Wieder Bildungskrise, wieder “Reformen”

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat – mal wieder – tiefgreifende Reformen im Schul- und Bildungssystem gefordert.

Heino Bosselmann

Heino Bosselmann studierte in Leipzig Deutsch, Geschichte und Philosophie für das Lehramt an Gymnasien.

Es ste­cke in einer tie­fen Kri­se, sag­te die FDP-Poli­ti­ke­rin. Bund, Län­der und Kom­mu­nen müß­ten in der Bil­dung end­lich an einem Strang ziehen.

Die übli­che For­de­rung: Mehr Mit­tel, also mehr öffent­li­che Gel­der – für die Sanie­rung der angeb­lich maro­den Schul­ge­bäu­de und für die Digi­ta­li­sie­rung, von der man sich ohne­hin nicht weni­ger als die Hei­lung der gesam­ten Gesell­schaft verspricht.

Nur: In der Kri­se steckt unser Bil­dungs­sys­tem seit Jahr­zehn­ten. Dabei immer­fort auf man­geln­de Digi­ta­li­sie­rung und maro­de Schul­bau­ten zu ver­wei­sen mag aktu­ell zwar hier und da rich­tig sein, darf aber nicht dar­über hin­weg­täu­schen, daß die eigent­li­chen Ursa­chen der Mise­re weni­ger in der Aus­stat­tung als in lang­fris­tig ver­fehl­ter Bil­dungs­po­li­tik liegen.

Alle bis­he­ri­gen Bil­dungs­tests und ‑stu­di­en führ­ten bis­her fata­ler­wei­se nur dazu, daß genau jene Fehl­ent­wick­lun­gen for­ciert wur­den, die genau in das Dilem­ma hin­ein­ge­führt haben.

Aus­ge­hend von einem frag­wür­di­gen Men­schen­bild wur­de immer mehr auf Sub­stanz und Inhal­te ver­zich­tet, wur­den Anfor­de­run­gen abge­senkt und Bewer­tun­gen infla­tio­niert. Die wohl­klin­gen­den Phra­sen von „Kern-“ und „Metho­den­kom­pe­ten­zen“ lie­ßen ver­ges­sen, daß ech­tes Kön­nen über Anstren­gungs­be­reit­schaft und Selbst­über­win­dung auf­wen­dig und gründ­lich ein­ge­übt wer­den will.

Die Inklu­si­ons­kam­pa­gne ver­stärk­te über­dies die Illu­si­on, allen Schü­lern wäre in einer Art neu­en Ein­heits­schu­le alles mög­lich, anstatt wei­ter auf Dif­fe­ren­zie­rung und neben aller För­de­rung end­lich wie­der auf For­de­run­gen zu setzen.

Teu­re Smart­boards und Tablets allein sichern kei­nen guten Unter­richt. Medi­en blei­ben letzt­lich nur Instru­men­te, die Inhal­te trans­por­tie­ren, für die pri­mär mit anspruchs­vol­ler, inter­es­san­ter und inspi­rie­ren­der Ver­mitt­lung erst zu sor­gen wäre. Das deut­sche Bil­dungs­sys­tem war viel erfolg­rei­cher, als es tech­nisch und bau­lich weit man­gel­haf­ter als heu­te aus­ge­stat­tet war. Nur folg­te es da mit enga­gier­ten Leh­rern einer ech­ten Bil­dungs­idee, die heu­te fehlt:

Siche­rung des Lesens, Schrei­bens und Rech­nens sowie natur­wis­sen­schaft­li­cher Grund­la­gen als einer Basis, auf die ein geglie­der­tes Schul­sys­tem auf­bau­te – erwei­tert um hand­werk­li­che und tech­ni­sche Befä­hi­gun­gen in Pes­ta­loz­zi­scher Ein­heit von Kopf, Herz und Hand. Die DDR ver­such­te sich in durch­aus die­sem Sin­ne mit Erfolg an einer poly­tech­ni­schen Bil­dung, über die eine Ver­mitt­lung berufs­prak­ti­scher Fähig­kei­ten in den Stun­den­plan ein­be­zo­gen war.

