In welchem Dilemma steckt eine Wagenknecht-Partei? – Florian Sander analysiert

Daß Sahra Wagenknecht Ende des Jahres eine eigene Partei ins Leben rufen könnte, hält ihre bisherige politische Heimat, Die LINKE, in Atem – für sie würde es vermutlich das wohlverdiente Ende bedeuten.

Doch die Aus­sicht einer sol­chen Par­tei­neu­grün­dung schwebt nicht nur über den LINKEN wie ein Damo­kles-Schwert. Auch die AfD hät­te vie­les zu ver­lie­ren: Es wäre das Ende ihres der­zei­ti­gen Höhen­flu­ges. Jüngst haben Umfra­gen pro­phe­zeit, daß die Wagen­knecht-Lis­te in Thü­rin­gen womög­lich Sie­ge­rin wäre und die dort bis­her erfolgs­ver­wöhn­te AfD auf den 2. Platz ver­ban­nen würde.

Man darf daher anneh­men, daß – auch wenn Wagen­knecht selbst auf­rich­ti­ge Moti­ve haben mag – eine sol­che Ent­wick­lung dem der­zeit vor Angst zit­tern­den poli­ti­schen und media­len Estab­lish­ment gera­de recht käme.

Wie wür­de es in einem sol­chen Fall wei­ter­ge­hen und vor wel­chen Chan­cen und Pro­ble­men stün­de eine neue Wagenknecht-Partei?

Die poli­ti­sche Kul­tur der Deut­schen hat eine gewich­ti­ge Gemein­sam­keit mit der der Fran­zo­sen, wel­che wie­der­um bei­de von denen der Angel­sach­sen in Groß­bri­tan­ni­en und in Nord­ame­ri­ka unter­schei­det: Der Kon­ti­nen­tal­eu­ro­pä­er „als sol­cher“ tickt etatistisch.

Dies ist nicht nur intui­tiv dahin­ge­sagt, auch wenn es vie­len sicher­lich bereits „aus dem Bauch her­aus“ ein­leuch­tend erscheint: Risi­ko­so­zio­lo­gisch-kul­tur­theo­re­ti­sche For­schun­gen haben gezeigt, daß in der angel­säch­si­schen poli­ti­schen Kul­tur ein markt­in­di­vi­dua­lis­ti­sches Ele­ment vor­herr­schend ist, wel­ches eine Poli­tik begüns­tigt, die auf mehr indi­vi­du­el­les Risi­ko, „gewag­te­re“ Ener­gie- und Außen­po­li­tik und weni­ger sozia­le Siche­rung durch den Staat setzt.

In Kon­ti­nen­tal­eu­ro­pa herr­schen dage­gen ega­li­tä­re­re und kol­lek­ti­vis­ti­sche­re Auf­fas­sun­gen, die mehr Eta­tis­mus erwar­ten las­sen: mehr Absi­che­rung durch den Staat in den Berei­chen Sozio­öko­no­mie, Öko­lo­gie und Ener­gie, mehr außen­po­li­ti­sche Zurück­hal­tung, kon­sen­sua­le Struk­tu­ren der Poli­tik­ge­stal­tung (Koali­ti­ons­zwän­ge, mehr Macht-Ver­tei­lung) statt teils bra­chia­ler Mehr­heits­ent­schei­dun­gen durch die jeweils regie­ren­de Par­tei wie im UK oder in den USA.

Die­se Unter­schie­de grün­den sich in teils Jahr­hun­der­te alten poli­ti­schen Grund­men­ta­li­tä­ten, die mit den Grün­dungs­my­then der betref­fen­den Natio­nen und dem kol­lek­ti­ven Gedächt­nis ihrer Gesell­schaf­ten zusam­men­hän­gen: der US-ame­ri­ka­ni­sche Traum der Unab­hän­gig­keit, der indi­vi­du­el­len Leis­tungs­be­reit­schaft, der Mythos des Sied­lers, der es durch eige­ne Kraft schafft, ohne von einem über­mäch­ti­gen Staat bevor­mun­det zu wer­den, der den ame­ri­ka­ni­schen Sied­lern frü­he­rer Zei­ten wie ein Trau­ma aus der euro­päi­schen Fami­li­en­ge­schich­te im Kopf herumspukte.

Die deut­sche Men­ta­li­tät ist und bleibt hier das Gegen­stück: Man setzt pri­mär auf Sicher­heit statt auf Frei­heit und rich­tet daher ent­spre­chen­de Erwar­tun­gen auch an die Par­tei­en. Wäh­rend das libe­ra­le Gedan­ken­gut, das in Deutsch­land bei der FDP zu fin­den ist, in den USA in ver­schie­de­nen Aus­for­mun­gen im Grun­de bei­de domi­nan­te Par­tei­en prägt (die Demo­kra­ten vor allem gesell­schafts­po­li­tisch, die Repu­bli­ka­ner zumin­dest wirt­schafts- und sozi­al­po­li­tisch) und in Groß­bri­tan­ni­en immer­hin stark in der Kon­ser­va­ti­ven Par­tei zu fin­den ist, führt es hier­zu­lan­de seit jeher ein Schat­ten­da­sein und kämpft regel­mä­ßig wie­der mit der Fünf­pro­zent­hür­de. Bereits seit Bis­marcks Zei­ten ist kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­scher Kon­ser­va­tis­mus gezwun­gen, eta­tis­tisch bis staats­so­zia­lis­tisch zu wer­den, wenn er Erfolg haben will.

Das muß­te auch die AfD begrei­fen, die stär­ker wur­de, weil sie ihren libe­ra­len Prot­ago­nis­ten von Lucke bis Meu­then den Stuhl vor die Tür gestellt hat. In Frank­reich ver­folgt der Ras­sem­blem­ent Natio­nal im Feld der Sozi­al- und Wirt­schafts­po­li­tik qua­si ein sozia­lis­ti­sches Pro­gramm. Auch dort gilt: Kon­ser­va­tis­mus ist das Gegen­mo­dell zum Libe­ra­lis­mus, und nicht, wie in den USA und im UK, des­sen Alli­ier­ter (jeden­falls des Wirtschaftsliberalismus).

In die­sen Fak­to­ren lie­gen die Grün­de dafür, daß eine „links­kon­ser­va­ti­ve“ Wagen­knecht-Lis­te in Deutsch­land ech­te Chan­cen hät­te, wäh­rend die FDP seit Jahr­zehn­ten ein poli­ti­sches Wurm­fort­satz-Dasein fris­tet und „libe­ral­kon­ser­va­ti­ve“ Neu­grün­dun­gen aus der Ecke geschei­ter­ter Ex-AfD-Poli­ti­ker alle­samt versandeten.

Aus die­ser Erkennt­nis, die demo­sko­pisch und polit­so­zio­lo­gisch so klar wie offen­sicht­lich ist, ergibt sich vor allem auch eine Bot­schaft an die AfD: Wenn sie in der Aus­ein­an­der­set­zung mit einer etwa­igen neu­en links­kon­ser­va­ti­ven Kraft nicht mas­siv an Boden ver­lie­ren will, muß sie volks­nah blei­ben, also pro-sozi­al­staat­lich und nah bei der arbei­ten­den Bevöl­ke­rung – anstatt auf neo­li­be­ra­le „Pri­vat vor Staat“-Semantik zu set­zen. Dies muß sie zugleich authen­tisch ver­kör­pern, ohne dabei den Ver­dacht auf­kom­men zu las­sen, nur ober­fläch­li­che sozi­al­po­pu­lis­ti­sche Rhe­to­rik zu pfle­gen. Die Aus­rich­tung soll­te sich also auch in ihrer par­la­men­ta­ri­schen Pra­xis und ihrer inhalt­li­chen Arbeit niederschlagen.

Eine Wagen­knecht-Par­tei pro­fi­tier­te natür­lich vor allem vom Cha­ris­ma und von der rhe­to­ri­schen und intel­lek­tu­el­len Schär­fe ihrer bekann­tes­ten Ver­tre­te­rin. Sie stün­de aber auch vor nicht unbe­trächt­li­chen Pro­ble­men, die sie – nach einem ver­mut­lich anfäng­lich ein­tre­ten­den Hype – mit­tel- bis lang­fris­tig in ihrer Exis­tenz gefähr­den könn­te: Von der per­so­nal­po­li­ti­schen Fra­ge abge­se­hen, hät­te sie den Draht­seil­akt zwi­schen Distan­zie­rung und Dämo­ni­sie­rung zu meistern.

Ein Pro­blem hät­te die Par­tei schon von Beginn an ganz gewiß: Per­so­nal­man­gel. Die Anzahl der LIN­KE-Mit­glie­der ist rela­tiv über­schau­bar, die der Wagen­knecht-Unter­stüt­zer in der Links­par­tei sind nicht zahl­reich – und nur sehr weni­ge darf man zu jenen Wagen­knecht-Unter­stüt­zern zäh­len, die denn auch tat­säch­lich in eine neue Par­tei über­wech­seln würden.

Ein Signal war erst kürz­lich eine Erklä­rung, die von allen LIN­KE-Abge­ord­ne­ten aus Sach­sen (Land­tag, Bun­des­tag, EU) unter­zeich­net wor­den war: Man wer­de auf jeden Fall in der Links­par­tei blei­ben. Nun ist der Lan­des­ver­band Sach­sen der Links­par­tei zwar ohne­hin nicht als Wagen­knecht-nah bekannt, doch auch Wagen­knecht-Unter­stüt­zer befan­den sich unter den Unterzeichnern.

In ihrem ihr eigent­lich ver­hält­nis­mä­ßig wohl geson­ne­nen Hei­mat-Lan­des­ver­band Nord­rhein-West­fa­len ver­lor Wagen­knecht zudem erst kürz­lich auf Beschluß ihrer ört­li­chen Genos­sen hin ihr Bundestagsbüro.

