Ich zähle zu einer seltenen Spezies

... insofern es ein Utensil betrifft, das fast so gebräuchlich ist wie die Wassertoilette: das Smartphone.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

63 Mil­lio­nen der Deut­schen nut­zen es. De fac­to nut­zen alle es, bereits die Zehn­jäh­ri­gen, sogar dar­un­ter. Aus­nah­me: die (zahl­rei­chen) Hoch­grei­sen. Die Sieb­zig­jäh­ri­gen tun noch mit, 68% der 70plus-jäh­ri­gen ver­fü­gen über ein sol­ches Zaubergerät.

Ich nicht – weil ich alles dar­an has­se. Black boxes sind mir ohne­hin ein Greu­el. Ich ver­su­che zu begrei­fen, was ich täg­lich nut­ze. Logisch schei­te­re ich dau­ernd. Mei­ne jüngs­te Toch­ter hat unter Anlei­tung immer­hin einen eige­nen Rech­ner gebaut und kann ein biß­chen pro­gram­mie­ren – da bin ich längst ausgestiegen.

Oft – ja, es ist nicht schön – über­wiegt natür­lich der Nut­zen. Ich kann beim bes­ten Wil­len nicht ohne Licht und ohne Rech­ner. Aber ich kann ohne Smartphone!

Der orwel­les­ke Charme der Nut­zung eines Smart­phones ist kaum über­biet­bar. Hät­te unser Ver­lag bereits 1990 exis­tiert, und ein Autor hät­te ein Sci­Fi-Manu­skript ein­ge­reicht, in dem alle Erwach­se­nen frei­wil­lig ein (im Zwei­fel) jeder­zeit ort­ba­res Gerät bei sich tra­gen, hät­ten wir von dys­to­pi­scher Über­trei­bung gesprochen.

Aber dann wären uns Eumes­wil und Helio­po­lis in den Sinn gekom­men, der “Pho­no­phor” also, mit dem Ernst Jün­ger hell­sich­tig zugleich Funk­ti­on und Sta­tus­sym­bol vor­weg­nahm, und wir hät­ten den Roman gedruckt, denn dies alles könn­te es ein­mal geben …

Smart­phonen­ut­zung ist ästhe­tisch ein Unding: Mei­ne Kin­der kön­nen 1a nach­ma­chen, wie Leu­te mit 60 plus ihr Gerät­chen bedie­nen. Auf Arm­län­ge gehal­ten (klas­si­sche Alters­weit­sich­tig­keit), die Fin­ger tap­sen viel weni­ger flott als bei den Digi­tal nati­ves: „Aber wart ´mal, das ist es… oder das… nee schau mal hier… ach, ist das nicht stark, guck mal, hier der Film, hopp­la, jetzt springt das Bild um…“

Alte und ihr Gerät, ein The­ma für sich. Es ist nicht schön. Es ist nicht mal dann nied­lich, wenn man mit die­sen Alten ver­wandt ist. Alles wird gespei­chert. Der letz­te “Call“ eben­so wie die letz­ten Boo­mer­witz­chen. Alles kann erneut abge­spielt wer­den und wird es im Zwei­fel auch.

Weil ich die Alten ja mag, schau ich mir´s natür­lich den­noch an. Wie eine Kat­ze zwei Pur­zel­bäu­me macht. Wie Ange­la Mer­kel ein Satz vom GröFaZ unter­ge­scho­ben wird. Wie ein Kli­makle­ber heu­len muß. Oder so Sachen, wo man gaa­anz weit nach unten scrol­len muß, um dann die Poin­te, ver­ziert mit „lach-mich-kaputt“-Smileys, prä­sen­tiert zu bekommen.

Schon klar: Sie, jun­ger Herr, nut­zen Ihr Smart­phone nicht für sol­chen Quatsch. Nur – in Ihrer Stel­lung kön­nen Sie ein­fach nicht ohne! „Es wird ein­fach erwar­tet“, ich weiß. Erwar­tun­gen soll­te man ja auch erfül­len! Wo kämen wir hin, wenn man sich sperrte!

Und Sie, ver­ehr­te Dame, sehen ihr Ding­lein auch nur ganz prag­ma­tisch. Nein, kein Rum­ge­dad­del, nie! Nur rein infor­ma­tiv. Eigent­lich nur „zur Not“. Logisch! (Not ist fast immer.)

Jun­ge Leu­te und ein gesenk­ter Blick: ein Signum die­ser Zeit. Ob in der U‑Bahn, im War­te­zim­mer oder auf der Fami­li­en­fei­er. Es ist kein Zufall. Das Din­gel­chen wirkt ein­fach magnetisch.

Ich hin­ge­gen hof­fe, funk­los durch­hal­ten zu kön­nen. War­um? Ich habe „null Bock“ auf irgend­ein aus­ge­la­ger­tes elek­tro­ni­sches Teil, das irgend­wie mit mei­ner Iden­ti­tät ver­knüpft wäre. Ich mag mich an gar kei­ne Lei­ne legen und “ort­bar” wer­den. Ob´s funk­tio­niert? Bis­her schon.

Ja, es wird schwie­ri­ger. Und zuge­ge­ben bin ich dann doch immer wie­der auf die Hil­fe derer ange­wie­sen, die das Ding eben nut­zen. Ich betrei­be seit 21 Jah­ren aus­schließ­lich Online­ban­king und war seit­her nie (!) phy­sisch in einer Bank­fi­lia­le. Ohne Smart­phone läuft das seit eini­ger Zeit nichts mehr. Gut, daß ich eine Freun­din habe, die mei­ne PINs freigibt.

Das 49-Euro-Ticket soll es auch ab 2024 nur mehr auf dem Smart­phone geben. Gut, daß ich nicht auf so ein Ticket ange­wie­sen bin. Aber ich mer­ke, daß es enger wird. Ich schwö­re: Ich kann sehr stur sein.

Als DB-Viel­fah­re­rin (stets mit etli­chen Kin­dern) hat­te ich han­dy­los schon früh das Nach­se­hen. Das (zuvor von mir viel­fre­quen­tier­te) ICE-Bord­te­le­phon wur­de bereits irgend­wann in den Nuller­jah­ren abge­schafft. Ich bin mir sicher, daß ich sei­ne letz­te Nut­ze­rin war.

Als ich noch zahl­rei­che klei­ne Kin­der hat­te, lie­ßen mich Bahn­mit­ar­bei­ter mei­ne Ver­spä­tun­gen an die Ver­wandt­schaft tele­pho­nie­ren. Nie ein Pro­blem! Ner­vig: ja. Aber nicht ner­vi­ger, als sich stets um ein Auf­la­den, ein Mit­füh­ren, das Kabel­pro­blem, das Schwä­cher­wer­den des Akkus zu kümmern.

Mitt­ler­wei­le spre­che ich in sol­chen Fäl­len (noto­ri­sche Bahn­ver­spä­tung, häu­fig) Mit­rei­sen­de an: Ob sie mich “gegen Bezah­lung” mal bit­te einen kur­zen Anruf täti­gen lie­ßen? Bezah­lung ist sel­ten fäl­lig, ein „Nein“ höre ich fast nie. Zwei­mal, das war beson­ders schön, wur­de ich als „die Frau Kositza, ger­ne!“ iden­ti­fi­ziert, wow!

Ist das nicht ernied­ri­gend und Bet­te­lei: wild­frem­de Leu­te um einen Anruf zu bit­ten? Kann man mei­nen, ich – mit Nei­gung zur „Volks­ge­mein­schaft“ – habe ein ande­res Emp­fin­den. Die Leu­te sind meist froh, mir einen Gefal­len getan zu haben.

Neu­lich war ich ein paar Tage „inter­na­tio­nal“ unter­wegs. Daß die Tele­com öffent­li­che Fern­spre­cher nun demon­tiert, war mir bewußt. Daß es am Flug­ha­fen BER schlicht kei­nen ein­zi­gen mehr gäbe, hin­ge­gen nicht. Auch an mei­nem Ziel­punkt Lon­don Gat­wick gab es kei­nen sol­chen mehr.

