Politiker sind zweifelsohne die Prinzen der Bürowelt

Bevor ich infolge Berufsverbotes in eine Bürotätigkeit eintrat, arbeitete ich richtig.

Heino Bosselmann

Heino Bosselmann studierte in Leipzig Deutsch, Geschichte und Philosophie für das Lehramt an Gymnasien.

Jeden­falls im Sin­ne des mit­tel­hoch­deut­schen Wor­tes are­beit, das für Mühe, gar für Pla­ge steht, also für eine Anstren­gung jen­seits untä­ti­gen Wohllebens.

Tho­ma­sin von Zer­clae­re (1186 – 1238) dazu:

Swer wil rîters ambet phlegen,/der muoz mêre arbeit legen/an sîne vuor dan ezzen wol: / (…) /der mac niht rîters ambet phlegen,/der niht enwil wan samfte leben.Wer das Rit­ter­tum anneh­men will, der muß mehr Mühe auf sein Beneh­men ver­wen­den als auf das Essen. Man kann nicht das Rit­ter­tum anneh­men, wenn man bequem leben möchte.

Ein­fa­cher, aber immer noch roman­tisch mit Alain Finkielkraut:

Was die­se Arbeit so herr­lich macht, ist die Mühe, die ver­eint unter­nom­men wird, damit die Erde nicht län­ger ein Tal der Trä­nen ist.

Jahr­zehn­te­lang stand ich zwi­schen Leh­rer­tisch und Tafel vor stünd­lich wech­seln­dem, schwie­rig-anspruchs­vol­lem jun­gen Publi­kum. Oder zog Sport­un­ter­richt in der Turn­hal­le und auf dem Sport­platz durch.

Vie­le Jah­re leb­te ich als Men­tor in einem Inter­nat mit 24 Fünft- bis Neunt­kläss­lern unmit­tel­bar zusam­men, so ähn­lich wie in Käst­ners „Flie­gen­dem Klas­sen­zim­mer“, die Tür der Dienst­woh­nung zum Flur hin stets offen.

Vor den Klas­sen kam es bestän­dig dar­auf an, auf­merk­sam abzu­spü­ren, ob die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­ti­on einen Pro­zeß des Ent­de­ckens und Ler­nens gera­de über­haupt ermög­lich­te. Auf daß es min­des­tens nicht lang­wei­lig wurde.

Geschah das doch, stock­te der Pro­zeß, wur­de es öde, muß­te sen­su­el­le, künst­le­ri­sche oder schlicht kör­per­li­che Erfri­schung her. Zumal die Lei­den­schafts­am­pli­tu­den der Jugend mit den Jah­ren immer fla­cher wur­den, so daß ich grü­bel­te, wie über­haupt noch anzu­re­gen wäre. Also bestän­dig neu anfeu­ern, not­falls doch rüber in die Turn­hal­le: dort in Bewe­gung ein Gedicht ler­nen oder bei Kraft­gym­nas­tik ein phi­lo­so­phi­sches Pro­blem wei­ter­den­ken. Mit­un­ter läuft das in Bewe­gung bes­ser und freud­vol­ler als im Sitzen.

Jeden­falls galt es, plau­si­bel die Rele­vanz des­sen erleb­bar zu machen, was man anbot und was jun­ge Gemü­ter ent­zün­den könn­te. Denn es gibt kaum irgend­wo eine so schwie­ri­ge Aus­gangs­si­tua­ti­on wie im Unter­richt, wo Schü­ler sich kraft Schul­ge­setz in einem Nöti­gungs­zu­stand befin­den, aber den­noch min­des­tens akzep­ta­bel fin­den sol­len, was ihnen der Stun­den­plan auf­zwingt, wäh­rend der Leh­rer kurz­schlüs­sig mei­nen darf, sei­ne zwei­fel­haf­te Sen­dung müs­se unmit­tel­bar Inter­es­se fin­den. Von selbst läuft das nicht, man muß­te selbst ent­facht sein – und dranbleiben.

Also hat­te ich zu moti­vie­ren, zu enter­tai­nen, zu mode­rie­ren und neben­her als Luh­mann­scher Beob­ach­ter wie neben mir selbst ste­hend zu prü­fen, ob es wirk­lich lief und wel­che Mög­lich­kei­ten und Hin­der­nis­se es gab. Im nächs­ten Moment schon konn­ten Kon­flik­te oder Affek­te auf­bre­chen, auf die augen­blick­lich zu reagie­ren war, ja, selbst ein Insekt im Raum reich­te aus, einen gera­de viel­ver­spre­chen­den Ver­lauf jäh ins Cha­os stür­zen. Sechs­mal, acht­mal am Tag woll­te der Anspruch, irgend­wie sinn­voll wir­ken zu kön­nen, neu an- und umge­setzt werden.

Unter­richt ist eine Ange­le­gen­heit zwi­schen Dut­zen­den Men­schen, die in ihrer Hete­ro­ge­ni­tät qua­si zwangs­wei­se in einem Raum ver­sam­melt wer­den, also eine psy­cho­lo­gisch recht inti­me Ange­le­gen­heit des Aus­ta­rie­rens und ein treff­li­ches Bei­spiel für die Unwahr­schein­lich­keit funk­tio­nie­ren­der Kommunikation“.

Zudem kon­kur­rier­te ich in den Neun­zi­gern erst mit den Ange­bo­ten des Pri­vat­fern­se­hens, dann mit jenen des Net­zes und am Ende mit Dut­zen­den Apps um jene Auf­merk­sam­keit und eine trotz Reiz­über­flu­tung noch ver­blie­be­ne Aus­dau­er, die viel­leicht Erkennt­nis­ge­winn oder min­des­tens geist­rei­che Unter­hal­tung ermöglichten.

Wenn ich sah, wie Schü­ler gedan­ken­ver­lo­ren an ihren Nägeln knab­ber­ten und mit dem Geo-Drei­eck ihre Radier­gum­mis zer­säg­ten oder Abitu­ri­en­tin­nen ver­son­nen began­nen, ihre Haar­spit­zen auf Spliß zu unter­su­chen, wuß­te ich, daß ich das Inter­es­se irgend­wie neu star­ten mußte.