Offen­kun­dig ist, daß selbst anti­im­pe­ria­lis­ti­sche, nicht-glo­ba­lis­ti­sche und pro-natio­nal­staat­li­che „Alt­lin­ke“, die nicht dem grün-urba­nen, links­li­be­ral-trans­at­lan­ti­schen und anti­deut­schen Trend ihrer Par­tei­füh­rung frö­nen, äußerst vor­sich­tig sind und vor einem Par­tei­wech­sel, der nicht weni­ger als den Tod der Links­par­tei zur Fol­ge haben könn­te, zurück­schre­cken. Dies mag auch dar­an lie­gen, daß man Wagen­knecht etwa in Fra­gen ihrer Migra­ti­ons­skep­sis durch­aus zustim­men mag; jedoch steht die­ses The­ma in lin­ken Krei­sen nicht an ers­ter Stel­le. Sozi­al- und wirt­schafts­po­li­ti­sche Fra­gen sind viel wich­ti­ger, und man ist des­we­gen eher bereit, Krö­ten zu schlu­cken, um das lin­ke Lager am Ende nicht zu spalten.

Der­ar­ti­ge Selbst­über­win­dun­gen erfor­dert im Grun­de jedes demo­kra­ti­sche Par­tei­en­sys­tem: Hun­dert­pro­zen­tig „auf Linie“ sind die aller­we­nigs­ten, irgend­et­was stört einen auch an der eige­nen Par­tei immer – doch wenn der Stör­fak­tor in einem poli­ti­schen Feld auf­tritt, der für den Betref­fen­den kei­ne Prio­ri­tät hat, kann man damit leben. Es ist nicht unwahr­schein­lich, daß es gera­de die­se Dyna­mik sein wür­de, die zu einem ekla­tan­ten Per­so­nal­man­gel der mög­li­chen neu­en Par­tei bei­tra­gen könnte.

Das Fol­ge­pro­blem liegt nun nahe: Fin­den sich bei einer sol­chen „Querfront“-Gründung also nicht genug Per­so­nen von links und fischt die neue Par­tei dann zugleich in den Gewäs­sern der AfD, so ist zu erwar­ten, daß neue Akteu­re von der rech­ten Sei­te des Spek­trums dazu­sto­ßen könn­ten (etwa sol­che, denen die AfD nicht sozi­al­staat­lich oder öko­lo­gisch genug aus­ge­rich­tet ist).

Spä­tes­tens ab die­sem Punkt stün­de die neue Par­tei dann vor der media­len Feu­er­pro­be, denn die eta­blier­ten Medi­en wür­den sogleich die ganz schwe­ren polit­rhe­to­ri­schen und dis­kre­di­tie­ren­den Geschüt­ze auf­fah­ren. Bereits in der Ver­gan­gen­heit las man in eta­blier­ten Medi­en im Zusam­men­hang mit den Posi­tio­nie­run­gen Wagen­knechts andeu­tungs­rei­che For­mu­lie­run­gen wie „natio­nal-sozi­al“ oder „natio­nal­bol­sche­wis­tisch“ – also Begrif­fe, deren asso­zia­ti­ves Poten­ti­al in den Redak­tio­nen genau bekannt ist und mit Blick auf die Leser eige­setzt wer­den wird.

Es braucht nun nicht all­zu viel Fan­ta­sie, um sich vor­zu­stel­len, was geschä­he, wenn plötz­lich auch noch Per­so­nen aus dem rech­ten Spek­trum zu Wagen­knecht stießen.

Hier stün­de Wagen­knecht nun vor zwei Möglichkeiten:

Ers­te Opti­on: Offen­heit nach rechts. Wagen­knechts Vor­teil wäre: Die neue Par­tei könn­te scho­nungs­los bei der AfD „wil­dern“ und hät­te ver­mut­lich bin­nen kür­zes­ter Zeit eine sta­bi­le Wäh­ler­schaft und Per­so­nal. Der Nach­teil: Die Par­tei erfüh­re eben­so bin­nen kür­zes­ter Zeit die glei­che Behand­lung wie die AfD durch Medi­en und „Ver­fas­sungs­schutz“: Dämo­ni­sie­rung, Eti­ket­tie­rung als „rechts­extrem“, VS-Beob­ach­tun­gen, poli­ti­sche Aus­gren­zung, sozia­le Sank­tio­nen für Mit­glie­der und Akti­ve und – nicht zuletzt – end­gül­ti­ges Ent­zie­hen der Rol­le als Publi­kums­lieb­ling, Talk­show-Dau­er­gast und Best­stel­ler-Autorin für Wagen­knecht per­sön­lich. Es ist zwei­fel­haft, ob sie die­se Nach­tei­le ein­fach so in Kauf zu neh­men bereit wäre.

Zwei­te Opti­on: Distan­zie­rung. Um sich nicht wie die AfD dem all­ge­mein medi­al wie­der­hol­ten und spä­ter unwei­ger­lich auch vom VS  erho­be­nen Vor­wurf aus­zu­set­zen, „Rechts­extre­me in der Par­tei zu dul­den“ und dadurch selbst einer ent­spre­chen­den Nähe beschul­digt zu wer­den, müß­te sie im Rah­men die­ser Opti­on auf die Meu­then-Stra­te­gie der stän­di­gen Distan­zie­rung set­zen: kein Bei­tritt frü­he­rer AfD- oder ande­rer frü­he­rer Mit­glie­der rech­ter Par­tei­en, strik­te und extrem weit­rei­chen­de Unver­ein­bar­keits­lis­te, dau­er­haf­tes Pos­tu­lie­ren, daß man mit die­sem und jenem nie­mals zusam­men­ar­bei­tet und auf kei­nen Fall etwas zu tun haben will.

Zugleich: Pro­gram­ma­ti­sche Zuge­ständ­nis­se ans Estab­lish­ment (z. B. im Sin­ne von: Migra­ti­on begren­zen, aber LGBT- und Gen­der-Folk­lo­re tole­rie­ren; zwar gegen NATO und Waf­fen­lie­fe­run­gen, aber grund­sätz­lich nichts gegen Islam und mul­ti­kul­tu­rel­le Gesell­schaft usw.). Der Vor­teil: Bei­be­hal­tung der „Koali­ti­ons­fä­hig­keit“ mit eta­blier­ten Par­tei­en auf kom­mu­na­ler und even­tu­ell Lan­des-Ebe­ne, wenigs­tens zum Teil wohl­wol­len­de Auf­merk­sam­keit und ansons­ten Dul­dung durch eta­blier­te Medi­en, wei­ter­hin her­aus­ge­ho­be­ne öffent­li­che Rol­le Wagen­knechts als unbe­strit­ten kom­pe­ten­te Publizistin.

Der Nach­teil jedoch: Mas­si­ver Per­so­nal­man­gel und – nicht zuletzt – Weg­fal­len von anfäng­lich zuge­wand­ten Wäh­lern, die wie­der zur AfD ten­die­ren wür­den, weil sie frü­her oder spä­ter mer­ken, daß sie bei der Wagen­knecht-Par­tei zwar als „Stimm­vieh“ gern gese­hen wären, aber nicht als Mit­glie­der oder gar als ent­schei­den­de Akteure.

Auf eine die­ser bei­den Optio­nen müß­te es – das kann man basie­rend auf den inzwi­schen ja reich­hal­ti­gen AfD-Erfah­run­gen sicher sagen – für die mög­li­che neue Par­tei gera­de­zu unwei­ger­lich hin­aus­lau­fen. Frü­her oder spä­ter wäre das Dilem­ma da und Grund­satz­ent­schei­dun­gen wären gefragt. In die­sen und den kom­men­den Mona­ten dürf­ten Wagen­knecht und ihre Unter­stüt­zer aus­lo­ten, wie die­se aus­fal­len würden.

Klar bleibt aber: Ein­fach wür­de es für das betrof­fe­ne „poli­ti­sche Drei­eck“ bestehend aus LINKE, AfD und die etwa­ige neue Par­tei nicht wer­den. Für die LINKE sowie­so nicht; für AfD und Wagen­knecht aber eben genau­so wenig.

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Kommentare (61)

MARCEL

20. Juli 2023 10:19

Gut nachvollziehbar
Eine Bemerkung zur Historie:
Seltsam, dass bei allem Etatismus die Deutschen doch auch föderal waren (nicht zentralistisch, wie Frankreich). Ist dieser Etatismus das Kainsmal der deutschen Moderne, eingeleitet durch Preußen nach den Befreiungskriegen?
Eine Bemerkung zur Aktualität: 
Eine generelle Partei-Müdigkeit ist bei aller Not deutlich zu spüren. Was hat es da nicht alles schon gegeben: Freie Wähler, DieBasis u.v.a. Alles z.T. von innen zerstört! Jetzt noch eine Gründung?
 

Artabanus

20. Juli 2023 10:59

Interessanter Artikel. Nicht zu vergessen: Die Linke selbst war damals (2007) selber eine Neugründung unter massgeblicher Beteiligung von Oskar Lafontaine, Ehemann von Wagenknecht. Im Grunde wäre eine Wagenknecht Partei ähnlich der damaligen WASG, also alter Wein in neuen Schläuchen. Damals zielte man auf unzufriedene SPD-Waehler ab, die von Schröder enttäuscht waren. 
Man sieht auch wie schnell eine Partei sich programmatisch teilweise in ihr komplettes Gegenteil verwandelt hat, ganz ähnlich wie auch CDU und Grüne. Die Frage stellt sich daher auch wieder grundsätzlich:
Sind Parteien wirklich notwendig oder sollte man nicht besser grundsätzlich nach Möglichkeiten suchen alle Parteien abzuschaffen?
 

Gotlandfahrer

20. Juli 2023 11:02

Aus meiner unmaßgeblichen Sicht sind die Zeiten vorbei, in denen politisches Feintuning zwischen „Freiheit oder Sozialismus“ einen Unterschied an der Wahlurne ausgemacht hat. Auf ein bisschen weniger Enteignung oder lieber einen staatlichen Zuschuß für’s Flicken von Altkleidern (wie in Frankreich ausgelobt) kommt es nicht mehr an. Falls doch, ist es halt noch nicht so weit.
Deswegen kann eine Wagenknechtpartei nur ein Rohrkrepierer werden oder allenfalls ein kurzes Endzeitphänomen. In einem früheren Artikel hier auf SiN wurde es bereits sehr trefflich formuliert, in etwa so: Solange die Wagenknecht sich nicht traut, die nationale Frage zu stellen, solange ist sie keine Alternative zur AfD. Je mehr AfD-Wähler dann doch lieber zu ihr hin wechseln, desto „zu gut“ geht es ihnen noch.
Mag sein, dass alles noch in die Verlängerung geht, doch am Ende gibt es keine Umfahrung der Wirklichkeit. In diesem Sinne gerade heute:
Es lebe das heilige Deutschland!