Was soll ich sagen? Es war groß­ar­tig. Mei­ne Leu­te wis­sen, daß ich smart­phon­e­frei bin. Inso­fern gab es kei­nen Recht­fer­ti­gungs­drang für mei­ne Nicht­er­reich­bar­keit. Ein­fach paar Tage pure Stil­le: wie schön! Kei­ne Nach­rich­ten, kein Twit­ter, kei­ne pri­va­ten Kurz­auf­re­ger. Ein­fach Ruhe.

Es ist so ein­fach. Wäre ich Influen­cer, wür­de ich eine Initia­ti­ve #smart­phon­e­frei grün­den. Aber ich habe ja kein Smart­phone, um zu influen­cen. Inso­fern vom Hard­desk aus: „Frü­her hin­gen Tele­fo­ne am Kabel, und die Men­schen waren frei.”

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (59)

MARCEL

9. Mai 2023 10:01

Das eigentlich Perfide ist nicht so sehr, dass es solche Instrumente überhaupt gibt, sondern dass sie denjenigen, die solches (aus den verschiedensten Gründen) ablehnen, zukünftig kaum noch eine Alternative lassen.
Das Ineinandergreifen von Utensil und Spielzeug, von Arbeit und Unterhaltung begründet die unentrinnbare Faszination sowie den kinderleichten Mißbrauch durch Machthaber. So einfach war es noch nie!
Je smarter, desto enger
Je vielfältiger, desto eintöniger (und zwar weltweit )
Überall im Nirgendwo
 

RMH

9. Mai 2023 10:02

Das Thema Digital lässt sich noch in anderen Oktaven spielen. Ich gehöre bspw. zur Gattung der Altautofahrer und Nichtbenutzer sog. "Navis", die ja auch mehr und mehr durch Navigation mittels Smartphone abgelöst werden. Was einem als Nicht "Navi" Nutzer auffällt ist, dass die Straßenbeschilderung stark nachlässt, von der Nummerierung der Häuser ganz zu schweigen. Paketboten ohne technisches Hilfsmittel? Heute unmöglich. Als Zeichen des Wohlstands und des vermeintlichen "Inkognitos" beschriften dann gerade die, die eine digitale Spur wie ein Brontosaurus im Schlamm hinterlassen, ihre Briefkästen oder Hausklingeln nicht mehr und belassen es beim "Max Mustermann" - verleiht zudem einen Hauch von Erstbezug.
Die Banken, hier besonders Sparkassen und die Genossenschaften auf dem Land, nutzen die digitale Distanz der Älteren wiederum schamlos aus, denn die fast 2/3 der Älteren mit Smartphone dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass beim Geld die ältere Generation sicher noch konservativer ist und das online banking oder gar eine online Bank nicht besonders nutzen (zu unsicher! Da hebt wer Fremdes ab! Habs im Fernsehen gesehen!) und dann auf hohen Gebühren fürs Konto und mittlerweile gnadenhalber gewährten 0,01% Zinsen für die ersparte "Lebensleistung" sitzen bleiben (für mich ist hier die Altersdiskriminierung Geschäftsmodell).

deutscheridentitaerer

9. Mai 2023 10:05

Die Dinger sind wirklich ein Fluch. Ich besitze zwar auch keins und komme so gut zurecht, aber schon wie andere es ständig nutzen, teils mitten im Gespräch, nervt unglaublich.Dass Kinder das in die Hand gedrückt bekommen und es an Schulen geduldet wird, ist dabei das Schlimmste. Die ganzen Zoomer sind ja schon ruiniert durchs Internet, aber deren Eltern kann man man noch, mit etwas gutem Willen, Ahnungslosigkeit bezüglich der damit einhergehenden Probleme unterstellen. Das kann man über die heutige Elterngeneration um zwischen 30 und 40 nicht mehr sagen.

Ein gebuertiger Hesse

9. Mai 2023 10:11

Jawollja. Noch jemand, der das Teil nicht hat und nicht ausstehen kann. High Five von Ihrem Landsmann, Frau Kositza!

wolfdieter

9. Mai 2023 10:37

Technischer Hinweis, das 49€-Ticket braucht kein Handy. Das Codefeld als Papierausdruck tuts auch.

wolfdieter

9. Mai 2023 10:42

Auf die Gefahr, mich hier unbeliebt zu machen – so einen Billigheimer führe ich mit. Allerdings stapfe ich nicht mit Blick aufs Handy über den Zebrastreifen, noch habe ich Draht zu den verfügbaren Spielen. Zwo Gründe: außer Telefonbuch und Hirnprothese (Notizblock) auch für Eventualitäten.

t.gygax

9. Mai 2023 10:42

Kleine Anekdote:wollte in Sachsen-Anhalt auf dem Lande ein Girokonto einrichten,früher gab es einen TAN-Generator,der zusammen mit der Bankcard für online-banking,das ich seit Jahrzehnten nutze,die entsprechenden TAN-Nummern erstellte. Die sehr freundliche Bankerin teilte mir mit, daß diese TAN Generatoren abgeschafft würden und das Ganze über eine App am Smartphone zukünftig geht. Im Endeffekt wurde es dann auch so, weil die Hauptstelle das online-banking eh schon auf die App umgestellt hatte, die Praxis des Generators war dort gar nicht mehr bekannt......und an der Hochschule, in der ich einen Lehrauftrag habe, kommt man ins System inzwischen auch nur noch über eine auf dem Smartphone installierte App ,da geht sonst nichts mehr. Technik entwickelt sich weiter, einfach so,ob irgend etwas dadurch besser wird,interessiert niemand....Friedrich Georg Jünger hatte in seinem Buch "Die Perfektion der Technik" von 1939 (!!!!) absolut recht: "Der Fortschritt der Technik liegt immer nur im technischen Bereich". Weitere Literaturempfehlung: die Aufsätze des Ingenieurs und Unternehmers Max Himmelheber in SCHEIDEWEGE, gibt es antiquarisch,z.t.herausragende Texte zum Thema Technik und Mensch.

Volksdeutscher

9. Mai 2023 10:53

„Früher hingen Telefone am Kabel, und die Menschen waren frei.”
So ist es. Auf jeden Fall freier. Deshalb habe ich auch so ein Telephon aus den 90-er Jahren, es ist übrigens auch in Benutzung. Mein Mobiltelephon (Handy) führe ich "so gut wie niemals" mit mir, um frei zu sein. Oder mich so zu fühlen. Es ist nur dazu da, daß man mich erreicht. Ich benutze es äußerst selten und wenn, dann nur deshalb, weil Auskunft oftmals automatisiert ist ("dann drücken Sie bitte die Taste 1"), da kann das alte Gerät mit der Tastenfunktion einfach nicht mitreden.... Ich habe mir, bewußt der Problematik, auch ein altes Mobiltelephon gekauft, dieses seifendosenähnliche von Samsung, ebenfalls aus den 90-ern. Solange es Akkumulatoren dazu gibt, läuft das Ding und wer kein Kind seiner Zeit ist, kommt damit locker um die Runden und empfindet dessen beschränkte Funktionalität nicht als Hindernis. Meines Wissens ist es auch nicht ortbar. Es gibt noch ältere Modelle, die sind es bestimmt nicht.

Suedburgunder

9. Mai 2023 11:48

Halten Sie durch, Frau Kositza! Ich bin zwar im Besitz eines Smartphones, gebe mir aber die größte Mühe, es nicht in der Öffentlichkeit zu benutzen. In Wartezimmern und Verkehrsmitteln gehöre ich zur seltenen Spezies der Printmedienleser, gern auch ostentativ in SEZESSION, COMPACT u.ä.
Fußgänger, die hastigen Schrittes ihr Spielgerät beim Sprechen wie eine Butterschnitte vor dem Mund halten, haben für mich, um es mit Karl Lagerfeld zu sagen, die Kontrolle über ihr Leben verloren.
 