Dazwi­schen die Pau­sen in der immer lau­te­ren Ner­vo­si­tät des Schul­hau­ses, oft genug Auf­sich­ten oder eben das Ein­tau­chen ins Leh­rer­zim­mer, die­sen Bun­ker der Kla­ge, wo ver­brauch­te Kol­le­gen öli­gen Maschi­nen­kaf­fee tran­ken, der ihrer ohne­hin labi­len phy­si­schen Ver­fas­sung den Rest zu geben schien, wäh­rend sie immer­fort von der näher­rü­cken­den Ver­ren­tung schwärm­ten, die sie sich wie nie enden­de Som­mer­fe­ri­en nach dem Ende des Berufs­le­bens erträumten.

Der durch­schnitt­li­che Kran­ken­stand von Leh­rern in Meck­len­burg-Vor­pom­mern beträgt der­zeit 30 Tage. Durch­schnitt­lich! Also gan­ze sechs Arbeits­wo­chen, eine Som­mer­fe­ri­en­län­ge. Und der Hin­ter­grund des­sen ist meist ein Über­las­tungs­syn­drom, einer­lei was für ein Dia­gno­se­schlüs­sel auf dem Kran­ken­schein ste­hen mag.

Wie eine an aller­lei Ver­schleiß lei­den­de End­fünz­i­ge­rin nach Jahr­zehn­ten zeh­ren­den Unter­richts den Arbeits­tag an einer Regio­nal­schu­le so zu über­ste­hen ver­moch­te, daß ihre Lebens­er­war­tung dabei nicht spür­bar sank, konn­te ich mir kaum vorstellen.

Des­we­gen bleibt ihr nur die Flucht in die Teil­zeit, des­we­gen gibt’s den Leh­rer­man­gel, zumal die Jün­ge­ren, anders ein­ge­stellt, noch weni­ger aus­zu­hal­ten schie­nen und mit ihrer illu­sio­nä­ren Uni-Päd­ago­gik noch geschock­ter von den Anfor­de­run­gen der schul­prak­ti­schen Front waren. Ganz im Gegen­satz zur Wahr­neh­mung des Bil­dungs­mi­nis­te­ri­ums, das Leh­rer­tä­tig­keit in Meck­len­burg-Vor­pom­mern als gera­de­zu traum­haft geeig­net für die ange­nehms­te Life-Work-Balan­ce dar­stellt, grun­diert von kitsch­ro­man­ti­schen Landschaftsmotiven.

Ich emp­fand mei­nen tap­fe­ren Kol­le­gen gegen­über, die sich Tag für Tag teils kras­ser Respekt­lo­sig­keit aus­ge­setzt fan­den, soviel Mit­leid wie Hoch­ach­tung. Durch­zu­ste­hen war die Sisy­phos-Arbeit ent­we­der nur mit peri­odi­schen Krank­schrei­bun­gen (Der Beruf selbst reich­te als Dia­gno­se aus.) oder mit einem guten Trai­nings­zu­stand, der einen dar­wi­nis­tisch sta­bil pla­zier­te und in der Nah­rungs­ket­te nicht zu weit vorn schwim­men ließ. Klar gab es Erfol­ge und Momen­te tie­fer Rüh­rung, aber die woll­ten errun­gen sein; sie fie­len kei­nem Leh­rer ein­fach zu.

Wäh­rend außer­schu­li­sche Berufs­grup­pen die lan­gen Leh­rer­fe­ri­en für unge­bühr­li­chen Luxus hal­ten mögen, weiß ich: Die sind zur Kom­pen­sa­ti­on der spe­zi­fi­schen Extrem­zu­stän­de an den Schu­len min­des­tens nötig, um ein­fach nur durch­zu­kom­men. Und in Meck­len­burg-Vor­pom­mern kom­men unter einem links­dre­hen­den Bil­dungs­mi­nis­te­ri­um, das alles ver­spricht und immer weni­ger hält, noch die sechs Wochen durch­schnitt­li­chen Kran­ken­stan­des hinzu.

An der Schu­le also muß­te ich durch­zie­hen, zog mit der Tasche unterm Arm von Raum zu Raum, nahm’s aber sport­lich, wur­de zwi­schen­drin bestän­dig um irgend­was gebe­ten, hat­te per­ma­nent etwas zu ent­schei­den, von Nich­tig­kei­ten bis Kata­stro­phen­ver­mei­dung, muß­te dabei den Über­blick behal­ten und gerecht sein, aus­kunfts­fä­hig und kom­pe­tent und über­dau­er­te nach­mit­tags gedul­dig das lee­re Gedöns all der Sit­zun­gen und Bespre­chun­gen, bis ich end­lich nach Hau­se radel­te, durch­at­me­te und mir meist sag­te: Geschafft hast du was.

Lief nicht opti­mal, man­ches lief gar nicht, aber letzt­lich war’s doch bes­ser, als wärest du nicht vor Ort gewe­sen. Und zwar für alle, sogar für dich selbst. Abge­hakt, gut gemacht, min­des­tens wohl Note drei.

Wenn man das jahr­zehn­te­lang so prak­ti­zier­te, prak­ti­zie­ren muß­te, damit es lief, dann kann man das Büro eigent­lich gar nicht als Arbeits­ort iden­ti­fi­zie­ren, selbst wenn da durch­aus etwas zu tun ist, selbst wenn es dort gleich­falls mal Streß geben mag. Schul­streß, mit­un­ter hef­tig kul­mi­nie­rend, ist‘s jeden­falls nicht. Einen streß­frei­en Schul­tag gibt es an sich nicht, streß­freie Büro­ta­ge viele.

Man hat dort ja mit leid­lich kul­ti­vier­ten Erwach­sen zu tun, man kann sich jeder­zeit einen Kaf­fee holen und mit der Tas­se in der Hand im Nach­bar­bü­ro einen Schwatz hal­ten; und wenn man ganz­tags gezwun­ge­ner­ma­ßen vorm Bild­schirm sitzt, darf man wenigs­tens im Netz sonst­wo­hin aus­wei­chen und kann es als Ori­en­tie­rung ver­ste­hen, die gesam­te FAZ durch­zu­le­sen. Nie­mand hat etwas dagegen.

Sind einem aber Schul­klas­sen anver­traut und meint man es ernst mit ihnen, soll­te man nicht aus­wei­chen, denn der Käpt’n gehört auf die Brü­cke und kann da nur schlecht ver­tre­ten wer­den. Man kann die Ver­bin­dung zu den einem anver­trau­ten Kin­dern nicht ein­fach kappen.

