschaft“ : „Der Leser sollte im Werk des Autors Heimat finden, gerade wenn es draußen unwirtlich wird“. 
@ Idise
Unbedingt; gedanklich setzt sich vieles daraus dann auch in den späteren Diarien fort.

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