Gimli

9. Mai 2023 11:48

Der Beitrag erinnert mich an irgendeinen modernisierungskritischen Schirrmacher-Beitrag in der FAZ (Jahrzehnte her) und löst bei mir -als geradezu Veränderungssüchtigem- trotzige Abwehr aus. Immerhin gibt die Autorin immer wieder auch zu, dass ihre Position nicht wirklich objektivierbar ist. Die Technik hinterm Onlinebanking verstehen die Wenigsten, ebenso wie der Strom in den E-Herd kommt oder in den ICE, wie der Sortieralgorithmus in Excel funzt bzw dass es viele gibt (spannendes Thema), wie die Vermittlung von Telefonaten oder das Internet usw ... so ist das halt mit der arbeitsteiligen Welt. Es ist aber auch egal. Wir sind von so viel Technik abhängig, dass ich nun keiner Telefonzelle (eh immer versifft und nicht schallgedämpft, unpassendes Münzgeld etc ...) oder einem analogen Bahnticket mehr nachweine (man kann es vergessen haben = Akku des iPhone is alle). Wer das iPhone zu seinen Ungunsten nutzt, ist selber schuld - man hat es im besten Wortsinn selber in der Hand. Der übergeordnete Trend heißt Digitalisierung und Widerstand dagegen ist sinnlos sowie kräftezehrend. Das sage ich nicht triumphierend, sondern in "is' halt so"-Haltung. Gewöhnt Euch dran.

RMH

9. Mai 2023 12:41

"Meines Wissens ist es auch nicht ortbar. Es gibt noch ältere Modelle, die sind es bestimmt nicht."
Die Ortung eines Handies hat nichts mit Smart- oder Nicht-Smartphone zu tun.
Ansonsten sehe ich es auch pragmatisch. Auch ein Smartphone kann man über Stunden einfach ausgeschaltet lassen.

LaTorreMurcia

9. Mai 2023 12:49

Frau Kositza befindet sich in der Zwickmühle der "halb-digitalen" Jahrgänge, zu denen ich (1970) natürlich auch gehöre. Wir tun uns - sicher auch abhängig vom beruflichen & privaten Umfeld - schwer damit, digitale Entwicklungen unvoreingenommen anzunehmen und ganz pragmatisch als solide Werkzeuge zur besseren Meisterung des Alltags anzusehen.
Da Kositza selbst das Thema Reisen/Auslandsreisen erwähnt, muss ich am Beispiel dieses Themenfeldes die Lanze fürs tragbare Internet=smartphone brechen:
Bin zur Zeit wieder in Spanien und benutze das smartphone, um die Bahn- und Flugtickets zu verwalten, beim Einchecken, um Änderungen zum Reiseverlauf zu erfahren (Änderung Zeiten, Bahn-/Flugsteige), damit ich am Zielort ein Uber bestellen kann, beim Einchecken in die Finca und schließlich für die Kommunikation mit der spanischen Haushälterin per Übersetzungs-App. Später widme ich mich meiner gewohnten Lektüre mit Hilfe des Smartphones/tablets, schreibe diesen Kommentar hiet und heute Abend freue ich mich auf einen videocall mit meiner Frau. 
Brave new world - danke, Steve Jobs!
Analog ginge manches vom obigen auch, nur unendlich mühseliger.
 

quer

9. Mai 2023 13:01

Das Thema ist für mich die Frage nach der Unabhängigkeit. Der moderne Sklave demonstriert seine Fessel durch Gebrauch. So ein Händi ist eine feine Sache. Es kann nützlich sein, im Falle des Falles Hilfe anzufordern: Beim Pilzesuchen im Wald, bei Touren im Hochgebirge. Dafür wurde es erfunden und in der Folge verschlimmbessert. Selbst als Selbständiger und Inhaber einer Firma hatte ich es nie nötig, für Dritte verfügbar zu sein. Es ging auch niemandem etwas an, wo ich gerade war. Mein KFZ - fast ohne Elektronik - verbirgt mich sorgfältig vor der Neugier Unbefugter. Milchglas ist hell, aber undurchsichtig. Darauf komm es an. Besonders in Zeiten die diesen.
PS: Immer wieder lustig zu sehen, wie Menschen gebeugten Schrittes am nächsten Laternenmast kleben bleiben.....

Peter Gamon

9. Mai 2023 13:12

Ja, die digitale Leine wird kürzer. Dadurch wird aber auch meine Absetzbewegung stärker. Ich lasse das Ding einfach häufiger zu Hause liegen und dort oft ohne Beachtung. Scheint mir zu gelingen: Wenn ich es dann brauche, ist oft der Akku leer.

Alex Schleyer

9. Mai 2023 13:57

@Gimli spricht mir hier aus der Seele. Wenigstens einer, der nicht reflexartig alles Technologische verteufelt.
Jeden Gegenstand kann man richtig oder falsch nutzen, die Technikaversion der Rechten ist nur ein Ausdruck einer generellen Rückwärtsgewandtheit und damit Zukunftslosigkeit. Die Globalisierung und Digitalisierung ermöglichen nämlich nicht nur den Zugriff des Staates, sondern uns auch, uns eben ihm gezielt zu entziehen.
Wir können verschlüsselt kommunizieren, unser Vermögen entziehen, unsere wirtschaftliche Tätigkeit internationalisieren, eigentlich alles von uns in endlos viele Standorte verlagern. Herr Haldenwang dagegen sitzt in den Grenzen der BRD; unser Geld, unsere Firmen, unsere Gedanken dagegen können irgendwo sein und Herr Haldenwang sich gehackt legen. Dafür müsste man aber halt wissen, wie!

Phil

9. Mai 2023 14:24

Ich gehöre zu einer noch selteneren Spezies: nicht mal ein "dummes" Handy, nie gehabt, will keins.
 
Ist echt so: Man sitzt hinten im Bus, genießt den Sonnenuntergang, und alle anderen starren auf ihr mobiles Endgerät.

herbstlicht

9. Mai 2023 14:33

Nach nur flüchtiger Durchsicht, da ich von tieferer Sachlunde der Technik nichts gesehen habe: empfehle, sich auf YT Vorträge/Gespräche mit Richard Stallman anzuschauen; z.B.  hier  .    (Mobiltelefone kommen gegen Ende des Gesprächs dran).
Man lasse sich von der barocken Erscheinung des Burschen nicht täuschen; in jungen Jahren war er berühmt-berüchtigt für seine außergewöhnlichen Fähigkeiten im Reverse-Engineering von Computer-Code.

Le Chasseur

9. Mai 2023 14:34

@MARCEL
"Das eigentlich Perfide ist nicht so sehr, dass es solche Instrumente überhaupt gibt, sondern dass sie denjenigen, die solches (aus den verschiedensten Gründen) ablehnen, zukünftig kaum noch eine Alternative lassen."
Die Politikwissenschaftlerin und Publizistin Ulrike Guérot hat kürzlich angekündigt, dass sie zusammen mit anderen eine Initiative starten will, in der es um das Recht der digitalen Enthaltsamkeit geht (ich habe die genaue Formulierung leider vergessen). Es geht darum, dass auch Menschen ohne Smartphone normal und ohne Schwierigkeiten am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können müssen.

Franz Bettinger

9. Mai 2023 14:53

Ich pinkele (wenn ich kann) im Freien statt in eine Schüssel (zugegeben, es gibt auch viel freien Raum um mich herum), und ich rede stets frei in ein Gesicht statt in ein Smartphone, das ich nicht besitze. Allein die Dinger in der Gesäßtasche überall mit rum zu tragen: ekelhaft. Ich weiß, mein Einwand trägt nichts aus, also weg damit. Lustig ist er vielleicht trotzdem. Ich sag Ihnen: Das alles macht frei. Manche Frauen hier sagen: Ähnlich frei wie keine Unterwäsche an zu haben. Na ja, da kann ich nicht mitreden. - Ach, Sie auch, Frau Kositza? Toll, ich werd’ narrisch, welcome home! Ein zweites Einhorn! Ich hab auch nie eine Uhr getragen. Wozu? Es hat doch jeder andere eine. So ist’s auch mit den Handys. Nein, von diesen Dingen hänge ich nicht ab. Wonach ich süchtig bin? Freiheit! Davon kann ich nicht genug kriegen. // Im Auckland Airport gibt es immer noch öffentliche Fernsprecher, altmodische Dinger, die aussehen wie Kindersärge, groß, aber nützlich. 

Kositza: Trage auch nie eine Uhr.

Umlautkombinat

9. Mai 2023 14:56

> Die Ortung eines Handies hat nichts mit Smart- oder Nicht-Smartphone zu tun.
 
Das stimmt so nicht ganz. Fuer eine Ortung ueber einen Mast ist es natuerlich relativ egal, ueber GPS sofern es ein altes Handy besitzt, auch. Im Detail gibt es aber schon Unterschiede. Malware, die das Handy ausgeschaltet erscheinen laesst werden Sie unter Symbian kaum finden. Auch einen Akku kann man in den alten Knochen entfernen um sicher zu gehen, in einem Smartphone gestaltet sich das aufwendig bis unmoeglich.
 