Also kam ich manch­mal erst nach dem letz­ten Klin­gel­zei­chen zu ruhi­gem Atem, ja mit­un­ter dann erst aufs Klo. Das fal­sche Heils­ver­spre­chen Ganz­tag­schu­le inter­niert ja nicht nur die Kin­der irrer­wei­se bis zum spä­ten Nach­mit­tag, es hält auch Leh­rer zu lan­ge fest, so daß ihnen Zeit für Vor­be­rei­tung, Kor­rek­tu­ren, Muße und Kom­pen­sa­tio­nen fehlt.

Hat­te ich die letz­te Stun­de Sport, roll­te ich mir danach allein die Yoga-Mat­te in der stil­len Turn­hal­le aus und setz­te mich aus mei­nen Frag­men­ten wie­der zusam­men. Pie­tät­voll kreis­te die Putz­frau mit ihrem Saal­be­sen um mich her­um. Schmun­zelnd. Sie kann­te das Bild schon.

Selbst schuld, wenn ich grog­gy war, denn ich arbei­te­te immer leh­rer­zen­triert, ich führ­te, was heut­zu­ta­ge als unmo­dern, ja als reak­tio­när gilt; und des­halb hat­te ich im Vor­be­rei­tungs­raum einen Turm Mine­ral­was­ser­käs­ten ste­hen. Drei, vier Fla­schen trank ich wäh­rend einer Schicht aus. So als absol­vier­te ich einen Aus­dau­er­lauf. Und genau das war’s, ein kraft­vol­ler Lauf, anders bekam ich‘s nicht hin.

Als Büro­mensch habe ich hin­ge­gen ein schlech­tes Gewis­sen gegen­über jedem, der rich­tig arbei­tet und des­sen Kla­mot­ten und Werk­zeu­ge nach Arbeit aus­se­hen, nach Auf­wand und Kraft, nach Anstren­gung eben, nach Geschick und Müh­sal, bis­wei­len gar nach Risi­ko und Gefahr. Gab’s so ähn­lich sogar in der Schu­le, erleb­te ich im Büro aller­dings nie.

Gut, Inge­nieur­tä­tig­keit, tech­ni­sche Pla­nun­gen, alles, was das Hirn wie einen Mus­kel for­dert, das kann ich als Arbeit iden­ti­fi­zie­ren, Tätig­kei­ten, die ech­tem Hand-Werk ver­wandt sind, weil etwa das Hand­werk der­glei­chen als Grund­la­ge braucht: Pro­jek­tie­rer, Tech­no­lo­gen, Bau­lei­ter, also „tech­ni­sche Intel­li­genz“; da geht es um etwas, und wer sich Feh­ler erlaubt, gefähr­det den Arbeits­ver­lauf, das Ergeb­nis und sogar Men­schen­le­ben. Des­glei­chen Mathe­ma­ti­ker und Natur­wis­sen­schaft­ler, Medi­zi­ner, sogar Advo­ka­ten – alles enga­gier­te Arbei­ter, Pro­fis, ech­te Könner.

Nur mei­nen die Büro­men­schen aus dem über­bläh­ten öffent­li­chen Dienst unse­res skl­ero­ti­schen Lan­des, aus Ver­wal­tung und Poli­tik eben­falls, sie wür­den unter enor­men Las­ten arbei­ten, rich­tig was bewe­gen und wacker durch­hal­ten. Selbst das soge­nann­te Home-Office, Syn­onym für laxe Arbeits­ein­tei­lung in Jog­ging­ho­sen und hei­mi­scher Her­me­tik, oft nur Euphe­mis­mus fürs Nichts­tun oder Haus­ar­beit, galt ja in der soge­nann­ten Pan­de­mie gera­de­zu als Hel­den­tat, für die es Son­der­zu­wen­dun­gen im Sin­ne von Ent­schä­di­gun­gen gab. Absurd. Ver­stand ich nie. Eben­so­we­nig ver­ste­he ich, wenn sich die durch­ge­ses­se­ne Büro­ge­mein­schaft ab 16.00 Uhr im Ges­tus der Erschöp­fung einen schö­nen Fei­er­abend wünscht. So als ver­lie­ße man gera­de die Stre­cke eines Bergwerksstollens.

Fei­er­abend, fin­de ich, hat einer ver­dient, wenn er sei­nen Trenn­schlei­fer aus­schal­tet oder auf­hört, Beweh­rungs­stahl in der Beton­scha­lung zu versplei­ßen; Fei­er­abend­stim­mung emp­fand ich, wenn ich nach acht Stun­den Unter­richt auf dem Rad saß und spür­te, wie mir noch immer die Pum­pe ging, so hef­tig, daß ich aufs kleins­te Rit­zel schal­te­te und bes­ser noch mal rich­tig in die Peda­len stieg, um dem Herz mal Grund zur Höchst­fre­quenz zu geben und auf­ge­stau­tes Adre­na­lin wegzubrennen.

Man höre Poli­ti­ker, die Prin­zen der Büro­ar­beit: Sit­zun­gen erle­ben sie als ech­te Her­aus­for­de­run­gen, Nacht­sit­zun­gen sind für sie heroi­sche Aben­teu­er, die es zu bestehen gilt. Sie kom­men zwar nicht auf Puls und sind eher vom klei­nen Machia­vel­lis­mus und Throm­bo­sen gefähr­det, jedoch abso­lut der Über­zeu­gung, zuguns­ten des Bür­gers zu schin­dern wie Braue­rei­pfer­de. Dabei ver­mit­telt allein schon ihr wei­ßes Hemd die Botschaft:

Seht mal, ich bin einer, der sich nicht schmut­zig machen muß und der sich jeden Tag neu so was Rei­nes und Gebü­gel­tes über­strei­fen kann, weil dafür in mei­nem Hin­ter­grund irgend­ein Ser­vice wirk­sam ist, und sei’s die beflis­se­ne Ehe­frau, die mich wich­ti­gen Ent­schei­dungs­trä­ger mor­gens aus­staf­fiert wie ein Muttersöhnchen.

Ver­sor­gungs­lu­xus ist die­sen Selbst­dar­stel­lern selbst­ver­ständ­lich, sie hal­ten den für ver­dient, denn sie haben irgend­wann mal Abitur gemacht und dann artig ein Stu­di­um durch­ge­hal­ten, das mit einem Prä­di­kats­examen ende­te, was sie berech­tigt, täg­lich wei­ße Hem­den zu tra­gen und für ande­re, als deren Ver­tre­ter oder Chefs sie sich ver­ste­hen, Ent­schei­dun­gen zu fäl­len, die die­se für sich selbst, mei­nen sie kurz­schlüs­sig, gar nicht tref­fen könnten.

