Unsere Aufgabe

PDF der Druckfassung aus Sezession 111/ Dezember 2022

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Einer schrieb: »Seit der Flücht­lings­kri­se 2015 zäh­le ich zu den Abon­nen­ten Ihrer Zeit­schrift. Heu­te, Ende 2022, befin­det sich das poli­ti­sche Sys­tem der BRD und damit unser Vater­land in einer noch nie dage­we­se­nen Krise.

Den Mäch­ti­gen des Lan­des gelingt nicht mehr viel, sie ste­hen mit dem Rücken zur Wand. Stein­mei­ers Rede vom 28. Okto­ber ist eine Kapi­tu­la­ti­ons­er­klä­rung, sie ist das Ein­ge­ständ­nis, daß man am Ende ist. In die­ser Situa­ti­on ist für alle alter­na­ti­ven Kräf­te Ori­en­tie­rung gefragt. Die­se Erwar­tung rich­tet sich nicht zuletzt, son­dern vor allem auch an Ihre Zeit­schrift. Es geht um die Ver­mitt­lung von Klar­heit im Mach­ba­ren. Wo bleibt der Aus­blick? Sind wir nur stark auf Neben­kriegs­schau­plät­zen? Wer geht aufs Gan­ze? Was kann und was muß getan wer­den, und zwar jetzt? Ver­su­chen Sie bit­te, dar­auf eine Ant­wort zu geben«.

Und nun? Erst mal: Die­ser Leser schrieb zu Recht, er erwar­tet zu Recht etwas von uns – eine kla­re Stim­me, eine Lage­durch­drin­gung, ein paar in den Boden (den Morast) geklopf­te Weg­wei­ser, jeden­falls mehr als bloß Empö­rung. Die Eck­punk­te sind ja klar: Sou­ve­rä­ni­tät, Gren­zen, Nor­ma­li­tät, Sicher­heit – »das Wohl des deut­schen Volkes«.

Aber: Mit der Ver­mitt­lung von Klar­heit im Mach­ba­ren ist das so eine Sache. Das Mach­ba­re, die Umset­zung – ist es die Auf­ga­be einer ums Grund­sätz­li­che krei­sen­den Zeit­schrift, dies zu for­mu­lie­ren, oder doch eher die einer Par­tei? Bemü­hen wir das Bild vom »rech­ten Mosa­ik« (wobei die­ses Bild ein Sich-Ergän­zen, ein Gesamt­ge­fü­ge unter­stellt, wo sol­ches gar nicht gege­ben ist): In die­sem »Mosa­ik« waren im Wan­del die Plät­ze der Sezes­si­on über die Jah­re folgende:

Die gewag­te Neu­grün­dung einer Zeit­schrift 2003 mit­ten in den blei­er­nen Jah­ren, kon­zi­piert als Nach­fol­ge­rin des ver­blüh­ten Cri­ticón; die Selbst­ver­ge­wis­se­rung einer jun­gen Gene­ra­ti­on von Publi­zis­ten, die sich rech­te Theo­rie aneig­ne­ten, Ent­de­ckun­gen mach­ten, ihren Ton fan­den und den Schnell­ro­da-Sound präg­ten; ab 2011 strot­zen­des Selbst­be­wußt­sein, an einem sich abzeich­nen­den rechts­kon­ser­va­ti­ven Auf­bruch als Stich­wort­ge­ber betei­ligt zu sein; 2014 und 2015 Betei­li­gung an einer not­wen­di­gen Palast­re­vol­te inner­halb der AfD, die sonst nicht wäre, was sie ist: eine Alter­na­ti­ve; seit 2015 prä­gen­des Pro­jekt in einem Kul­tur­kampf, der das Feuil­le­ton auf­misch­te und die Anwe­sen­heit rech­ter Intel­li­genz schock­ar­tig im Bewußt­sein des selbst­ge­fäl­li­gen, mit sich selbst zufrie­de­nen poli­tisch-media­len Kom­ple­xes ver­an­ker­te; Grün­dungs- und Auf­bau­hel­fer für ein hal­bes Dut­zend Ver­la­ge, Pro­jek­te, Bewe­gun­gen, die sich dadurch ent­wi­ckeln und eman­zi­pie­ren konn­ten; par­al­lel dazu Teil jener ers­ten Rei­he, die einen Groß­teil der Denun­zia­ti­on und der Kri­mi­na­li­sie­rung durch Medi­en und Behör­den abzu­fan­gen hat­te; bis heu­te Abnut­zungs­kämp­fe vor Gericht, auf Buch­mes­sen, in den Ver­triebs­struk­tu­ren des Buch­mark­tes und im Internet.

Man notiert so etwas, um eine Ant­wort auf die oben gestell­ten Fra­gen vor­zu­be­rei­ten. Sie schält sich her­aus und kann als Gegen­fra­ge gege­ben wer­den: War es je unse­re Auf­ga­be, unse­ren Lesern zu sagen und vor­zu­schla­gen, was im ein­zel­nen gegen die Zer­stö­rung unse­res Lan­des zu machen sei? Nein, das war und ist unse­re Auf­ga­be nicht. Unse­re Auf­ga­be ist schon immer die gewe­sen, mög­lichst unver­stellt wahr­zu­neh­men und dafür zu sor­gen, daß sich die poli­ti­sche und die meta­po­li­ti­sche Oppo­si­ti­on von rechts nichts, aber auch gar nichts über die Kräf­te­ver­hält­nis­se im Land vormacht.

Wenn über­haupt jemand die Leh­re ver­in­ner­licht hat, die der Katzen­tisch für uns bereit­hielt, dann wir. Einer den­ken­den, grund­sätz­li­chen und ernst­haf­ten Rech­ten eine Stim­me zu geben, die sich weder wie ein Jam­mer­ton anhört noch wie ein Geschäfts­mo­dell und auch nicht wie abge­si­cher­ter Bier­fa­schis­mus – das hat­te und hat ord­nen­de Wir­kung. Die­se ord­nen­de Wir­kung ist not­wen­di­ger denn je, jetzt, da sich das alter­na­ti­ve Lager in den für die Oppo­si­ti­on vor­ge­se­he­nen Betei­li­gungs­struk­tu­ren ein­zu­rich­ten beginnt und jener Wider­stands­ton, der vor zehn Jah­ren so neu klang, Gefahr läuft, zum Jar­gon zu verkommen.

Kann der Leser, der oben frag­te, mit die­ser Ant­wort zufrie­den sein? Er kann zufrie­den sein, wenn er begreift, wel­che Rol­le wir spie­len. Für alles ande­re (für die täg­li­che Empö­rung, für die Auf­de­ckung des nächs­ten Skan­dals, für die Ton­lei­ter aus der Hoff­nungs­tu­ba) sind ande­re zuständig.

 

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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