Mboko Lumumbe

20. Juli 2023 11:17

"Nützliche Idiotin von links" das trifft es ganz gut ;)
Solange kein AfD-Verbot kommt, wird SW keine Partei gründen. Sie ist eine überschätzte Selbstdarstellerin und Narzisstin und amS nicht vertrauenswürdig. Sie steht doch weitgehend alleine da und ist keine Teamplayerin und sie hat keine Lust auf die Mühen der Ebene, das hat sie noch nie gemacht und hat es auch nicht vor. Und nur weil sie auch mal was richtiges sagt, wird sie amS nicht wählbar, da gibt es genug andere, die nicht nur Talkshowtingeln drauf haben. SW hat noch nie konkrete Politik gemacht und umgesetzt, sie schwafelt nur populistisch rum und sonnt sich in der Aufmerksamkeit. National-sozial trifft es auch ganz gut und das fürchtet sie wie der Teufel das Weihwasser. Von daher locker bleiben und machen lassen. Es ist erwartbar, dass SW und Co auf MdEP-Plätze schielen, dazu braucht es keine Partei und die Chancen stehen gut, ohne große Mühen.
Wenn ein AfD-Verbot kommt, dann wird die Lücke schnell besetzt, auch durch weitere Ausgründung der Union (wie anfangs AfD), zB Werteunion. Bei dem was in letzter Zeit vermehrt von der AfD zu vernehmen ist (auch Querfrontillusion), wäre das amS eine gute neue Alternative.
Insgesamt mangelt es an Personal, weil konservativ-rechter Politik der breite Rückhalt aus der Bevölkerung fehlt. Diese kann und wird nur erfolgreich sein, wenn die große Masse dahinter steht und sich nicht nur mit einem Wahlkreuz "beteiligt" und ansonsten abtaucht nach dem ängstlichen Motto "ich war´s nicht".

Mitleser2

20. Juli 2023 12:00

Wagenknecht ist interessant, aber eigentlich ein Nebenkriegsschauplatz. Wichtiger sind anstehende Entwicklungen: wird es eine Rezession geben, die zum Abbau von (hochwertigen) Arbeitsplätzen führt, z.B. bei VW. Bisher war der Arbeitsmarkt robust. Migration und Freibadkrise verschärfen sich gerade. Es wird viel zu wenig gebaut, um die Migration auszugleichen. Also weitere Verschärfung des Mietmarktes. Krankenkassenbeiträge steigen wegen Migration. Energie- und Heizproblematik. Und noch viele andere Punkte. Das wird die Chancen der AfD definieren.

RMH

20. Juli 2023 12:57

@Artanbanus: "Im Grunde wäre eine Wagenknecht Partei ähnlich der damaligen WASG,"
Deswegen wollen Klaus Ernst & Co ja auch mitsamt ihren Mandaten zur neuen Liste W. überlaufen und daher liegt @Mboko Lumumbe
"Sie steht doch weitgehend alleine da"
eben nicht richtig. Die Anzeichen verdichten sich, dass man hier eine neue Partei bekommt, welche die Fraktion der Linken im BT sprengen wird und die von Anfang mit übergelaufenden Mandatsträgern im BT, im EP und in velen LTs vetreten sein wird, also auf einer ganz anderen Ebene beginnen wird, als andere Neugründungen. Wie ich a. O. hier schon angemerkt habe, die AfD macht Frau W. auch noch im Protestwählermilieu salonfähig (Höcke: „Ich bitte Sie, kommen Sie zu uns“). Die AfD sollte daher m.M.n. das Thema sehr, sehr ernst nehmen, es nicht herunter spielen oder mit einer pseudo-Umarmarmung versuchen, es aufzufangen. Die neue Liste wird KEIN Koalitionspartner sein, es wird der härteste Mitbewerber für die AfD in den neuen Ländern werden. Es sollte ab jetzt begonnen werden, den Wählern klar zu machen, wer Protest im Original bietet und wer nur systemerhaltender Trittbrettfahrer ist.

Ordoliberal

20. Juli 2023 13:16

Die AfD als sechste sozialstaatliche Partei? Wozu? Für welche unsinnige Fiktion von Gemeinwohl Politiker Geld umverteilen ist doch egal. Planetenwohl oder Volkswohl - das macht doch gar keinen Unterschied. Am Ende landet das Geld immer in den Taschen der Politiker und ihrer Klientel. Dass Politiker überhaupt Geld rauben und verschenken dürfen, ist das Problem. Sie werden natürlich immer behaupten, dass sie es für einen guten Zweck tun. Aber darüber, was ein guter Zweck ist, sind die Ansichten nun mal grundsätzlich verschieden. Und selbst der beste Zweck heiligt nicht das Mittel des Raubs. Oder wie soll ich das nennen, wenn mir Geld unter Gewaltandrohung abgenommen wird, um es für Zwecke einzusetzen, die ich nicht gutheiße?

tearjerker

20. Juli 2023 13:37

Die WK-Gruppierung kommt für die nächste Bundestagswahl zu spät, wird im Westen keine Rolle spielen und bei den Landtagswahlen im Herbst nächsten Jahres in Thü, Sac und Bbu die dann deutlich stärkste Kraft maximal 2% kosten und sich unter den Sonstigen einfinden. Klar, dass sie darüber nachdenkt wie sie ihre Karriere weiter betreiben kann, seit sich der Untergang der Linken auf Bundesebene abzeichnet. Zu mehr als einem Medienphänomen im ÖR-TalkMumienstadl wird's aber nicht reichen. Ich empfehle dennoch die Parteigründung, denn wie den Schlagzeilen der letzten Tage zu entnehmen ist, ist ihre neue Partei bereits irgendwo stärkste Kraft.

Phil

20. Juli 2023 14:54

Sehe nur eine theoretische Gefahr. Wagenknecht wird keine Partei gründen. Und wenn, würde sie den Weg der Distanzierung gehen, da Linke kaum über ihren Schatten springen können: Rechte sind für sie "igitt". Dazu der Personalmangel: Es wäre ein zweites "Aufstehen" = Bauchlandung.

wbs47

20. Juli 2023 15:10

@Ordoliberal
Volltreffer mit "Dass Politiker überhaupt Geld rauben und verschenken dürfen, ist das Problem." Zusatz von mir: Und dass sie es in Parteien, also organisiert tun dürfen, das noch größere!
Deshalb ist @Artabanus Ansatz, "...nach Möglichkeiten suchen alle Parteien abzuschaffen" der entscheidende Weg zu einer Lösung.
Eine klare Argumentation in dieser Hinsicht könnte sein, dass die organisierte Kriminalität schließlich auch die ungleich größere Gefahr, als jeder noch so pfiffige Einzeltäter darstellt.

Mboko Lumumbe

20. Juli 2023 16:49

"...alle Parteien abzuschaffen..."
Wie kann man sich das bitte konkret vorstellen?
Welche Art von staatlicher/politischer/parlamentarischer/wasauchimmer Ordnung wäre besser geeignet? Also ganz konkret, nicht nur unscharf überlegt.
Das interessiert mich wirklich, weil das öfter zu hören ist, jedoch bisher ohne konkrete Alternative(n). Auch Volkabstimmungen müssen in und von irgend einer Art Ordnung organisiert, durchgeführt und umgesetzt werden.
Ähnlich verhält es sich mit der immer wiederkehrenden Forderung den Kapitalismus abzuschaffen. Die Eindämmung von dessen Ausuferungen sind richtig und wichtig, jedoch auch hier gibt es keine brauchbare Alternative(n). Versuche wie Kommunismus und Sozialismus, national oder international, sind vielfach gescheitert und enden in Unterdrückung, Not und Elend. Nordkorea lässt grüßen und China nennt sich vll kommunistisch, ist es aber nicht, sondern teils knallhart kapitalistisch.
Und ja, die Parteiendemokratie hat klare Schwächen, das sieht doch seit Jahren der konservativ-rechte Bürger u.a. mit dem demokratiefeindlichen KggR, den der Bürger auch noch mitzahlen muss. Ein wichtiger Schwachpunkt ist die ÖRR-Propaganda, die der belogene Bürger auch mitzahlen muss. Wäre hier ausgewogene Berichterstattung oder der Zahlungszwang gestoppt (man wird ja mal träumen dürfen), so könnte Parteiendemokratie besser funktionieren.

das kapital

20. Juli 2023 18:01

Frau Wagenknecht wird vielleicht mit einer neuen Partei zur Europawahl antreten. Bundesweit wird sie aber niemals im Leben nicht soviele regionale Funktionäre und Aktivisten zusammenbringen, wie erforderlich sind, um sich zu organisieren und flächendeckendend in die Kommunalparlamente und die Landtage einzu-ziehen.81 Millonen Deutsche sind parteilos. Sie zahlen den Blutzoll dafür, von den Parteien schamlos belogen betrogen und ausgeplündert zu werden. Das wird sich auch mit einer neuen neokommunistischen Partei nicht ändern.Herr Sonneborn mal so zum Vergleich hält sich ganz wacker in Brüssel. Er macht auf die Dreckskorruption einer von der Leyen und ihrer Leyenspielschar aufmerksam, die von den 3 großen Fraktionen im Parlament mitgemacht wird.Schande über die CDU.Obwohl Frau Wagenknecht mit ihrer Demo gegen den Ukrainekrieg manches richtig gemacht hat: die Nummer ist medial verpufft. Da ist nach 5 Monaten wirklich gar nischt von übrig geblieben. Dass die Dame jetzt ein wenig hochge-jubelt wird hat mit der Verzweiflung der Regierenden zu tun. Eine Wagenknecht Partei wäre genau so eine Luftnummer wie die Piraten. Erledigt sich von selbst. Fragt sich nur, wie lange es dauert.

