Kritik der Woche (51): “Deutsch-russische Nachbarschaft” von Johannes Barnick

Zum letzten Mal waren Russen und Deutsche 1914 Nachbarn. Wenn man die Sowjets dazuzählt, auch noch einmal nach dem Polenfeldzug 1939.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Eine deutsch-rus­si­sche Nach­bar­schaft ist heu­te in wei­te Fer­ne gerückt, wenn man sich anschaut, daß uns mitt­ler­wei­le Ukrai­ne und Weiß­ruß­land von Ruß­land tren­nen. 1959, als das Buch Deutsch-rus­si­sche Nach­bar­schaft zum ers­ten Mal erschien, war das anders. Denn damals beherrsch­ten die Sowjets Ost- und Mit­tel­eu­ro­pa – die Gren­ze zwi­schen den Blö­cken ver­lief mit­ten durch Deutschland.

Seit­dem ist viel pas­siert, gera­de im Hin­blick auf das deutsch-rus­si­sche Ver­hält­nis, was einen bezüg­lich der Gül­tig­keit die­ses Buches skep­tisch stim­men sollte.

Der Ver­lag, der die­ses Buch neu her­aus­ge­bracht hat, meint, daß es sich liest, „als wäre es für heu­te geschrie­ben wor­den: ein außen­po­li­ti­scher Trak­tat mit detail­lier­ten Ein­bli­cken in die psy­cho­lo­gi­schen, geo­po­li­ti­schen und macht­phy­si­ka­li­schen Bedingt­hei­ten der deutsch-rus­si­schen Bezie­hun­gen in Geschich­te und Gegenwart“.

Der Autor, Johan­nes Bar­nick (1916–1987), war ein Pri­vat­ge­lehr­ter, der nach dem Zwei­ten Welt­krieg in West­deutsch­land eini­ge Groß­essays zur deut­schen Lage und zu geschichts­phi­lo­so­phi­schen The­men vor­ge­legt hat. Daß Bar­nick dabei eher der rech­ten Sei­te zuzu­ord­nen war, kann man einer SPIE­GEL-Rezen­si­on eines sei­ner Bücher ent­neh­men, der in ihm einen Wie­der­gän­ger der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on sieht:

Der Unter­schied zwi­schen der Geis­tes­ver­fas­sung sol­cher miß­ver­gnüg­ten Publi­zis­ten, die Ende der zwan­zi­ger Jah­re für eine vom deut­schen Wesen beherrsch­te Welt strit­ten, und der Geis­tes­ver­fas­sung von Johan­nes F. Bar­nick im Jah­re 1958 ist offen­sicht­li­che nur gering. Drei­ßig Jah­re und ein ver­lo­re­ner Krieg sind vor so groß­räu­mi­gen und Jahr­hun­der­te umspan­nen­den Betrach­tun­gen, wie die Bar­nicks sie pfle­gen, nur ein Hauch.

Sei­ne Trak­ta­te erschie­nen sei­ner­zeit nicht ohne Grund im See­wald-Ver­lag, der auch Schrenck-Not­zings Cha­rak­ter­wä­sche und Moh­lers Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung veröffentlichte.

In der Tat denkt Bar­nick noch ganz in den Kate­go­rien der Zwi­schen­kriegs­zeit, die in den 1950er Jah­ren lang­sam in die Defen­si­ve gedrängt wur­den. Sein Buch ist voll von völ­ker­psy­cho­lo­gi­schen Ste­reo­ty­pen, geo­po­li­ti­schen Lehr­sät­zen und apo­dik­ti­schen Urtei­len, die die Lek­tü­re zumin­dest in der zwei­ten Hälf­te zu einem kurz­wei­li­gen Ver­gnü­gen machen.

Über allem steht die The­se, daß es Euro­pa immer dann gut ergan­gen sei, wenn auch die deutsch-rus­si­schen Bezie­hun­gen in Ord­nung gewe­sen sei­en. Die his­to­ri­sche Her­lei­tung über das Mira­kel des Hau­ses Bran­den­burg, die Kon­ven­ti­on von Tau­rog­gen und Bis­marcks Schau­kel­po­li­tik ist etwas ermü­dend. Hier wer­den die Vor­lie­ben des Autors deut­lich, wenn er die sich selbst ord­nen­de Ord­nung des euro­päi­schen Mit­tel­al­ters als den neu­zeit­li­chen Ver­hält­nis­sen ein­deu­tig über­le­gen preist, weil sie den „Krebs­scha­den“ der Gegen­wart, den „gesell­schaft­li­chen Struk­tur­zer­fall im kom­pen­sa­to­risch wuchern­den Staat“, unmög­lich machte.