Der Rea­lis­mus jedoch, daß Bil­dung mit der sys­te­ma­ti­schen Siche­rung von Inhal­ten beginnt und des so ruhi­gen wie gründ­li­chen Übens bedarf, stellt gegen­wär­tig den blin­den Fleck der Bil­dungs­po­li­tik dar. Ver­ges­sen ist fer­ner, daß Unter­richt und Erzie­hung eine Ein­heit bil­den müs­sen, inso­fern Leh­rer mit Vor­bild­wir­kung zu Gründ­lich­keit und Aus­dau­er erzie­hen sollten.

Unse­re nur­mehr schlecht impro­vi­sie­ren­de Bil­dung ver­spricht sich von inno­va­ti­ver Aus­stat­tung das, was nur ein ver­än­der­ter Ansatz im Kern und Wesen leis­ten kann. Es müß­te also hei­ßen: Zurück zu den Inhal­ten, zur ech­ten Kön­nens­ent­wick­lung und wis­sen­schaft­li­cher wie tech­ni­scher Pra­xis­re­le­vanz, um so end­lich dem Fach­kräf­te­man­gel wirk­sam mit eige­nen Kräf­ten zu begegnen.

Das Gegen­teil ist der Fall: Selbst Abschluß­prü­fun­gen im Fach Deutsch wer­den mitt­ler­wei­le im Mul­ti­ple-Choice-Ver­fah­ren durch­ge­kreuzt. Das Prin­zip: Wenn wir immer weni­ger ver­mit­teln, kön­nen wir nur das Sim­pels­te prü­fen. Für die Erlan­gung der soge­nann­ten Berufs­rei­fe in Meck­len­burg-Vor­pom­mern sind erst gar kei­ne eigent­li­chen Prü­fun­gen vorgesehen.

Die Anfor­de­run­gen an die Mitt­le­re Rei­fe wur­den indes­sen redu­ziert: Auch mit zwei Fün­fen ist man zur Prü­fung zuge­las­sen, eine schrift­li­che kann bei guter bis­he­ri­ger Bilanz weg­ge­las­sen wer­den, und die frü­her obli­ga­to­risch zu schrei­ben­de Jah­res­ar­beit, mit ihrer Ver­tei­di­gung gleich­falls prü­fungs­re­le­vant, schaff­te man ein­fach ab, so wie grund­sätz­lich auf alles ver­zich­tet wird, was gesi­cher­te Kennt­nis­se und Enga­ge­ment vor­aus­setzt. Daß man an Prü­fun­gen wach­sen kann, daß die eige­nen Bewäh­rung beflü­gelt, ist völ­lig vergessen.

Es gibt nicht etwa des­we­gen so vie­le Schul­ab­brü­che, weil Schü­ler an Prü­fun­gen schei­tern, nein, es fehlt u. a. aus man­geln­der Erzie­hung am Wil­len durch­zu­hal­ten. Über 27 Pro­zent bre­chen gleich­falls die Grund­aus­bil­dung bei der Bun­de­wehr ab. In die­sem Zusam­men­hang erscheint es inter­es­sant, sich die ver­än­der­ten Anfor­de­run­gen auch im Fach Sport anzusehen.

Mein Bil­dungs­gang führ­te bis zum Abitur 1982 durch Schul­ge­bäu­de, die, gemes­sen am heu­ti­gen Stan­dard, als extrem maro­de gegol­ten hät­ten und deren Sani­tär­trak­te ich mög­lichst mied.

Aber die Lehr­plä­ne waren – bei aller ideo­lo­gi­schen Über­frach­tung und Schwä­chen im Fremd­spra­chen­un­ter­richt – anspruchs- und gehalt­voll. Aus mei­ner Gen­ra­ti­on wur­de nicht nur jeder alpha­be­ti­siert, son­dern sogar befä­higt, weit­ge­hend rich­tig und aus­drucks­voll zu schrei­ben und zu spre­chen. Wer in die Berufs­aus­bil­dung ein­trat, ver­stand zu rech­nen und zu mes­sen und wuß­te Maschi­nen zu bedie­nen; Stu­den­ten konn­ten qua­li­fi­ziert lesen und anspruchs­vol­le Tex­te for­mu­lie­ren. Dem­ge­gen­über sind mitt­ler­wei­le enor­me Kul­tur­ver­lus­te eingetreten.