Des­halb die­se neu­en Acces­soires des moder­nen Hof­staa­tes in Fir­men­welt oder Demo­kra­tie – die alber­nen spit­zen Schu­he, der fei­ne Zwirn, Föhn­fri­su­ren selbst bei Män­nern, die mon­dä­nen über­mo­to­ri­sier­ten Karos­sen, der Mont­blanc-Stift, mit dem gewich­tig unter­schrie­ben wird, was man­chen nützt und vie­len scha­det, sowie­so die deka­dent fet­ten Gehäl­ter, die meist qua Stel­lung, kaum aber durch Leis­tung ver­dient werden.

Schon rich­tig, wenn die soge­nann­ten ein­fa­chen Leu­te gegen­über sol­chen Schran­zen klas­sen­in­stink­ti­ve Abnei­gun­gen und Anti­pa­thien hegen, wäh­rend die Sak­ko­ty­pen mei­nen, der Pöbel hät­te doch in der Schu­le mal bes­ser auf­pas­sen kön­nen, um dann eben auch ein Prä­di­kats­examen abzu­le­gen. Chan­ce eben ver­tan, schlech­tes Kar­ma, ungüns­ti­ge Prä­de­sti­na­ti­on, feh­len­der Grips, man­geln­de Coolness.

Dabei wird ein guter Hand­wer­ker beim Mes­sen, Rech­nen, Ent­wer­fen und beim Umset­zen sei­ner kon­struk­ti­ven Vor­stel­lun­gen kogni­tiv weit mehr bewe­gen als bei­spiels­wei­se die­se obskur kühl­rip­pi­ge Ursu­la von der Ley­en, die straf­los famo­se Pro­ben ihrer Inkom­pe­tenz ablie­fern konn­te und kaum je red­lich bei der Wahr­heit blei­ben muß­te. Daß die­ser Hand­wer­ker im Wort­sin­ne mehr schafft als so eine grund­los geadel­te EU-Figur, steht sowie­so außer Frage.

Das neue Bon­zen­tum nament­lich der Appa­rat­schiks der Demo­kra­tie weist sich in deren Phy­sio­gno­mie und Ges­tus aus, hier ein­drucks­voll eine Mini-Pro­be davon. Wer als Arbei­ter, Tech­ni­ker, Inge­nieur auf Dau­er nichts bringt, wird irgend­wann als unfä­hig aus­sor­tiert. Anders im Staats­dienst oder gar in den Par­tei­en­kar­tel­len der Politik:

Unter der „Herr­schaft der Min­der­wer­ti­gen“ (Edgar Juli­us Jung) sind Druck­pos­ten – bei­spiels­wei­se all die „Son­der­be­auf­trag­ten“ für irgend­was – gera­de­zu struk­tur­be­stim­mend. Mit der Fol­ge einer wei­ter gestei­ger­ten Staats­quo­te, mit deren Hyper­tro­phie der Staat selbst para­si­tä­rer, aber in sich skl­ero­ti­scher wird.

Frü­her dach­te ich:

Als Leh­rer gehörst du zu einer Art aka­de­mi­schem Pro­le­ta­ri­at, gut so, an nicht­gym­na­sia­len Schu­len gar zum aka­de­mi­schen Lum­pen­pro­le­ta­ri­at. Steh dazu! Inter­es­sant: Die West­leh­rer spra­chen nicht von einem Leh­rer­stu­di­um wie wir Sim­pel-Ossis, sie sag­ten nicht, sie sei­en Leh­rer für Deutsch und Eng­lisch, son­dern beton­ten ganz spät­bür­ger­lich, Ger­ma­nis­tik und Anglis­tik stu­diert zu haben, in Klam­mern viel­leicht noch: auf Lehr­amt. Aber waren die so rich­tig Leh­rer? Nein, viel­mehr eben Ger­ma­nis­ten und Anglis­ten. So wie West-Geschichts­leh­rer nicht ein­fach Geschich­te unter­rich­te­ten, son­dern sich als His­to­ri­ker ver­ste­hen wollten.

Wäh­rend die Physik‑, Bio‑, Che­mie­frak­ti­on West sich gern als Natur­wis­sen­schaft­ler ansah. Aka­de­mi­ker, klar. Als Leh­rer woll­ten sie so ganz nicht gel­ten, das erschien ihnen redu­zie­rend, wert­ge­min­dert, abschät­zig, und es gab wel­che, die gern öfter mal mit­teil­ten, mit ihrer bei­na­he fer­tig­ge­stell­ten Pro­mo­ti­on hät­te es aus wid­ri­gen Grün­den dann doch nicht geklappt, was sie immer noch bedau­er­ten, da die Grün­de nicht bei ihnen lagen, natür­lich nicht.

Und das bedau­er­te man dann bes­ser ganz kol­le­gi­al mit: Leh­rer gewor­den, weil eben was Fie­ses im Weg war. Sie hat­ten ein gro­ßes Opfer gebracht, inso­fern sie ihrem wis­sen­schaft­li­chen Talent nach an sich nicht an eine pop­li­ge Schu­le gehör­ten. Tra­gisch, aber ein­drucks­voll cou­ra­giert so was – sein Schick­sal zu tra­gen, so als ver­hin­der­ter Aka­de­mi­ker unter all den min­der­be­mit­tel­ten Kol­le­gen und vor limi­tier­ten Schü­lern, die nicht wür­dig­ten, ja denen es schnurz war, daß ein ech­ter Aka­de­mi­ker sie unterrichte.

