Zum Tod des UNA-Bombers Ted Kaczynski (1942–2023)

Am Samstag wurde Theodore J. Kaczynski im Alter von 81 Jahren tot in seiner Zelle in North Carolina aufgefunden.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Die Todes­ur­sa­che wur­de bis dato nicht bekannt gege­ben. Nach eige­ner Aus­kunft litt Kac­zyn­ski an Krebs im End­sta­di­um und rech­ne­te schon seit letz­tem Jahr mit sei­nem bal­di­gen Ende.

Ich war an die­sem Wochen­en­de im Aus­land unter­wegs, und konn­te am Sonn­tag­mor­gen wäh­rend des Früh­stücks in einem Hotel mit­hö­ren, was für ein Bild der Durch­schnitts­mensch (der „Nor­mie“ oder „Nor­ma­lo“) von Kac­zyn­ski hat.

Ein distin­gu­ier­ter, sil­ber­haa­ri­ger älte­rer Herr aus der Bun­des­re­pu­blik ver­such­te, sei­ner etwa drei­ßig­jäh­ri­gen Beglei­te­rin zu erklä­ren, was es mit der Geschich­te auf sich habe: Der „Unab­om­ber“ genann­te „Ver­bre­cher“ sei „ein hoch­in­tel­li­gen­ter Mathe­ma­ti­ker“ gewe­sen, der eines Tages durch­ge­dreht und „ins Kri­mi­nel­le“ abge­glit­ten sei.

Er zog sich in eine Wald­hü­te zurück, leb­te von der Hasen­jagd, ent­wi­ckel­te „einen Haß gegen die Gesell­schaft“ und begann Bom­ben zu legen, wobei etli­che Men­schen getö­tet oder ver­letzt wur­den. Schließ­lich bot er den Zei­tun­gen einen Deal an: Er wür­de auf­hö­ren, Bom­ben zu legen, wenn sich die­se bereit erklä­ren wür­den, ein Mani­fest aus sei­ner Feder abzu­dru­cken. Dies geschah auch, führ­te aber zu sei­ner Ver­haf­tung, da sein Schreib­stil von sei­nem Bru­der wie­der­erkannt wurde.

Der sil­ber­haa­ri­ge Herr drück­te mit über­leg­ten Wor­ten sein Unver­ständ­nis dar­über aus, wie ein Mensch mit der­art hoher Intel­li­genz etwas der­art Grau­si­ges und Wahn­sin­ni­ges tun kön­ne. Mehr­fach benutz­te er die Wör­ter „kri­mi­nell“ oder „Kri­mi­nel­ler“. Er selbst kön­ne sich noch gut an den „schreck­li­chen Fall“ Anfang der neun­zi­ger Jah­re erin­nern. Ver­mut­lich habe es damit zu tun, daß der „Unab­om­ber“ genann­te Täter stark „autis­tisch“ ver­an­lagt und unfä­hig zu sozia­len Bin­dun­gen war.

Die jun­ge Dame, die ihn beglei­te­te, hat­te noch nie etwas von der Geschich­te gehört. Sie warf ein, daß es eben ver­schie­de­ne For­men von „Intel­li­genz“ gäbe; „Intel­li­genz“ zei­ge sich auch in der Fähig­keit, sich sozi­al anzu­pas­sen und sein Leben und sei­ne Umwelt zu bewältigen.

Ich war für einen Moment ver­sucht, mich (so höf­lich es geht) in das Gespräch am Neben­tisch ein­zu­mi­schen und zu erklä­ren, wor­in sich mei­ner Mei­nung nach haupt­säch­lich die Intel­li­genz von Ted Kac­zyn­ski mani­fes­tiert hat­te: Näm­lich in besag­tem soge­nann­ten „Mani­fest“ mit dem Titel Die indus­tri­el­le Gesell­schaft und ihre Zukunft, des­sen Publi­ka­ti­on eine so maka­bre Hin­ter­grund­ge­schich­te hat, sowie in etli­chen spä­ter erschie­nen Schrif­ten, die Kac­zyn­ski im Gefäng­nis ver­faßt hatte.

Ich bedau­re, es nicht getan zu haben, denn im Nach­hin­ein hät­te ich ger­ne gewußt, wie die bei­den auf ein sol­ches Plä­doy­er reagiert hät­ten. Für den älte­ren Herrn, der das The­ma auf­ge­bracht hat­te, war Kac­zyn­ski vor allem ein Mör­der und Ver­bre­cher mit immer­hin einem gewis­sen tra­gi­schen Zug.

Ist man dann noch offen für die Argu­men­te gegen die ver­hee­ren­de ver­gan­ge­ne, gegen­wär­ti­ge und zukünf­ti­ge tech­no­ka­pi­ta­lis­ti­sche Lebens­sinn­ver­nich­tung und Ver­skla­vung, die der „Unab­om­ber“ anpran­ger­te, und die nur durch einen radi­ka­len, revo­lu­tio­nä­ren Bruch mit der moder­nen tech­no­lo­gi­schen Welt abge­wen­det wer­den könnten?