Bil­dungs­ge­rech­tig­keit wird gegen­wär­tig als Bil­dungs­re­du­zie­rung ver­stan­den. Maß­stab ist nicht mehr die star­ke, son­dern die schwa­che Leis­tung. Wenn dar­auf­hin immer mehr Schü­ler bei immer bes­se­ren Abschlüs­sen immer weni­ger konn­ten, sah es den Noten nach den­noch immer bes­ser aus. Nur beklag­ten sowohl Berufs­aus­bil­der als auch Hoch­schul­pro­fes­so­ren, daß die Absol­ven­ten sich weder auf das Ein­fa­che noch auf das Anspruchs­vol­le ver­stan­den und ver­spä­tet nach­zu­qua­li­fi­zie­ren waren.

Die Bil­dungs­bü­ro­kra­tie grün­de­te sich in den Bun­des­län­dern eige­ne „Insti­tu­te“, die das ver­häng­nis­vol­le „Wei­ter so!“ zu legi­ti­mie­ren hat­ten und selbst­er­fül­len­de Pro­phe­zei­un­gen ver­stärk­ten. Wur­de die Schu­le mit schwin­den­dem Anspruch zunächst zu einer sozi­al­päd­ago­gi­schen, so wird sie mitt­ler­wei­le zu einer mehr und mehr poli­ti­schen Veranstaltung:

Die neu­en Leh­rer, selbst in einem dys­funk­tio­na­len, aber poli­ti­sier­ten Bil­dungs­sys­tem auf­ge­wach­sen, sind durch gute Gehäl­ter kor­rum­piert und in die Ideo­lo­gi­sie­rung ein­ge­bun­den. Sie mögen von den sys­tem­be­ding­ten Stres­so­ren – Ganz­tags­schu­le, Büro­kra­tie, Inklu­si­ons­kam­pa­gne – erschöpft sein, iden­ti­fi­zie­ren sich aber kri­tik­los mit den Umstän­den, weil sie kei­ne ande­ren ken­nen und weil auch sie mit einer Art Bekennt­nis an den ver­wal­te­ten Miß­stand gebun­den sind.

Zur erfor­der­li­chen Umsteue­rung bedürf­te es einer kri­ti­schen Revi­si­on, die weder in der Bun­des­re­gie­rung noch in den Län­dern irgend jeman­dem zuzu­trau­en ist. Eher wer­den, wie von Saskia Esken ver­langt, aber­ma­li­ge Son­der­ver­mö­gen ver­langt, die gewährt wer­den, weil man ja „irgend­was machen“ will. Ein­hun­dert Mil­li­ar­den, die man in fal­scher Rich­tung inves­tie­ren wird, wo mit weni­ger Geld, aber inhalt­li­cher Red­lich­keit weit mehr zu bewe­gen wäre.

Um sich dann zu wun­dern, daß sich nichts ändert, wenn zwar die tech­ni­sche und bau­li­che Peri­phe­rie auf­ge­hübscht wur­de, aber das Wesen des Inhalt­li­chen und Sub­stan­ti­el­len brü­chig bis hohl bleibt. Ein gutes Cel­lo nützt nur dem etwas, der dar­auf spie­len kann, und selbst das bes­te Tablet schreibt klu­ge Essays nicht von allein.

Heino Bosselmann

Heino Bosselmann studierte in Leipzig Deutsch, Geschichte und Philosophie für das Lehramt an Gymnasien.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (26)

Majestyk

14. März 2023 15:09

Die Bildungskrise hat ein Geschlecht und einen weltanschaulichen Namen. Ich darf das sagen. Ich war der erste Mensch meiner Familie, der 1990 Abitur machen durfte. Und wenn ich zurückblicke, Vergleiche zu anderen Ländern, auch der DDR anstelle, dann wäre meine in NRW erlangte Hochschulreife, während oder nach dem Krieg nicht mal als Notabitur durchgegangen. Dabei habe ich sogar eine katholische Privatschule besucht. Deren Lehrpersonal erscheint mir heute, bis auf einige wirklich gute Ausnahmen, selber nicht hochschultauglich. Besser dürfte es seitdem nicht geworden sein, "Abi für alle" bedeutet übersetzt aber auch "Abi für keinen". So ist das, wenn ein Land einer Kulturrevolution unterzogen wird. 