Pro­mo­vier­te Leh­rer gab‘s frei­lich auch. Sie pfleg­ten die Anmu­tung, aus irgend­wel­chen Grün­den zwar an einer Schu­le not­un­ter­ge­bracht zu sein, aber eher sou­ve­rän drei Ligen höher spie­len zu kön­nen, was sie aus selbst­lo­sem päd­ago­gi­schem Impe­tus aber ver­mie­den, weil selbst ein­fa­che Kin­der ja einen wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Unter­richt ver­dient hät­ten. Wich­tig: Wenn man Dok­tor ist, heißt das ja, daß man sofort ins Lager der Büro­ty­pen wech­seln kann, ja eigent­lich dort­hin gehört, also in ein Wis­sen­schafts- oder poli­ti­sches Büro im Orbit der Entscheidungsträger. –

Vor Klas­sen darf ich aus poli­ti­schen Grün­den nicht mehr ste­hen, dafür aber bestän­dig zum Espres­so­au­to­ma­ten oder rüber zu den Kol­le­gen, um einen Schwatz zu hal­ten. Als Adla­tus sit­ze ich still eine Rei­he hin­ter den Ent­schei­dern mit den spit­zen Schu­hen, dem fei­nen Zwirn und den geschmack­voll abge­stimm­ten Krawatten.

Ich darf in Ruhe beob­ach­ten, mir ein stil­les Urteil bil­den, wohl­wol­lend dem Jahr­markt der Eitel­kei­ten zuse­hen und ab und an ein durch­dach­tes Ange­bot machen, das die Ent­schei­dungs­trä­ger dann ableh­nen können.

Vor allem bil­de ich gan­ze Sät­ze und pro­du­zie­re wie eine leben­di­ge KI Tex­te für sie, und wenn’s eng wird, souf­flie­re ich schnell mal was. Schon auf den alten Reichs­ta­gen gab’s zum einen die mit der Feder am Hut und zum ande­ren jene mit der Feder in der Hand. Letz­te­re waren ja oft die ver­schmitz­te­ren Typen, und ab und an neig­te sich ihnen gnä­dig oder hil­fe­su­chend ein Ohr.

Als Emi­grant im Büro den­ke ich oft, auf die Uhr blickend:

Genau jetzt hät­te ich nach den ers­ten drei Stun­den Unter­richt gro­ße Pau­se, jetzt säße ich im Leh­rer­zim­mer oder stün­de auf dem Pau­sen­platz und wür­de über­le­gen, wie ich die ver­blei­ben­den drei, vier, gar fünf Stun­den so anfan­gen wer­de, daß etwas dabei her­aus­kommt, damit ich nach­her auf dem Rad wie­der sicher sein darf:

Ach, war ganz gut, jeden­falls bes­ser, als wenn du nicht auf Schicht gewe­sen wärest. Min­des­tens hat­test du gewis­ser­ma­ßen Füh­lung mit dem Wis­sen und mit den Men­schen, und man­chem von ihnen konn­test du einen Impuls geben.

Heu­te, als „Büro­krat“, bin ich mir in die­ser Wei­se nicht so ganz sicher. Am „Fei­er­abend“.

Heino Bosselmann

Heino Bosselmann studierte in Leipzig Deutsch, Geschichte und Philosophie für das Lehramt an Gymnasien.

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Kommentare (28)

MarkusMagnus

27. Juli 2023 08:25

Ich habe den Luxus, ein Haus geerbt zu haben so dass ich mit einem 08/15-Job ganz gut leben kann und keine Steuern bezahle (30-Stunden-Woche).
Bloß nicht mehr leisten als nötig für ein System, was uns abschaffen will.
Ich würde mich schwarzärgern, wenn ich so Leute wie Baerbock noch bezahlen müsste.
Oder Ihre Visagistin. Na, wenn sie es nötig hat!

Engel 0102

27. Juli 2023 08:59

Ja, sehr geehrter Herr Bosselmann, es stimmt alles, was Sie sagen. Unterricht ist Schwerarbeit, nicht nur in MV, sondern auch bei uns in Bayern - dem hochgelobten Bildungsstandort. Ich bin selbst seit Jahrzehnten in diesem gelobten Land der Bildung tätig und habe noch nie verstanden,  was hier in der Schule so toll sein soll. Was den Krankenstand betrifft: Ich musste vor 10 Jahren aufgrund "Burnout" in einer Klinik behandelt werden. Der Arzt wischte diese "Diagnose" weg und meinte nur, Lehrerin sei für ihn Diagnose genug.
"
 

Maiordomus

27. Juli 2023 09:43

Lieber Herr Bosselmann,
 
 
ich war selber 36 Jahre lang Lehrer und weiss, wovon Sie sprechen, auch für mich war jede Stunde eine Herausforderung, nie nur ein Brotberuf, trotz noch anderweitigen Engagements, ich ertrug vor allem die Ferienzeit nämlich schlecht. Auch wenn ich die näheren Umstände Ihrer Lehrtätigkeit nicht kenne, glaube ich, dass Ihr Berufsverbot einen unabehbaren Schaden für Ihr Land darstellt und eine absolute Unproportionalität. Es ist und bleibt mein absoluter Ernst, dass hundert Gymnasiallehrer wie Sie, wenn möglich verteilt auf ebenso viele Schulen, nicht  weniger wert wären als 100 Bundestagsabgeordnete, weswegen auch ein Verweis betr. Höcke in Richtung Rückkehr in die Schule mehr war als eine fixe Idee, was ihm aber vermutlich genau so versperrt wird wie ein Ministeramt. Habe übrigens neulich als Beweis, wie extremistisch die AfD sei, im Zusammenhang mit einem staatspolitischen "Experten" Ihren Namen gelesen. Ich schliesse voll aus, dass dieser Mann Ihnen in Sachen Bildung auch nur annähernd das Wasser reicht. Dabei sehe ich Sie selber durchaus eher nicht als Politiker, glaube nicht, dass Sie etwa ein Typ seien wie der kürzlich gewählte, übrigens  vertrauenswürdige Landrat nahe der ehemaligen Zonengrenze. Es gibt unterschiedliche Begabungen. So wie ich mir Frau Baerbock als noch vertrauenswürdige Kindergärtnerin vorstellen könnte. 

Umlautkombinat

27. Juli 2023 10:03

Sie schreiben doch ueber anderes Herr Bosselmann, also machen Sie den Kafka und sehen Sie Ihr "Buero" als den Acker, aus dem Sie Ihre Geschichten ziehen. Unterschaetzen Sie nie, gar nichts zu haben. Ich bin als Freiberufler der technischen Auspraegung ein Einzelkaempfer und ich kann Ihnen versichern, dass die Eigenauferlegung von Disziplin ihre eigenen Probleme gegenueber dem Fliessen aus aeusseren Bedingungen hat. Letztere liefern eben auch den Aspekt einer Unterstuetzung, deren Selbstlaeufercharakter man leicht unterschaetzen kann wenn man den Horror des leeren Blatts nicht kennt. Kostet auch Kraft, nur anders.
 