Bar­nick sieht in der Nach­bars­nach­bar­schaft, der feh­len­den gemein­sa­men Gren­ze bzw. der zwi­schen den Rus­sen und Deut­schen woh­nen­den Polen den Grund für das Mit­ein­an­der­aus­kom­men bei­der Völ­ker. Ihr Cha­rak­ter als ger­ma­nisch-sla­wi­sche Misch­völ­ker und ihre ver­gleichs­wei­se auto­ri­tä­re Ver­fas­sung sei­en ein Garant dafür gewe­sen, daß sie erst spät vom natio­na­lis­ti­schen Furor ergrif­fen wor­den seien.

Die pol­ni­schen Tei­lun­gen sieht Bar­nick dadurch „weit­ge­hend gerecht­fer­tigt“, daß es sich nicht nur um pol­ni­sche Gebie­te gehan­delt habe und vor allem, daß Polen zum Zeit­punkt der Tei­lun­gen nicht mehr in der Lage war, die­se „Schüt­ter­zo­ne“, den „Teu­fels­gür­tel“ der Völ­ker­schaf­ten zwi­schen Ruß­land und dem Deut­schen Reich zu beherr­schen. Bei­de Welt­krie­ge sei­en hier ent­stan­den, weil der Zwi­schen­raum durch nie­man­den wirk­sam beherrscht wor­den wäre.

Bar­nick denkt in den Kate­go­rien von Her­aus­for­de­rung und Ant­wort und kann daher auch in der deut­schen Tei­lung nach 1945 ein „bei­spiel­lo­se Posi­ti­vum“ sehen, weil Deutsch­land dadurch wie­der ein Ziel besit­ze, die Wie­der­ver­ei­ni­gung. Außer­dem befin­de sich die BRD in einer bes­se­ren Lage als die Wei­ma­rer Repu­blik, weil sie sich dem stärks­ten Macht­block der Welt ange­schlos­sen habe.

Lei­tend ist bei ihm „die still­schwei­gen­de Unter­stel­lung, daß wir noch nicht am Ende sind, daß sich unser Dasein für die Welt­ge­schich­te noch lohnt“. Er sieht es als Glück an, daß die Sowjets über die Schüt­ter­zo­ne herr­schen und damit die Polen in Schach hal­ten, die ihrer­seits auf Unter­stüt­zung durch den Wes­ten hof­fen, um Deutsch­land erneut einzukreisen.

Bar­nick wird schließ­lich pro­phe­tisch, wenn er schreibt: „Eine auf­er­stan­de­ne Schüt­ter­zo­ne mit kom­ple­xem Rück­halt am Wes­ten wäre auf unab­seh­ba­re Zeit das Grab aller grö­ße­ren deut­schen Hoff­nun­gen.“ Dar­un­ter fällt bei ihm auch die Wie­der­ver­ei­ni­gung mit den deut­schen Ost­ge­bie­ten, die ja tat­säch­lich nicht statt­ge­fun­den hat. Statt­des­sen gehört die Schüt­ter­zo­ne heu­te der Nato an.

Wenn Bar­nick es als Kin­der­glau­be bezeich­net, daß Ruß­land Ost­eu­ro­pa jemals fried­lich frei­ge­ben wür­de, kann man das zwar als falsch bezeich­nen, darf dann aber nicht ver­ges­sen, daß der Krieg, den Bar­nick meint, jetzt gera­de in der Ukrai­ne tobt. Kurz: Bar­nicks Buch ist ein Beleg dafür, daß his­to­ri­sche, völ­ker­psy­cho­lo­gi­sche und geo­po­li­ti­sche Bil­dung zur Lage­be­ur­tei­lung äußerst hilf­reich ist.