Laurenz

14. März 2023 15:31

@HB ..... Sicherung des Lesens, Schreibens und Rechnens sowie naturwissenschaftlicher Grundlagen ....... bevor man das weiter nach der Grundschule lernt, ist noch viel grundlegender zu wissen, wer man ist, wo man überhaupt lebt & wie man selbständig denkt. Das entscheidende ist doch, ohne digitales Instrumentarium klarzukommen. Schule geht auch im Kral, im Wald oder auf einem gecharterten Flußschiff. Gebäude werden völlig überbewertet. Und man kann auch Flüchtlinge rausschmeißen, damit genügend Raum für Kinder da ist. Die rot-grün-gelb-schwarz angemalten Dumpfbacken in Kabinetten, Parlamenten & Rundfunkanstalten wissen einfach nicht, wie man das Geld erwirtschaftet, daß sie jeden Monat überwiesen bekommen. In unseren politischen Gremien sind wir bereits ein Failed State, zumindest im Bund & Ländern.

Majestyk

14. März 2023 16:13

Das größte Problem im deutschen Bildungswesen ist die Präsenzpflicht. Schule in Deutschland war schon immer irgendwie auch ideologisch. Ich weiß noch, wie es damals hieß, Deutschland müsse eine Dienstleistungsgesellschaft werden. Auf die Antwort meiner Frage nach dem "warum" und wieso andere dauerhaft für uns günstig produzieren sollten warte ich noch heute. Ebenso kann ich mich erinnern, daß ich im Politikunterricht mal anmerkte, eine Partei müsse nicht an meiner politischen Willensbildung mitarbeiten, sondern den Willen der Wähler umsetzen. Der Lehrer war sichtlich überfordert und ich erhielt einen Verweis für ungebührliches Benehmen. Eigenständiges Denken war schon im einstigen Westen nicht jederzeit und überall erwünscht.
@ Laurenz:
Gebäude kann man leicht ersetzen, Menschen nicht. Lernen kann man sogar auf hoher See
 

Mboko Lumumbe

14. März 2023 16:37

"...selbst das beste Tablet schreibt kluge Essays nicht von allein."
Hmm... dafür gibt es jetzt doch KI wie ChatGPT. Na ja, vielleicht exklusive "klug".
Menschen wie die umstrittene Esken und deren teilweise gesellschaftliche Akzeptanz sagen mMn sehr viel aus über den Zustand unserer "Zivilgesellschaft". Auch das ist (gewollte?) Folge der Bildungsmisere in D. und unseres Niedergangs und Abwirtschaftung.
Der Lehrermangel ist mMn auch darin begründet, dass einfach niemand mehr den Job machen möchte, mal von Idealisten wie HB abgesehen. In der zeitgeistlich LinksGrün dominierten Lehrerschaft sind es auch und gerade diese Zeitgeister, denen der Job zu anstrengend, zu gefährlich, zu fordernd und zu aufwendig geworden ist. Also diejenigen, die für die Bildungsmisere verantwortlich sind, wenden sich selbst davon ab. Sie wollen es halt gerne leicht und schön haben. Natürlich sehen die sich nicht als verantwortlich, so wenig wie bei Massenzuwanderung und deren Folgen (auch für die Bildungsmisere). Und es wäre verwegen zu glauben, dass diese Loser (wie Esken) auch nur annähernd die Bildungsmisere beheben könnten, selbst wenn sie wirklich wollten. Dazu sind die intellektuell nicht in der Lage, daher wird wieder so mit Zigmultimillionen gewedelt. Man muss einer Esken (& Co.) doch nur zuhören, wenn man es aushält.

