Netzfundstücke (154) – Lotterie

»Umstritten« und »streitbar« sei er.

Der stu­den­ti­schen Fach­schaft der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät-Ber­lin kamen »metho­di­sche Zwei­fel« ob sei­ner For­schung auf und Dani­el Bax von der tief­grü­nen taz warf ihm vor, wie ein Rechts­po­pu­list zu klingen.

Die Rede ist von Ruud Koop­mans, Sozio­lo­ge an eben­je­ner Ber­li­ner Hum­boldt-Uni und in sei­nem Fach­ge­biet spe­zia­li­siert auf die Migra­ti­ons­for­schung. Koop­mans eckt an und pola­ri­siert: Bezüg­lich der deut­schen und euro­päi­schen Migra­ti­ons­po­li­tik nimmt der gebür­ti­ge Hol­län­der kein Blatt vor den Mund und spricht unver­blümt das an, wor­um ande­re Zweif­ler sei­ner Zunft für gewöhn­lich einen phra­seo­lo­gi­schen Eier­tanz veranstalten:

[Das gel­ten­de euro­päi­sche Asyl­recht] läßt vie­le Schutz­be­dürf­ti­ge völ­lig im Stich und zwingt sie, einen lebens­ge­fähr­li­chen Weg auf sich zu neh­men, um Euro­pa zu errei­chen. Zugleich bie­tet es – wenn nicht recht­lich, dann doch fak­tisch – Men­schen ein Blei­be­recht, die unse­ren Schutz weni­ger oder gar nicht benö­ti­gen, und es sind oft gera­de die­se Grup­pen von Asyl­su­chen­den, die für die erheb­li­che Gefähr­dung der öffent­li­chen Sicher­heit ver­ant­wort­lich sind […]. Das mora­li­sche Grund­prin­zip des gel­ten­den Asyl­rechts ist, dass Men­schen, deren Leben und Frei­heit in Gefahr sind, gehol­fen wer­den muss. Die Pra­xis ist aber viel bana­ler. Jeder, der es schafft, eine euro­päi­sche Gren­ze zu errei­chen, kann den Schutz des Asyl­rechts bean­spru­chen, und zwar unab­hän­gig davon, ob tat­säch­lich zwin­gen­de Schutz­grün­de vorliegen.

 Selbst wenn das Asyl­ge­such nach sorg­fäl­ti­ger und oft lang­wie­ri­ger Prü­fung abge­lehnt wird, kann fast jeder trotz­dem blei­ben, weil die Abschie­bung in die Her­kunfts­län­der nur in weni­gen Fäl­len durch­setz­bar ist oder weil das Her­kunfts­land wegen feh­len­der Doku­men­te nicht zwei­fels­frei fest­ge­stellt wer­den kann. Zugleich blei­ben sehr vie­le Flücht­lin­ge, die drin­gend unse­re Hil­fe brau­chen wür­den, außen vor, weil ihnen die kör­per­li­chen oder finan­zi­el­len Vor­aus­set­zun­gen für die schwie­ri­ge Rei­se bis zur EU-Gren­ze feh­len oder weil sie aus Län­dern stam­men, von denen aus es für sie über­haupt kei­nen gang­ba­ren Weg nach Euro­pa gibt.

Die Rea­li­tät des euro­päi­schen Asyl­sys­tems sieht daher so aus:

Wir hel­fen allen, die es über die euro­päi­schen Gren­zen schaf­fen, ganz unab­hän­gig davon, ob sie trif­ti­ge Asyl­grün­de haben oder nicht; und wir hel­fen nie­man­dem, der es nicht schafft, Euro­pa zu errei­chen, und auch das ganz unab­hän­gig davon, ob er Schutz benö­tigt oder nicht. Das euro­päi­sche Asyl­sys­tem gleicht einer Lot­te­rie um Leben und Tod, um Frei­heit und Unter­drü­ckung – einer Lot­te­rie frei­lich, bei der die Gewinn­chan­cen ungleich ver­teilt sind,

so Koop­manns in sei­nem neu­es­ten Buch Die Asyl-Lotterie.

