Und auch Paoli kennt unsere Zeitschrift, zumindest ihren Publikationsort: In seinem neuen Buch Geist und Müll, das aus Notizen, Kurzbeiträgen und losen Kommentaren besteht, zitiert er jedenfalls ein Buch aus dem Sezession-Ideenkosmos wie folgt:
Jean Raspail, Das Heerlager der Heiligen, erschienen, wen wundert’s, in Schnellroda 2015.
Der Grund für diese launische Bemerkung ist Paolis Beschäftigung mit Raspails Klassiker in einem der 123 eher anarchisch strukturierten Kurzkapitel des vorliegenden Bandes.
Er führt das Heerlager als „Kultbuch der Neuen Rechten“ ein und diagnostiziert eine „angstbeladene Verarbeitung der Aktualität“ wie auch eine „Perfidie der Erzählung“, die, der Leser ahnt es, Ängste wecke und Feindbilder konstruiere.
Man kann diese Anwürfe erstens selbst überprüfen und zweitens mit den bekannten Details zu Massenmigration und Gewaltanstieg kontern. Man kann aber, drittens, Paoli auch eine Dosis Paoli verabreichen. Paoli führt in einem der lesenswertesten Kapitelchen nämlich vor, wie dingliche Realitätsverdrängung aussehen kann – indem man Greifbares schlicht verneint. Man leugnet Fakten und reale Begebenheiten, beschädigt das argumentative Gegenüber und zieht sich so aus der Affäre:
Verneiner wollen nur Zeit gewinnen, Reaktionen so lange zu verschieben, bis es für andere Lösungen zu spät ist als die, die sie parat haben.
Paoli schränkt ein, es werde aber schwieriger,
Tatsachen ganz zu leugnen, die immer offensichtlicher sind.
Nun, was macht also die offensichtliche Überfremdung westeuropäischer Groß- und Mittelstädte mit Paolis Modell? Es bestätigt es insofern vollumfänglich, als daß hier – wie bei kaum einem zweiten Thema der Tagespolitik – Fakten geleugnet werden, die wirklich für jeden, der rational an die Migrationsthematik herantritt, offensichtlich sind.
Aber auch auf diesem Feld wollen die „Verneiner“ des Problems an sich Zeit schinden – bis man uns vor vollendete Tatsachen gestellt hat und man eben nichts mehr tun könne. Wäre Paoli so ideologiekritisch, wie er sich gibt, müßte er die Axt an sein eigenes Weltbild, mindestens in der Zuwanderungsfrage, legen. Daß er das nicht tut, beweist sein ätzender Raspail-Exkurs.
Diese notwendige Kritik soll nicht suggerieren, man hätte es bei Geist und Müll ausnahmslos mit letzterem zu tun.
Paoli, der von seinem Verlag als ehemaliger „Hausphilosoph am Schauspiel Leipzig“ vorgestellt wird, kennt den bundesdeutschen Kulturbetrieb aus dem Effeff. So weiß er, daß dort nur jener auf Fördergelder hoffen dürfe, der „obligate Redewendungen“ aufgreife und im Rahmen des „wachsenden Konformismus“ in „korrekt gegenderter Sprache, barrierefrei, divers, antirassistisch“ auftrete.
Neben dem linksliberalen Kulturmainstream wird auch der Verfassungsschutz attackiert: Seine „repressive Lächerlichkeit“ unterminiere das Vertrauen in die FDGO mehr, als es „Extremisten“ leisten könnten. Jeder „anständige Mensch“, spitzt Paoli zu, sollte „verlangen, in die Radikalenkartei der Verfassungsschützer aufgenommen zu werden“. Paoli schließt also seinen Band mit einer steilen These. Diese rettet ihn aber nicht vor Punktabzügen ob seiner selektiven Realitätswahrnehmung.
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Guillaume Paoli: Geist und Müll. Berlin: Matthes & Seitz, 268 S., 22€ – hier bestellen.
Holger
Der Aufruf, zu „verlangen, in die Radikalenkartei der Verfassungsschützer aufgenommen zu werden" ist wohlfeil, wenn es sich nicht um die eigenen Existenz bzw. die seiner Familie handelt.
Der Verlag Matthes & Seitz dürfte indes mit der Veröffentlichung dieses Buches einen Schritt näher an die Beobachtung durch den "Verfassungsschutz" geraten sein ...
Kositza: Hahahahahahaha, der war gut!