Dieter Rose

14. März 2023 16:56

Wenn ich die Handreichung zur "politischen Veranstaltung" in MVP lese, muss ich sagen, dass ich diesem Staat erst dann wieder Vertrauen entgegenbringe, wenn er gegen Linkes ebenso vorgeht wie gegen Rechtes.

Majestyk

14. März 2023 16:59

Deutschland hat einen Bildungsanspruch wie einst Kambodscha, einen Lehrkörper aus rotgrünen Zeugen Jehovas, Schüler aus einem Welthilfsprogramm und soll damit einem Land wie Südkorea Konkurrenz machen. Da würde auch kein Marshallplan mehr helfen. 

Le Chasseur

14. März 2023 17:04

Ich sehe die Jahre von der 7. Klasse Gymnasium bis zum Abitur (Bayern) als völlig verschwendete Lebenszeit an.

Nordlicht

14. März 2023 17:34

Man bekommt nur gute Schulabgänger, wenn Leistung gefordert wird.

Adler und Drache

14. März 2023 19:19

@Mboko Lumumbe: In der zeitgeistlich LinksGrün dominierten Lehrerschaft sind es auch und gerade diese Zeitgeister, denen der Job zu anstrengend, zu gefährlich, zu fordernd und zu aufwendig geworden ist. Also diejenigen, die für die Bildungsmisere verantwortlich sind, wenden sich selbst davon ab. Sie wollen es halt gerne leicht und schön haben.
Kein Lehrer will es schwer und unschön haben, das ist auch völlig nachvollziehbar. Sie könnten es ja leichter haben, aber das Chaos, in das sie einerseits geraten sind und das sie andererseits unterstützen und fortsetzen, macht es ihnen immer schwerer, im Beruf zu bestehen, geschweige denn ihn mit Freude auszuführen. Man bräuchte für eine freie Schule gar kein besonderes Profil mehr, einfach nur vernünftigen Unterricht.
Lehrer müssen auch nicht superklug sein. Meine Mathelehrerin ab 6. Klasse hatte von allen Lehrern die größte Autorität, aber sie benutzte ein Lösungsheftchen. Ein Lehrer muss die Rolle ausfüllen, aber die meisten Lehrer werden die Rolle wohl gar nicht mehr kennen, weil sie mit Technischem überfrachtet sind. Das geht ja schon im Kindergarten los, schon die Bezeichnung "KiTa" sagt viel aus - ein technisches Kürzel, in dem das Kind gar nicht mehr vorkommt. 
 

Wahnsinnistkeinemeinung

14. März 2023 20:07

Sie schreiben es: "Teure Smartboards und Tablets allein sichern keinen guten Unterricht. Medien bleiben letztlich nur Instrumente, die Inhalte transportieren, für die primär mit anspruchsvoller, interessanter und inspirierender Vermittlung erst zu sorgen wäre." Die interessante und inspirierende Vermittlung hat man durch Denkbetreuung ersetzt. Die Curricula sind eine Zumutung und die Ergänzungen bestehen im vorgefertigten Methodentraining. In den Lehrer-zimmern wachsen Blumen unter den Tischen und in diesen wuchernden Graslandschaften tummelt sich allerlei Getier. Verranzte Schultische, Mensen bieten unter dem Label gesunde Schule, schlichtweg Giftmüll an. Es wird geklatscht, getanzt und fleißig zu Tode gebettet. Ein Ende ist kaum in Sicht und vielleicht geht es auch nicht mehr um die Vermittlung von Bildung. Einbildung ist auch eine Bildung.

RMH

14. März 2023 20:29

Wenn man den aktuellen Zustand unsere Landes betrachtet, den maßgeblich Menschen ü45 und Rentner/Pensionäre/Insassen von Pflegeheimen (beschönigend "Seniorenresidenzen") zu verantworten haben, dann war die Bildung offenbar schon sehr lange defizitär oder sie wird stets schlicht überbewertet. 
Mein Vermutung ist zudem, dass Schule immer ein Zweck der Herrschenden erfüllen sollte, aber gewiss nie eine echte Bildung und das Heranziehen freier Menschen. Es sollten vielmehr Generationen von reinen Funtkionserfüllern "gebildet" werden.
"Der Lehrermangel ist mMn auch darin begründet, dass einfach niemand mehr den Job machen möchte,"
@M.L., gibt genug, die nach wie vor scharf auf den Beamtenstatus sind, der für diese Aufgabe in den meisten Bundesländern winkt. Evtl. auch ein Teil des Problems.