Ver­steht man über­haupt noch, wor­um es geht? Mei­ne Rei­se mach­te mir ein Phä­no­men bewußt, vor dem ich lan­ge ver­sucht habe, die Augen zu ver­schlie­ßen. Mehr noch als in Wien fiel mir in der Stadt, die ich aus nost­al­gi­schen Grün­den besucht habe, auf, wie sehr es zur offen­bar selbst­ver­ständ­li­chen Norm gewor­den ist, daß man im öffent­li­chen Raum kaum mehr einen Men­schen zu sehen bekommt, der nicht per­ma­nent ein Smart­phone an sei­ner Pfo­te kle­ben hat, als wäre es bereits ein ange­schlos­se­ner zusätz­li­cher Körperteil.

Das betrifft Men­schen aller Alters­stu­fen, aller sozia­len Klas­sen, aller Ras­sen und Eth­ni­en. Über­all sieht man das glei­che dopa­min­süch­ti­ge Star­ren in die klei­nen Bild­schir­me, die wischen­den und tip­pen­den Hand­be­we­gun­gen, die nach unten gesenk­ten Köp­fe, egal, ob man allein oder in einer Grup­pe ist, ob man das offe­ne Meer vor sich hat oder in einem Café oder einem Zug­ab­teil sitzt. Man will stän­dig erreich­bar, stän­dig online, stän­dig imstan­de sein, sich und ande­ren ein Video vor­zu­spie­len oder einen Link oder ein Mem zu zei­gen oder auf eine Nach­richt zu antworten.

Immer deut­li­cher wird klar, was Yuval Hara­ri mein­te, als er bemerk­te, daß ein Mensch mit einem Smart­phone (oder auch nur einem Heim­com­pu­ter) bereits eine Art Cyborg sei. Es ist durch­aus mög­lich, daß die Smart­phoni­sie­rung der Mensch­heit (denn es scheint sich hier­bei offen­bar um ein glo­ba­les Phä­no­men zu han­deln) nur ein Durch­gangs­sta­di­um zur Pra­xis des Chip­pens oder phy­si­schen Implan­tie­rens von „Apps“ ist, die sich bis­her außer­halb des Kör­pers in dem klei­nen all­ge­gen­wär­ti­gen Gerät befinden.

Die virus­ar­ti­ge Aus­brei­tung die­ser Pra­xis, die wohl mit gutem Grund in den Covid-Jah­ren beschleu­nigt wur­de, ist äußerst beun­ru­hi­gend. Die­je­ni­gen, die ihre kor­rup­ti­ve sozia­le und men­ta­le Wir­kung und ihre tota­li­tä­re Gefahr erken­nen, schei­nen aller­dings in der Min­der­heit zu sein. Und selbst die­je­ni­gen, die es sehen, zie­hen mit, nicht bloß aus Spaß oder Bequem­lich­keit, son­dern weil sie oft kei­ne ande­re Wahl haben, da sie beruf­lich und lebens­or­ga­ni­sa­to­risch immer mehr dazu gezwun­gen werden.

Für die Mehr­zahl der Men­schen wird Kac­zyn­ski wohl nicht mehr als exzen­tri­scher Ver­bre­cher oder ein auf­re­gen­der Fall von „True Crime“ blei­ben, der reich­lich Stoff für Spiel­fil­me und Net­flix­se­ri­en bietet.

Es gibt auch Ver­su­che von „rechts“, ihn als eine Art pro­to-woken Vor­läu­fer der Kli­makle­ber und ähn­li­cher Figu­ren zu deu­ten, die heu­te die grün-apo­ka­lyp­ti­sche Trom­mel rühren.

Nils Weg­ner berich­tet in sei­nem kennt­nis­rei­chen Nach­ruf (ein adap­tier­tes und gekürz­tes Por­trait aus der Zeit­schrift Die Keh­re):

So hat das wesent­lich von Öl‑, Tabak- sowie Phar­ma­kon­zer­nen finan­zier­te Heart­land Insti­tu­te – also gera­de­zu ein Aus­hän­ge­schild der indus­tri­el­len Gesell­schaft – bereits vor zehn Jah­ren US-weit elek­tro­ni­sche Wer­be­pla­ka­te geschal­tet, auf denen Kon­ter­feis von Charles Man­son, Fidel Cas­tro und eben Kac­zyn­ski die rhe­to­ri­sche Fra­ge stell­ten: »Ich glau­be immer noch an die Kli­ma­er­wär­mung – Sie auch?«

Zu die­sem Bild scheint auch vor­der­grün­dig zu pas­sen, daß Kac­zyn­ski in den sech­zi­ger Jah­ren („lan­ge bevor es cool war“) eine Geschlechts­um­wand­lung in Betracht zog, offen­bar auf­grund auto­gy­ne­phi­ler Nei­gun­gen. Das bedeu­tet, daß er von der Fan­ta­sie erregt wur­de, eine Frau zu sein, eine sexu­el­le Per­ver­si­on, die ver­mut­lich bei etli­chen Exem­pla­ren aus dem „Transgender“-Spektrum eine Rol­le spielt.

