Hilaire Belloc: Die Französische Revolution

von Felix Dirsch --

Der britische Schriftsteller Hilaire Belloc (1870 – 1953) wird dank neuerer Übersetzungen seiner Werke im deutschsprachigen Raum zuletzt vermehrt entdeckt. Der Renovamen-Verlag hat sich dabei besonders verdient gemacht.

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Der Inter­es­sier­te kann sich so ein Urteil über sein Schaf­fen bil­den, das Kri­ti­kern auf­grund angeb­li­cher anti­se­mi­ti­scher Unter­tö­ne als kon­ta­mi­niert gilt. ­Bel­locs katho­lisch-kon­ser­va­ti­ver Ansatz, ins­be­son­de­re sei­ne wirt­schaft­li­che Gedan­ken­welt, rich­te­te sich gegen libe­ra­le wie kol­lek­ti­vis­tisch-kom­mu­nis­ti­sche Vor­stel­lun­gen. Man zählt ihn, auf der Linie ­Oth­mar Spanns, übli­cher­wei­se zur dis­tri­bu­tio­nis­ti­schen Denktradition.

Für Bel­loc, der sich in wich­ti­gen Tei­len sei­nes Œuvres mit der Moder­ne aus­ein­an­der­setz­te, war sei­ne Beschäf­ti­gung mit der Fran­zö­si­schen Tra­di­ti­on zen­tral. Sein beson­de­res Inter­es­se im Rah­men die­ser kom­ple­xen The­men­stel­lung galt dem Ver­hält­nis von »Revo­lu­ti­on und Kir­che«. Die­se Pro­ble­ma­tik brach­te auch in der deut­schen Debat­te längst klas­sisch gewor­de­ne Schrif­ten, von Karl-Diet­rich Erd­mann bis Hans Mai­er, hervor.

Bel­loc gelingt es, ver­schie­de­ne wich­ti­ge Aspek­te der viel­schich­ti­gen Sach­ver­hal­te in sei­ne Erör­te­run­gen ein­zu­be­zie­hen. Am Anfang stellt er in Grund­zü­gen das Theo­rie­ge­bäu­de der Revo­lu­ti­on dar. In des­sen Mit­tel­punkt steht zumeist der Gedan­ke der Volks­ver­tre­tung durch bestimm­te Kör­per­schaf­ten. Jean-Jac­ques Rous­se­aus Radi­ka­lis­mus zeigt sich nicht zuletzt dar­in, daß er mit sol­chen Absich­ten der Refor­mer bricht, die in die­ser Hin­sicht Vor­bil­der in ande­ren Regio­nen der Welt, vor allem in den damals jun­gen Ver­ei­nig­ten Staa­ten, gefun­den hat­ten. Ange­sichts sei­ner Stel­lung ist die aus­führ­li­che Berück­sich­ti­gung des Ver­fas­sers des Cont­rat social begreiflich.

Bel­loc ver­bin­det die per­so­nen- mit der struk­tur­ge­schicht­li­chen Betrach­tungs­wei­se. So wer­den her­aus­ra­gen­de Vor­den­ker und Akti­vis­ten der Umwäl­zung por­trä­tiert, radi­ka­le­re wie gemä­ßig­te, neben ande­ren Mira­beau, Dan­ton, Marat und Robes­pierre. Aus­führ­lich erör­tert der Autor die ver­schie­de­nen Pha­sen des revo­lu­tio­nä­ren Geschehens.

Für den als »mon­ar­chi­schen Reak­tio­när« bekannt gewor­de­nen Ver­fas­ser ist sei­ne im Grun­de genom­men wohl­wol­len­de Bewer­tung der Ereig­nis­se über­ra­schend. Erstaun­lich ist eben­so, daß die (teil­wei­se pro­mi­nen­ten) Geg­ner der Revo­lu­ti­on über­gan­gen wer­den, die ihre hef­ti­ge Oppo­si­ti­on vor allem auf die fun­da­men­ta­len Angrif­fe auf christ­li­che Glau­bens­über­lie­fe­run­gen und die ein­schnei­den­den geno­zi­da­len Aus­wüch­se gründeten.

In der Tat sym­pa­thi­sier­te ein gro­ßer Teil des nie­de­ren Kle­rus im Vor­feld der Rebel­li­on mit Ideen und Taten der Auf­stän­di­schen. Die­se Über­ein­stim­mung ist pri­mär in der Zustim­mung zur Kate­go­rie der Gleich­heit zu suchen. Sie emp­fing aus der christ­li­chen Tra­di­ti­on wesent­li­che tugend­ethi­sche Impul­se, aber erst in der Neu­zeit wur­de der Gedan­ke der Ega­li­tät in strukturen­ethischer Hin­sicht suk­zes­si­ve umge­setzt. »1789« fun­gier­te als gro­ßer Katalysator.

Kon­sens­fä­hig ist Bel­locs Ansicht, erst die Radi­ka­li­sie­rung im Ver­lauf der Gescheh­nis­se habe zu einer weit­rei­chen­den Dia­sta­se von Glau­be und Revo­lu­ti­on geführt. Der Eid auf die Zivil­kon­sti­tu­ti­on war bezüg­lich die­ser Ent­wick­lung eine zen­tra­le Etap­pe. Dar­an schloß sich die ers­te Chris­ten­ver­fol­gung der Moder­ne in Euro­pa an. Unstrit­tig ist die Argu­men­ta­ti­on ­Bel­locs, daß die letz­te Pha­se des ­Anci­en régime nicht als Blü­te­zeit der katho­li­schen Glau­bens­leh­re und ‑pra­xis cha­rak­te­ri­siert wer­den kann. Das ist schon an der Domi­nanz der gal­li­ka­ni­schen Natio­nal­kir­che zu erken­nen. Sie agier­te offen rom­feind­lich und wirk­te weit­hin nur als Zier­de eines Sys­tems, des­sen Nie­der­gang lan­ge vor sei­ner fak­ti­schen Abschaf­fung kaum zu über­se­hen war.

Bel­locs Aus­füh­run­gen zum The­ma sind durch­aus lesens­wert. Aber Wesent­li­ches zur bekann­ten Pro­ble­ma­tik der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on kön­nen sie nicht bei­tra­gen. Auch Meis­ter­au­to­ren sind nicht immer in der Lage, ihre Gren­zen zu verbergen.

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Hilai­re Bel­loc: Die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on. Wen­de­punkt der Geschich­te, Bad Schmie­de­berg: Reno­va­men-Ver­lag. 304 S., 16 €

 

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