Koop­mans Posi­ti­on gehört inner­halb der links­do­mi­nier­ten Migra­ti­ons­so­zio­lo­gie sicher­lich nicht zur Mehr­heits­mei­nung, allein auf wei­ter Flur steht er damit aber auch nicht – er weiß sie nur öffent­lich­keits­wirk­sam mit Vehe­menz einzunehmen.

Dabei wird man bei Koop­mans kei­ne grund­le­gen­de Migra­ti­ons­kri­tik fin­den, son­dern viel­mehr eine wirt­schafts­li­be­ra­le Migra­ti­ons­be­für­wor­tung, die sich um eine Tren­nung von Migra­ti­on und Asyl bemüht und einer ratio­nal selek­tie­ren­den Migra­ti­ons­po­li­tik das Wort redet.

Sezes­si­on-Lite­ra­tur­re­dak­teu­rin Ellen Kositza lei­tet ihre loben­de Video­re­zen­si­on für Koop­mans Asyl-Lot­te­rie gleich mit der durch­aus zutref­fen­den poli­ti­schen Selbst­ver­or­tung des Autors ein: linksliberal.

Nur hält Koop­manns poli­ti­sche Ein­stel­lung ihn nicht davon ab, die ekla­tan­ten Schwä­chen des aktu­el­len Migra­ti­ons­re­gimes her­aus­zu­schä­len und die damit ver­bun­de­nen Pro­ble­me klar zu benen­nen. Mit die­ser Hal­tung engen ihn auch kei­ne Berüh­rungs­ängs­te ein. Das führt wie­der­um zu Auf­trit­ten wie unlängst im You­Tube-For­mat des ehe­ma­li­gen Bild-Redak­teurs Ralf Schul­er »Schul­er! Fra­gen, was ist« – ange­glie­dert an Juli­an Rei­chelts Rome Medien:

Fach­spe­zi­fi­scher und auf lei­se­ren Pfo­ten kommt hin­ge­gen sein Gespräch mit dem Kul­tur­wis­sen­schaft­ler Phil­ipp Huebl daher. Wer einen Ein­blick erhal­ten möch­te, wie die Metho­dik hin­ter Dis­kri­mi­nie­rungs­stu­di­en und den dar­über nach­ge­wie­se­nen »Ras­sis­mus« aus­sieht, der soll­te hier einschalten:

Koop­mans Asyl-Lot­te­rie erhal­ten Sie indes direkt hier, bei Antaios.

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Kommentare (3)

MarkusMagnus

3. April 2023 10:55

Interessant ist mit Sicherheit auch das dieser UN-Migrationspakt zum Grossteil auf das Bemühen Marokkos zustande kam. Die politischen und finanziellen Berater des Königs sind keine ethnischen Marokkaner. 

Niekisch

3. April 2023 10:59

Zum Panoptikum des Absurden zählt auch dies: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundesverfassungsgericht-kinderehe-101.html   https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/02/ls20230201_1bvl000718.html
Der deutsche Steuerzahler darf in Zukunft Unterhalt für eine in Syrien mit einem 18- jährigen Syrer verheiratete 9-Jährige zahlen, wenn die in Deutschland eigentlich ungültige, aber in Zukunft nach neuem Gesetz nur schwebend unwirksame Ehe mit Heiratsfähigkeit der "Ehefrau" gültig wird und sich der Ehemann bis dahin der Unterhaltspflicht durch Absetzen ins Ausland entzieht. 
 

tearjerker

3. April 2023 17:10

Straffällig wird man, wenn man sich erwischen lässt. Wesentlich weniger anstrengend und gefahrlos ist es, ein Soziologie-Racket aufzubauen. Und wer mögen die geheimnisvollen Berater des marrokanischen Königs sein? Der Mob? Die Kartelle? Zufallsfiguren? 🤔

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