„Framings“ die­ser Art lau­fen aller­dings in Lee­re, wenn man Kac­zynskis Schrif­ten tat­säch­lich gele­sen hat. Dar­in unter­zieht er – wohl­ge­merkt bereits in den neun­zi­ger Jah­ren – die heu­ti­ge Lin­ke (er spricht vom „lef­tism“), ins­be­son­de­re jene, die sich Opfer- und Min­der­hei­ten­kul­ten ver­schrie­ben hat, einer hell­sich­ti­gen, ja gna­den­lo­sen Kri­tik. Als ihre Haupt­an­triebs­fe­der nennt er Res­sen­ti­ments und Minderwertigkeitsgefühle.

“Uncle Ted” war nicht “woke”. Er war viel­mehr scharf und kom­pro­miß­los anti-woke.

Hier ein paar Kost­pro­ben aus einer Über­set­zung der 1995 in der Washing­ton Post abge­druck­ten Ver­si­on sei­nes spä­ter über­ar­bei­te­ten und kor­ri­gier­ten „Mani­fests“:

Wohl jeder wird mit uns über­ein­stim­men, daß wir gegen­wär­tig in einer zutiefst beun­ru­hig­ten Gesell­schaft leben. Eine der ver­brei­tets­ten Erschei­nun­gen unse­rer wahn­wit­zi­gen Welt ist der Lef­tis­mus. (…) Wenn wir in die­ser Abhand­lung über Lin­ke spre­chen, dann mei­nen wir vor allem Sozia­lis­ten, Kol­lek­ti­vis­ten, “poli­ti­cal­ly correct”-Anhänger, Akti­vis­ten im Bereich des Femi­nis­mus, der Homo­se­xua­li­tät und der Behin­der­ten, Ver­tei­di­ger des Tier­schut­zes und dergleichen. (…)

Die­je­ni­gen die beson­ders emp­find­lich hin­sicht­lich einer “poli­ti­cal­ly incorrect”-Terminologie reagie­ren, sind nicht die durch­schnitt­li­chen schwar­zen Ghet­to­be­woh­ner, die asia­ti­schen Ein­wan­de­rer, die miß­han­del­ten Frau­en oder behin­der­te Men­schen, son­dern eine Min­der­heit von Akti­vis­ten, die meis­tens kei­ner die­ser “unter­drück­ten” Grup­pen ange­hö­ren , son­dern aus pri­vi­le­gier­ten Gesell­schafts­schich­ten kom­men. Die Mehr­heit der Anhän­ger einer ‘poli­ti­cal cor­rect­ness’ besteht aus Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren, die siche­re Arbeits­plät­ze und ein gutes Ein­kom­men haben, die meis­ten von ihnen sind hete­ro­se­xu­el­le männ­li­che Wei­ße aus Mit­tel- bzw. Oberklasse-Familien. (…)

Vie­le Lin­ke iden­ti­fi­zie­ren sich stark mit den Pro­ble­men von Grup­pen, die als schwach (Frau­en), unter­drückt (India­ner), absto­ßend (Homo­se­xu­el­le) oder ander­wei­tig min­der­wer­tig ange­se­hen wer­den. Die­se Lin­ken emp­fin­den die­se Grup­pen als min­der­wer­tig. Zwar wür­den sie die­se Gefüh­le nie­mals zuge­ben, aber genau des­we­gen, weil sie die­se Grup­pen als min­der­wer­tig anse­hen, iden­ti­fi­zie­ren sie sich mit ihren Pro­ble­men. (Wir wol­len damit nicht behaup­ten, daß Frau­en, India­ner usw. min­der­wer­tig SIND, son­dern ledig­lich die lin­ke Psy­cho­lo­gie charakterisieren).

Die Lin­ken behaup­ten, daß die Moti­va­ti­on ihres Akti­vis­mus sich von Mit­ge­fühl oder mora­li­sche Prin­zi­pi­en her­lei­ten, und in der Tat spie­len mora­li­sche Prin­zi­pi­en eine Rol­le für den über­an­ge­paß­ten Lin­ken. Jedoch sind Mit­ge­fühl und mora­li­sche Prin­zi­pi­en kei­nes­wegs ein Haupt­mo­tiv lin­ker Unter­neh­mun­gen. Ein her­vor­ra­gen­der Bestand­teil lin­ker Ver­hal­tens­wei­se sind Feind­se­lig­keit (hosti­li­ty) und Macht­trieb (dri­ve for power). Über­dies sind lin­ke Ver­hal­tens­for­men meis­tens nicht ratio­nal auf das Wohl­erge­hen der Men­schen aus­ge­rich­tet, denen die Lin­ken angeb­lich hel­fen wollen.

Wenn jemand bei­spiels­wei­se glaubt, daß man Schwar­ze unter­stüt­zen soll­te, wel­chen Sinn hat es dann, dies in einer feind­se­li­gen oder dog­ma­ti­schen Ter­mi­no­lo­gie zu for­dern? Es wäre wesent­lich hilf­rei­cher, gegen­über den Wei­ßen, die sich durch sol­che For­de­run­gen selbst dis­kri­mi­niert füh­len, eine diplo­ma­ti­sche und ver­söhn­li­che Spra­che der Annä­he­rung zu führen.

