Brigitta, Maria und Charlotte: This Land Will Be Mine! Oder: Unschuld des Neubeginns

„In dunkler Zeit die Flamme spricht: Vergiß dein Leid, es siegt das Licht!“ Aus unserem Repertoire an familiären Tischsprüchen ...

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

… wäh­len wir die­sen, wenn uns Eltern die Melan­cho­lie oder ein Kind der Kum­mer plagt. Und: über­haupt gern zur Win­ter­zeit. Heu­te, am 2. Febru­ar, ist Mariä Licht­meß. Ein Datum mit man­nig­fal­ti­ger Bedeu­tung – alles zusam­men­ge­nom­men schräg genug, um den Beginn der Faschings­zeit zu markieren.

Wir wol­len mal flach begin­nen, um den Datums­rund­blick eben­so enden zu las­sen: Wenn das Wet­ter so trist bleibt, legen wir viel­leicht am Nach­mit­tag jene DVD ein, die – viel­leicht, weil wir nur sie­ben DVDs besit­zen? – unse­re Kin­der in Sequen­zen bereits aus­wen­dig kön­nen: Und täg­lich grüßt das Mur­mel­tier, die hin­rei­ßend alber­ne Komö­die mit Bill Mur­ray als durch und durch glaub­wür­dig mis­an­thro­pen Jour­na­lis­ten. Der muß immer und immer wie­der genau die­sen folk­lo­ris­ti­schen Fei­er­tag in Punx­su­taw­ney, Penn­syl­va­nia durch­lei­den, solan­ge, bis sich sei­ne mür­ri­sche Ver­stockt­heit in Wohl­ge­fal­len auf­löst. Das wet­ter­pro­phe­ti­sche Ram­bazam­ba am Mur­mel­tier­tag: Das wäre die ers­te Vari­an­te der post-abend­län­di­schen Feiertagsversion.

Eigent­lich fei­ert das Kir­chen­jahr heu­te das Fest der Dar­stel­lung des Herrn. Jesus wird von sei­nen Eltern in den Tem­pel gebracht, wo er unter Got­tes Schutz gestellt wird. Volks­tüm­li­cher Nie­der­schlag: Der Advents­schmuck wird abge­räumt. (Hier­zu­lan­de trifft das nicht zu. Der fett­lei­bi­ge, rot­na­si­ge Weih­nachts­mann, den unse­re Kin­der als „Cola-Figur“ bezeich­nen, bau­melt noch vor dem Fens­ter am Haus gegen­über. Im Vor­jahr tat er das bis Ende April.) In der alten Kir­che hat­te das Fest eine ande­re Bedeu­tung, die sich halt kaum mit der „Bibel in gerech­ter Spra­che“ ver­trägt: Puri­fi­ca­tio Mariae, Mariä Rei­ni­gung. Die 40 Tage, die eine Frau nach der Geburt eines Soh­nes (bei einer Toch­ter: 80 Tage) als unrein galt, waren nun für Maria vor­bei. Nach Über­ga­be einer Tau­be und eines Schafs an den Pries­ter war sie kei­ne „Unbe­rühr­ba­re“ mehr.

Vor Ort bei uns fin­det auch die­ser Hin­ter­grund sei­nen Nie­der­schlag: Im Nach­bar­ort Sper­gau fei­ert man die­ser Tage in den frü­hen Mor­gen­stun­den ein (heid­ni­sches) Höl­len­spek­ta­kel, das längst zur tou­ris­ti­schen Attrak­ti­on gewor­den ist: Jung­frau­en (längst ein dehn­ba­res Spek­trum), die sich in der Däm­me­rung auf der Stra­ße bli­cken las­sen, wer­den von bes­tia­lisch ver­klei­de­ten „Schwarz­ma­chern“ auf­ge­grif­fen und mit Koh­lestri­chen verunziert.

Im heid­ni­schen Brauch­tum wie­der­um heißt der Fei­er­tag „Imbolc“, Neo-Hei­den las­sen heu­te ihre Hexen tan­zen. Für unse­re bäu­er­li­che Urah­nen wur­den nun die Tage zwar meß­bar län­ger, das ers­te Grün bahn­te sich sei­nen Weg. Den­noch brach erst jetzt, da die Herbst­vor­rä­te sich dem Ende neig­ten, die Zeit der Hun­gers­nö­te an. Heil und Segen in die­ser Zeit spen­de­te die kel­ti­sche Bri­gid, die Wan­del­ba­re (mit der Schlan­ge als Sym­bol­tier), ihr wur­den Ker­zen geweiht und die heu­te noch regio­nal ver­brei­te­ten, son­nen­ar­ti­gen Bri­git­ten­krän­ze gewun­den: Es siegt das Licht! Die Kir­che hat aus ihr St. Bri­git­ta gemacht, eine gewis­ser­ma­ßen non­kon­for­me Hei­li­ge. Das Fin­del­kind, bis heu­te Natio­nal­hei­li­ge Irlands, sei von St. Patrick selbst getauft wor­den. Ihre ers­ten Wor­te waren der Legen­de nach: „This Land Will Be Mine!“ Spä­ter als Non­ne habe sie stur allein jene Geset­ze befolgt, die sie selbst für gut und gerecht hielt. Zu den Wun­dern, die sie wirk­te, soll die Umwand­lung des eige­nen Bade­was­sers in Bier gezählt haben.

Wie nun kom­men wir dazu, jenen im Wort­sin­ne mus­ter­gül­ti­gen Alphaf­rau­en Maria und Bri­gid die Char­lot­te hin­zu­zu­fü­gen? Daß Char­lot­te (Roche) auch aus der Rol­le fällt – welch scha­ler Abklatsch, nicht? Im offi­zi­ös-staat­li­chen Kalen­da­ri­um ist heu­te halt weder von Brigid/Brigitta noch von Maria die Rede, jedoch dies: Wir schrei­ben den Welt­tag der Feuchtgebiete.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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