Heinrich Loewe

27. Juli 2023 10:25

Das ist aber ein hartes Gericht. Es gibt auch so etwas wie Ruhe-Streß.

RMH

27. Juli 2023 11:11

Alles nur Ausflüsse einer komplett verinnerlichten Sklavenmoral, bei welcher der Wert des Sklaven, seine Arbeitskraft, zur Raison d'Être gemacht wird. Auch die Unterrichtung der Kinder wurde von Sklaven erledigt (bei den Römern waren das dann gerne Griechen).
Proletarier = Lohnabhängig Erwerbstätiger.
Was waren die Aufgaben freier Männer in früheren Zeiten?
Die Jagd, der Krieg, die Minne (einschließlich "niederer", den Kinder wurden auch oft und gerne gezeugt), ggf. noch Schöngeisterei. Dem Tod sah man dabei oft und meistens mit Gleichmut ins Auge. Todesfürchtige entwickelten gelgentlich eine gewisse religiöse Ausprägung, die sich an Zuschreibungen wie "der Fromme" wiederspiegelt.
Niemals hätte irgendein Freier Zeit mit einem "Hobby" verbracht oder gar ein Feld bestellt.
Das letzte Hemd hat keine Taschen und im Büro Reden für andere Schreiben ist sinnloser bullshit, damit am Ende des Monats Geld auf dem Konto für Miete, Befüllung des Kühlschranks etc da ist. Kein Wunder, dass unsere Gesellschaft immer wieder von hedonistischen Ausbrüchen und Krisen steigender, psychischer Erkankungen geschüttelt wird. Sich "ehrlich" machen ist das Gebot der Stunde.
PS: Bin selber noch akademischer Proletarier und sehe den Unterschied zum Sklaven allenfalls graduell. Gut, ausgepeitscht hat mich noch keiner (die Seele gequält haben aber schon einige) und ab und an konnte ich gefahrlos "über die Stränge schlagen".

Carsten Lucke

27. Juli 2023 11:38

Man kann nur hoffen, daß Heino Bosselmann mit diesem grandiosen Text nicht gleich wieder seinen nächsten Job verliert!
Oder sollte man ihm genau das sogar wünschen?

Sandstein

27. Juli 2023 11:53

@HB ..wieder eine sehr schöne Zustandsbeschreibung, ich war übrigens auch einer dieser Jungen, die den Radiergummi mit dem Lineal zersägten. Sehr schöner Text, musste viel schmunzeln.
Sie liegen aber bei der Beschreibung des HomeOffice etwas daneben.
@Umlaufkombinat hat das mit
"Ich bin als Freiberufler der technischen Auspraegung ein Einzelkaempfer und ich kann Ihnen versichern, dass die Eigenauferlegung von Disziplin ihre eigenen Probleme gegenueber dem Fliessen aus aeusseren Bedingungen hat."
auf den Punkt gebracht.
Ich bin >40h am heimischen Schreibtisch vor Bildschirmen für eine Münchner Firma, mit großartig "Abpimmeln" ist da nicht, und es verlangt viel Disziplin ab, Wochenziele im Blick zu behalten und auch zu erreichen. Aber das mag auch von Job zu Job unterschiedlich sein.

Gimli

27. Juli 2023 14:15

Gibt es "abpimmeln" nicht überall, in Büros sowie in manchem Handwerk? Wir sind doch bei ernsthafter Betrachtung von "Angestellten und Arbeitern" darüber hinweg, darüber zu befinden, wer mehr arbeitet?! Die Lehrer und Lehrerinnen im Freundeskreis berichten Nervenaufreibendes, das hinter einem Tag Maloche im Straßenbau auch nicht hintansteht. Es ist einfach anders. EIn robustes "Meeting" kann einem den Tag oder das Leben versauen, ein Unfall auf der Baustelle auch. Nur ggf anders. Das Leben ist halt nicht gerecht und die "Gehälter und Löhne" (sic!) auch nicht. Und über die Freiheit des Menschen, seinen Weg selber zu wählen, ist philosophisch leicht reden, wenn man zur falschen Zeit, im falschen Land, mit armen oder bildungsfernen Eltern etc. sein Leben gestalten muss. Da hilft schon eher Camus, das Leben ist absurd. 

Gimli

27. Juli 2023 14:24

Und ich muss angesichts der Headline dieses wohlformulierten Beitrags (keine Ironie), dass Politik mit Sicherheit ein harter Job ist. Pauschal gesprochen: Ungesunde Gesamtsituation, man sitzt viel, steht unter psychischem Stress infolge Dauerstreits, öffentliche Auftritte erfolgen unter der Lupe der Medien, Bewegungsmangel, ggf zu viel Kaffee. Ich finde - ernsthaft! - das Gehalt eines Kanzlers eher als Schmerzensgeld und nicht zu üppig und das gilt selbst für Leute wie Merz oder Weidel, deren Weltbild und Anschauungen mehr als unlieb sind. Die tun schon was fürs Geld. Ich selber: Habe Glück und Verstand. DAher, wo möglich: Viel spenden und großzügig sein und sich für Dienstleistungen auch ehrlich bedanken. 

Karl Otto

27. Juli 2023 15:19

Jedenfalls sind solche Leute wie Herr Bosselman aufs höchste zu schätzen, denen es um die Schüler geht und um die Sache der Bildung, nicht um Politik und darum, der übergeordneten behörde zu gefallen.
Unvergesslich ist mir mein Geschichtslehrer aus der Realschule. Er erzählte uns Geschichten von den Römern, frei, ohne Textbuch. Hannibals Zug über die Alpen, Cäsar und Cleopatra, die ganze Klasse war fasziniert. Mir ist davon eine andauernde Faszination für Geschte (besonders die römische) geblieben, bis heute. Oder unser Kammermusik-Kreis aus zwei Lehrern und drei Schülern, oder der Wahlpflichtkurs in Philosophie, sieben Schüler und Schülerinnen.
Das sind doch Lichtblicke, die auch heute wohl noch möglich sind.