Aber die lin­ken Akti­vis­ten wol­len kei­ne Annä­he­rung , weil das ihre emo­tio­na­len Bedürf­nis­se nicht befrie­di­gen wür­de. Ihr eigent­li­ches Ziel ist nicht, den Schwar­zen zu hel­fen. Statt­des­sen die­nen ihnen Ras­sen­pro­ble­me als Vor­wand, um ihrer Feind­se­lig­keit und dem eige­nen ent­täusch­ten Macht­be­dürf­nis (need for power) Aus­druck zu ver­lei­hen. Damit aber scha­den sie den Schwar­zen, weil die feind­li­che Hal­tung der Akti­vis­ten gegen­über der wei­ßen Mehr­heit den Ras­sen­haß noch intensiviert.

Das sind alles unleug­ba­re (wenn auch stel­len­wei­se ergän­zungs­be­dürf­ti­ge) Tref­fer ins Schwarze.

Vor rund zwan­zig Jah­ren spitz­te ich gespannt die Ohren, als ich den Neu­ro­lo­gen, Psych­ia­ter und Phi­lo­so­phen Hin­derk Emrich (1943–2018) in einem Vor­trag beson­ders die­sen lin­ken­kri­ti­schen Aspekt von Kac­zynskis bekann­tes­tem Text aus­drück­lich her­vor­he­ben und loben hörte.

Emrich, zu des­sen Men­to­ren Robert Spae­mann zähl­te, war einer der mensch­lich ein­drucks­volls­ten, wei­ses­ten und beson­nens­ten Men­schen, denen ich in mei­nem Leben je begeg­net bin. Ich führ­te zu die­sem Zeit­punkt eine schrift­li­che Kor­re­spon­denz mit ihm über reli­giö­se Fra­gen, an denen er sehr inter­es­siert war. Ich war noch nicht ganz „rechts“, zumin­dest nicht in einem direkt poli­ti­schen Sin­ne, aber bereits auf dem Weg dorthin.

Die­ser Mann nun, der nicht einen Fun­ken von „Extre­mis­mus“ oder Über­spannt­heit in sich hat­te, der auf eine lang­jäh­ri­ge psych­ia­tri­sche Erfah­rung zurück­bli­cken konn­te, und dem bewußt war, daß Ted Kac­zyn­ski drei Men­schen getö­tet und drei­und­zwan­zig wei­te­re ver­wun­det hat­te, war nicht der Mei­nung, daß er pau­schal als Ver­rück­ter abge­tan wer­den kön­ne; viel­mehr hat­te er eini­ge zutref­fen­de Din­ge zu sagen.

Die­sen Ein­druck ver­mit­tel­te auch der Doku­men­tar­film Das Netz von Lutz Damm­beck, der etwa zur sel­ben Zeit her­aus­kam, als ich Emrichs Vor­trag hör­te. Kac­zyn­ski wird hier in einen erwei­ter­ten Kon­text gestellt: Kyber­ne­tik, die Ent­ste­hung des Inter­nets, Gedan­ken­kon­trol­le, „Sozi­al­kon­struk­ti­vis­mus“ und die kali­for­ni­sche „Coun­ter-Cul­tu­re“ der sech­zi­ger Jah­re, von der ein direk­ter Weg in das Sili­con Val­ley von heu­te führt. Damm­beck soll­te die­se The­ma­tik in sei­nem Film Over­games (2015) aus­bau­en und vertiefen.

Man­che deu­ten auch auf die Tat­sa­che, daß der erst sech­zehn­jäh­ri­ge, als Wun­der­kind gehan­del­te Har­vard-Stu­dent Kac­zyn­ski als Ver­suchs­ka­nin­chen an MKULTRA-Expe­ri­men­ten (mög­li­cher­wei­se auch mit LSD, obwohl es dafür kei­nen Beweis gibt) betei­ligt war. Das könn­te einen nach­hal­ti­gen psy­chi­schen Knacks ver­ur­sacht und spe­zi­ell sei­ne schi­zo­phren-para­no­iden und anti­so­zia­len Ten­den­zen ver­stärkt haben. Das mag sein, es mag aber auch sein, daß sei­ne Erleb­nis­se einen durch­aus begrün­de­ten Haß auf staat­li­che Über­grif­fig­keit und Mani­pu­la­ti­on beför­dert haben.

Es gibt dar­an also nichts zu rüt­teln: Seit lan­gem gibt es unter gebil­de­ten und kri­ti­schen Men­schen, ob von links, rechts oder sonst­wo her, einen Kon­sens, daß die Gesell­schafts­kri­tik Kac­zynskis – zumin­dest in wesent­li­chen Tei­len – ernst­zu­neh­men ist.

Er ist somit auch mehr als nur kan­ti­ges Inter­net-Mem, mit dem dis­si­den­te Grup­pen unter­schied­lichs­ter Fär­bung ihre rebel­li­sche Hal­tung signalisieren.

Ted Kac­zyn­ski war ohne Zwei­fel ein zuftiefst „ent­frem­de­ter“, cha­rak­ter­lich hoch­pro­ble­ma­ti­scher, und gewiß kein see­lisch „nor­ma­ler“ oder gesun­der Mensch. Und den­noch war es wohl gera­de sein radi­ka­les Außen­sei­ter­tum, das ihn man­che Din­ge sehr scharf und klar sehen ließ.