– – –

Johan­nes Bar­nick: Deutsch-rus­si­sche Nach­bar­schaft. Mit einem Vor­wort von Tho­mas Fas­ben­der, Neu­rup­pin 2022, 171 S., 18 € — hier bestel­len.

 

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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Kommentare (14)

Artabanus

22. Juli 2023 09:35

"Eine auferstandene Schütterzone mit komplexem Rückhalt am Westen wäre auf unabsehbare Zeit das Grab aller größeren Deutschen Hoffnungen"
Und die Bundesregierung hilft gerade tatkräftig mit dieses Grab zu schaufeln. Der schlimmste Ausgang des Ukrainekriegs für Deutschland und Europa wäre ein militärischer Sieg der Ukraine. Die Schütterzone war von einem bunten Völkergemisch bewohnt und die Schaffung von künstlichen Nationalstaaten dort war und ist immer begleitet von Krieg und Vertreibung. Der jetzige Krieg ist das beste Beispiel. 
In Wahrheit gab es zwischen Deutschland und Russland nie einen echten Interessenkonflikt. Es gab nur ein fruchtloses Ringen um die Schütterzone. Und Versuche, Teile von dieser direkt zu annektieren und zu assimilieren waren von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ohne Stalins Annexion des vormals Österreichischen Galizien wäre z.B. der heutige Krieg vielleicht niemals ausgebrochen.

Le Chasseur

22. Juli 2023 10:05

@Artabanus
"Der schlimmste Ausgang des Ukrainekriegs für Deutschland und Europa wäre ein militärischer Sieg der Ukraine."
Das steht wirklich nicht zu befürchten:
https://www.telepolis.de/features/Warum-die-Gegenoffensive-der-Ukraine-scheitert-9223148.html
https://www.telepolis.de/features/Russischer-Panzerkiller-Bringt-diese-Drohne-die-Niederlage-der-Ukraine-9223628.html
 

RMH

22. Juli 2023 10:40

I.
Auch wenn ich weder Pole, noch Balte (das Baltikum scheint in der Welt des Autors offenbar gar nicht zu existieren), noch sonst ein Bewohner des Gebietes bin, welches seit einiger Zeit wieder als "Intermarum" oder "Intermarium" zusammengefasst wird, fällt einem doch deutlich das auf, was genau diese Völker immer wieder und aufs Neue in der Hände überseeischer oder zumindest inseleuropäischer Mächte treibt. Die schlichte Großkotzigkeit, mit der man diese Gebiete und die darin lebenden Völker zur "Schütterzone", zum Sandkasten erklärt, in dem man nach Belieben und eigener Zweckmäßigkeit seine Linien ziehen kann.

RMH

22. Juli 2023 10:40

II.  In der Phantasie des Autors gibt es nur Deutschland und Russland auf "Augenhöhe" - und man übersieht dabei, dass Deutschland längst selber "Schütterzone" und Sandkasten war und ist, denn "Augenhöhe" wird nicht vom Wunsch oder Ideal bestimmt, sondern vom Faktischen und daher gibt es Augenhöhe nur zwischen USA, Russland und China, ergänzt um die weiteren Staaten mit nenenswerten Atomwaffenpotential (FR, UK, Indien, Pakistan, Israel). Mit solchen Vorstellungen bricht wieder die alte Bruchlinie zwischen echtem Nationalismus /Patriotismus, der jedem anderen echten Volk (und nicht nur Stamm), wohlwollend und dessen eigene staatliche Verfasstheit bejahend gegenüber tritt, und dem kalten Imperialismus auf, der Völker nur als Spielball kennt und diese gerne frisst. Deutschland hat nach seiner ersten Reichsverfasstheit es später mehrmals mit dem Imperialismus versucht und hat die höchsten Preise dafür bezahlt. Evtl. sollte man den Ethnopluralismus einmal Ernst nehmen und primär die echten Nachbarn in den Blick nehmen, statt einen Nachbarn in dritter Reihe (Königsberg ist deutsches Gebiet), es könnte friedlicher für uns werden. Das Dilemma, mit vielen Staaten des Intermariums unversöhnt zu sein, bricht immer wieder auf und wird mit der Utopie, man müsse nur Russland willfährig sein, dann wäre die "Schütterzone" egal, zugekittet. Ein klarer Fehler.