MarkusMagnus

20. Juli 2023 18:15

@ Phil 
Sehe ich auch so. 
Und von einem diskutierten AFD-Verbot würde ich mich überhaupt nicht mehr kirre machen lassen. Der Wanderwitz ist eine Witzfigur.
Dafür ist es zu spät, und das wissen sie. Es soll natürlich insbesondere Beamte davon abhalten sich öffentlich für die Partei zu engagieren...Deswegen auch das ständige dumme Geschwätz von "gesichert rechtsextrem" in Thüringen.
Man muss nur sich anschauen wer dort Chef des LfV ist und mehr braucht man nicht zu wissen. 
Bei 30 % und mehr in den neuen Bundesländern ist es für ein Parteiverbot eh schon zu spät. Das heisst nicht das sie es nicht mit anderen Tricks versuchen die Partei klein zu halten. 
Lasst sie reden. Das Neue ist schon da, das Alte macht nur noch Krach beim Sterben.
 

Laurenz

20. Juli 2023 18:30

Der Etatismus FS' betrifft nur den zivilen Bereich, das Beamtentum, wobei die klandestine Unsitte der NGOs aus den Staaten längst auch auf Europa übergeschwappt ist. Im militärischen Sektor ist es genau umgekehrt. Der zivile Etatismus des Kontinents fürchtet die Macht des Militärs, während es im anglo-amerikanischen Raum die Grundlage jedweder Politik bildet, ein entscheidender Vorteil. Wagenknecht stützt sich in etwa auf 1/3 der linken Funktionäre, wäre aber gerade in den Neuen Ländern stark, deren Produkt sie ja ist. Ramelow hat nicht umsonst die Genossen bezüglich der Diskreditierung der AfD-Wähler angekackt, weil die AfD-Wähler in Thüringen auch seine potenziellen Wähler sind. Die AfD hat sich bisher gegen jeden Personenkult innerhalb der Partei erfolgreich zur Wehr gesetzt, was Frau Weidel bei Elsässer exakt zu dieser Aussage veranlaßt hat. https://www.youtube.com/shorts/xxOQmR4Ei8s?feature=share Bei Wagenknecht ist es diametral das Gegenteil, alles steigt & fällt mit ihrer Person. Würde sie innerhalb ihrer Partei a la AfD entmachtet, wäre die neue Partei, wie auch Die Linke, tot. Die Wagenknecht-Partei müßte aus lauter Opportunisten bestehen, so wie die Mehrheit der CDU-Delegierten von Merkel voll auf Linie gebracht wurde, egal, wie absurd die politischen Leitthemen behandelt wurden.

B Traven

20. Juli 2023 20:42

Ich stimme Phil zu. In unserer westdeutschen Stadt (Rot-Grün-rot dominiert mit Volt, Antifa und Omas gegen Nicht-Links und allen Schnickschnack, was das linke Herz begehrt) durfte "Aufstehen" das Gewerkschaftshaus nutzen. Ein halbes Jahr lang gab es in der Lokalpresse Einladungen zu monatlichen Treffen. Immer mit dem Hinweis, man wolle jetzt die Themen bestimmen, mit denen man sich beschäftigen wolle. Dann schlief die Sache ein. 

Florian Sander

20. Juli 2023 22:41

@Mboko LumumbeTeil 1:
China ist nicht knallhart kapitalistisch, jedenfalls nicht, wenn man an den Begriff differenzierte Maßstäbe anlegt. Wahr ist, dass es in China keine überbürokratisierte Zentralplanwirtschaft mehr gibt, wie es sie in UdSSR und DDR mal gab. Dennoch gibt es (gelockerte) wirtschaftliche Planung, dazu Schlüsselbereiche der Wirtschaft immer noch in Staatshand sowie eine Vielzahl sozialstaatlicher Elemente, die über die letzten Jahre gewachsen sind, weil die VR China erkannt hat, dass der erwirtschaftete Wohlstand auch beim Volk ankommen muss, wenn ihnen ihr System nicht irgendwann um die Ohren fliegen soll. Anders als etwa die USA, wo manche der sozialen Sicherungssysteme, die es inzwischen in China gibt, von vermeintlichen "Patrioten" immer noch als Teufelszeug abgelehnt würden.

Florian Sander

20. Juli 2023 22:41

Teil 2:
China ist in all diesen Hinsichten immer noch durchaus "sozialistisch" etwa in dem Sinne, wie es Sahra Wagenknecht in ihren Büchern skizziert, und damit ökonomisch durchaus erfolgreich. Ich kann das reflexhaft-antiintellektuelle Cold-War-Boomer-Gerede von "Sozialismus hat noch nie funktioniert!!!", das sich nie mit den ökonomischen Feinheiten und Schattierungen auseinandersetzt, die es auch in verschiedenen sozialistischen Ländern und Dekaden gab, mittlerweile nicht mehr hören. Richtig ist: Überbürokratisierte Zentralplanwirtschaft à la UdSSR und DDR seit den frühen 70ern hat nicht funktioniert. Begreift man Sozialismus aber im chinesischen Sinne, muss man konstatieren, dass er ökonomisch gesehen über Jahrzehnte hinweg funktioniert hat und noch immer funktioniert. 

Laurenz

20. Juli 2023 23:00

@WBS47, Ordoliberal & Artabanusnach Möglichkeiten suchen alle Parteien abzuschaffen" der entscheidende Weg zu einer Lösung.... Sie alle 3 beschäftigen sich ausnahmslos mit irrealen Utopien. Was soll das hier für einen konkreten Sinn ergeben? Das Forum verliert in der Öffentlichkeit nur seine Seriosität, Integrität, wie überhaupt die Möglichkeit von irgendwem ernst genommen zu werden. Wer will von unseren Lesern schon mit linken Irren zu tun haben? Um die Parteien abzuschaffen, braucht es eine Grundgesätz-Änderung. Wo wollen Sie dafür die entsprechenden 2/3-Mehrheiten hernehmen. Was man einfacher ändern kann, sind die Gesetze zum Wahlrecht, zB die Interpretationen des Artikels 20 (2) des GGs. Aber auch dahin, zur einfachen Mehrheit, muß man erstmal kommen.
@Ordoliberal .... Ihre Borniertheit ist nicht in der Lage hier Erkenntnisgewinne herauszuziehen oder irgendetwas auch nur zu lernen. Sie sind quasi der linksradikale Saboteur hier. Sie haben bisher jede Debatte verloren & Herr Sander schreibt es Ihnen noch explizit. Wer in Kontinental-Europa (in Frankreich ist es schlimmer als in der BRD, siehe Proteste wegen des Renteneintrittsalters) Wahlen gewinnen will, muß sozialstaatlich agieren. Das haben die Wahlergebnisse der AfD eindeutig gezeigt. Geht das nicht in Ihr Hirn? Ihr Denkansatz ist überhaupt nur in einer gewalttätigen Revolution darstellbar mit anschließend despotischer Regierungsform. Mit diesem gewaltbereiten Anspruch haben Sie hier nichts verloren.

ede

20. Juli 2023 23:01

Schlüssige Darstellung. 
Kurz gefasst vielleicht so: entweder nah an der gewohnten LINKE (2. Option) oder nah an der AfD (1. Option) nur sozialistischer. 
Wagenknecht kommt ja ursprünglich vom radikalen linken Flügel, hat sich davon aber erkennbar deutlich entfernt. Fundamentale Kapitalismuskritik habe ich von ihr schon lange nicht mehr vernommen. Sie hat hinsichtlich Partei Karriere bei der LINKEN doch alles erreicht und könnte auf ewig Ehrenvorsitzende sein - wenn sie einfach nichts gemacht und den Schnabel nur gefällig geöffnet hätte. 
Offenbar (und verständlicherweise) ist sie der LINKEN vollständig überdrüssig. Option 2 - linkennah halte ich deshalb für ausschließbar. 
Insofern ist die Höcke'sche Einladung so abwegig nicht. 
Die Risiken der AfD nahen Option sind von Sander detailliert beschrieben worden. Ein Wahlantritt müsste fast zwingend zu den Ost Landtagswahlen im Sept. 24 erfolgen. Es sei denn... 

MarkusMagnus

20. Juli 2023 23:11

@ Florian Sander
Man muss neidlos anerkennen das die Chinesen was aus ihrem Land gemacht haben in den letzten Jahrzehnten.
Wirtschaftlich starke asiatische Länder wie China, Japan und Südkorea, Thailand usw. lassen aber auch nicht zu das Langnasen ihre Firmen oder Ländereien übernehmen.
Etwas freier sollte es bei uns allerdings schon zugehen als in China.

Laurenz

20. Juli 2023 23:16

@Florian Sander @Mboko Lumumbe ... Im Grunde alles richtig. Man darf die ökonimisch-politischen Maßnahmen Chinas ruhig mit den 4-Jahresplänen Hermann Görings vergleichen. Da hat China quasi abgekupfert, wie auch das gesamte Gesellschaftssystem Chinas von den Nationalsozialisten mit copy-paste installiert wurde. National gesinntes, autoritäres Regierungssystem mit Eigentumsrechten, Reisefreiheit & geteuerter kapitalistischer Marktwirtschaft. In China kontrolliert die Politik die Wirtschaft, im Westen ist es umgekehrt. Man kann in China zB nicht einfach Eigenkapital verschieben, man muß vorher einem Beamten erklären, wieso & ein OK bekommen. Auch die geo-strategischen Maßnahmen Chinas, wie Ankauf/Pachtung von Agrar-Flächen & Übernahmen von Unternehmen sind staatlich mit privatrechtlichen Firmen gesteuert. Noch hat sich China zB nicht getraut, einen 2ten, breiteren Panama-Kanal zu bauen, wird aber kommen.