Das bele­gen auch unzwei­fel­haft Tex­te wie die sati­ri­sche Para­bel „Das Nar­ren­schiff“  (Ori­gi­nal hier) aus dem Jahr 1999.

Die­ses besag­te Schiff wird von deka­den­ten, „inter­sek­tio­na­len“ Social-Jus­ti­ce-War­ri­ors (avant la lett­re) bevöl­kert, die sich gegen­sei­tig über Tri­via­li­tä­ten zer­flei­schen, wäh­rend sie blind­lings auf ihren Unter­gang zusteu­ern (wobei sie im Ver­gleich zur ent­spre­chen­den heu­ti­gen Kli­en­tel fast noch „nor­mal“ wirken).

End­lich erhebt sich ein offen­bar ver­rückt gewor­de­ner Boots­jun­ge gegen das immer „bun­ter“ wer­den­de Treiben:

“Ihr ver­damm­ten Nar­ren!”, schrie er. “Seht ihr nicht, was der Kapi­tän und die Steu­er­män­ner tun? Sie hal­ten euch beschäf­tigt mit euren tri­via­len Kla­gen über Decken und Löh­ne und dass der Hund getre­ten wird, damit ihr euch kei­ne Gedan­ken dar­über macht, was wirk­lich falsch läuft auf die­sem Schiff – daß es wei­ter und wei­ter nach Nor­den drif­tet und wir alle ertrin­ken wer­den. Wenn nur weni­ge von euch zur Besin­nung kom­men, sich zusam­men­reis­sen und auf das Pupp­deck stei­gen wür­den, könn­ten wir die­ses Schiff umkeh­ren und uns ret­ten. Doch alles, was ihr macht, ist über belang­lo­se klei­ne Pro­ble­me zu jam­mern, wie Arbeits­be­din­gun­gen und Wür­fel­spie­le und das Recht, Schwän­ze zu lutschen!“

Die Pas­sa­gie­re und die Besat­zung waren erzürnt.

„Belang­los?!“, schrie der Mexi­ka­ner. „Fin­den Sie es ver­nünf­tig, daß ich nur drei Vier­tel des Lohns eines weis­sen Matro­sen bekom­me? Ist das belanglos?“

„Wie kön­nen Sie mei­ne Beschwer­den tri­vi­al nen­nen?!“, schrie der Boots­mann. «Wis­sen Sie denn nicht, wie ernied­ri­gend es ist, ‘Schwuch­tel’ genannt zu werden?“

„Einen Hund zu tre­ten ist kein ‘belang­lo­ses klei­nes Pro­blem’!“, schrie die Tier­lieb­ha­be­rin. „Das ist herz­los, grau­sam und brutal!“

„In Ord­nung», ant­wor­te­te der Boots­jun­ge. “Die­se Pro­ble­me sind nicht belang­los und tri­vi­al. Den Hund zu tre­ten ist grau­sam und bru­tal und es ist ernied­ri­gend, ‘Schwuch­tel’ genannt zu wer­den. Doch im Ver­gleich zu unse­rem wah­ren Pro­blem – im Ver­gleich zur Tat­sa­che, daß die­ses Schiff immer noch nord­wärts fährt – sind eure Kla­gen belang­los und tri­vi­al, denn wenn wir die­ses Schiff nicht bald zur Umkehr brin­gen, wer­den wir alle ertrinken.“

„Faschist!“, sag­te der Professor.

„Reak­tio­när!“, sag­te die Passagierin.

Und alle der Pas­sa­gie­re stimm­ten ein, einer nach dem ande­ren nann­ten sie ihn einen Faschis­ten oder Reak­tio­nä­ren. Sie sties­sen ihn weg und kehr­ten dazu zurück, über ihre Löh­ne und über mehr Decken für Frau­en und über das Recht, Schwän­ze zu lut­schen und wie der Hund behan­delt wer­den soll, zu grummeln.

Das Schiff indes segel­te wei­ter nach Nor­den und nach einer Wei­le wur­de es zwi­schen zwei Eis­ber­gen zer­malmt und alle ertranken.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (20)

Ausguck

12. Juni 2023 23:09

Sehr guter Text. Aber es geht viel kuerzer:
Schon die Bibel sagt: "Liebe alle Menschen wie Dich selbst."
Nicht etwa, weil es dort steht, sondern weil es eine alte Wahrheit ist, soll daran erinnert werden, dass wer sich selbst nicht liebt, sondern sogar hasst, andere Menschen ebenfalls verachtet.
"Diese Linken empfinden diese Gruppen als minderwertig..." (sic!)

ede

12. Juni 2023 23:34

In der Tat, diese Narrenschiffparabel wirkt erstaunlich hellsichtig. Ich kenne den Mann nun nur als Nachrichtenmeldung über einen verrückten mörderischen Terroristen. Man müsste nun schon noch wissen, aus welchen Gründen seiner Meinung nach der Kurs des Schiffes so katastrophal wäre. 

ede

12. Juni 2023 23:51

... und, könnte es sein, dass gerade die Verrücktesten, die CO2-Untergangssekten und die Savonarola Verzichts-Glücks-Apologeten die legitimen geistigen Erben des Ted Kaczynski sind? 