> Jeden Gegenstand kann man richtig oder falsch nutzen
 
Das Totschlagargument, wenn andere sich in die Lage gebracht haben zu bestimmen, wann ich nutzen muss.
 
> Die Globalisierung und Digitalisierung ermöglichen nämlich nicht nur den Zugriff des Staates, sondern uns auch, uns eben ihm gezielt zu entziehen.
 
Dann unterhalten Sie sich doch einmal mit Herrn Sellner ueber seine nicht-nationalen Bankkonten und den Aufwand der Versuche, sich deren immer zeitnaheren Abschaltungen zu entziehen. 
 
 

Laurenz

9. Mai 2023 15:10

Ich verstehe die Debatte nicht ganz. Wer dauernd über sein Smartphone kommuniziert, ist ein Idiot. Die Tipperei ist schlicht lächerlich. Ich belasse es bei 5 Uhr 45, morgen, erledigt, Du kannst mich etc. Wer über eine normale Tastatur verfügt, ist immer im Vorteil. Ich benutzte mein Smartphone vor allem als Addressdatei. Wenn ich Götz Kubitschek eine Epost schreibe, erwarte ich nicht, daß Er sie liest. Wenn Er Lust hat, zu antworten, klasse. Wenn nicht, auch gut, Seine Sache. Aber warum sollte ich meinen Sermon auch noch in ein Telefon tippen? Völlig abwegig. Wenn ich ein existenzielles Anliegen hätte, würde ich Götz Kubitschek anrufen. Zugegeben, als Frauen noch wichtiger waren, als jetzt, ließ ich mich von diesen verführen, über das Telefon schriftlich zu kommunizieren. Das führte immer zu dramatischen Mißverständnissen. Heute, ohne mich. Wer was will, ruft an. Ganz einfach, EK. Kaufen Sie Sich kein Smartphone, sondern ein mobiles Telefon, was nur eins kann, telefonieren. Da Sie selten telefonieren, reicht ein Pre-Paid-Vertrag. Dann fragen Sie Ihre Bank nach einem Tan-Photo-Gerät. Die Commerzbank dürfte sowas noch anbieten.

RMH

9. Mai 2023 15:23

@Alex Schleyer,
ich verstehe Sie, aber grundsätzlich darf man Ursache und Wirkung nicht zu sehr vermengen und nur, weil es eine Feuerwehr gibt, zündet man nichts unkontrolliert an. Der oberste Datenschutzgrundsatz - so habe ich das einmal irgendwoe aufgenommen - ist der der Datensparsamkeit und Datenminimierung. Wo es keine Daten gibt, brauche ich keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreifen. Wo es keine willfährigen Banken gibt, die auf Zuruf gewisser Kriese von ihrer "Vertragsfreiheit" Gebrauch machen und Konten von Oppositionellen kündigen, brauche ich auch keine Banken außerhalb Deutschlands etc. Lässt sich fortführen. Und daher der Rat an jeden: einfach den Gebrauch von solchen mobilen Datensammlern auf das Notwendige reduzieren. Nein, ich probiere kein Gratis Chat-GPT, da ich damit eine Mobiltelefonummer preis gebe etc. Lässt sich auch beliebig fortführen. Nicht immer erst Gedanken daran aufwenden, wie man Probleme löst, einfach versuchen, dass manche Probleme nicht entstehen.

Adler und Drache

9. Mai 2023 15:34

Wer sich, wie ich, relativ unvoreingenommen und auch ein bisschen einfältig, um nicht zu sagen ein bisschen blöde, in den Gebrauch der neuen Kommunikationstechniken gestürzt hat ("Bin ich jetzt drin?"), aber gleichzeitig seine Aufmerksamkeit nicht komplett binden lassen und eine grundlegende Sensibilität bewahrt hat, der merkt selbstverständlich, dass die Rechnung, man könne es ja auch lassen oder benutzen, wie man sie gerade brauche und wie's einem just gefällt, nicht aufgeht. 
Für alles ist ein Preis zu zahlen, fürs Nichtnutzen, aber - man mache sich nichts vor - nicht weniger fürs Nutzen. Als doch recht reger und regelmäßiger Nutzer bin ich mittlerweile auch an dem Punkt, wo ich den Preis nicht mehr bezahlen will und das Gerät stilllegen werde.  

Freier

9. Mai 2023 15:37

@gimli: Jetzt sind sie halt da.
 
Was mich viel mehr stört als die Technik an sich, ist die Überwachung und dass wir keinerlei Kontrolle mehr darüber haben. Es gibt keine deutschen Firmen mehr in dem Bereich, und die Technik wird aktiv gegen uns genutzt. Dabei könnten wir sie auch für uns nutzen und selbst kontrollieren. Das liegt nicht an der Technik selbst.
Das Smartphone zuhause lassen gilt derweil als konspiratives Verhalten und dient dem VS als Rechtfertigung für weitergehende Überwachung.

ede

9. Mai 2023 15:47

Ach, so ein Smartphone ist schon eine feine Erfindung. Als Kaffeehaus Gänger (gibt's nicht mehr) hab ich immer gern Zeitung gelesen und in der Gegend rumgeguckt. Zeitung brauchts nicht mehr, es reichen die Überschriften auf dem smarten Phondings. 
Jedwede technische Entwicklung hat ihre zuweilen tückischen Kehrseiten. Sogar die Eisenbahn. 
Wer Bedenken wegen Ortung, Abhörbarkeit oder auch nur ständiger Erreichbarkeit hat, packt das Ding eben in ein metallenes Zigarrenetui. Das ersetzt den leeren Akku. 

Der Gehenkte

9. Mai 2023 16:06

Wie sich die Kreise manchmal schließen! Auf Seidwalk wurde das Thema vor ein paar Wochen mit einer maßgeblichen Szene aus einem Albert-Wass-Roman konfrontiert: Niemandes Diener sein
Darin fällt auch der Satz: "Die Technik hat eine innere Tendenz, sich zu verwirklichen. Menschen sind schwach, der Bildschirm ermüdet nie. Wenn er aufflackert, dann schauen wir, dann sorgen wir uns." Diese Technik hat uns keineswegs von der Sorge befreit, sie hat uns hingegen mit Angst und Sorge überschüttet. Die Idee der "intelligenten Nutzung" ist in den meisten Fällen Selbstbetrug. 
Auch Fernseher und Auto werden dort in Frage gestellt - zumindest in der heutigen Nutzungsform. Ihre Nutzungslogik wird in der Regel verkehrt dargestellt. 

Herbstwind

9. Mai 2023 17:28

Es irritiert mich immer wieder, wie kompatibel die Ansichten der sogenannten neuen Rechten mit den altbekannten Linken zu den Themenfeldern Konsumkritik und Technikfeindlichkeit ist. Die im Artikel geschilderte Haltung kenne ich nahezu deckungsgleich aus linksdrehenden Großstadtkreisen. Die Reaktionen im Forum, den eigenen Gebrauch des Teufelswerkzeugs tunlichst zu leugnen oder herunterzuspielen, würde in Kreisen der tugendstrebenden Salonlinken nicht anders ausfallen. 
Natürlich ist die Überwachung ein Problem und man sollte nicht jede unsinnige App runterladen. Ansonsten möchte ich nicht auf mein Smartphone verzichten, die Vorteile der Erreichbarkeit und des Zugangs zu Informationen überwiegen m.E. die Nachteile. 
Die konservative Zukunft Deutschlands kann nicht in der Verweigerung sondern nur in der intelligenten Erforschung und Nutzung der Technik liegen. Das war immer unsere Stärke, hier sollten wir nicht ins linke Endzeitdenken verfallen. 
Dass man bei Beobachtung durch den Verfassungsschutz ggf. besser offline bleibt, lässt sich allerdings nicht leugnen. 

