Ideologie und Realität
Aufbauend auf den Erkenntnissen der genetischen Forschung, konnte im 20. Jahrhundert die alte Frage beantwortet werden, was den Menschen formt: Wir wissen, daß er als natürliches Wesen sowohl in seinem äußeren Erscheinungsbild als auch in seinen Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften maßgeblich von seinen genetischen Veranlagungen bestimmt wird. »Bestimmt« ist hier in dem Sinne zu verstehen, wie man etwa eine Gitarrensaite stimmt: Die Bestimmung gibt nicht vor, welches Lied gespielt wird, aber sie definiert den Bereich der spielbaren Töne.
Die Bestimmung unserer natürlichen Veranlagungen ist also nicht gleichzusetzen mit einem »harten Determinismus«, sondern ist in dem völlig intuitiven Sinne zu verstehen, daß ein Mensch mit veranlagtem Talent für Sprachen und veranlagter Schwäche im Bereich Mathematik dazu bestimmt ist, einen kommunikativen Beruf zu ergreifen. Kein Schicksal und kein Demiurg zwingen ihn dazu. Er kann sich auch mit viel Fleiß und Disziplin durch ein Physikstudium quälen – aber nur, wenn er in Einklang mit seiner Veranlagung lebt, kann er sein Leben als glücklich und sinnvoll wahrnehmen.
So weit, so evident. Doch diese Sichtweise auf Veranlagung wurde und wird seit dem 19. Jahrhundert und bis in die Gegenwart hinein massiv herausgefordert: Ausgehend von der utopischen Vorstellung, die Unterschiede zwischen Menschen könnten beseitigt werden, etablierte sich im intellektuellen Diskurs die Vorstellung, daß der Mensch bei Geburt gewissermaßen ein unbeschriebenes Blatt Papier (engl. blank slate) sei, auf dem erst durch Erziehung und gesellschaftliche Einflüsse festgeschrieben werde, was er als Erwachsener ist.
Stimmt die Blank-slate-Sichtweise, so gibt es bis auf im Grunde unbedeutende Äußerlichkeiten keine natürlichen Unterschiede zwischen Individuen und zwischen Gruppen. Daß Männer durchschnittlich zu technischen Berufen tendieren und Frauen zu sozialen, erscheint dann rein gesellschaftlich gemacht und somit grundsätzlich veränderbar. Daß nordeuropäische Gesellschaften ein hohes Maß an Individualismus und Altruismus aufweisen, während sich etwa nordostasiatische Gesellschaften durch starke Grenzziehungen zwischen Eigen- und Fremdgruppe auszeichnen, ist dann ebenso konstruiert und veränderbar wie, daß beide Gruppen eine im weltweiten Vergleich hohe durchschnittliche Intelligenz aufweisen.
Warum linke und linksliberale Intellektuelle zu diesem Menschenbild neigen, ist evident, denn die Implikationen der Blank-slate-Annahme sind zugleich ihre Begründung. Wenn alle eben beschriebenen Eigenschaften nicht rein gesellschaftlich konstruiert und willkürlich veränderbar sind, sondern genetisch veranlagt, brechen ihre Fortschrittsutopien zusammen. Dieser Einbruch des Realismus in das Gesellschaftsbild muß also mit allen Mitteln abgewehrt werden, zumal er zugleich den politischen Führungsanspruch derjenigen Intellektuellen in Frage stellt, die von ausgesprochenen oder unausgesprochenen Blank-slate-Annahmen ausgehen. Dies betrifft beinahe die komplette linkslastige Intelligenz in der westlichen Welt und insbesondere die Tonangeber in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften.
Biologie und Gesellschaft
Das Feld der Überschneidungen zwischen biologischer Betrachtung der genetischen Veranlagungen und soziologischer Betrachtung der Gesellschaft bezeichnen wir dabei, ausgehend vom amerikanischen Wissenschaftler Edward O. Wilson, als Soziobiologie, Forscher, die sich mit diesem Thema beschäftigen (unabhängig davon, aus welcher Disziplin sie stammen) als Soziobiologen.
Um die Soziobiologie wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die heftigsten akademischen Streitigkeiten ausgefochten, bei denen meistens primär der Wissenschaftlichkeit verpflichtete Forscher von primär der linken Ideologie verpflichteten Aktivisten aus dem akademischen Diskurs gedrängt wurden – die heute vielbeklagte »Cancel Culture« nahm ihren Anfang im linksaktivistischen Kampf gegen Soziobiologen wie Arthur Jensen, Edward O. Wilson, Richard Herrnstein und Charles Murray.