Le Chasseur

14. März 2023 22:05

@RMH
"Mein Vermutung ist zudem, dass Schule immer ein Zweck der Herrschenden erfüllen sollte, aber gewiss nie eine echte Bildung und das Heranziehen freier Menschen."
Der Grund für die Einführung der Schulpflicht in Preußen 1717 war ja angeblich der Umstand, dass es wegen der allgemein üblichen Kinderarbeit zuwenig gesunde Rekruten für die Armee gab. Wer in der Schule sitzt, kann sich nicht in der Fabrik oder im Bergwerk kaputt buckeln. Die Schüler sollten zu guten Christen und demzufolge zu guten Untertanen erzogen werden. Heutzutage braucht man kein Menschenmaterial für die Armee mehr, sondern fügsame Leute, die sich im kapitalistischen Wirtschaftssystem gut verwerten lassen.

ede

14. März 2023 22:16

Es bedarf einer Revolution im Bildungswesen? .... diesmal aber wirklich. Selbstverständlich nicht wegen undichter Dächer oder fehlender Großbildleinwände. Ich glaub nicht mal, dass die Lehrer ihren Lehrstoff nicht wenigstens ausreichend (also 4) beherrschen.
Der Punkt ist: die ganze Gesellschaft ist auf dem Weg nach unten. 

Laurenz

15. März 2023 02:21

@Le Chasseur @RMH
der Schulpflicht in Preußen 1717 war ja angeblich der Umstand, dass es wegen der allgemein üblichen Kinderarbeit zuwenig gesunde Rekruten für die Armee gab....... Fast gut, Le Lapin, der Preußische Generalstab rettete tatsächlich ein paarmal die Menschheit. Man verbot die Kinderarbeit, richtig. Und der Vorteil der Schulpflicht im Felde liegt auch auf der Hand. Eine Armee, in der jeder Rekrut oder Gefreite lesen & schreiben kann, d.h. schriftliche Befehle lesen oder seinem Offizier schriftliche Nachricht geben kann, war damals jeder anderen Armee haushoch überlegen. Der Soldatenkönig selbst hatte allerdings nur rudimentäre Schreibkenntnisse, dafür eine überragende Intelligenz & Menschenkenntnis. Er begründete quasi die weltweite Tradition schwarzer Juristenroben. Wir (der Soldatenkönig) ordnen & befehlen hiermit allen Ernstes, daß die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt. Der Standesdünkel des II. Reiches brach diesem allerdings das Genick. Die Inselaffen führten die Schuldpflicht letztendlich erst 200 Jahre später ein.

Laurenz

15. März 2023 02:40

Wer die ganzen HB-Bildungsnotstands-Artikel quasi am besten einem Satz zusammenfast, ist der mir, soweit ich den Mann beurteilen kann, ans Herz gewachsene Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag zu Magdeburg, Oliver Kirchner, der eine nicht intellektuelle Rede führt, ein Volkstribun quasi mit Seinem Jahrhundert-Zitat..... Warum es in der DDR keine Grünen gab...(00:00:24). https://youtu.be/24j0WsvCtCI

Bernard Udau

15. März 2023 06:51

Interessant wäre, wenn mal jemand die durchschnittlichen Bildungsausgaben pro Schüler seit 1949 mit dem erreichten Bildungsniveau in Beziehung setzen würde. Am besten in einer Grafik. 
Meine Vermutung ist, daß der Zusammenhang invers wäre. Je mehr Ausgaben, desto weniger Bildung.
Oder gibt es das schon? Dann wäre ich für einen Hinweis sehr dankbar!
 