Gracchus

20. Juli 2023 23:50

Mir ist der deutsche Etatismus fremd. Mir scheint fast, wenn die Götter den Deutschen ein einzige Lernaufgabe gestellt haben, dann die, sich endlich von ihrem Etatismus zu lösen, dessen Triebfeder: vermutlich Lebensangst. 
Alle staatlich organisierten Bereiche trudeln in Richtung Ruin. Schlimmstes Beispiel: das Bildungswesen. Dabei ist Deutschland wie auf sonst nichts auf Bildung angewiesen. Wirtschaftlich, also existenziell. Es ist keine Luxusfrage. Bildung wiederum geht ohne Freiheit und Wettbewerb nicht. Deutschland kann sich keine politisch ideologisierten Schulen und Universitäten leisten, auch keinen fake news produzierenden ÖR. Keine Leute, die nur wegen ihres Parteibuchs Bildungspolitik bestimmen. Keine prole drift. Keine massenhafte Einwanderung von wenig gebildeten. (Bildung birgt natürlich auch Gefahren, das heißt ein bestimmtes körperloses Bildungsideal). 
Im Übrigen hat der derzeitige Staat längst aufgehört für Sicherheit zu sorgen. Er erzeugt vielmehr pausenlos Unsicherheit. Indem er Massenmigration zulässt, Corona- und Klimapanik schürt, Inflation befeuert.  

Gracchus

21. Juli 2023 00:09

Aus ähnlichen Gründen wie Kleine-Hartlage würde ich eine echte freiheitliche linke Opposition begrüßen, weiß aber nicht, wie groß der Bedarf ist, mir scheinen die meisten Linken etwas dumm, sonst gäbe es längst so was oder Die Linke wäre auf den Wagenknecht-Kurs ungeschwenkt. 
Dass eine Wagenknecht-Partei herbeigeschrieben wird, ist natürlich auffällig; dieser Umfrage, wonach eine solche Partei in Thüringen führte, traue ich nicht ganz. Man will das irgendwie oppositionelle "Lager" teilen, damit es sich dann blockiert. 
Querfront ist zu viel gesagt -  um aber das zu vermeiden, müsste eine solche Partei zu einer Kooperation mit der AfD wenigstens punktuell bereit sein. 

RMH

21. Juli 2023 07:36

"Begreift man Sozialismus aber im chinesischen Sinne, muss man konstatieren, dass er ökonomisch gesehen über Jahrzehnte hinweg funktioniert hat und noch immer funktioniert." 
Zu diesem Ergebnis kommt man beim groben Blick aufs Ganze, beim gleichmacherischen Überhöhen des im wahrsten Sinne des Wortes MITTELMÄßiGEN Durchschnittswerts statt des Einzelnen, bei der Herrschaft der Zahl über den Geist. Wer keine Spitze will und dennoch Täler akzeptiert, der ist hier richtig. Danke, jetzt sind wir im rechtsalternativen politischen Bereich offenbar da, wo viele die AfD am Anfang gesehen haben, aus der "ich will wieder meine 80er Jahre BRD"- Partei hin zu "ich will meine DDR vor Honecker zurück". Die zu recht kritisierten "Entartungen" beider Systeme sind aber nicht ohne ihre Anfänge denkbar. Es gibt kein zurück. Die Partei W. ist auch nicht auf die Zukunft gerichtet. Sie ist ein Feuerwehreinsatz angesichts des Flächenbrandes AfD. Wenn die neue Partei W. bei nur 1 einzigen größeren Wahl der AfD ein paar Prozente nimmt, so dass die Einheitsfront weiter wursteln kann, hat sie bereits ihren Zweck erfüllt und kann in die Versenkung gehen. Das Schicksal, als nackter Realitystar einer Zweitverwendung zugeführt zu werden, wie einst Herr Schill, wird Frau W. sicher nicht erleiden und daher: GO.

Artabanus

21. Juli 2023 09:56

@Laurenz
Ihren "realpolitischen" Ansatz in allen Ehren, aber eine tiefgehende Diskussion führt zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass das Parteiwesen an sich ein großes Problem darstellt. Im Grundgesetz, welches ohnehin schon lange aber spätestens seit Corona nur noch ein Stück Papier ist, ist nur vage formuliert, dass die Parteien an der "politischen Willensbildung mitwirken", was diese schwammige Formulierung auch immer bedeuten soll. 
Das der real existierende Parteienstaat sich nicht selbst abschaffen will ist klar. Aber man sollte zumindest die Problematik thematisieren, falls man sie irgendwann lösen will. Bei aller Sympathie für die AFD, auch diese Partei kann sich ganz schnell ganz radikal verändern. Es wäre naiv zu glauben, dass sich alle Probleme lösen lassen sobald nur die "richtige Partei" am Ruder ist.
Zum Betrieb eines Parlaments jedenfalls wären Parteien grundsätzlich nicht notwendig. Jeder Wahlkreis kann einen lokalen Abgeordneten wählen bzw. "abordnen" . Es stellt sich somit die Frage was der wahre Zweck von Parteien ist.

Mboko Lumumbe

21. Juli 2023 10:26

@FS 20. Juli 2023 22:41
Vielen Dank für Ihr Statement. Sie haben damit, sicherlich ungewollt, meine Aussagen bestätigt. Denn Sie haben mein differenzierendes "teils" unterschlagen und dann selbst das differenzierende "teils" angerissen. Wobei man bei Ihrer China-Sympathie unweigerlich an Habeck und dessen Sympathien für chinesische Methoden erinnert wird.
Dass Sie sich im Ton vergriffen haben und beschimpfend schreiben - geschenkt. Dass Sie linke rhetorische Methoden der Rabulistik und eristischer Dialektik anwenden - geschenkt. Sie haben damit viel mehr über sich selbst preis gegeben, als Ihnen bewusst ist. Manche hier würden das wohl bezeichnen mit: zur Kenntlichkeit entstellt.
So sind Sie halt, als angeblich ehemaliger Jungsozialist (der hier dem chinesischen Sozialismus und "teils knallharten Kapitalismus" teils das Wort redet), der dann zu den wendigen Opportunisten der FDP gewechselt ist, um sich z.Z. in der AfD zu versuchen. Sie werden gesehen und Ihnen wird zugeschaut und zugehört.
Wohin führt Sie Ihr nächster Wechsel? SW und linkes Querfront-Utopia scheint Ihnen zu gefallen, nur zu. Für mich sind Solche "die Illusionären", womit ich diesen Begriff und Zuschreibung in diesem Zusammenhang schaffen und prägen möchte. Das wäre ein passender Name für die SW-Partei und "die Querfrontisten", ups nochmal ;)
Sie helfen mir mehr, wie Ihnen klar ist, danke. Das Personaldefizit in der AfD ist greifbar. Doch es sind aufkommende Alternativen sichtbar - gut so.

Kositza: Mensch, liegen die Nerven so blank? Wg. "Beschimpfung", "zur Kenntlichkeit entstellt" etc. hab ich mir den Kommentar von FS noch mal durchgelesen:Come on, Mboko, Sie sind doch ein Mann. Mal einen Gang runter.

Umlautkombinat

21. Juli 2023 10:57

@Florian Sanders
 
> Sozialismus aber im chinesischen Sinne, muss man konstatieren, dass er ökonomisch gesehen über Jahrzehnte hinweg funktioniert hat und noch immer funktioniert. 
 
Diese Fortsetzung kann man nicht belastbar postulieren. Gerade i.M. unterliegt China einem oekonomischem Druck, der wesentlich durch das Schwaecherwerden der Abnehmerseite bestimmt ist. Das "jahrzehntelange Funktionieren" ist quantitativ gesehen wesentlich einer symbiotischen Verbindung zum Westen geschuldet und daraus finanziert worden. Der Binnenmarkt hat eben nicht die Staerke, die erforderlich ist. Auch das duerfte die KPCh erkannt haben, denn nicht umsonst gibt es i.M. die starke Aktivitaet bzgl. BRICS, digitalem Yuean, dollarunabhaengigen Zahlungen etc.. Ob diese Konstruktion wirtschaftlich tragfaehig wird, das muss sich erst zeigen. Und wieder haengt sie nicht vom Binnenmarkt, sondern von anderen - den neuen - Partnern ab. Und zu deren wirtschaftlichen und sonstigen Faehigkeiten gaebe es viele Artikel zu schreiben.

RMH

21. Juli 2023 11:18

Mir ist der deutsche Etatismus fremd. Mir scheint fast, wenn die Götter den Deutschen ein einzige Lernaufgabe gestellt haben, dann die, sich endlich von ihrem Etatismus zu lösen, dessen Triebfeder: vermutlich Lebensangst. 
@Gracchus,
dem kann ich nur zustimmen. Deutsche denken immer, da muss doch noch etwas über dem konkret familiären Umfeld sein, was sich um meine Existenz kümmert, was für Ordnung sorgt und das man dieses etwas irgendwie gut "organisieren" könnte. Gestorben wird aber immer allein (in Anlehnung an Fallada).

Mboko Lumumbe

21. Juli 2023 11:37

@Kositza
 
;)

Phil

21. Juli 2023 11:51

Wagenknecht als Feuerwehrfrau fürs Establishment wäre bizarr. Dafür muss und wird sie sich zu schade sein.
 
Wagenknecht als Menschenfängerin für die AfD wäre ein wunderbares Geschenk, aber das ist Träumerei.

Adler und Drache

21. Juli 2023 12:40

... muss man konstatieren, dass er ökonomisch gesehen über Jahrzehnte hinweg funktioniert hat und noch immer funktioniert ...
Das muss man keineswegs. Wo China erfolgreich ist, ist es wegen westlicher Unterstützung, Ideenklau und dem Zulassen kapitalistischen Wirtschaftens erfolgreich, während der Sozialismus gar nichts gebessert hat. Davon abgesehen hat der Kapitalismus über Jahrhunderte hinweg funktioniert, und zwar immer besser als der Sozialismus oder vergleichbare Systeme, die auf Zwang beruhen. Was Sie so abschätzig "Cold-War-Boomer-Gerede" nennen, ist eine Einsicht in Realitäten, für die man evtl. ein gewisses Alter benötigt, aber eben auch bestimmte geistige Prozesse durchlaufen muss. Vielleicht sind Sie noch nicht so weit. Berufsjuvenile Blütenträume von Schreibtischstrategen, deren Kopf in Wolkenkuckucksheim steckt und von einem - diesmal endlich richtigen! - Sozialismus träumt, gibt es in der deutschen Politik allerdings zu Genüge.  
 