Gimli

9. Mai 2023 17:36

Baff erstaunt, wie man sich an einem iPhone abarbeiten kann bzw. sein Weltbild dran wetzen. Es ist, was man damit macht. Mehr nicht. Mir bringt's Nutzen und Spaß - beides in Erweiterung der analogen Welt. Schach über Chess.vom mit Leuten weltweit, die Businessanwendungen in der Cloud sind ein Riesending und der gesharte Familienkalender erspart den mehrspaltigen tapetengroßen Planer in der Küche. Hab ich die Schnappschüsse erwähnt, die jede Kompaktkamera nutzlos machen? Wasserwaage, Kompass? Karten und Browser ersetzen den Reiseführer. Ja, man kann dagegen sein, aber gute Gründe gibts keine. 

Carsten Lucke

9. Mai 2023 20:15

In spätestens 30 oder 40 Jahren wird über ein heutiges Smartphone herzlich und bitter gelacht werden - da bin ich mir sicher. Und über die, welche dem Ding heute so huldigen. Aus Trauer und Wut.

Gotlandfahrer

9. Mai 2023 22:17

Es ist durchaus berechtigt, das Smartphone als ein besonderes Ding herauszuheben. Es ist wohl das "geeignetste", um das Wesen der Technik, das uns durch Vorteilsumnachtung in die Unmündigkeit treibt, zu entfalten und zu beschreiben. Denn kein anderes Gerät saugt uns vergleichbar in den Äther, um mit Rammstein zu sprechen. Und dennoch ist es eine Chance: Nicht nur vernetzt es uns mit dem System, sondern auch untereinander besser als zuvor, wenn wir es klug einsetzen. Ich bin überzeugt, dass z.B. Telegram einen Einfluß hat, den erst spätere Generationen würdigen können. Telegram et. al. mögen eine Cloaka Maxima sein, das meiste, was vorbeizieht, ist ..., aber im großen Rauschen finden sich Stücke, die am Marktplatz nicht gehandelt werden dürfen.
Alles andere am Smartphone ist Stress-Test der Not tut: Wie sehr sind wir in der Lage zu erziehen? Wenn wir es nicht mehr sind: Ist es nicht gut, dass dies jetzt Konsequenzen hat? Und was kümmert mich das Mitlesen, wenn mein Richter nicht von dieser Welt ist?

Franz Bettinger

9. Mai 2023 23:02

Heut mach ich alles falsch; werd dauernd gelöscht; vermutlich liegt’s am Alkohol; es gab Coq au vin. - @Gimli: Viele von uns alten Paradiesvögeln haben einfach keine Zeit für diese Smartphon-Spielereien. Wenn Sie meine Welt erfahren & drin leben könnten, würden Sie Ihre wegwerfen; aber schön, dass Sie sich wohl fühlen. „Gut, dass er sich wohlfühlt,“ sagt auch meine Frau immer, über unseren Wellensittich. Ich hingegen bedaure den kleinen Kerl. Gimli, Leute wie Sie haben es sich verdient, in Mordor-Schwab’s Reich zu leben. Ich würd' dort vor die Hunde gehen. 

FraAimerich

10. Mai 2023 03:10

Da tun sich ja wahre Abgründe auf. Jeder "Sezessionist" hat also so ein Smartdings und die dreistesten Kandidaten verteidigen das sogar noch! Da wundert mich unter Kali-Yuga-Leugnern, Mit-der-Zeit-Gehern und Kapitalismusgesundbetern wirklich nichts mehr hier...

Laurenz

10. Mai 2023 05:47

@Gotlandfahrer
Ob man WasAffe oder Telegram nutzt, (es gibt auch noch andere, mehr sichere Dienste, ein junger Mann hielt bei den Querdenkern-Bad Homburg dazu mal einen Vortrag,) ist es immer angenehmer & sinnbringender, diese Kommunikationssyteme am Rechner zu nutzen, als auf dem Zwergen-Bildschirm eines Smartphones. Um EK hier informiert zu halten, wer WasAffe oder Telegram am Rechner nutzen will, braucht trotzdem ein Smartphone. Daran erkennt man noch die digitale Steinzeit, in der wir uns befinden. Und das auch nur, weil die unternehmerische Gier den Konsumenten zwingen will, ein Smartphone zu kaufen. Auch den sinnlos benutzten Speicher von manchen Apps, kann man nicht teillöschen, um Arbeitsspeicher frei zu bekommen. Auch hier wird deutlich, die BigTech-Konzerne haben noch nicht mal den digitalen Pfeil- & Bogen erfunden. Das hat auch damit zu tun, weil die geschmierte Politik nicht in der Lage ist, sinnvolle Regeln den Konzernen vorzugeben. Die digitale Welt findet quasi maximal im allgegenwärtigen Kindergarten statt.

Dietrich Egon

10. Mai 2023 06:42

Als Kind der 80er bin ich "Digital Native" der ersten Stunden. Eventuell daher: ein anderer mentaler Zugang zur Informationstechnologie. Durch beruflichen Hintergrund ist so ein Smartphone auch keine Blackbox. Die Möglichkeiten, die wir heute haben, sind für Leute wie mich das Ergebnis einer Entwicklungsgeschichte, die uns seit Kindertagen begleitet und begeistert. Es liegt doch an einem selber: verliere ich mich in Daddelei an dem Gerät oder nutze ich es als (mächtiges) Produktivwerkzeug? Gebe ich es meinem Sohn, um schwachsinnige Spiele zu spielen, oder um mit (faszinierender) AR-Technologie über Astronomie / Biologie zu lernen?Freue ich mich, daß es mich mit meinen über die Welt verteilten Arbeitskollegen diverser Nationalitäten in Echtzeit zusammenbringt, wärend ich ihre Hilfe in der Industrieanlage brauche, in der ich gerade arbeite? In 4K Livevideo, bester Ton über Miniaturkopfhörer, die nebenbei noch den Lärm filtern? Ich einfach so vom Kollegen aus Übersee ein PDF mit Schaltplänen bekomme? Wir uns abends, wenn wir im jeweiligen Hotel, irgendwo auf der Welt verteilt, beim Bier sitzen und uns virtuell zuprosten? (Völkerverständigung mal anders)Und bei Bedarf: man kann so ein Ding auch ausschalten und in der Schublade lassen. Oder mit Focuseinstellungen nur noch ausgewählte private Kontakte zulassen und alles dienstliche totschalten. Kann ich, mache ich. Es liegt an jedem selbst. 

Umlautkombinat

10. Mai 2023 08:34

> Und bei Bedarf: man kann so ein Ding auch ausschalten [...] Kann ich, mache ich. Es liegt an jedem selbst. 
Falsch, wenn Sie eine Bank haben, die eine app fuer ihr Onlinebanking sehen willen, dann muessen Sie es einschalten (ich will meinen zweiten Faktor nicht auf einem Smartphone haben, schon an dieser einfachen Bedingung kann ich sehen, wie der Anteil derartiger Finanzdienstleister rapide sinkt).
Wenn der naechste Laden kein Bargeld mehr nimmt, muessen Sie vielleicht nicht anschalten. Gibt es nur noch solche Laeden, muessen Sie. Wollen Sie mit Ihrem frischen 'elektronischen' Impfnachweis ueber die Grenze (ja ich weiss, 'nur' geplant), muessen Sie anschalten. Auch Ihre Gesundheitsdaten duerften bald drauf sein, und, und, von digitalem Geld nicht zu reden. Es liegt eben nicht an Ihnen, Illusion. Die Verfuegung ueber Ihre Daten liegt nicht bei Ihnen. Ich weiss gar nicht wie man das nicht sehen kann, wenn man vom Fach ist? Den beruflichen Hintergrund habe ich auch, ich habe auch Smartphones und Tablets fuer verschiedene Zwecke. Ich werde weder in der digitalen Hoehle wohnen, aber sicher auch nicht vorgespielte Naivitaeten des hier wieder erschienen Zwergs realisieren oder dolle 'dienstliche' ("ich nutz es ernsthaft!") Anwendungen anschleppen. Mach ich auch, aber ich weiss eben, wo es aufhoert.
 

Gimli

10. Mai 2023 08:48

@dietrich egon
genauso isses. Ein iPhone ist, was man damit macht. Im Aktiv.
Die Verteufelungen dieser Technik klingen für mich unsachlich und deuten mehr auf Alter oder Ängste (durch Nichtverstehen) oder auf gewisse Unbeweglichkeiten im Bezug auf Veränderungen. 
Scheint wiederkehrendes Phänomen: Wozu Automobile wenn es Droschken gibt, wozu Telefon wenn Laufburschen, Flugzeuge darf es nicht geben sonst hätten Menschen Flügel, wozu dieses Blog wenn es Druckmaschinen gibt ...
Säugetiere sind Neugiertiere, der Mensch Kraft Händen und Hirn zumal und bisher ging's immer gut. 