Hesperiolus

27. Juli 2023 15:56

@ Gimli : Für Joe`s Hündchen, einen Kanzlerdarsteller mit Eignungsdefiziten und Vorbelastungen ist es schon üppig, ohnehin von der „Performance“ abgesehen. Für eine Kanzlermarionette ,rebus sic stantibus anders nicht vorstellbar, vermutlich angemessen. Für die submediokren Kreaturen gilt das gleiche. Daß die Propagandachargen, die ein subtileres Skript abarbeiten, darüber hinaus ent-judas-lohnt werden, ist nur systemgerecht. - Für einen eidgerechten Kanzler wärs in der Tat allzu gering: jedoch können Sie von einem solchen träumen.

Gimli

27. Juli 2023 16:59

@ Hesperidiculus: Ein Beitrag ohne Mehrwert und dazu in echt krudem  Schwurbelsprech. Nach Sokrates' Sieben: Wahr? Gut? Nützlich? 
 

anatol broder

27. Juli 2023 17:15

das weisse hemd mit den spitzen schuhen als darstellung von lebendiger reinheit erinnert an den weissen engel mit den spitzen flügeln.

MarkusMagnus

27. Juli 2023 17:49

Früher haben die Lehrer die Schüler geschlagen...
...heute ist es umgekehrt ;)
Vielleicht nicht ganz zu unrecht. Prügelstrafe für Lehrer die Geschichtsverzerrung, Gendergaga und allgemeine Volksverblödung betreiben?
Wieso nicht?
 

Hesperiolus

27. Juli 2023 18:38

@ Gimli: Die Vokabel „krude“ muß man Ihresgleichen in irgendwelchen Zurichtungsprogrammen eingebrannt haben. Bemerkenswert, - und ridicule dictu.
 

anatol broder

27. Juli 2023 19:19

@ rmh 11:11
«kein wunder, dass unsere gesellschaft immer wieder von hedonistischen ausbrüchen und krisen steigender, psychischer erkankungen geschüttelt wird. sich "ehrlich" machen ist das gebot der stunde.»
leider wird der einfluss der entsprechenden rauschmittel in den diskussionen auf der sin weitgehend vernachlässigt, was die drogenpolitik der afd widerspiegelt. danke für die gelegentlichen hinweise zum alkohol (ethanol).

anatol broder

27. Juli 2023 19:39

@ hesperiolus 18:38
ich bin beunruhigt, dass der örtliche genderbeauftragte plötzlich von camus und sokrates redet. er kann die namen nur aus einer schwarzen liste kennen. doch ich bin noch nicht bereit für fahrenheit 451.

Gotlandfahrer

28. Juli 2023 10:26

Völlig zu Recht trieft aus jeder Zeile Bosselmanns tiefste Verachtung für die würdelose Anpassung der meisten unserer Zeitgenossen an das tugendinvertierte Anreiz- Beitragssystem, das sich uns übergestülpt hat. Ja, so ist er, besser: So ist er eben auch, der Mensch und auch der deutsche Mensch. Der Text oben ist als Beschreibung trefflich, köstlich gar, wenn auch ohne überraschende Neuigkeiten, und dennoch fehlt mir bei solchem ins Sarkastisch-Depressive ragendem Beklagen ein wenig Einordnung, Ausblick und der preußische Ansatz „ernst, aber nicht aussichtslos“. Warum, geschätzter Herr Bosselmann, sehen Sie Ihre neue Tätigkeit nicht auch die Möglichkeit, mit erwerbsmäßigem Minimalaufwand an anderer Stelle Befriedigung finden zu können? Oder, ohne seelisch darauf angewiesen zu sein, sich in die Riege derer, denen sie ab und zu etwas flüstern dürfen, hineinzuarbeiten, um es dort besser zu machen? Sich in seinem Recht-Haben (und das haben Sie!) auf Eliten- und Volksbeschimpfung zurückzuziehen widerspricht Ihrem sehr wohl ja vorhandenem Pflichtbewusstsein für das Führen. Wenn es halt nicht so geht, wie man es für richtig hält, reicht Erinnern an das, was irgendwann noch deutlich besser war, nicht aus, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Ein so kluger, gebildeter, charaktervoller Mensch wie Sie wird uns doch sicherlich mehr zu Warum und Was nun mitteilen können!

Laurenz

28. Juli 2023 12:23

@HB ... Hege keinerlei Zweifel an Ihrer persönlichen Erfahrung & Authentizität bis auf Haares Breite. Mir fehlt aber eine ökonomische Relativierung. Sie wissen doch gar nicht, das Lehrer-Dasein im Verhältnis zu anderen Berufen einzuschätzen. In meiner Jugend war der Mindest-Urlaub 18, heute beträgt er 20 Tage. Gerade Rechtsanwaltsgehilfen, die in vielen Kanzleien ein Sklaven-Dasein fristen, sind davon betroffen. 30 Tage Urlaub sind sonst eher die Regel. Im Vergleich zur unterrichtsfreien Zeit eines Lehrers ist das alles lächerlich. Ich lernte nur wenige Lehrer kennen, die Anzug & Krawatte trugen. Lehrer haben keine Arbeitsklamotten, mal von Sportlehrern abgesehen. Was wissen Sie schon von der Arbeitsbelastung eines Unternehmers? Gerade in den letzten 10 Jahren arbeitete mein Vater, als Direktor, an 6 Tagen 72 Stunden in der Woche. Die Belastung eines Lehrers basierte zu meiner Schulzeit darauf, neben dem Unterricht 20-30 Individuen gleichzeitig wahrzunehmen, was zwar kein Lehrer schafft, aber anstreben muß. Ich, als Börsianer hingegen, der Anleihen handelte, war zwar 8 - 10 Stunden in der Bank, arbeitete davon aber nur 3, maximal 4 Stunden.

Mitleser2

28. Juli 2023 12:34

@RMH: Was ist denn der "akademische Proletarier"? 