der michel

13. Juni 2023 01:40

sei's, wie es wolle: auch eine kaputte uhr geht 2 x am tage
exakt. ansonsten empfehle ich die lektüre von "das narrenschiff"
von sebatian brant (gedruckt 1494), da steht schon alles drin,
was der mensch so exemplarisch versaubeutelt hat...

deutscheridentitaerer

13. Juni 2023 07:13

Ich habe lange Zeit nicht verstanden, worauf Technikkritik hinauswill, da die Technik doch einfach nur den Handlungsraum des Menschen steigere, aber im Grundsätzlich nichts ändern würde. Das war natürlich schon damals falsch, bewusst wurde mir das aber auch erst mit den Smartphones und der damit einhergehenden Veränderung des Internets. Die Welt wurde dadurch spürbar ärmer, Lebenswelten, Stimmungen, die sich zuvor zwanglos und selbstverständlich auftaten müssen seitdem aktiv gesucht werden, nicht immer mit Erfolg. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Prozess sich nicht fortsetzen wird, und zwar schnell. Daher ist mir auch nicht klar, wie die Narren das Schiff denn so einfach wenden sollten. 

Laurenz

13. Juni 2023 07:39

@ML ... kurze Info, in der Wiki steht, Kaczynski habe Suizid begangen. https://www.nytimes.com/2023/06/10/us/ted-kaczynski-dead.html
Ohne mich weiter auf Ihre Links zu beziehen, die ich bei Ihrer Glaubwürdigkeit nicht brauche, kann man ohne weiteres zustimmen, daß es sich hier um einen brillanten Kopf handelt. Das heißt aber nicht, daß seine Lebensentscheidungen brillant waren. Die Abhandlung über Linke ist im Grunde kaum besser zu formulieren. Allerdings kann man an dieser Stelle mal mit Klischees aufräumen, welchen die von Ihnen zitierte 30jährige am Nachbartisch verfallen ist. Die Industrie - & die digitale Gesellschaft können krank machen, wie so vieles Menschen schon immer krank machte. Die ersten Seßhaften hatten eine geringere Lebenserwartung als die letzten Jäger & Sammler. Soziale Schwächen, Störungen zeigen, wie die junge Dame in etwa sagte, von einer mangelnden Anpassungsfähigkeit an die jetzige Gesellschaft, aber einst in unserer Geschichte wurden diese gestörten, sozial schwachen Menschen gebraucht, sonst würde es sie heute nicht geben. Sie sind das Resultat unserer Geschichte. Man kann die jeweiligen Bevölkerungsanteile statistisch, wie historisch herleiten.

Ein Fremder aus Elea

13. Juni 2023 08:48

Nö, ich würde schon sagen, daß seine funktionentheoretische Habilitationsschrift der primäre Ausdruck seiner Intelligenz war. (Dasgleiche würde ich über meine funktionalanalytische Diplomarbeit nicht sagen.)

Er hat dann aber, parallel zu mir, angefangen, die menschliche Psyche zu studieren, nur da bin ich ihm klar voraus, meiner unbescheidenen Meinung nach, denn er blieb bei der folgenden Beobachtung stehen: "Diese Leute sitzen hier nur im Hörsaal, weil sie ein Bedürfnis haben zu beweisen, daß sie's drauf haben, daß sie reproduktionswürdige Exemplare der Gattung Mensch sind, aber dadurch, daß sie dabei neue Technologien entwickeln, versauen sie nur die Form, welche ihr Buhlen um die weiblichen Exemplare der Gattung annimmt."

Er hat das dann "power process" genannt und geschlossen, daß wir in der Steinzeit glücklicher waren. Seine Vorfahren waren übrigens Litauer, man könnte ja denken, Polen, und Litauen ist auch deutlich naturnäher als es die (erschlossenen) Vereinigten Staaten sind.

Ach ja, und er hat gesagt, daß die Grünen ein gutes Vehikel sind, um den wirtschaftlichen Kollaps des industriellen Zeitalters herbeizuführen.

Das alles läßt sich schon mit mir vergleichen, nur muß man da ein paar Variablen ersetzen, statt Steinzeit die 1000 jährige Herrschaft der Heiligen, statt Grünen das Tier.

Mitleser2

13. Juni 2023 08:51

Die Bewertung (mehr oder weniger Rechtfertigung) kann ich nicht teilen. Er hat Briefbomben verschickt, die Leute getötet und schwer verletzt haben. Spielt das keine Rolle? So ähnlich kann man auch die RAF rechtfertigen. 

MarkusMagnus

13. Juni 2023 09:01

Er hatte ja mit Einigem recht. Aber die Bomben waren ein Verbrechen. Er sein Leben vergeudet.

Adler und Drache

13. Juni 2023 11:17

Mit der Rolle des Propheten, der anders als die Vielen, Allzuvielen weiß, wohin das Schiff treibt, kann man die eigene Bedeutung natürlich immens steigern. Greta tut es nicht anders. Sie spielen ihre Rolle auf dem Narrenschiff, in zwei Generationen werden sie nur noch Fußnoten der Geschichte sein, und andere werden ihre Rolle spielen. 
 