Grundlegende Erkenntnis der Soziobiologie ist vor allem, daß die beobachtbaren Unterschiede in Charakter und Verhalten zwischen Individuen ebenso wie zwischen Gruppen zu einem großen Teil genetisch veranlagt sind. Weil die Menschen ihre Umwelt gemäß ihren genetischen Veranlagungen gestalten (bildungsaffine Menschen umgeben sich mit Bildungsgütern und schaffen Bildungseinrichtungen, sportlich veranlagte Menschen wirken in Sportvereinen mit, gewalttätig und impulsiv veranlagte Menschen schaffen eine gewalttätige und unsichere Kultur in sozialen Brennpunkten), weil die auf den heranwachsenden Menschen einwirkende Umwelt also von den genetischen Veranlagungen der Vorgängergeneration bestimmt wird, sind auch die meßbaren Umweltfaktoren in der Charakter- und Verhaltensgenese letztlich genetisch bedingt beeinflusst.
Weil bestimmbare soziale Gruppen wie etwa Schichten, Klassen oder Szenen entweder qua Verwandtschaft genetische Veranlagungen teilen oder durch bestimmte institutionelle Filter nach genetischen Faktoren ausgewählt werden (beispielsweise filtern die besonders schweren ersten Semester des Mathematikstudiums die wenig begabten und wenig fleißigen Studenten aus), läßt sich der gesellschaftliche Prozeß auch als situationsabhängiges Neben‑, Mit- und Gegeneinander verschiedener Veranlagungsmuster beschreiben: Wettbewerbsorientierte, individualistisch veranlagte Personengruppen schaffen Märkte und disruptive Kräfte, während kooperationsorientierte, kollektivistisch veranlagte Personengruppen eher große Institutionen und stabile Ordnungen schaffen. Grundsätzlich läßt sich eine Vielzahl von Charakter- und Verhaltensdispositionen beschreiben, zu deren Erfassung etwa das psychometrische Modell der sogenannten Big Five Personality Traits oder auch die verbreiteten Intelligenztests dienen.
Anthropologische und ethnologische Realitäten, wie die Existenz ethnischer Gruppen mit bestimmten kulturellen Eigenschaften, lassen sich ebenso soziobiologisch beschreiben wie die Differenzierungsprozesse innerhalb von Kulturen und Gesellschaften. Das Feld der Soziobiologie ist noch in seinen Anfängen begriffen und wird aufgrund des harschen Gegenwindes nur langsam erweitert; jüngere Publikationen wie Blueprint des Psychologen Robert Plomin (2018) oder The Weirdest People in the World des Harvard-Professors Joseph Henrich (2020) sowie die rapiden Fortschritte der Genforschung zeigen jedoch vielversprechende Entwicklungen an.
Eine zentrale Schlußfolgerung aus den soziobiologischen Erkenntnissen lautet, daß die Entwicklung einer Gesellschaft wesentlich davon abhängt, welche genetischen Veranlagungen in ihr in welcher Quantität vorhanden sind und welchen Gestaltungsspielraum ihre Träger haben und / oder erhalten. Wenn beispielsweise Religiosität heute mit überdurchschnittlicher Kinderzahl korreliert und wir zugleich wissen, daß Glaubensfähigkeit auch genetisch veranlagt ist, können wir die Vermutung aufstellen, daß (gesetzt den Fall, die Korrelation zwischen Religiosität und Kinderzahl bleibt stabil) die heute säkularen Gesellschaften des Westens über die kommenden Generationen hinweg wieder religiöser werden können, daß also auf genetischer Seite das Potential dafür vorhanden ist.
Dimensionen der Biopolitik
Als Biopolitik können wir jede Politik bezeichnen, die sich auf die biologische Natur des Menschen auswirkt. Auf Grundlage der soziobiologischen Erkenntnisse wissen wir, daß das gesamte soziale Leben des Menschen von genetischen Faktoren tangiert wird, daß also jede Politik immer auch Biopolitik ist. Somit handelt es sich bei der Biopolitik nicht um einen bestimmten (neuen) und abgrenzbaren Bereich der Politik, sondern vielmehr um ein allgegenwärtiges Feld, das sich in bestimmten Bereichen verdichtet. Um dieses Feld zu beschreiben, bieten sich fünf Parameter an: Direktion, Intensität, Dauer (Zeit), Extensität und Bewußtsein. Im folgenden definieren wir diese fünf biopolitischen Parameter und zeigen sie exemplarisch an verschiedenen Bereichen der Politik auf.