Florian Sander

21. Juli 2023 14:34

@Umlautkombinat
Symbiotisch bis parasitär ist ja im Grunde jede wirtschaftliche Beziehung. Die "Fitness" (im Darwinschen Sinne) einer Wirtschaftsordnung offenbart sich dann - unter anderem - darin, wie gut sie darin besteht. Insofern wiederhole ich mich: Das chinesische System hat sich hier durchaus als erfolgreich erwiesen, gerade auch im Spannungsfeld zwischen kapitalistischem Weltmarkt und sozialistischer Ideologie. Gerade erlebt es Einbrüche, die aber eher in der Coronapolitik zu verorten sind als in einem strukturellen Systemfehler. Ich denke, das gibt sich wieder.
@Laurenz
Da gibt es durchaus eine Menge Parallelen. Allerdings waren im Dritten Reich bis auf wenige Ausnahmen auch die Schlüsselindustrien in privatwirtschaftlicher Hand. Was sie aber natürlich nicht der staatlichen Zentralplanung entzog.

Florian Sander

21. Juli 2023 14:42

@Mboko Lumumbe:
Am bezeichnendsten an Ihrer persönlich angreifenden Reaktion ist eigentlich, dass Sie scheinbar meine einzige, leichte Polemik von den "reflexhaft-antiintellektuellen Cold-War-Boomern" auf sich bezogen haben - und das, obwohl Sie von mir damit gar nicht gemeint waren. Es handelte sich um eine generelle Aussage, weil ich mit "aus dem Bauch heraus" kommender fehlender Differenziertheit, die sich auf intuitiven Antipathien und Feindbildern gründet, wenig anfangen kann. Jetzt könnte man aber natürlich die Frage stellen, warum Sie sich offensichtlich davon angesprochen gefühlt haben. Wie kommt das? :)

Laurenz

21. Juli 2023 15:33

@Umlautkombinat @FS  ... Umso größer eine Wirtschaft wird, umso geringer werden die gemessenen Wachstumsraten. Besitzen Sie eine Stute, die fohlt, generieren Sie 100% Wachstum. Haben Sie 100 Stuten & eine fohlt, generieren Sie 1% Wachstum. In 22 hatte China 3% Wachstum & für 23 sind über 5% prognostiziert. Hier die Eminenz Chinas für den Planeten. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/173053/umfrage/chinas-anteil-am-aussenhandel-ausgewaehlter-laender/ Die politische Aversion gegen China wird von den Konzernen nicht geteilt. Daher passiert auch nicht wirklich was. Trump war da konsequenter.

Laurenz

21. Juli 2023 15:36

@Mboko Lumumbe ... Ich kann mit Ihrer Interpretation der Aussagen von FS nichts anfangen. FS schilderte nur die Faktenlage. Natürlich genießen autoritäre Systeme den Vorteil schnellerer Entscheidungen & weniger Kompromißlösungen. Der Bolschewismus, wie der Maoismus, scheiterte an der Planwirtschaft & dem Verbot des Privateigentums. Die Kreation des heutigen Chinas erfolgte durch Deng Xiaping, dessen Lebensspanne quasi fast komplett das 20. Jahrhundert durchlief (*1904/+1997) Er konnte quasi alle politischen Systeme des 20. Jahrhunderts studieren & entschied sich informell für den Nationalsozialismus, was China in die Lage versetzte, 500 Mio. Menschen in den Mittelstand zu heben, eine in der Menschheitsgeschichte nie dagewesene Leistung. Global gesehen ist der Nationalsozialismus auf dem Vormarsch, es sagt nur keiner. Ich persönlich will das nicht. Daß einer wie Habeck nicht versteht, worauf er abfährt, macht die Sache nicht besser.

Laurenz

21. Juli 2023 15:45

@Gracchus ... Lebensangst ... Sitzt Ihnen heute der Schalk im Nacken? Schauen Sie doch mal in Ihren Geschichtsatlas und zählen die Kriege auf Deutschem Boden in den letzten 500 Jahren. In den letzten 100 Jahren hatten wir 4, bzw. 5 Währungsreformen. Das sind alles fast unzählige Katastrophen. Das steckt den Deutschen in den Knochen. Nicht jeder ist so ein kleiner Ernst Jünger, wie Sie. Die meisten setzen deswegen auf größtmögliche Sicherheit. Die Schweizer, zum größten Teil auch alles ethnische Deutsche, kriegten viel weniger ab. Das unterscheidet sie von unsereiner. Und was wollen Sie? Die AfD ist doch altlinke Opposition. Wenn in unserem Land jemand gesichert rechtsradikal ist, dann wohl das Bundesregime. Die einstige Gestapo heißt jetzt Verfassungsschutz.

Waldgaenger aus Schwaben

21. Juli 2023 16:50

Dass die guten Umfragewerte der AfD rechtsautoritäre oder gar -totalitäre Fantasien zu befeuern scheinen, hatten wir ja schon. 
Das Ergebnis wäre vorhersehbar: So wenig der real existiert habende und der noch real existierende Sozialismus (z.B. Venezuela!) die Lage der Lohnabhängigen verbessert (hat), so wenig wie der aufziehende Ökologismus der Umwelt hilft (LNG statt Erdgas aus Pipelines, CO2 neutrale KKW weg, Vogel-Schredder-Anlagen in Naturschutzgebieten, etc.), so wenig würde ein rechtsautoritäres Regime das bewahren, was es zu schützen vorgäbe. 
Zum Thema:
Dem Autor ist entgangen, dass die Linke(Partei) dem Wagenknechtflügel wieder einen Tritt verpasst hat. Auf Platz 2 der Europawahl-Liste steht Carola Rackete. Der Trennungswunsch ist beidseitig. Offenbar scheint die Linke(Partei) die Wagenknecht-Partei nicht als lebensfähig einzuschätzen.

Gracchus

21. Juli 2023 22:21

@Laurenz 
Ich fürchte, ich bin nicht mal ein kleiner Ernst Jünger. Auf Ihren Einwand war ich aber gefasst. Ihre Erklärung zieht nur nicht so richtig. Sie haben es selbst gesagt: Wäre es Angst vor äußeren Feinden, würde man sich eine ordentliche Armee leisten. Dann widerlegt mein letzter Absatz Ihre Erklärung: Man schreit doch nicht "Hurra", wenn der Staat seine Grenzen nicht mehr schützt (oder nur nach gusto). 
Und die Katastrophen, die Sie beschwören - waren das nicht politische, durch staatliches Handeln (mit)verursacht? Nein, wenn irgendwer Grund hätte, dem Staat oder politischer Macht zu misstrauen, dann der Deutsche. 
 

Florian Sander

21. Juli 2023 22:33

@Waldgaenger aus Schwaben:
Das ist mir durchaus nicht entgangen. Ich verstehe aber nicht, was jetzt Ihr Gegenargument dabei sein soll. Klar wollen die SW loswerden, ist doch allgemein bekannt. Das Aufstellen von Frau Rackete wird der LINKEN aber auch nichts mehr nutzen, weil die urban-linksliberalen Bildungsbürger lieber das grüne Original wählen werden als die Kopie. Der Weggang der SW-Leute wird das Ende der Linkspartei sein, weil sie im Parteienspektrum nicht mehr benötigt wird. Vielleicht abgesehen von regionalen Ausnahmen durch einzelne Charismatiker wie Ramelow in Thüringen.

Florian Sander

21. Juli 2023 22:50

@Adler und Drache:
Teil 1:
Auch diese Reaktion kommt dann typischerweise immer. Wenn nichts mehr hilft, holt man die Lebensalter-Keule raus. Das macht die antiintellektuellen Reflexe aber auch nicht wahrer. Das kapitalistische System ist spätestens seit der Finanzkrise vor 15 Jahren genauso gescheitert und hat Staaten in die Krise getrieben - es hat sein Scheitern nur schlauer geframed. Ganz so, wie es auch schon im 19. Jahrhundert gescheitert ist, als es sich durch inhumane Zustände auszeichnete und dadurch den Marxismus mitbegründete.
Chinas Wirtschaftssystem ist so sozialistisch wie die sog. Soziale Marktwirtschaft der BRD kapitalistisch ist. Es gibt nicht nur Reinformen, sondern es gibt eine Skala (an den äußersten Enden Turbokapitalismus im US-libertären Sinne und bürokratisierte Zentralplanwirtschaft à la UdSSR / DDR ab den 70ern). Dazwischen gibt es zahlreiche Graustufen und Schattierungen, denen man BRD und VR zuordnen kann und die in der einen oder anderen Hinsicht gut funktionieren. 

Florian Sander

21. Juli 2023 22:52

Teil 2:
Das hat auch damit zu tun, welche Kriterien man an die Frage politischen und ökonomischen Erfolgs anlegt. Ein kapitalistisches System, welches nur Wirtschaftswachstum fördert, dessen Gewinne aber bei den Menschen nicht ankommen, ist schlicht und einfach für die Tonne. Und es wird zu politischer Instabilität führen, weil die Menschen rebellieren, wenn sie sich ihre Grundbedürfnisse nicht mehr leisten können. Es ist auch ein politischer Qualitätsnachweis, wenn ein Staat dies verstanden hat und sozialpolitisch entsprechend vorsorgt. Bei der VR China ist das der Fall.
Das weiß man übrigens vor allem dann, wenn man schon mal mit sozialen Nöten in Berührung gekommen ist. Von diesen haben aber auch so manch ältere, angeblich so lebenserfahrene Menschen oft null Ahnung - erst, wenn sie dann mal am eigenen Leib merken, wie viel z. B. eine Chemotherapie oder ein Rollstuhl sie so kosten würde, müssten sie die selbst bezahlen, kommt ihnen dann vielleicht mal der Gedanke, dass so manche soziale Sicherungssysteme doch nicht ganz so verkehrt sind, wie die libertären Traumtänzer immer krakehlen. Da ist dann manch einer doch ganz dankbar, dass es diese böse "Solidargemeinschaft" gibt, die einen angeblich über Jahre hinweg "nur geschröpft" hat.