Freier

13. Juni 2023 12:01

@ede: Dann lesen Sie sein Manifest doch mal. "Die Industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft" ist frei im Netz anzuklicken.
Generell halte ich es für wahr, dass den Menschen durch leichte Erreichbarkeit fast aller Grundbedürfnisse etwas genommen wurde.
Und der moderne Mensch ist anderen, höheren, mächtigeren Menschen so ausgeliefert wie nie. Es fehlen Abstand und Eigenes.
Kaczyinski sieht das als Folge der Industrialisierung, und ich denke, das sind wesentliche Erkenntnisse.
Der moderne Mensch lebt heute völlig anders, als unsere Vorfahren in den Jahrzehntausenden zuvor. Völlig anders, als woran ihn die Evolution (oder Gott, wenn man das so sehen möchte) angepasst hat. Dementsprechend gibt es Probleme.
Die Frage ist sehr wohl, wie gehen wir damit um, was machen wir daraus?

Ein Fremder aus Elea

13. Juni 2023 12:28

Mitleser2, Adler und Drache,

was Sie, Adler und Drache, da schreiben stimmt eben NICHT.

Deshalb hat Kaczynski ja Briefbomben verschickt, weil er KEINE Bedeutung hatte. Er hat die Presse erpreßt: "Druckt 'Industrial society and its future' ab, oder ich verschicke ich Briefbomben."

Ich denke, es gilt der folgende Satz: "Je uninteressanter eine politische Schrift ist, desto mehr Menschen ist ihr Autor bereit umzubringen, um sie zu verbreiten."

Marx: 0
Kaczynski: 3
Breivik: 69

(Über Audrey Hale's, 6 Tote, politische Ambitionen werden wir ja im Dunkeln gelassen.)

Es ist also entscheidend, an die Bedeutung der eigenen Prophezeiungen zu glauben, um nicht zu solchen Verzweiflungstaten zu greifen, sondern abzuwarten, bis ihre Zeit gekommen ist, wann die Menschen von ganz alleine beginnen, sich für sie zu interessieren. Beispielsweise wurde die Offenbarung erst im 15. Jahrhundert in den Codex Vaticanus aufgenommen: "...und tötet inmitten von Trauer, Hunger und Tod und durch die Tiere des Landes."

RMH

13. Juni 2023 14:03

Ich bin auf Ted Kaczynski  - wie vermutlich viele andere auch - über Lutz Dammbecks Film "Das Netz" (gabs früher auch bei DeineRöhre) von 2004 gestoßen. Zu dem Film gab es auch ein Buch, in dem das Eingangs des Beitrags mit vollem Titel genannte "Freedom Manifesto" abgedruckt war.
Ted Kaczynskis Taten darf man verurteilen, keine Frage, er hat  - obwohl vermutlich in der Tat aufgrund psychischer Erkrankungen nicht voll schuldfähig - den höchsten Preis bezahlt, in dem er bis zu seinem Tod hinter Gittern saß. Sein "Manifesto" ist aber unabhängig davon lesenswert, aus meiner Sicht sogar Pflichtlektüre für jeden, der kritisch denken will. Man liest einen Marx ja auch, obwohl seine Anhänger hunderte Millionen an Toten zu verantworten haben.
Der Artikel von M.L. wird aus meiner Sicht dem Spannungsverhältnis zwischen Taten und Veröffentlichungen gerecht und ist ein würdiger Nachruf auf einen Menschen, dessen Schriften jetzt, wo er tot ist, evtl. eine angemessenere und breitere Rezeption erfahren können. Danke als an M.L. für den Beitrag.

Adler und Drache

13. Juni 2023 14:49

@Freier: 
Der moderne Mensch lebt heute völlig anders, als unsere Vorfahren in den Jahrzehntausenden zuvor.
Mag schon sein, aber Laurenz hat befreits darauf hingewiesen: schon der Mensch der neolithischen Revolution lebte völlig anders als seine Vorfahren in den Jahrzehntausenden davor.
Die große Stärke des Menschen ist seine Anpassungsfähigkeit. Wahrscheinlich ist nur der Mensch in der Lage, Wüsten, Gebirge und Polargebiete zu bevölkern, außer vielleicht Ratten, aber die folgen ihm nach. 
Wir müssen nicht so leben, wir können eben auch anders leben, und es werden vermutlich Zeiten kommen, wo die Leute mit Blick auf uns Heutige sagen, sie lebten nicht mehr so. 
 

