Ein warmer, sonnenverwöhnter Mittwoch. Ost-Berlin erwacht, scheinbar wie immer, und dennoch wird sich dieser Tag in die Geschichte einschreiben, denn, wenn auch nur für einen Augenblick, es bricht der Wille nationaler Selbstbehauptung, nach Jahren einer durch Siegermächte bestimmten Politik, in einem Teil des besetzten Deutschlands durch.
An seinem Beginn stand die »Verschärfung des Klassenkampfes« als Doktrin der 2. SED-Parteikonferenz im Juli 1952, die, nach ersten Jahren der pseudodemokratischen Ummantelung, nun offen den radikalen »Aufbau des Sozialismus« unter der »Diktatur des Proletariats« und seiner führenden Partei, der SED, forderte. Im »Geiste Stalins« sollte durch Erhöhungen der Arbeitsnormen, der sogenannten Stachanow-Bewegung folgend, ein verschärfter Kurs der Produktionsleistungen auf allen Gebieten erfolgen.
Wenngleich die SED-Führung nach dem einige Monate später eingetretenen Tode Stalins »in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern« eingestand, Preiserhöhungen zurücknahm, die Überprüfung von Urteilen politisch Inhaftierter in Aussicht stellte und die Rückgabe von requiriertem Eigentum an Bauern und Gewerbetreibende versprach, hielt sie dennoch an der »planmäßigen Errichtung des Sozialismus« und den damit verbundenen Arbeitsnormen fest, wie das Politbüro der SED am 9. Juni 1953 verlautbarte. Unmut machte sich breit und das nicht nur in der selbsternannten DDR-Hauptstadt.
Am Morgen des 16. Juni 1953 zeigten sich erste Folgen aufgestauten Unmuts. Trotz der Beibehaltung erhöhter Arbeitsnormen und bestehender Lohnkürzungen konnten die Arbeiter des Krankenhausneubaus in Berlin-Friedrichshain noch tags zuvor durch Gewerkschaftsfunktionäre des staatlichen FDGB von einer Arbeitsniederlegung abgehalten werden. An diesem Tag jedoch solidarisierten sich Arbeiter der Nachbarbaustellen am Renommierobjekt der Stalinallee mit ihren Kollegen.
Von beiden Baustellen aus formierte sich daraufhin ein kleiner Protestzug, der sich auf dem Weg zum »Haus der Gewerkschaften« und weiter zum Regierungssitz in der Leipziger Straße schnell auf ca. 10 000 Demonstranten vergrößerte. Noch bestimmten Losungen zur Rücknahme von Normerhöhungen und Lohnkürzungen den Tenor, doch schon bald entstanden Forderungen nach freien Wahlen und dem Ende der SED-Herrschaft.
Bereits in den Abendstunden des 15. Juni hatte die »Rundfunkanstalt im amerikanischen Sektor«, kurz RIAS, erste Hinweise auf die sich zuspitzende Situation in Ost-Berlin erhalten und weitergegeben. Am Morgen des 16. Juni verbreitete der Sender, in Rücksprache mit der amerikanischen Militärverwaltung, die Meldung von ersten Ausständen auf Baustellen Ost-Berlins, die von anderen westdeutschen Nachrichtensendern übernommen wurde und sich dadurch auch in allen Bezirken der DDR verbreitete.
Am Abend des 16. Juni verlas der RIAS eine Resolution einer »Delegation der Bauarbeiter, von denen die Aktion ausgegangen war«, die die Rücknahme der Arbeitsnormen, die Senkung der Lebenshaltungskosten und die Forderung nach freien und geheimen Wahlen in der DDR zum Inhalt hatte. Dieser Forderungskatalog wurde in den Nachrichtensendungen des RIAS stündlich wiederholt.
»Der Rias war […] zum Katalysator des Aufstandes geworden. Ohne den Rias hätte es den Aufstand so nicht gegeben«, resümierte Egon Bahr, seinerzeit deutscher Chefredakteur des Senders.