Gracchus

21. Juli 2023 23:25

Ich bin derzeit auch fertig mit diesem wirklich queeren Land. Wo Regenbogenfahnen vor Regierungsgebäuden flattern (auch im Zimmerchen eines VS-Präsidenten); wo ein Sportverband eine Heim-EM dazu nutzen will, für Nachhaltigkeit und Queerness zu werben; wo "misgendern" eine Beleidigung darstellen kann; wo (gerade gelesen) irgendeine Influencerin in einer Talkshow Witzeregeln aufstellt; wo Jan Böhmermann als Komiker durchgeht; wo vor allem auf eins Verlass ist: dass Böcke zu Gärtnern gemacht werden; wo man fortlaufend mit einer herzlosen moralisierenden Rigidität konfrontiert ist, der gleichzeitig jeder moralische Kompass fehlt; wo ich seit Wochen, ohne es besonders heiß zu finden, von Jahrhunderthitze lesen muss etc. Das sind keine Zeichen von - vielleicht übertriebenen - Sicherheitsbedürnissen, sondern eines ernsthaften Dachschadens. Und keine Partei vermag hieran etwas zu ändern. Auch Remigration wird an dieser - mir leider zutiefst fremden - Mentalität nichts ändern; denn diese Mentalität wird nicht mitmigrieren.
 

Der mit dem Wolf tanzt

21. Juli 2023 23:26

@Artabanus:
Ja, in der Überwindung des Parteien-Staates liegt nach tiefergehender, schonungsloser Analyse die einzige Rettung für Deutschland. Denn: Alle partei-politischen Erwägungen (auch die der AfD) zielen in letzter Konsequenz mittelfristig nur auf Machtgewinn ab. Alle parteipolitischen Intentionen (so  richtig sie auch zunächst erscheinen mögen) sind - ehrlich reflektiert - rein  kosmetischer Natur.
Die bereitschaft zur Systemfrage - auch und gerade innerhalb der AfD - bestimmt also durchaus über sein oder nicht -sein im wortwörtlichen Sinne!
Das Dilemma besteht darin, daß es fast unmöglich ist, öffentlich im kritischen Diskurs -  tragfähige Ideen zu kommunizieren, ohne Opfer des Überwachungsstaates zu werden.
Aber diese Diskussion muß sein, sie muß angestoßen und zielführend bearbeitet werden! 

Gracchus

22. Juli 2023 00:45

Mich befremden etwas die persönlichen Anwürfe gegen Florian Sander. 
Ihre, @Florian Sander, Kapitalismuskritik ist ja nicht falsch. M. E. ist der Kapitalismus die Fortsetzung des Feudalismus mit anderen Mitteln und führt augenscheinlich zwangsläufig zu Vermassung und in den vermaledeiten Korporatismus, wenn auch hierzulande sozialstaatlich bemäntelt. Daher muss die Frage gestellt werden, ob der Sozialstaat, zumal aufgebläht zum Wohlfahrtsstaat, nicht auch gescheitert ist (von der Idee her, nicht nur mit Blick auf die praktischen Probleme). Der Sozialstaat ändert ja nichts, ja unterstützt vielmehr, was man auf das Schlagwort "Externalisierung der Kosten, Internalisierung der Gewinne" bringen kann. Der Arbeitnehmer wird ja nicht nur von seinem Arbeitgeber übervorteilt, sondern finanziert auch mit seinem Einkommen den Sozialstaat. 
Spirituell gesehen entspricht der Kapitalismus dem Ego-Bewusstsein - was man nicht verteufeln muss; entwicklungsmässig ist es notwendig, wie auch der Kapitalismus notwendig war. 
 

Umlautkombinat

22. Juli 2023 01:17

Sagen Sie mal Laurenz, lesen Sie eigentlich erst einmal die Leute erfassend, bevor Sie in die Tasten hauen? Wollten Sie mir wirklich den Unterschied zwischen prozentualem und absolutem Wachstum erklaeren? Wenn ich von oekonomischem Druck rede, meine ich auch bestimmt nicht nur Wachstumseinbrueche (egal ob prozentual oder nicht).
 
Wenn Sie schon dabei bleiben wollen etwas fuer Ihre Form von Wissenserwerb: Als googlen Sie "China economic growth 2023". Dabei aber bitte verschiedene Quellen gegeneinander bewerten. Bewerten sollten Sie auch Ihre anderen Zahlen. Ein hoher Aussenhandelsanteil bei verschiedenen Laendern ist je nach Kontext ganz verschieden einzuschaetzen. Ich schrieb nicht umsonst von einer Schwaeche der klassischen "reichen" Abnehmer und von wirtschaftlicher und sonstiger Faehigkeiten des Rests (aber eigentlich auch des Westens). 
 
Fuer den Autor noch: Eine wirtschaftliche Beziehung ist erst einmal wechselseitig. Symbiotisch ist sie, wenn Abhaengigkeiten nur unter grossen Schmerzen aufloesbar werden bzw. die Partizipienten grundsaetzlich gefaehrden.

Waldgaenger aus Schwaben

22. Juli 2023 08:12

@Florian Sander
Mein Gegenarument ist, dass die Linke Partei der möglichen SW-Partei keine große Chance gibt. 
Dieser Artikel bestätigt das. SW-Partei keine Gefahr für Linke und AfD. Die 2% reichen für einen Sitz im EU-Parlament als Austragshäuschen für Frau Wagenknecht. 
https://www.welt.de/politik/deutschland/article246510930/Krisen-bewaeltigen-Da-schneiden-alle-Parteien-bei-den-Deutschen-schlecht-ab.html

Waldgaenger aus Schwaben

22. Juli 2023 09:27

Noch was, Herr Sander, zu Ihren Ausführungen über Sozialismus vs. Turbokapitalismus.
Reinformen scheitern, die Lösung liegt irgendwo dazwischen, richtig. Es kommt darauf an, welche Ziele man für eine Gesellschaft (oder ein Volk) als wichtig erachtet. Wirtschaftliches Wohlergehen bei guter Gesundheit für alle sind wichtig. Ich sehe daneben noch, ohne eine Rangordnung aufstellen zu wollen, weitere Ziele: Persönliche Freiheit, eine erhaltende Geburtenziffer, Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, Beitrag zum technolgischen Fortschritt für die gesamte Menschheit.
Bei diesen zwei dieser Zielen liegen die USA vor China und vor Deutschland. Die persönliche Freiheit ist in den USA de jure größer als in D (und der VRChina sowieso), de facto wütet dort auch die woke-Ideologie und schränkt sie zunehmend ein. Beim Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen läuft in D seit der Ampel-Regierung vieles noch falscher als zuvor. Ich will das hier aber nicht vergleichen.

Adler und Drache

22. Juli 2023 09:32

Zum Thema "Abschaffung der Parteien": Dann könnte ich als Bürger nicht mal mehr wählen. Tolle Idee. NICHT.

RMH

22. Juli 2023 09:38

"Der Kapitalismus" kann gar nicht scheitern, da die Krise, der Crash, die Insolvenz und die daraus zeitweilig entstehende Unordnung Teil seines Wesens ist (er ist zyklisch). Deswegen endet ein "Kapitalismus" auch nie im echten, reinen Monoplolismus, wie es Marx et al. voraussagen. Daher ist die links-grüne Untergangsprophezeiung, dass der Mensch seine eigenen Grundlagen zerstört und dann auch nocht mehr kapitalistische Zyklen fahren kann, das Argument, was die meisten nachvollziehen können und daher ist die grüne Weissagung der Cree (soll ja angeblich keine indinanische Wurzel haben) der politische Mythos (Sorel), der ab den 70er Jahren am meisten Wirkkraft entfalten konnte. Der Traum, über Sozialismus die Schöperfrische und Zerstörerische Kraft des freien Wirtschaftens einhegen zu können, blieb aber ein Traum. @Gracchus, Kapitalismus ist kein Feudalismus, Feudalismus hatte aber teilweise kapitalistisch gewirtschaftet. Wenn Kapitalismus feudalistisch wirkt, dann ist es das Phänomen, welches auch von den Marxisten beschrieben wird, nämlich die Tendenz, Monopole zu bilden. Die Reinform des Monopolismus wurde historisch jedoch nie für alle Märkte gleichzeitig und nie dauerhaft erreicht, es gab immer wieder eben Untergänge und der Kreis startet neu (wobei erst heute die Technologie geschaffen wurde, dass es mit den Monopolen zum ersten Mal klappen könnte).

FraAimerich

22. Juli 2023 11:16

@RMH: "Der Kapitalismus" kann gar nicht scheitern
Diese Aussage empfinde ich als zynisch.
Wenn man die von seinen Gesundbetern - meist wider besseres Wissen - beschworenen Maßstäbe anlegt, wonach es im Kapitalismus um Wirtschaftswachstum geht und dieses bzw. die daraus generierten Gewinne letztlich allen "Marktteilnehmern" zugute kommen, erleben wir gerade wieder sein zyklisches Scheitern.
Aber natürlich geht es dem Kapital nicht im geringsten darum, daß seine Gewinne, die vor allem im Finanzbereich längst von der realen Produktion entkoppelt wurden, "bei den Menschen ankommen". Das ist entweder sozialdemokratisches Wunschdenken oder schlicht liberale "Trickle-Down-Propaganda". Inzwischen hat sogar die gehobene Mittelschicht Gelegenheit, das zu erfahren. Naiv wie sie ist, wähnt sie sich darob im Würgegriff des "Sozialismus". Das hat so etwas Grotesk-Komisches, daß ich aufpassen muß, als Beobachter nicht selbst zum Zyniker zu werden.
 

Der mit dem Wolf tanzt

22. Juli 2023 13:07

@Adler und Drache:
Beschäftigen Sie sich mal bitte in diesem Kontext mit dem Gedanken der Direktwahl. Um fähige Leute in politische Verantwortung zu bringen bedarf es keiner Partei, im Gegenteil! Part (=Teil=Spaltung=Schwächung, Einfluß von dritter Seite). Die Spaltmechanismen des "Teile und Herrsche-Prinzips" überwinden ist der EINZIGE Weg zu einer nachhaltigen politischen Selbstbestimmung. Denn es wäre wahrlich naiv zu meinen, daß diese politischen Naturgesetze des Systems keinen Einfluß auf die Entwicklung der AfD hätten. 
Andreas Popp hat dazu interessante Aspekte formuliert, die natürlich einer Ausarbeitung bedürfen. Für einen echten gesellschafts-politischen Neuanfang gibt es nunmal kein Patentrezept, und schon gar keine Garantie.
Raus aus der etatistischen Komfortzone! Alles ist machbar, man muß es nur wagen konsequent ursächlich zu analysieren.
 