Die Direktion drückt aus, ob eine Politik direkt oder indirekt biopolitisch wirkt, ob sie also (wie im Falle der Geburten- oder der Migrationspolitik) direkten Einfluß auf die Zusammensetzung einer Bevölkerung nimmt oder ob sie dies indirekt tut, also durch Einstellung der sozialen Filter. Ein Beispiel für solche indirekte Biopolitik stellt die Geschichte der Strafverfolgung dar, die vom Mittelalter bis in die Moderne hinein aus jeder Generation die impulsivsten und aggressivsten Männer (Mörder, Räuber etc.) aussiebte und durch Hinrichtung, Verbannung oder Einsperrung aus der Gesellschaft entfernte. Die entsprechenden Veranlagungen wurden somit indirekt aus der Bevölkerung entfernt – ein Prozeß der Domestizierung, der sich mit Hilfe der Genforschung rekonstruieren läßt und der mitverantwortlich dafür ist, daß die Gewaltkriminalität in Teilen Europas heute vergleichsweise gering ist.
Intensität: In Gesellschaften mit Todesstrafe wie etwa den USA werden bestimmte Personen samt ihren genetischen Veranlagungen sogar noch heute physisch aus dem Sozialkörper entfernt. Insofern diese Praxis nicht auf die Veranlagungen selbst, sondern auf deren Folgen (das Verhalten) abzielt, ist sie als indirekte Biopolitik zu beschreiben. Dennoch ist sie im Falle der Todesstrafe ausgesprochen intensiv, weil die entsprechenden Veranlagungen komplett aus der Population entfernt werden. Anders stellt es sich etwa bei einer Geld- oder Haftstrafe dar: Hier wird der Täter durch Entzug von Ressourcen und / oder Freiheit sowie durch Stigmatisierung in der sozialen Hierarchie herabgestuft, aber nicht endgültig aus ihr entfernt. Am unteren Ende der sozialen Rangordnung ist er kaum in der Lage, gemäß seinen Veranlagungen aktiven Einfluß auf die Gesellschaft zu nehmen.
Ein niedriger Rang in der sozialen Hierarchie bedeutete in vormodernen Zeiten überdies, daß die Betroffenen sehr wahrscheinlich nur wenige oder überhaupt keine eigenen Kinder erfolgreich aufziehen konnten – statistisch war die Kindersterblichkeit extrem hoch, und Seuchen und Hungersnöte konnten jederzeit zuschlagen. Ein sozialer Abstieg war also damit verbunden, daß der Betroffene seine genetischen Veranlagungen nicht weitergeben konnte – ein Beispiel für indirekte, wenig intensive, aber dennoch langfristig wirksame Filter, die nach unseren heutigen Maßstäben sehr grausam sind, jedoch bis in die Neuzeit den historischen Normalzustand darstellten.
Der nachhaltige Effekt dieser kulturell-soziobiologischen Filter hing besonders an drei Faktoren: zum einen an den bereits angesprochenen harschen Überlebensbedingungen, wie sie in westlichen Industriegesellschaften heute nicht mehr vorkommen, zum anderen an der Korrelation der sozialen Stellung mit der Kinderzahl (heute korreliert diese negativ) und zuletzt an den immensen Zeiträumen, über die diese Filter ihre Wirkung entfalteten. Diese Dimension der Zeit markiert den dritten Parameter der Biopolitik.
Nachhaltig und tiefgreifend wirken viele biopolitische Maßnahmen erst dann, wenn sie über mehrere Generationen stattfinden, also von Dauer sind. Selbst die sehr intensive Biopolitik der Hinrichtung von Mördern und Totschlägern konnte ihre Wirkung nur über viele Generationen entfalten. Hätte man nur in einer Einzelgeneration die übermäßig aggressiven und impulsiven Männer ausgesiebt, so wären ihre Veranlagungen rezessiv im Genpool erhalten geblieben. Doch die über Jahrhunderte wirkenden, extrem brutalen Strafsysteme, wie sie etwa Foucault noch für die im Jahr 1757 erfolgte Hinrichtung des gescheiterten Königsmörders Robert-François Damiens schildert, wirkten über Generationen hinweg, bis die Population an einem Domestikationsgrad angelangt war, der in etwa dem heutigen entspricht.