Am Morgen des 17. Juni 1953 sendete der RIAS im Rahmen der Tagesnachrichten den Aufruf, sich ab sieben Uhr an einer Großdemonstration auf dem Straußberger Platz zu beteiligen, und untermauerte ihn mit Solidaritätserklärungen aus West-Berlin und der Bundesrepublik sowie Aufrufen Ostberliner Betriebsgruppen zur Beteiligung an der Protestkundgebung.
Zur selben Zeit fanden im Berliner Raum erhöhte Truppenbewegungen statt. Sowjetische Panzer rollten auf Berlin zu, amerikanische und westalliierte Streitkräfte standen in erhöhter Alarmbereitschaft.
Ab sechs Uhr, der Streikaufruf hatte sich längst herumgesprochen, versammelten sich Tausende Demonstranten auf dem Straußberger Platz. Eine Stunde später waren es ca. 40 000 Menschen, darunter viele Bauarbeiter. Sperrketten der Ostberliner Volkspolizei sprengend, wälzte sich dieser gewaltige Menschenzug zum Regierungssitz und Alexanderplatz. Sein Ruf: »Berliner, reiht euch ein, wir wollen freie Menschen sein!«
In den Außenbezirken Ost-Berlins formierten sich weitere Demonstrationen. Immer mehr Betriebe legten ihre Arbeit nieder. Im Berliner Bezirk Mitte von 4 000 Beschäftigten 3 300, im Friedrichshain 10 000 Mitarbeiter in zehn Werken, in 13 Köpenicker Betrieben 24 000 Menschen. Aus dem Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf traten 12 000 Werktätige den Marsch durch West-Berlin in Richtung Zentrum an.
Gegen zehn Uhr hatten die Demonstranten am Potsdamer Platz alle kommunistischen Insignien der Macht zerstört, aber auch Kioske und Baracken in Brand gesetzt. Die Situation eskalierte, als die Polizeiwache im teilsanierten HO-Warenhaus »Columbushaus« gestürmt wurde und das Kaufhaus in Flammen aufging.
Vom Sturm der Menge überrascht, zogen es einige Volkspolizisten schließlich vor, sich durch Flucht in Westberliner Gewahrsam vor der aufgebrachten Menge zu schützen. Zugleich zeigten sich in der Leipziger Straße und auf dem Straußberger Platz einige tausend doch recht neu in Handwerkerkluft eingekleidete Demonstranten aus Westberliner Stadtbezirken, deren Anwesenheit später der SED-Regierung als Beleg für die »Tätigkeit ausländischer Agenten« galt.
Um elf Uhr wurde, unter dem Jubel der Demonstranten, die rote Fahne vom Brandenburger Tor heruntergeholt. Die kommunistische Herrschaft schien nun auch an der Sektorengrenze gebrochen und damit die weitergehenden Forderungen nach »freien Wahlen«, »Abzug der Russen« und dem Ende der SED-Regierung in greifbarer Nähe. Zehntausende versammelten sich inzwischen am Regierungsviertel und forderten nun das Ende kommunistischer Herrschaft.
Sowjetische Panzer und Truppen der Kasernierten Volkspolizei (KVP) begannen gegen Mittag mit brutaler Gewalt die Demonstrationszüge aufzulösen. Ein erster Toter war zu beklagen, als ein russischer Panzer Unter den Linden absichtsvoll ungebremst in eine Menschenmenge fuhr.
Unter dem Einsatz von Schußwaffen begannen die bewaffneten Kräfte die Umgebung des Regierungssitzes zu räumen. Zahlreiche Menschen wurden dabei in die Westsektoren abgedrängt. Um 13 Uhr wurde durch den Befehl des sowjetischen Militärkommandanten der Ausnahmezustand über Ost-Berlin verhängt.
Auch an weiteren über 500 Orten in den Bezirken und Kreisen der DDR kam es am 17. Juni zu Streiks und Kundgebungen gegen die SED-Herrschaft. Schwerpunkte bildeten hierbei die industriellen Ballungszentren Leipzig, Borna, Chemnitz, Dresden, Riesa, Frankfurt/Oder, Dessau, Jena, Wittenberg und Magdeburg. Dabei kam es auch dort zu vielerlei Gewaltakten und blutigen Zusammenstößen.