Hesperiolus

13. Juni 2023 14:52

Habe „ Industrial Society and Its Future“ nach diesem Artikel nur stellenweise noch einmal überflogen und finde das - mit einem grade aus dem Frankfurter Rezensionsfeuilleton übernommenen Ausdruck „kohlhaasische“ -  Manifest im Abstand über weite Strecken durchaus, teils überaus, luzide. Das wenig verwunderliche wahnsinnige Reakt auf die Wahnwelt dieses Irrsterns. Gegen Kaczynski spricht, daß seine Attentate doch wohl vorausgehend und nicht von vornherein publikationserzwingend intendiert waren? Auch das freilich keine Rechtfertigung! Technomachische oder komprado-machische Aktionen hätten aus dieser Logik, nicht meiner, wenn überhaupt und zunächst, die Spitzentargets ins Ziel zu nehmen. Hätte er im späteren Internetzeitalter nicht gebombt, sondern gebloggt? Der kommentierte Hinweis auf litauische Abkunft erinnert an Linkola. Beide werden dem Primitivismus zugerechnet. Dagegen eine stiftersche Retrotopie, der ich mich zugesinne, mit Rudorff und bauästhetisch etwa (freue mich auf die neue Sezession!) Schultze-Naumburg, würde nicht gar soweit zurückgehen. - Zweifellos ist die gegebene Weltindustrialisierung diabolisch und wäre die Stillstellung des historischen Vorganges in einer allerdings sozial und human verfeinerten, mandarinen, Hochkultur wünschenswerter, menschlicher gewesen. Nicht in seinen blutigen Taten, aber in Ansätzen seiner dann wie verirrt auch immer entarteten Wahrnehmung würde er sonst weit über Berlusconi oder Lindemann stehen. Auch das ist zu sagen.

MARCEL

13. Juni 2023 14:59

Das Smartphone erlaubt es dem Bewusstsein zugleich an- und abwesend, hier und woanders zu sein.
Wenn es in der U-Bahn mal aggressiv wird, vertiefen sich alle noch mehr in ihr Smartphone - sie sind bewusstseinsmäßig dann woanders, der Stress, die Gefahr dann weit weg.
Es ist die Suggestion einer Binnenwelt, eine Art Hypnose. Die Verdoppelung des Ich-Bewusstseins.
Niemand merkt aber, dass mit Fortschreiten der KI, mit der allerletzten Trennung von der Natur (vgl. Samjatins "Wir"), sich ein Gefängnis auftut, aus dem man nicht mehr herauskommen wird. Das könnte man nur noch mithilfe der Natur, die dazu den Tod (einmal un-theologisch gesprochen) eingesetzt hat.
Der Mensch steht an der Gabelung: Natur mit allem, was dazughehört oder KI mit allem, was dazugehört

ML: Auch mit KI stirbt man.

heinrichbrueck

13. Juni 2023 15:11

Das Narrenschiff ist lustig. Unlustig wird es, wenn man alle Menschen lieben muß. Das Kommentariat kann sich zwischen Erlösung und Weltherrschaft nicht entscheiden. Die Parabel ist unlogisch. Kapitän und Steuermänner, wie im Ukrainekonflikt, sterben nicht. Gefangene sterben, die Machenschaften gehen weiter. Den Narren bringt man etwas anderes bei. Man unterscheidet nicht das Ziel, das Ziel ist immer natürlich; aber ein Kapitän wird immer denken, er hätte das Leben verdient. Es herrscht kein unlogisches Durcheinander. 

Freier

13. Juni 2023 18:36

@Adler und Drache
Ja, und die These ist, dass die industrielle Revolution, die Moderne und Post-Moderne, eine noch größere Veränderung als die neolithische Revolution sind. Und ich denke es ist definitv wichtig, wie wir jetzt damit umgehen. "Keine Käfighaltung mehr für Deutsche" wäre so ein Beispiel, einst mit den Siedlungshäuschen mit großem Garten und Schweinestall umgesetzt. Dröge Standardarbeiten an Roboter abgeben. Ausweichmöglichkeiten in der Gesellschaft schaffen, mehr Höflichkeit und Abstand zum Privaten des Anderen (was z.B. die Amerikaner ja kaum machen und wir Deutsche auch immer weniger). Oder mehr Menschen zu eigener Stärke führen, körperlich wie wirtschaftlich. Leibesübungen und Privatbesitz an Grund und Boden, an Produktionsmitteln durch kleine und mittlere Unternehmen. Das sind jetzt keine so kontroversen Forderungen, aber man könnte die ruhig einmal konsequent verfolgen. Allerdings wird deren Gegenteil sehr konsequent verfolgt, "du wirst nichts besitzen" ist ein Leitspruch des WEF.
Kaczynskis Programm, also ein Ende der industriellen Zivilisation herbeiführen zu wollen, mag fehl gehen (und sei es nur, weil uns dann China erorbert und versklavt), aber seine Erkenntnisse über den jetztigen Zustand sind meiner Meinung nach sehr beachtenswert.
 
Und in der Tat ist der Mensch sehr anpassungsfähig, und an uns ist es nun, zu schauen wie diese Anpassung aussieht.

t.gygax

13. Juni 2023 19:14

In Lutz Dambecks Film "Das Netz" wird sogar die Frage ganz im Stillen erörtert, ob es wirklich der von den Medien verteufelte "Unabomber"war, der die Pakete abschickte....ich persönlich traue dem tiefen Staat alles zu.Zumal K. im Film keineswegs einen aggressiven Eindruck macht.......

FraAimerich

13. Juni 2023 19:16

@Ausguck : "Schon die Bibel sagt: 'Liebe alle Menschen wie Dich selbst.'"
 
Auf diese Lesart des "Nächsten" hat man sich erst recht spät geeignet. Und das zum Teil aus eher "taktischen" Gründen. 

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