Niekisch

22. Juli 2023 12:48

"Und die Bundesregierung hilft gerade tatkräftig mit dieses Grab zu schaufeln"
@ Artabanus 9:35: Sie ist ja auch die Verwaltung der  B u n d e srepublik für den      B u n d. Sie hechelt immer noch und in letzter Zeit verstärkt in Marionettenmanier dem alten Freimaurerziel nach, über die Leichen der sog. Autokratien hinweg voranzuschreiten zu Weltrecht, Weltmoral, Weltbruderkette bloßer Individuen in einem Weltstaat. 
1918 und 1945 waren wir Deutsche als Verlierer Opfer solcher Bestrebungen, morgen werden wir auf der "richtigen" Seite wiederum eines der Opfer sein.

Laurenz

23. Juli 2023 05:35

Der Haken Barnicks ist, er starb ein Jahr vor FJS, erlebte nie den Zusammenbruch des Warschauer Pakts, noch alle sonstigen kultur-marxistischen Segnungen der 36 Jahre nach seinem Tod. Die geo-politischen Mechaniken haben sich massiv verändert, auch wenn die geo-politische Situation sich nur geringfügig verändert hat. Die Bonner-Republik gab zwar 4% ihres BSPs/GDPs statt nicht ganz 2% heute für Rüstung aus, war aber in ihrem außenpolitischen Handlungsspielraum viel freier als der us amerikanische Gouverneur Deutscher Nation, Scholz, im heutigen Kalkutta an der Spree. Im Kalten Krieg reisten Strauß oder die Sozen nach Moskau & verhandelten Deals, das sollte heute, im Kalten Krieg 2.0, mal einer wagen. Im Angesicht des Warschauer Pakts brauchte man ein Wohlstandsgefälle & Freiheiten, heute, in den Augen unserer Regime-Clique alles unnötiger Firlefanz. Insgesamt betrachtet hat Barnick aber Recht & der Relotius Unrecht behalten. Die USA haben in ihrer Einfalt mit der quasi-Beschlagnahmung Russischer Auslandsvermögen einen Sturm entfacht, dessen Wolken wir erst am Horizont sehen. Das ist nur ein Synonym für die Selbstvernichtung, die der Westen als globaler Faktor selbst initiiert hat. Auch die Kosten des woken Kulturmarxismus wirken sich extrem negativ aus unsere militärische Widerstandskraft gegen Rußland aus. Und keiner hat sich bisher Gedanken darüber gemacht, was nach der Kapitulation der Ukraine passieren wird. In 10-15 Jahren wird es in Europa keine NATO mehr geben.

Laurenz

23. Juli 2023 05:55

@RMH ... Schütterzone ... auch wenn Ihre taktischen Beschreibungen der Realität entsprechen, so sind sie geo-strategisch falsch. Der Fakt ist, Ost-Europa, ja ganz Europa hat auf Dauer ohne billige Russische Rohstoffe keine Chance. Es war schon immer so, wenn Deutschland den Bach runter geht, wird ganz Europa mit in den Abgrund gerissen. Trotz der EU-Geldströme Deutscher Milliarden fließt netto Geld aus Ost-Europa nach Westen ab. Da hilft auch kein slowakischer Autobau. Da die Japaner pleite sind, importieren sie weiter direkt Öl aus Rußland. Abseits der Debatte um politische Herrschaftssysteme waren die beiden Deutschen Niederlagen in 2 Weltkriegen Niederlagen ganz Europas, vor allem Osteuropas. Darunter leidet der Kontinent noch heute, das hat locker 100 Jahre zugunsten der Amis gekostet. Im Gegensatz zu Ihnen, RMH, hat der SiN-Genosse @Niekisch das vollauf begriffen, kurz & bündig, ja fast genial in Seinem Beitrag an den SiN-Genossen @Artabanus unter Beweis gestellt. Der Krieg in der Ukraine ist der Anfang vom Ende us amerikanischer Hegemonie in Europa. Die Amis haben es überzogen. Das wird sich natürlich hinziehen, ist aber absehbar. Und ohne Amis, hasta la vista, Polonia....