Laurenz

28. Juli 2023 12:56

@HB (2) Sonst pflegte ich Kontakte per Telefon oder ging mit hübschen weiblichen Kollegen Kaffee trinken. Allerdings, HB, diese 3 Stunden Arbeit täglich hatten mich in 10-15 Jahren körperlich ruiniert, aufgrund der Anspannung, der man ausgesetzt ist. Manche Kollegen soffen, aber ich kann nicht saufen. Man kann ähnlich Künstlern oder wie im Krieg rauchen gehen. Amis nehmen gerne Pillen. Ich weiß nicht, wie es heute ist, aber in meinem Berufsleben waren Lehrer in der freien Wirtschaft unbeliebt, da viele Lehrer die Tendenz haben, alles besser zu wissen. Das wird auch hier, beim Teilnehmer @Maiordomus allzu deutlich, der angibt, über 30 Jahre als Lehrer tätig gewesen zu sein. Lehrer müssen in normalen Zeiten Schüler bewerten. Auch Maiordomus neigt extrem dazu, Autoren oder Teilnehmer (fast manisch) bewerten zu müssen. Das ist mir fast völlig fremd. Meine Konflikte, Debatten, Streit, Meinungsverschiedenheiten finden zum größten Teil nur in der jeweiligen Sache & im Augenblick statt. Ich mag zB Niekisch & RMH, (laut dem Soldatenkönig Beides Spitzbuben) auch wenn ich Ihnen in manchen Augenblicken eine klatschen könnte, mich stattdessen in Geduld üben muß. Ich schreib auch, wenn ich was gut finde. Aber ich fühle keinen Zwang Beide grundsätzlich bewerten zu müssen.

Le Chasseur

28. Juli 2023 18:11

@Mitleser2"Was ist denn der "akademische Proletarier"?"
Jemand mit Hochschulabschluss, der ein relativ geringes Gehalt hat, oft auch nur einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag. Häufig an Unis anzutreffen.

Klaus Kunde

28. Juli 2023 18:44

Letztens Reminiszenzen an die Schulzeit. Anlaß: Klassentreffen zum fünfzigsten Abiturjubiläum, Grillfest im Park der Schule. Wir, die Letzten von 110. Laut Schulentwicklungsplan für Berlin-Wedding, damals Übertritt von etwa 16% der Grundschüler auf Gymnasien. Um die 90 Schüler traten an, 36 verblieben bis zum Abitur, von denen noch etliche durch die Prüfung fielen. Bildungsziel Abitur erreichten mithin etwa 6% der Schüler. Seinerzeit gnadenlose Selektion. Klassenlehrer, ultrakonservativer, schwer cholerischer Sozialdemokrat in dritter Generation, bisweilen Fingernägel und Schuhe vorzeigen, lange Haare ja, aber gewaschen. Machte abends unangekündigte Hausbesuche, um Eltern zur besseren Förderung schlechter Schüler anzuhalten. Wandertag immer als Brauereibesichtigung mit anschließendem Freibier für alle. Besonderheit unseres Jahrgangs, Sport als 5. Hauptfach. Nach Abschluß der Schule war man geistig fit mit der Körperlichkeit eines Zehnkämpfers. Die Härte nahm man mit ins Leben. Migrantenanteil seinerzeit Null, aktuell 97% bei verdreifachter Schülerzahl, Schulgelände zum Schutz der Schüler seit Jahren mit hohem Maschendraht separiert. Der Direktor erläuterte uns, wenig Probleme, Schüler seien durchweg motiviert.

RMH

28. Juli 2023 19:28

"Jemand mit Hochschulabschluss, der ein relativ geringes Gehalt hat,"
@Le Chasseur,
ich würde das nicht unbedingt an einem geringen Gehalt festmachen, als vielmehr in der fast kompletten, weisungsgebundenden Eingliederung in ein Unternehmen/Behörde/ als Minderheitsgesellschafter sowie mit einer finanziellen Verstrickung, so dass er nicht in einem Zeithorizont von 6-12 Monaten den Büttel einfach hinwerfen kann, ohne danach recht bald Probleme zu haben.
Wer bspw. eine Familie hat und einen Baukredit abzahlen darf, der ist faktisch auch in der Falle der Abhängigkeit.
Ich hatte es in einer anderen Debatte schon geschieben, dass ich beim Proletarier die Abhängigkeit in den Vordergrund stelle und nicht unbedingt die konkrete finanzielle Ausstattung oder die konkrete Tätigkeit. Die meisten Akademiker sind nach meiner Einschätzung nach dieser Definition Proletarier und das ist von unserem System 100% so gewollt. Das ist auch nicht abwertend gemeint, ein Proletarier ist ja nicht immer deckungsgleich mit einem Proleten.

ede

29. Juli 2023 23:34

Der Lehrerberuf für Kinder und Jugendliche ist schon was besonderes. Die Ausübung stellt eine Beanspruchung dar, die in keinen anderen Beruf anfällt. 
Bosselmann hat das plastisch beschrieben. M.E. kann man das auch nur begrenzt "lernen", es ist eigentlich eine Berufung. Man braucht sicherlich auch eine robuste, fasst dickfellige Konstitution. 
Offenkundig studieren aber zu wenig Frohnaturen Pädagogik. Der Schul- Lehrer als Akademiker ist doch ein Missverständnis. Das der Lehrer den Lehrstoff besser "kann" als die Schüler ist doch nicht das Problem. 
Ich persönlich kenne Schule leider überwiegend als Heimstätte von Ödnis, Langeweile und Tagträumerei. Aber, ich hatte auch Lehrer die mich stark beeindruckt haben und denen ich bis heute sehr dankbar bin. 

Utz

30. Juli 2023 14:00

@ ede
> Ich persönlich kenne Schule leider überwiegend als Heimstätte von Ödnis, Langeweile und Tagträumerei. Aber, ich hatte auch Lehrer die mich stark beeindruckt haben und denen ich bis heute sehr dankbar bin.<
Sieht so aus, als hätte Ihre Schule alles richtig gemacht. Viel mehr kann man nicht erwarten. Im übrigen wird Langeweile und Tagträumerei immer stark unterschätzt. Ist das nicht das, was man früher Muße nannte? Wie schrecklich, wenn es den Schulen gelänge die Kinder von 8 - 13 Uhr durchgehend zu fesseln. Ist es nicht ein Wert an sich zu lernen, ohne Drogen sich innerlich zu verabschieden, und dabei Räume zu finden, in denen man eine Heimat hat?

Le Chasseur

30. Juli 2023 17:02

"> Ich persönlich kenne Schule leider überwiegend als Heimstätte von Ödnis, Langeweile und Tagträumerei. Aber, ich hatte auch Lehrer die mich stark beeindruckt haben und denen ich bis heute sehr dankbar bin.<Sieht so aus, als hätte Ihre Schule alles richtig gemacht. Viel mehr kann man nicht erwarten."
Allerdings. Ich habe die Schule nicht nur mit dem Abi, sondern auch mit null Selbstvertrauen und einer sozialen Phobie verlassen (Mobbing, auch durch Lehrer) und habe heute noch Albträume.

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