Carsten Lucke

10. Mai 2023 10:44

@ quer
Das muß ich noch anmerken, lieber @quer-Schreiber - Hände weg vom Phone beim Pilzesammeln ! Könnte tödlich sein !
 

herbstlicht

10. Mai 2023 10:59

>Und bei Bedarf: man kann so ein Ding auch ausschalten und in der Schublade lassen.«
Kann man, zweifellos.  Aber was bewirkt das "Ausschalten"?  Wurde schon vor 10 Jahren oder mehr bei einem/einigen Modellen von Mobiltelefonen demonstriert, daß man solche Dinger, über das Mobilfunknetz, auch wieder auf "Lauschen" schalten kann (Professor Sussman, MIT?).  Die Schublade verhindert dann allerdings das Spähen, soweit es sich um ein Telefon mit Kamera handelt.  Mich erstaunt das kindliche Vertrauen von Egon etc. in die Redlichkeit von Industrie und Big Brother; siehe hierzu auch etwa den in meinem obigen Beitrag verlinkten Vortrag von R.Stallman.
Besitze übrigens ein Smartphone, welches ich in einer Brotdose aus Alluminium aufbewahre/mitführe (dazu noch OTG-Kabel und USB-Tastatur für meine 10-er Handschuhgröße) für den Bank-Kram.  Laut Maxwellgleichungen besteht keine Möglichkeit für elektomagnetische Wellen, eine geschlossene, ideal leitende Fläche zu durchdringen; nach Experiment scheint bereits eine Umwicklung mit Alufolie eine hier ausreichend gute Annäerung an eine solche Fläche zu sein.
Surfen etc. nur mit Rechner mit GNU/Linux BS (Arch) und meist mit Firefox mit ausgeschaltetem JavaScript.  Bei mobilem Einsatz mit Surfstick.

RMH

10. Mai 2023 12:02

@Umlautkombinat weißt auf einen richtigen Punkt hin. Der um sich greifende meher oder weniger faktische Benutzungszwang.  Als ich vor mehreren Jahren das letzte Mal geflogen bin (deutlich vor Corona), war ich bereits damals ohne Smartphone beim Boarding etc. der "Behindi", der mit seinem QR- Code-Ausdruck auf Papier (zum Glück hatte ich bei der Rückreise aus dem Ausland dort zuvor einen Zugriff auf einen Drucker, wo ich die Unterlagen ausdrucken konnte) durch die Flughafen-Kontrollen ging, während fast alle anderen eben ihr Smartphone hingehalten haben. Man kann sich vielem nicht oder nur sehr schwer entziehen. Machst Du nicht mit, hast Du eben die und die Nachteile, Einschränkungen etc.
Und im Ausland wird, um ein anderes Beispiel zu nenenne, klar und deutlich mehr bargeldlos bezahlt als bei uns. Auch mit der "Smartwatch" etc. Überall hinterlässt man eine Datenspur. Die wird natürlich bei Bedarf ausgewertet, da braucht man sich nichts vorzumachen.

Gracchus

10. Mai 2023 13:27

Dem Gehenkten beipflichtend: Mein Smartphone-Nutzerverhalten ist idiotisch, zu 90% überflüssig. 
Aus EKs Beitrag lese ich eine persönliche Aversion, keine prinzipielle Technik-Feindlichkeit. EK spricht auch nicht für alle (Rechten) - daher verstehe ich nicht, weshalb zum Thema "Rechte und Technikfeindlichkeit" diskutiert wird.

Kositza: Haha, danke, immer dasselbe. Wenn ich mal schreib, daß ich Vegetarierin bin (etc.),kommt gleich: "Wie woke will Schnellroda werden?!"

EK praktiziert Souveränität - durch Nichtgebrauch. Konservative sind in der Regel nicht technikfeindlich, sie glauben nur nicht an die Erlösung durch Technik, sie denken, dass ein souveräner Gebrauch sich nicht von selbst ergibt.
Sie, @Gimli, haben in ihren Beiträgen immer wieder auf die (angebliche) narzistische Kränkung durch Freud verwiesen. Gemeint: Nach Freud ist der Mensch nicht Herr im eigenen Haus. Nun im Umgang mit Technik, behaupten Sie nun aber, ist der Mensch Herr.

Sugus

10. Mai 2023 17:16

An die selbsterklärten pragmatischen Nutzer der Technik hier: Faszinierend ist, wie der Technik von ihren Nutzern ein allwissender, gottähnlicher Status zugesprochen wird. Dann fangen Navi-Nutzer-Touristen an, Einheimische hinsichtlich ihrer Wegkenntnis zu belehren "Aber das Navi sagt...".
Leute starren in der Großstadt zickzacklaufend auf das Handy, um ihren Weg zu finden, und heben nicht mehr den Blick, um eventuell Kirchen, Flüsse, Kreuzungen und Straßenschilder in der physischen Realität mit dem abzugleichen, was sie auf dem Handy auf der Karte sehen. 

MarkusMagnus

10. Mai 2023 18:43

Das ist natürlich blöd für die Schlapphüte. Die müssen dann ja richtig arbeiten.
Apropos: Ich weiss aus zuverlässiger Quelle (gerade erfahren) was dem Staat wirklich Sorgen gemacht hat und was der wahre Grund dafür ist, dass es keine Münzfernsprecher mehr gibt. Und das zumindest in Deutschland jede SIM Karte registriert ist.
Gerade in Hessen hatten "sie" fast alles lahmgelegt bzw. das Potential dazu aufgezeigt. Schulen, Verwaltungen, Rathäuser, Gerichte. Mit relativ unblutigen, mit relativ harmlosen und kaum rückzuverfolgenden Methoden. 
Bombendrohungen. Was wollen Sie machen? 
Sie müssen immer räumen und Nachsuchen. Immer.
Die Kosten (enorm) stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand (20 Cent). Ganz zu schweigen davon, dass die Verwaltung, Gerichte - also der Staat- lahmgelegt wird.
Die ultimative Waffe.
Die standen in Hessen kurz vor dem Zusammenbruch. Da gab es mal eine ganze Serie hintereinander hier in Hessen. An Gerichten und Rathäusern. Noch vor Corona.
Damit sind die absolut nicht klargekommen.
Was ihnen wirklich Sorgen macht, das verschweigen sie möglichst komplett. Und das war so eine Sache. 
Und jetzt sucht das Leck :)
 
 
 

Sandstein

10. Mai 2023 18:50

Also ich bin ein vergleichsweise junger Jahrgang (1990) und verstehe die Kritik von Kositza. Auch vielen in meiner Generation geht es auf die Nerven, wie "smarte" Geräte den Alltag bestimmen. Allein: ich nutze auch ein iPhone und zwar schon sehr häufig - wenn nicht ständig. Was ich aber erbärmlich finde, ist das zurecht rücken: weil manchen der Schneid fehlt anzuerkennen, dass man sich als prinzipiell vernünftiger Mensch freiwillig immer mehr in Abhängigkeiten begibt. Also wer an einer Hotelbar abends "seinen Kollegen digital zuprostet" hat wirklich Mitleid verdient - gibts da keine anderen Gäste oder zumindest nen lustigen Barkeeper wahlweise die adrette Bardame? Einfach albern - zu Gimli sag ich nichts mehr, der Typ ist ja von allen guten Geistern verlassen.Schreib grade übrigens von einem iPhone aus..