Karl Otto

23. Juli 2023 07:53

Der Richter Udo di Fabio sagt in einem Interview in der Welt:
"Die AfD vertritt Protestpositionen, sie besetzt Lücken, die durch Tendenzen zu einem moralisch aufgeladenen Konformismus entstanden sind. Sie ist nationalistisch am rechten Rand und damit international anschlussfähig mit Le Pens Partei in Frankreich oder mit Donald Trump in den USA. Aber die radikale Wut bewahrt nicht, sondern zerstört. Die Verbrüderung mit einem Russland, das das nationale Selbstbestimmungsrecht von Völkern missachtet, kann man kaum anders werten als einen Verrat an jedem ehrlichen Patriotismus."
Dem ist nichts hinzuzufügen.
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus246506306/Udo-Di-Fabio-Was-waere-wenn-sich-AfD-Anhaenger-aus-Protest-auf-die-Bahngleise-kleben.html

Laurenz

23. Juli 2023 11:39

@Karl Otto ... Russland, das das nationale Selbstbestimmungsrecht von Völkern mißachtet .... Jeder us amerikanische Gouverneur weiß haargenau, was die Glocke geschlagen haben wird, wenn er die Sezession für seinen Bundesstaat einläuten würde, etwas was Louis Farrakhan (mittlerweile 90 oder so) schon seit Jahrzehnten fordert. Die Amis hatten die Nummer schon mal kurz vor der II. Reichsgründung, ging blutig daneben. Die USA haben historisch in etwa 3x so häufig das Selbstbestimmungsrecht der Völker mißachtet, als Sowjets oder Russen & entsprechende Regime-Wechsel veranlaßt. Der dümmste Regime-Wechsel war wohl im Iran 1953, als man Mossadegh beseitigte, weil Er mehr Kohle für die Öl-Erlöse haben wollte. Im Vergleich dazu sind die Russen brave Chorknaben, eingerechnet Genosse Stalin & seine Okkupation Ost-Europas. Wir selbst sind nicht souverän, Ihnen schon mal aufgefallen? Weil die Russen uns unter der Knute haben? Von, daher, Heinz-Otto, erst recherchieren, dann denken, dann posten & Udo di Fabio nachhause schicken, was ein Schwätzer.

Maiordomus

23. Juli 2023 13:49

Ich war noch 1969 kurzzeitig zur Weiterbildung in osteuropäischer Geschichte Schüler von Prof. Georg Stadtmüller, der später dann auch Ehrendoktor der Ukrainischen Universität München wurde, einer einigermassen antikommunistischen und antisowjetischen christlichen Hochschule, für die der heilige Werhan oder wie er hiess noch eine wichtige Figur war, Opfer sowjetischer Verschleppung nach Kollaboration mit den Deutschen, wäre gespannt, wie diese Institution heute ausgerichtet ist. Wie auch immer, Stadtmüller war ein hervorragender Kenner der osteuropäischen Geschichte, genau so wie wie der mir noch besser persönlich bekannte weil dann in der Schweiz lebende Prof. Walter Hildebrandt, die nun freilich die heutige Konstellation nicht mehr erlebt haben, Hildebrandt immerhin noch Maidan, welche Entwicklung er noch differenziert kommentierte. Er war während des 2. Weltkrieges auch länger wissenschaftlicher Experte der Wehrmacht in der Ukraine, im Gegensatz zu Stadtmüller jedoch meines Wissens nie einer NS-Organisation integriert, wiewohl er sich hier nie genauer geäussert hat. Wie auch immer, die Thematik bleibt komplex. Sicher ist, dass z.B. dem Schweizer Publizisten Köppel hier einiges an Grundwissen und Hintergrundkenntnissen abgeht, er kommentiert oft plump aus der Sicht des einstigen sowjetischen Antifaschismus. Für Barnick, Stadtmüller und Hildebrandt war es nicht zuletzt wichtige, je selber gut dazustehen, bei immerhin noch echt differenzierungsfähigem Wissen incl. authentischer Erfahrung. 

MarkusMagnus

23. Juli 2023 14:20

@ Karl Otto
Bitte kommen Sie uns nicht mit dem Selbsbestimmungsrecht der Völker.
Gerade wir Deutschen und Österreicher wissen wie dieses Selbsbestimmungsrecht selektiv gegen uns angewendet wurde um unser Land nach dem  WK 1 zu zereissen.
Als Deutschland und Österreich sich nach dem WK 1 zusammentun wollten galt das gleiche Recht auf einmal nicht mehr.
Man verbat Österreich sogar den Namen Deutsch-Österreich.
Aber auch Kurden und Palästinser können von diesem sog. Selbstbestimmungsrecht ein Liedchen singen.
Di Fabio ist ein Heuchler. 
 