Der mit dem Wolf tanzt

22. Juli 2023 19:21

Ich bitte darum meinen letzten Beitrag auch zu veröffentlichen. Vielen Dank.
[ Es wäre  höchst bedenklich, wenn der freie Diskurs bei sezession eine Einschränkung erfahren würde... ]

Kositza: Lieber Wolfstänzer, gern geschehen; auch unsere Redaktion nimmt sich am Wochenende mal paar Stunden bildschirmfrei. Zweitens erfährt zumal der anonyme Diskurs durch uns Zensoren durchaus reichlich Einschränkung!

Gracchus

22. Juli 2023 19:49

@RMH: genau genommen kann der Kapitalismus nicht scheitern, er hat ja auch kein Ziel. 
Als quasi-feudal bezeichne ich aber, dass Arbeiter für die Eigentümer Gewinne erwirtschaften, also das, was marxistisch unter Mehrwert läuft. Nebenbei: deshalb finde ich auch Libertäre ulkig, die von natürlicher Ordnung quasseln, als würden Eigentumsrechte auf Bäumen wachsen. 
Sozialdemokraten finde ich ulkig, weil sie so tun, als würden Pflanzen durch Mehrheitsbeschlüsse wachsen. 
Um es abzukürzen: ich halte Steiners soziale Dreigliederung für ein intelligentes Konzept, das weder sozialistisch noch kapitalistisch ist. 
 

Adler und Drache

23. Juli 2023 09:43

@Der mit dem Wolf tanzt:
Was anderes als "Partei" wäre denn die Gefolgschaft von einem dieser "fähigen Leute", die da politische Verantwortung übernehmen sollen?

Kurativ

23. Juli 2023 13:57

"Der deutsche Etatismus" ist mir auch fremd. Ich halte das für ein Phänomen aus dem politisch-medialen Komplex. Deren Journalisten und Politiker lassen sich gerne von übergeordneten Strukturen aushalten (GEZ, Steuerzahler, ). Die machen natürlich viel Werbung für Geld von anderen. Das ändert aber nichts daran, dass die Steuer- und Einzahler in Systemen wie Rente, KV, etc ein Anrecht auf Auszahlung haben (im Gegensatz zu den "Neuankömmlingen"). Diejenigen Deutschen aus der DDR konnten nicht einzahlen und müssten für ihr Warten ausgezahlt werden. Alle anderen haben nicht eingezahlt.

Kurativ

23. Juli 2023 13:59

Umfragen würde ich heute kaum noch trauen. Es geht wohl immer wieder darum. die AfD zu schwächen. Nachhaltige Parteigründungen in Deutschland sind sehr schwer. Die Substanz für eine neue Linke ist meiner Meinung zu klein. Die AfD könnte diesen Bereich schnell abdecken. Was sie ja auch tut

Pasewalker

24. Juli 2023 09:14

Was ist denn nun so schlimm am "Etatismus"? Er ist mir lieber als der libertäre Individualismus, der zu einer atomisierten und damit schwachen Gesellschaft führt. Zumal einem Deutschen auch immer bewußt sein sollte, woher dieser "Etatismus" statt, dieser preußische Glaube an den Staat. - Im Dreißigjährigen Krieg wurde unser ganzes Land von Söldnern und Banditen (zu einem großen Teil Ausländer) verwüstet. Zwei Drittel der Bevölkerung starben. Am verheerendsten war es in Brandenburg, wo 80 Prozent ermordet wurden, verhungerten oder an kriegsbedingten Krankheiten starben. Für die Überlebenden gab es nur eine Antwort: "Nie wieder schwach sein!". Sie wollten einen Staat, der in der Lage ist, sie zu beschützen - und so schufen sie den preußischen Militärstaat. Was die Ökonomie angeht, war dieser übrigens zu allen Zeit äußerst freiheitlich. Selbst die Bismarcksche Sozialpolitik läßt sich nicht als schlimmer "Sozialismus" brandmarken. Wobei anzumerken ist, dass der Marxismus den Sozialismusbegriff nur okkupiert hat. Das Prinzip "Gemeinnutz vor Eigennutz" ist weitaus älter und genuin "rechts". Also bitte nicht immer auf den Staat eindreschen. Dass die Seeräuberinsel England eine andere Tradition hat, ist aufgrund ihre Geschichte klar. Ebenso, dass sie deshalb kein Vorbild für uns sein kann.

Franco Berlin

27. Juli 2023 16:08

Ich muss Artabanus widersprechen. Die LINKE war 2007 keine Neugründung. Die Linke war die Fortsetzung der SED. Die WASG in Westberlin wurde die SED mit initiiert, war aber zu blass und diente nur dazu, die SED auch nach Westberlin zu bringen und der SED ein neues Layout zu verleihen. Die bestehende LINKE (SED) hat - das kann man sehen, wie man will - die Gründung einer echten Linken 1989 bzw. 1990 verhindert und erstrecht natürlich 2007. Inhaltlich ist die LINKE keine LINKE, sondern eine staatskonforme bürgerliche Partei mit (ja, ist absurd) mit einer ehemaligen Kommunistischen Plattform (was auch immer das sein sollte). Die Existenz der Linken (=SED) haben wir einem einzigen Umstand zu verdanken. 1989 wollte sich die SED auflösen. Danach hätte tatsächlich eine Linke gegründet werden können. Es gab aber weder neuen Wein noch neue Schläuche, sondern nur einen anderen Namen SED/PDS. 
Es gab damals eine Fernsehübertragung der geplanten SED-Auflösung. Damals trat eine Person aus dem Schatten, die vielen noch unbekannt war. Ein Anwalt mit dem Namen Gregor Gysi. Gysi wurde danach u.a. bekannt durch die Diskussion, ob er ein IM war oder nicht. Gysi war zum Zeitpunkt der Auflösung der SED deren offensichtlicher Kassenwart. (1.500 Zeichen sind zu knap) geht gleich weiter ...

Franco Berlin

27. Juli 2023 16:14

Wen man sich in die Lage von wirklichen Linken hineinversetzen wollte, so bedeutet dies, dass, weil Gysi die pekuniären Interessen im Auge hatte, er auf den Inhalt der Linken - also den neuen Wein - verzichtete, zugunsten der alten Schläuche. Natürlich sein gutes Recht als Anwalt. Aber real hat er damit verhindert, dass sich in Deutschland nach 1989 eine echte LINKE gründen konnte, da er einer solchen den Wind aus den Angeln genommen hätte. Ich will hier nicht die Frage klären, was eine LINKE ist. Aber Gysi ist dafür verantwortlich, dass es real keine gibt, sondern eben nur das aussterbende Relikt der SED, das noch den Rest des SED-Vermögens verbraten musste. Noch ist offen, welchen Wein Wagenknecht in die neuen Schläuche füllen würde. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch ihr die Hände gebunden sind, meint, die Zunge gebunden ist. Die Frage wird sein: Was denkt sie über Putin wirklich? Was denkt sie über den Klimawandel wirklich? Was denkt sie über die Abschaffung des Bargeldes wirklich, angesichts der kurzen Deadline hier? Was denkt sie über die Notwendigkeit einer EU. Was denkt sie über nationale Interessen? Für einen Außenstehenden wie mich, sieht es so aus, als ob eine reale Linke und eine sogenannte (neutrale) Rechte sehr dicht beieinanderliegen können. Alle Neugründungen von Parteien sind nach 1989 aus gleichen Gründen gescheitert. Sie waren zu breit aufgestellt, sie wollten es allen recht machen und sie hatten zu entfernte Flügel und verwässerten sich somit jedes Mal selbst. 

Franco Berlin

27. Juli 2023 16:14

Ich hatte damals die Neugründung der WASG in West-Berlin mit Interesse betrachtet und, wie bei dem fast zeitgleich auftretenden Bürgerkonvent, deren hilfloses Zusammentreffen erlebt. Da trafen sich in einem Saal gefühlt 1.000 Menschen oder mehr, die dann ein Programm schreiben wollten. Ähnlich hat es die BASIS und haben es die Piraten auch versucht. Ein solches Ansinnen ist stets zum Scheitern verurteilt. Ich vermute, dass wir deshalb nichts von der Wagenknecht-Partei hören, weil Sarah W. dieses Dilemma verhindern will - aber vielleicht genau aus dem Grund in ihrer Gründungsphase zu wenig Mitstreiter findet. Ein gordischer Knoten. Sarah Wagenknecht hat erlebt, wie Parteien ihre Richtung ändern. Sie selbst hat sich sehr geändert. Sie muss für den Richtungswechsel, der auch ihr droht, einen Plan B haben, wie sie auch in Zukunft, die Zügel in der Hand behalten kann, wenn die ersten Wadenbeißer auftauchen und der Leitwölfin das Rudel abjagen wollen. 

Franco Berlin

27. Juli 2023 16:15

(Fortsetzung) … Die Wadenbeißer, die aus reiner Eitelkeit beißen wollen oder, weil sie irgendein Nachrichtendienst sendet, werden noch das geringste Problem sein. Gefährlicher werden die werden, die sich nur wenig von ihr unterscheiden und die ggf. für junge globale Führungspositionen aufgebaut werden und sich erstmal als sehr zahm zeigen, solange sie den treuen Brutus geben.  Und damit nochmals zur Frage von Artabanus zur Notwendigkeit von Parteien. Parteien mit ihren Ideologen sind schlichtweg nur formal Interessenvertreter von Gruppen, von sozialen Gruppen. Es spielt keine Rolle, ob man diese Parteien oder Vereine oder als was auch immer bezeichnet. Auch, wenn für das gegenwärtige Übel, Parteien verantwortlich sind und man sich nicht mag, so sind nicht die Parteien an sich daran schuld, sondern die Strukturen und die Statuten der Parteien. Wo war der Punkt, wo aus der einstigen Bewegung der Grünen, diese in ihr Gegenteil umschlug? War es das Rotationsprinzip, das aufgegeben wurde? War es das neue Personal? Wenn man darauf eine Antwort findet, dann muss man auch keine Angst mehr vor der Institution einer Partei haben, die ich schon für unumgänglich halte.

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