FraAimerich

10. Mai 2023 19:39

@Laurenz
Man weiß es eigentlich: Ironie funktioniert im Internet meist nicht. Aber es ist gestern sehr spät geworden bei mir und ich dachte nicht, daß irgendwer ernsthaft glauben würde, daß ausgerechnet so etwas Banales wie der Gebrauch eines Mobiltelefons mir tatsächlich als "Abgrund" erscheinen könnte.
Trotzdem wären Sie vielleicht überrascht, wie schlicht, bescheiden und naturnah ich es mir in meinem Wehrkloster eingerichtet habe. Smartphone, Netflix, HD-Empfang und dergleichen kenne ich wirklich nur vom Hörensagen. 
Zugegeben, ich hänge am Strom und besitze einen Computer, mit dessen Hilfe ich mich mitunter sogar erdreiste, hier kritische Anmerkungen loszuwerden - zuletzt sogar am Kapitalismus herumzunörgeln, was einem Leser auch prompt als "Bigotterie" bitter aufstieß. Ich bin wohl zu dumm, zu klug oder von zu schlichtem Gemüt, um intellektuelle Schleifen solcher Art mitfliegen zu können.
Ich weiß, Sie verachten das Christentum, aber man kann daraus u.a. lernen, zwischen der Sünde und dem Sünder zu unterscheiden. Zu einer vernünftigen Lebenshaltung gehört das; eigentlich macht es das Leben erst erträglich - und das gelegentliche "Sündigen" übrigens um so vergnüglicher!.
@Gracchus
Bewahren Sie sich Ihre nüchterene Ausgewogenheit und den Willen bzw. die Kraft, diese auch zu vertreten. Man verliert das "im rechten Lager" leicht....

Dietrich Egon

10. Mai 2023 20:08

@Umlautkombinat & Co: Selbstverständlich bin ich mir all dessen bewußt. Eventuell mehr, als Sie sich das vorstellen können. Nur: denken Sie allen Ernstes, daß eine, wie auch immer geartete, Verweigerungshaltung auch nur im Ansatz etwas an der -nicht mehr aufzuhaltenden- Entwicklung ändern wird? NATÜRLICH wird es sehr zeitnah kein Bargeld mehr geben. Das ändern weder Sie noch ich durch Kleingeldabzählen an der Kasse. Abhören? Belesen Sie sich mal über Echelon - sowas existiert seit Jahrzehnten. Wie oft haben Sie persönlich dadurch einen Nachteil erlitten? Wie interessant sind Sie? Sicher: schön ist das nicht. Aber DER Zug ist lange abgefahren.Sehr bald wird es die Versicherungswirtschaft geschafft haben, die gesetzliche Grundlage zu "lobbyisieren", die Daten Ihres Konsumverhaltens mit der Berechnung bspw. Ihrer KV-Beiträge in Relation zu setzen. Betrachten Sie das doch mal von einer anderen Seite: Es gibt immer "Fehler in der Matrix". Lernen Sie lieber, sich im System zu bewegen, wie der Fisch im Wasser; der "graue Mann" zu sein, statt ein Smartphone in eine Brotdose zu stecken. Lernen Sie, das System zu Ihrem Vorteil zu nutzen.Gespräche mit wirklich vertraulichem Inhalt führt man dann natürlich mit daheim gelassenem Smartphone - so man denn solch brisanten Gespräche zu führen hat. 

Umlautkombinat

10. Mai 2023 22:41

@Dietrich Egon
Jetzt werden Sie nicht herablassend. Ob ich Bargeld durch "Kleingeldabzaehlen" abschaffen moechte - wie kommen Sie auf den Trichter? Sich "im System bewegen" ist nicht genug, auch bei weitergehender Auffassung des Begriffs Anpassung. Das Problem ist, dass diese viel zu vielen Leute ueberhaupt kein anderes Verhalten kennen, kennen wollen und in der Folge auch nicht anerkennen koennen. Dabei sehen sie naemlich ihre eigenen Defizite wie in einem Spiegel.
 
Systeme koennen soweit degenerieren, dass Anpassung einen zu hohen Preis erfordert und letztlich ueberhaupt nicht mehr gelingt.  Wir haben es schon, es ist nicht mehr 5 vor 12 (der Spruch scheint auffallend seltener zu werden).
 
Deswegen lohnt es sich, frueh seinen Hintern zu heben und nicht nur seine trainierten Mitschwimmteilcheneigenschaften aufs scheinbar unvermeidliche Ganze zu projizieren. Dass sich andere Leute anders verhalten ist aus dieser Position schwer vorstellbar. Kann man aber lernen. Das soll uebrigens jetzt nicht ebenfalls eine herablassende Retourkutsche sein, denn das ist schwer. Man lernt auch etwas Spezielles dabei: Dass man nicht nur Staub ist der gespuelt wird, sondern dass man etwas zaehlt.
 
 

der michel

10. Mai 2023 22:55

sehr geehrte frau kositza,
d'accord - jedenfalls im prinzip.
aus praktibilität besitze und benutze ich ein "handy" (cell phone).
sooo viele gründe sprechen dafür: ich verspäte mich und möchte den
wartenden informieren, mein auto versagt in unübersichtlicher
gegend und ich brauche hilfe, meine enkel wollen mich "unbedingt"
sprechen, mir fällt in letzter sekunde ein, daß meine schwester
geburtstag hat etc. pp. - die liste ist beihnahe endlos.
mein cell phone ist - immerhin- auch sms-fähig, sodaß ich
notfalls auch "non-verbal" kommunizieren kann. ein über 10-
jahre altes gerät (natürlich aus s.-korea), wasser- und stoßfest,
klein, unauffällig. wenn sie nicht "geortet" werden wollen: 
in einer passenden metallbox aufbewahren (ausschalten genügt
nicht, aber wenn sie diese sorgen haben (geortet zu werden) 
dürfen sie auch kein auto neusten datums fahren...).
tja. "tempora mutantur et nobis mutamur in illis".
 

quer

10. Mai 2023 23:48

@ Carsten Lucke: In manchem Gelände kann man sich z.B. den Fuß verletzen. Geht im Taunus ganz leicht. Dann - und nur dann - ist das Händi von Nutzen. Motto: Holt mich hier raus! Pilze sucht man nicht mit mit Händi, sondern mit wachen Augen und Kenntnis dieser schönen Blüten. Ist am 2000 m-Hügel ganz genau so.

Laurenz

11. Mai 2023 04:20

@Dietrich Egon @Umlautkombinat & Co
Wir haben mit dem Kampf um die Bargeldabschaffung/Bargeldnutzung nichts zu tun, die findet rein auf einer institutionellen Ebene statt. Zu einer Bargeldabschaffung benötigt man eine 100%ige Energiesicherheit, die es vor allem in Deutschland nicht gibt. Auch ohne, daß Putins Kinschals in Kraftwerken einschlagen, macht die Bargeldabschaffung einen Staat extrem erpreßbar. Man muß dann nicht mal mit der Vernichtung von Kraftwerken drohen, ein paar abgebrannte Umspannungswerke reichen schon. Von daher ist die Bargeldabschaffung extrem unwahrscheinlich. 
@FraAimerich @L.verachten das Christentum, aber man kann daraus u.a. lernen, zwischen der Sünde und dem Sünder zu unterscheiden..... Es ist richtig, daß Christentum hat als orientalische Religion vergleichsweise die meisten Werte unter ihresgleichen adaptiert, die wir als positiv erachten. Aber diese Werte gehören keiner Religion, sie wurden philosophisch geschaffen. Es ist auch viel besser, wenn man als guter Mensch aus Überzeugung lebt, anstatt aus Angst vor Strafe & ewiger Verdammnis. Jeder Mensch weiß auch ohne Gott haargenau, was richtig & was falsch ist, auch der Kriminelle.

Dietrich Egon

11. Mai 2023 06:45

Umlautkombinat, es ist bereits fünf nach 12. Nicht erst seit 2015 / 19. "Mitschwimmteilcheneigenschaft" ist übrigens eine fantastische Wortkreation, Sie treffen den Nagel auf den Kopf. Ich halte dagegen: diese Eigenschaft ist immens wichtig, wenn Sie sich, pathetisch ausgedrückt: zwischen den Welten bewegen wollen.  Es gab mal ein kurzes Zeitfenster, so frühe 2000er, da schien es, als würde durch die Technologie eine bessere Welt greifbar. Naiv war es zu denken, daß "sie" all das nicht gegen uns verwenden würden. @Sandstein, sind Sie wirklich nur zehn Jahre jünger als ich? Sie scheinen den Kontext nicht erfasst zu haben oder es fehlt an Vorstellungskraft. Wenn Sie mit Kollegen unter Hochdruck einen zehn-Stunden Tag damit verbracht haben, eine Industrieanlage wieder ans Laufen zu bekommen, ein Teil der Truppe in einem anderen Land sitzt, ist ein kurzer Videoanruf nach Feierabend eine spaßige Sache. Die Jungs sitzen ggf. auch in irgendeinem Hotel, glauben Sie mir: das sind selten Nobelabsteigen mit ansprechender Bardame; was schade ist - ich bin recht kommunikativ was das schöne Geschlecht angeht. Natürlich unterhält man sich auch mit anderen Gästen! Sie glauben gar nicht, welch interessanten Gespräche (und Horizonterweiterungen) durch die Übersetzungsfunktionen überhaupt erst möglich geworden sind. Die Trennung von Frau und Kindern ist dank der "bösen" Technik nicht mehr so schlimm - die Kinder freuen sich, wenn Papa ihnen kurz live und in 4K zeigen kann, was er da z.B. auf einer Werft am A# der Welt so treibt. 