 

Kurativ

23. Juli 2023 14:30

Die Wiederveröffentlichung ist bemerkenswert. Die so genannte Westanbindung (mit entsprechender Ostabschnürung bis nach China) als transatlantischer Heilsversprechung aus der Mottenkiste der kalten Krieger trifft auf ein etwas anderes Umfeld, wie in den 50gern. Das ist auch das Hauptproblem des ganzen Theaters mit Russland und Co. Man will die alten Zeiten wieder zurück. Da hatte die NATO noch einen Sinn. Aus Sehnsuch wurde die Sache wieder aufgekocht und angeheizt. Aber die Zeiten lassen sich niemals zurückdrehen. Deutung aktueller Ereignisse im Rahmen von Epochenvergleiche ist nur eine Möglichkeit. Die Welt ist eine andere jetzt. Und andere Probleme sind zu lösen.

Maiordomus

23. Juli 2023 15:06

PS. Der genannte ukrainische Heilige heisst nicht Werhan, sondern Petro Werhun, stand im Spannungsfeld von Nationalsozialismus, Kommunismus und ukrainischem Nationalismus, gilt als einer der wichtigsten ukrainischen Märtyrer, aus "antifaschistischer " Sicht gewiss nur bedingt koscher, aber gewiss eine noch interessante Persönlichkeit. Eine Reliquie von ihm befindet sich u.a. im Benediktinerkloster Niederaltaich, der Kultstätte des hl. Pirmin. Die ukrainische Universität München, in früherer Zeit teilweise politisch verdächtig, nicht gerade eine Hochburg linker Bildung, profitiert derzeit von der politischen Situation. Sich mit ihrer Vergangenheit zu beschäftigen, wäre wohl aus der Sicht der deutschen Rechten lohnend. Prof. Stadtmüller war als Osteuropa-Historiker einschliesslich Vertriebenenfragen und Kriegsgeschichte von einer politischen Orientieriung, die heute zutiefst verdächtigt würde, dabei von hervorragendem Sach- und Detailwissen. Mit dem vergleichsweise noch rechteren Kurt Ziesel , noch gut bekannt mit dem Dichter Edzard Schaper, dem er den Adenauer-Preis überreichte, hat sich Stadtmüller freilich verkracht. Politisch hatte er bedeutenden Einfluss auf die CSU und galt im Kreis katholischer Studentenverbindung als vertrauenswürdiger politischer Experte. Um Welten rechts von Leuten, denen Merz u. Co. mit Brandmauer "begegnen" wollen.

Valjean72

23. Juli 2023 15:20

@Niekisch:
"1918 und 1945 waren wir Deutsche als Verlierer Opfer solcher Bestrebungen, morgen werden wir auf der "richtigen" Seite wiederum eines der Opfer sein."
---
 
Ich teile Ihre historische Einordnung, das Deutschland im Fadenkreuz dieser Kräfte lag, folglich (im "Zweiten 30-jährigen Krieg" von 1914 - 1945) vernichtet wurde und dass die heutige Bundesrepublik (Rheinbund 2.0) ein bloßer Erfüllungsgehilfe eben dieser Kräfte ist.
 
Ja, es sieht tatsächlich so aus als wird dieser deutsche Staat abermals Sündenbock und Opfer zugleich. Denn das sind die uns zugedachten Rollen: Sündenbock und/oder Opfer. 
 
Aber es ist mE noch nicht ausgemacht, dass es abermals verheerend für Deutschland enden muss. Gleichwohl ich duchaus ein Anhänger der These bin, dass es erst noch schlimmer kommen muss, bevor es dann wieder besser und almählich gut werden kann.
 
Von einer künftigen AFD-geführten Bundesregierung erwarte ich eine schrittweise Emanzipation aus der transatlantischen Umklammerung, sowie eine wohlüberlegte Ausweitung des aussenpolitischen Handlungsspielraumes gemäss deutscher Interessen.

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