 

RMH

15. März 2023 06:55

Hier 2 aktuelle Meldungen/Meinungen aus den MSM:
https://www.focus.de/politik/deutschland/zoff-um-blaeh-bundestag-lenkt-von-einem-viel-groesseren-problem-ab_id_188323136.html
https://www.bild.de/politik/inland/wirtschaft/bezuege-gestiegen-irre-gehaltserhoehungen-fuer-bosse-von-staatsfirmen-83208682.bild.html
All diese parteibuchqualifizierten Statthalter der Parteienmacht in Deutschland durchliefen (vermutlich sogar recht erfolgreich, vermutlich meistens auch höhere) Schulen, in denen noch Lehrer und Professoren mit hohem Niveau unterrichteten, waren noch nicht digital dauerabgelenkt etc. Sie alle sind aber vom Stamme Nimm, egal ob sie im Osten oder Westen (und im Westen, egal, in welchem Bundesland), sie ihre Schullaufbahn absolvierten.
Evtl. war es doch besser, als man den Leuten als wesentliche "Bildungsmaßnahmen", neben ein bisschen Lesen, Schreiben und Rechnen, vor allem das Auswendiglernen von Kirchengesangbuch und Katechismus angedeihen lies. Bildung hat immer die Utopie, etwas zu verbessern oder zukünftige Menschen zu besseren Menschen zu machen. Es wird Zeit, sich davon zu lösen und vor allem das staatliche Bildungsmonopol zu zerschlagen (ja, ein heftiges Wort - aber die wieviele "Verbesserungen" braucht es denn noch?), denn der Staat führt am allerwenigsten etwas Gutes mit seiner Bildung im Schilde.

Gustav

15. März 2023 14:41

Auf philosophischer Ebene ist schon das Gewaltmonopol des Staates fragwürdig. Denn wenn das Individuum nicht das Recht besitzt, Gewalt auszuüben, oder gar zu töten, wie kann ein politischer Repräsentant jenes Individuums dieses Recht dann durch Wahl erwerben? Warum ist Töten legal und der Schießbefehl rechtens, wenn Volksvertreter ihn erteilen, deren Volk dieses Recht nicht hat? Ist nicht bereits das neofeudale Herrschaftsmodell, das sie installiert haben, oder vertreten, kriminell? Worin unterscheidet sich denn eine korrupte Funktionärskaste, die sich mit zunehmend totalitären Mitteln und Methoden an der Macht hält, von einem international operierenden Mafia-Clan oder einem skrupellos-ausbeuterischen Großkonzern?
Denen die Bildung unserer Kinder anzuvertrauen ist, als wenn man notorischen Lügnern es überläßt, die täglichen Nachrichten zu verfassen.

Le Chasseur

15. März 2023 16:39

@Bernard Udau"Interessant wäre, wenn mal jemand die durchschnittlichen Bildungsausgaben pro Schüler seit 1949 mit dem erreichten Bildungsniveau in Beziehung setzen würde."
Auf die Schnelle nur diese Statistiken gefunden:
https://www.datenportal.bmbf.de/portal/de/Tabelle-2.5.85.html
https://www.datenportal.bmbf.de/portal/de/Tabelle-2.5.85.html
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/03/PD23_082_217.html
Die Ausgaben pro Schüler steigen kontinuierlich (was natürlich auch mit der Inflation zusammenhängt), und der Anteil der Schulabgänger mit Hochschulreife steigt ebenfalls mehr oder weniger kontinuierlich an. Inwiefern ein Abiturient aus dem Jahr 2022 auf dem selben Bildungsniveau liegt, wie ein Abiturient von 1995, lässt sich natürlich nicht so ohne weiteres feststellen. Es spricht aber sehr viel dafür, dass es sinkt: Link
Ich würde sagen, der Anteil der Abiturienten steigt, weil die Anforderungen gesenkt werden und nicht, weil mehr Geld investiert wird. Kurz: Masse statt Klasse.

Le Chasseur

15. März 2023 16:43

@Gustav:
"Warum ist Töten legal und der Schießbefehl rechtens, wenn Volksvertreter ihn erteilen, deren Volk dieses Recht nicht hat?"
Jeder hat doch ein Recht auf Selbstverteidigung?