Die vierte Dimension der Biopolitik, die Extensität, ist leicht zu verstehen: Eine exklusive Geburtenpolitik wie die des alten Hochadels erfaßte lediglich einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung, während moderne Politiken zumeist die ganze Bevölkerung erfassen. Die Dimension der Extensität spielt heute immer dann eine Rolle, wenn bestimmte Politiken entgegen dem universellen Anspruch demokratischer Politik faktisch nur bestimmte Gruppen betreffen, so wie etwa die ökosozialistische Forderung, für das Klima keine Kinder zu bekommen, hauptsächlich auf die westliche Mittelschicht abzielt.
Während die biopolitischen Dimensionen von Direktion, Intensität, Dauer und Extensität auf jede Form der Politik seit der Frühgeschichte angewandt werden können, kam die Dimension des Bewußtseins erst mit der modernen Wissenschaft und der Kenntnis um soziobiologische Tatbestände auf. Konkret markiert sie die Frage, inwiefern sich Akteure darüber bewußt sind, daß ihre politische Praxis immer auch biopolitische Implikationen hat, sowie ob sie bei ihrer politischen Theoriebildung und Entscheidungsfindung soziobiologisches Wissen reflektieren.
Angesichts der gegenwärtigen Verdrängung des soziobiologischen Wissens aus allen öffentlichen Diskursen, angefangen bei Geschlechterfragen über Migrationspolitiken bis hin zur wissenschaftlichen Forschung, kann gesagt werden, daß die Dimension des Bewußtseins insbesondere von linken Akteuren auf den Nullpunkt fixiert wird – auch wenn es hier etwa bei der US-Psychologin Paige Harden sowie in den Diskursen des sogenannten Antirassismus erste Ansätze zu einer Bewußtmachung der Biopolitik von links gibt.
Derweil lautet der pauschale Vorwurf gegenüber jeder Thematisierung und Politisierung von Soziobiologie noch immer, dessen Urheber würden an den Nationalsozialismus anknüpfen wollen. Doch gerade hier kann das biopolitische Dimensionenmodell, und insbesondere die Frage des Bewußtseins, ein entscheidendes Gegenargument bringen:
Es ist leicht festzustellen, daß sowohl die Kommunisten in der Sowjetunion als auch die Nationalsozialisten totalitäre und verbrecherische Formen der Biopolitik anwandten, indem sie die in ihrem jeweiligen Sinne zum Feind erklärten Personengruppen massenhaft ermordeten. Dabei unterschieden sie sich gerade in der Frage des biopolitischen Bewußtseins: Die nationalsozialistische Ideologie propagierte bewußt den Rassenhaß, während die sowjetkommunistische Ideologie explizit von aller Biopolitik abstrahierte und ihre Feindmarkierung auf rein soziale Kategorien festlegte – welche, wie wir wissen, immer auch soziobiologisch sind.
Das bedeutet im Umkehrschluß, daß wir im 20. Jahrhundert zwei mörderische Systeme vorfinden, von denen das eine bewußt totalitäre Biopolitik trieb, während das andere unbewußt totalitäre Biopolitik trieb. Die Frage des biopolitischen Bewußtseins kann also an und für sich nicht als Kennzeichen totalitärer Politik gelten, so daß ein nichttotalitäres biopolitisches Bewußtsein denkbar ist. Dieses zu entwickeln und konkrete politisch-theoretische Ansätze hervorzubringen ist eine Aufgabe der politischen Rechten im 21. Jahrhundert.
stoecktecrime
Das Thema der Biopolitik kann eigentich sogar noch erweitert angewandt werden auf die Akteure linker Politk selbst. Sie sind im Schnitt mental instabiler, weniger optisch ansprechend und physisch schwächer. Des weiteren setzt sich diese Gruppe zum Großteil aus Frauen und feminineren Männern zusammen, was einen geringeren Testosteronspiegel zur Folge hat. Da aber auch diese Primaten um einen Platz in der sozialen Hierarchie und den damit verbunden Zugang zu nutzbarer Energie konkurrieren müssen, aufgrund der genannten Faktoren jedoch nicht direkt konfrontativ agieren können, nutzen Sie moralisch aufgeladenes, prosoziales Gerede um sich so durch den Anschein einer kooperativen Natur Status zu sichern. Auch das Gerede um Gleichheit und Gerechtigkeit dient letztlich diesem Ziel, weil Sie insgeheim wissen, dass Menschen sich in allen Dingen voneinander teils marginal, teils drastisch unterscheiden und diese Differenzen größtenteils erblich bedingt sind. Setzt man jedoch Umverteilung und Gleichheit durch, reduziert man das Statusgefälle und kann sich so einen höheren Platz in der Primatenhierarchie sichern.