In Görlitz verband sich hierbei zugleich die Perspektivlosigkeit vieler Vertriebener aus den schlesischen Ostgebieten, die, ihrer Heimat beraubt und noch unter den Erfahrungen der panpolnischen Vertreibungsexzesse stehend, all ihre Hoffnung in eine Rücknahme der gewaltsam durch die Sowjets gezogenen Grenzen mitten durch deutsches Gebiet setzten.
»Nieder mit der Oder-Neiße-Grenze«, forderten bis zu 4 000 Demonstranten in der Görlitzer Innenstadt. Am frühen Nachmittag wurde der Bürgermeister abgewählt, eine freie Bürgerwehr ins Leben gerufen und ein Stadtkomitee gebildet. Die SED-Kreisleitung und das Gebäude der Staatssicherheit wurden gestürmt. »Freie Wahlen in ganz Deutschland« war die politische Forderung des Tages. Darin zeigte sich zugleich im verbliebenen restlichen schlesischen Land, aber auch in weiten Teilen der jungen DDR, daß noch kein Bewußtsein für die »historische Spaltung« Deutschlands und die damit verbundene dauerhafte polnische und russische Okkupation der Ostgebiete entstanden war.
Das »Deutschlandlied« wurde angestimmt und setzte sich in den Gassen der Stadt fort bis an die schmerzhaft gezogene Grenze der Neiße. Noch im Moment, da »die Russen« kamen und Einheiten der KVP das Zentrum räumten, hallte es voll Inbrunst durch die Stadt. Doch blieb die Hoffnung ohne Widerhall, und die herangezogenen sowjetischen Panzer und kasernierte Volkspolizisten stoppten auch hier den Traum nationaler Wiedergeburt.
Nicht nur in Ost-Berlin, aber besonders hier hatte es viele Tote und Verwundete gegeben. Die genauen Opferzahlen sind jedoch nicht sicher belegt. Doch gab es, nach offiziellen Angaben, während der Erhebung mindestens 383 Tote, die Mehrzahl davon Demonstranten.
Standrechtlich erschossen wurden zudem 91 Personen und weitere 14 Menschen, die in den nachfolgenden Prozessen zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.
Ein besonderes Kapitel bildeten dabei Sowjetsoldaten, die sich weigerten, auf Deutsche zu schießen. Schon während der Erhebung soll es zu Erschießungen meist sehr junger Rotarmisten gekommen sein. Später, am 28. Juni 1953, wurden im Rahmen eines Sommermanövers 18 sowjetische Soldaten hingerichtet, ein Fakt, der allerdings noch immer nicht als verifiziert gilt. Darüber hinaus sollen Hunderte Sowjetsoldaten wegen Befehlsverweigerung im Rahmen des 17. Juni in Arbeitslager verschleppt worden sein.
Ein Jahr später, am 17. Juni 1954, entstand für diese »Opfer der Menschlichkeit« in Berlin-Zehlendorf ein schlichtes Denkmal, an dessen Einweihung der letzte in Rußland 1917 frei gewählte Ministerpräsident, Alexander Kerenski, teilnahm.
Die Erhebung war Geschichte. Doch etwas blieb haften und überdauerte als Gedanke, als Idee, als Fanal nationaler Freiheit – bis an das Ende der DDR. Noch in den letzten Tagen des SED-Regimes 1989 lief Erich Mielke, seit 1957 Minister für Staatssicherheit der DDR, durch die Räume seines Ministeriums und fragte: »Ist wieder 17. Juni?«
Kurativ
»Ist wieder 17. Juni?«
Wenn man es beschwört, dann ist es schon vorbei
Positivkriterien:
1. Arbeitsnormen durch Steuern/Inflation
Finanzierung der US-Kriege (Iran, Irak, Afgh, Ukraine)
Verhinderung von Gas und Öl (Schuld am Klimawandel)
Weitere Geldabflüsse: "Impfstoffe" (Corona), Rettungsgelder EU-Staaten/Banken, E-Auto, Wärmepumpenzwang/US-Investoren (Vissemann etc), US-Rüstungsgüter
2. Enteignung Sozialsstaatsbeiträge
Plünderung der Krankenkassenbeiträge durch arbeitslose Migranten
Verschlechterung der Rentenformel (SPD)