Adler und Drache

15. März 2023 17:30

@ Gustav: Der Unterschied ist das Recht. 

Le Chasseur

15. März 2023 19:13

Habe oben aus Versehen zweimal die selbe Statistik verlinkt. Hier die Entwicklung der Bildungsausgaben seit 1995: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2526/umfrage/entwicklung-der-oeffentlichen-bildungsausgaben/

Bernard Udau

16. März 2023 06:23

An Le Chasseur:
Besten Dank für die Statistiken! Schwierig dürfte vor allem der Nachweis und die Darstellung des sinkenden Niveaus sein. Meinhard Miegel hat vor Jahrzehnten mal angedeutet, daß die Eignungstests der Bundeswehr dazu geeignet wären, denn da seien die Anforderungen über längere Zeit konstant geblieben. Leider waren seine Quellen seinerzeit nicht sehr ergiebig, wie ich mich erinnere.
Kausalität könnte man mit einem Vergleich von Ausgaben und Bildungsniveau natürlich nicht beweisen, aber immerhin könnte man die Mär widerlegen, es handle sich um ein Problem, das durch mehr Ausgaben zu lösen sei.

Heino Bosselmann

16. März 2023 09:42

Zum Nachweis des sinkenden Niveaus empfehle ich die Auskünfte des IQB-Bildungstrends, in kompakter Form etwa hier:

https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/iqb-bildungstrend-die-wichtigsten-ergebnisse/#die-wichtigsten-ergebnisse-zum-iqb-bildungstrend-2021

Prinzipiell aber weisen alle Testergebnisse der letzten Jahre (PISA, Iglu usw.) in eine Richtung, nach unten. Es folgte dann bisher theatralische Betroffenheit. Letztlich flüchtete sich die Kultusbürokratie aber wieder in jene selbsterfüllenden Prophezeiungen, die sie sich von ihren "Instituten" generieren läßt, um dann eben das zu forcieren, was in das Desaster hineinführte. Um jeden Preis möchte man eine echte Revision vermeiden, weil die das grundverordnete Menschenbild und die pauschalen Gerechtigkeits- und Gleichheitsvorstellungen in Frage stellte.

Le Chasseur

16. März 2023 10:12

@Bernard Udau
"Kausalität könnte man mit einem Vergleich von Ausgaben und Bildungsniveau natürlich nicht beweisen, aber immerhin könnte man die Mär widerlegen, es handle sich um ein Problem, das durch mehr Ausgaben zu lösen sei."
Wobei dann auch noch zu klären wäre, inwiefern man wirklich mehr ausgibt. Einen großen Anteil haben die Personalkosten. Wenn die Lehrergehälter steigen, steigen die Ausgaben. Es gibt aber genauso viel Lehrer wie vorher und die leisten nicht plötzlich 5% bessere Arbeit, nur weil sie eine Gehaltsanhebung um 5% bekommen haben (als Beispiel).
Hier eine Übersicht mit dem Anteil der Ausgaben der öffentlichen Haushalte in Deutschland für Bildung am Bruttoinlandsprodukt von 1995 bis 2022. 1995 waren es 4%, 2022 waren es 4,6%. Link

herbstlicht

16. März 2023 10:49

@Heino Bosselmann, 16. März 2023 09:42, schrieb:
»... weil die das grundverordnete Menschenbild und die pauschalen Gerechtigkeits- und Gleichheitsvorstellungen in Frage stellte«
Sah in den letzten Monaten im schwedischen Mainstream Artikel mit Überschrift/Einleitung etwa: "Du bist entscheidend für den Erfolg deiner Kinder. Aber anders als du denkst. Und du kannst dabei wenig machen."  Dann ging es um die Rolle der Genetik.  Immerhin war die Entwicklung in S seit Jahren der in D um 5--10 Jahre voraus; also durchaus möglich, daß auch in D die Schulen einmal wieder mit ihrer zweitwichtigsten Aufgabe beauftragt werden: den Dummköpfen  beibringen, daß sie Dummköpfe sind.

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.