Gimli

11. Mai 2023 09:03

Ich hoffe nicht der Einzige zu sein, der iPhones in Alubrotdosen für widersprüchlich hält, der sich wundert dass sich hier jmd für einen internationalen Videocall mit Kollegen in andern Hotels rechtfertigen muss, der den Kopf schüttelt über das irrige Argument Stromausfall versus bargeldloses Bezahlen, der die Paranoia vor Tracing und Tracking ob der eigenen Unbedeutsamkeit nicht versteht, der nicht die eigenen Lebenserfahrungen in punkto Technik und Kultur zum Maßstab für die Zukunft macht (indem er seine Zeit als willkürlichen Fixpunkt setzt) etc. Ich sehe nicht ein ein iPhone ideologisch oder gar feuilletonistisch zu überhöhen. Es ist Tool dieser Zeit mit noch geilerer Folgetechnologie. Mehr nicht. Aber das eben schon saugut. 

Adler und Drache

11. Mai 2023 09:24

@Gimli
Das Beispiel mit dem Auto ging ja nun wohl nach hinten los - der Einsatz dieser Technik wird mit einem Heer von Verkehrstoten bezahlt, worauf übrigens schon Jünger hinwies. Wie gesagt: Egal ob man "dafür" oder "dagegen" ist, ein Preis ist zu zahlen. Man zahlt ihn persönlich, und er wird auch gesamtgesellschaftlich bezahlt. 
@Laurenz
Ihre Christenfresserei ermüdet mich mittlerweile, dennoch will ich hier etwas einwenden, auch wenn's in den Wind gesprochen sein mag: Die Ansicht, das Christentum sei als Anstalt zur moralischen Besserung des Menschen angetreten, ist eine optische Täuschung der Moderne. Das ist nicht die Hauptsache, sondern Folge (oder wie die Bibel sagt: "Frucht"). Im Glauben geht es um das Heil, also darum, bei Gott zu sein. 
Übrigens, alle klassischen Philosophien sind "orientalische" Philosophien. Was wäre der Westen ohne den Orient? Nix! Ex oriente lux.

FraAimerich

11. Mai 2023 09:51

@Laurenz
Das mit der "Verdammnis" könnten Sie sich "philosophisch" erschließen. "Sündigen" ist dagegen unvermeidlicher lebenspraktischer Alltag. Persönlich kenne ich niemanden, der sich je eine "Sünde" verkniffen hätte aus Angst, dafür in ewigen Höllenfeuern schmoren zu müssen. Verblüffenderweise entsetzen sich  Kirchen-/Religionskritiker über letztere in aller Regel mehr, als die davon angeblich so traumatisierten Betroffenen. 
Aber natürlich haben Sie recht, es wäre am besten, die Leute wären alle vernünftig und würden aus innerer Einsicht stets das Rechte tun. Nur - die inneren und äußeren Verhältnisse des Menschen sind nun mal nicht so.

RMH

11. Mai 2023 10:09

Es ist Tool dieser Zeit mit noch geilerer Folgetechnologie. Mehr nicht. Aber das eben schon saugut. 
@Gimli,
es ist ein recht sicheres Zeichen dafür, dass einem die Argumente ausgehen, wenn man ein "Tool" mit "geil" und "saugut" auf irgendeine Ebene des Besonderen heben will und andere damit gleichermaßen zu "ungeilen" machen will. Datenschützer, insbesondere, wenn sie selber aus dem Kreis der Techniker und Programmierer kommen, sehen zumindest das Kommende in aller Regel nicht so "geil".

anatol broder

11. Mai 2023 10:46

letzte woche lernte ich ein ehepaar kennen, das mit mobilen telefonen aufgewachsen ist (30+). vor monaten sagte die frau zum mann, sie brauche unbedingt ein bestimmtes neues telefon, obwohl das alte immer noch alles erledigt, was sie braucht. die beiden gingen (zu fuss) in den laden, sie zeigte mit dem finger aufs ding, er kaufte es. seitdem liegt es unbenutzt in einer schublade. die frau erklärt ihre zurückhaltung: «ich bin noch nicht bereit dafür.» ich frage mich nun, wie selten jene frau ist.

anatol broder

11. Mai 2023 10:58

@ kositza
ich habe noch nie etwas von einem harddesk gehört. was ist das?

Laurenz

11. Mai 2023 10:58

@Gimli
IPhones bieten nicht wirklich mehr als Smartphones. Apple wird die nächsten 10 Jahre nicht überleben. Wir alle wissen um die Vor- & Nachteile von Smartphones. Das ist natürlich zwiegespalten, wie alles. Nokia wußte es übrigens nicht. Meine erstes mobiles Telefon, eine Nokia-Banane, mit der man SMS schreiben konnte, erwarb ich 1997. Jeder konnte auch Claus-Theo Gärtner zuschauen, daß Er nicht mehr zu Telefonzellen rannte, sondern einfach zum mobilen griff. Die digitale Revolution erzeugte aber nicht mehr Lebensqualität, was die industrielle Revolution durchaus tat. Auch der analoge Rechner des Schlachtschiffes Bismarck war in der Lage ein 38 cm Projektil (800 KG) in 20 KM Entferung auf 15 Meter genau treffen zu lassen. Die heutige Infrastruktur funktionierte auch komplett analog. Wir sind durch die digitale Revolution nicht glücklicher geworden. Und der Vergleich der Entwicklung von Postkutsche zum Auto ist nicht adäquat, er hinkt.

Alex Schleyer

11. Mai 2023 12:32

@Gimli und @Dietrich Egon sind erschreckenderweise hier die einzigen, deren Ansicht – trotz aller berechtigten Kritik – zu teilen vermag, wenngleich ich Kositzas Zugang verständlich und vernünftig begründet finde. Vieles andere aber ist nämlich genau dasselbe Argument, das gegen Autos ins Feld geführt wurde oder warum sich Postreedereien gegen die Verlegung von Telegrafenkabeln gewehrt haben.
Mit Sellner, den ich als persönlichen Freund sehr schätze, habe ich mich oft genug über die Bankkonten-Odyssee unterhalten, aber um solche Konstrukte sauber und sicher aufzuziehen, bedarf es dann doch ein paar mehr Kenntnisse als ein paar Fintechs zu konsultieren.
Eher scheinen mich solche Diskussionen von der "rechten Szene" zu entfremden, obgleich die Sezession eigentlich das einzige deutschsprachige Medium ist, das ich überhaupt noch lese – entspannt mit einer selbstgedrehten Zigarette, auf meiner palmengesäumten Terrasse im sonnigen Süden und auf dem iPad. Wahrscheinlich alles drei Dinge, die viele hier schon zum Schäumen bringen.
Wie aber kann man den Begriff der "Mosaikrechten" ernstnehmen, wenn der Typ mit Macbook am Strand, mit Videocall in der Hotelbar oder digitaler Kreditkarte nicht genauso ein "wahrer, guter, schöner Rechter" sein kann wie der, der in abgewetzter Lederhose seine Scholle beackert und den Kohlenhändler mit Münzen bezahlt?

FraAimerich

11. Mai 2023 12:50

@Gimli
Als ob es bei dem von Ihnen stets distanzlos als unmittelbare Paradiesvorstufe gefeierten technischen Fortschritt (von der Gesichtserkennung über Bewegungsprofile bis zur Signalwortverarbeitung etc.) noch auf die "Bedeutung" des digital massenhaft und anlaßlos erfaßbaren Individuums ankäme...
 

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.