Schulze-Eisentraut, Ulfig: Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit

von Till Kinzel --

Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit hat es in der einen oder anderen Form immer gegeben, selbstredend auch Vorlesungsstörungen und -sprengungen.

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Sie sind aber nur die sicht­bars­te und spek­ta­ku­lärs­te Form sol­cher Angrif­fe in tur­bu­len­ten Zei­ten wie in den Jah­ren um 1968, aber auch schon in der Wei­ma­rer Zeit. Weit gra­vie­ren­der sind jedoch ande­re Din­ge, die dau­er­haf­ter wir­ken und schwe­rer zu bekämp­fen sind. Gegen Stö­rer hilft, bei eini­gem Rück­grat der Uni­ver­si­täts­lei­tun­gen, schon die Polizei.

Aber wo die Wis­sen­schafts­frei­heit aus dem aka­de­mi­schen Betrieb selbst in Fra­ge gestellt wird und Wis­sen­schaft­ler von Uni­ver­si­tä­ten, Vor­ge­setz­ten oder Kul­tus- und ande­ren Behör­den drang­sa­liert wer­den, ist Gegen­wehr viel schwie­ri­ger. Denn es sind sowohl Fremd­be­stim­mung als auch Selbst­un­ter­wer­fung, so ein­mal die Pas­sau­er Poli­to­lo­gin Bar­ba­ra Zehn­pfen­nig, die als Fein­de der Wis­sen­schaft erkannt wer­den müssen.

Alle Facet­ten die­ses Pro­blems wer­den in die­sem Sam­mel­band in unter­schied­li­chem Tief­gang und anhand von ein­schlä­gi­gen Bei­spie­len dis­ku­tiert. Hier­zu zählt nicht nur die Gen­der­spra­che, die sich inzwi­schen in fast alle Berei­che hin­ein­ge­fres­sen hat, son­dern auch die pre­kä­re, von pro­fe­mi­nis­ti­scher Sei­te dif­fa­mier­te Männerforschung.

Betrüb­lich fällt die Bilanz in Sachen Wis­sen­schafts­frei­heit und Rechts­staat mit Blick auf die Coro­na-Poli­tik aus, wie Micha­el Esfeld deut­lich macht. Unter dem Eti­kett, man sol­le der Wis­sen­schaft fol­gen, wur­den Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen wie der Aus­schluß von Unge­impf­ten legi­ti­miert. Auch Wis­sen­schaft­ler kön­nen der Anma­ßung ver­fal­len, sie wüß­ten, wie die Gesell­schaft zu steu­ern sei – gefähr­lich wird es aber, wenn Poli­ti­ker die­ses angeb­li­che Wis­sen auf­grei­fen, um damit ihre Macht­in­ter­es­sen durchzusetzen.

Dies geschieht nicht nur im Zei­chen von Coro­na, son­dern wohl noch viel nach­hal­ti­ger in der Kli­ma­po­li­tik. Hier sind, wie Fritz Vah­ren­holt schil­dert, Wahr­hei­ten nicht erwünscht, wenn sie dem domi­nan­ten „Kli­manar­ra­tiv“ wider­spre­chen – mit der fata­len Fol­ge einer völ­lig ver­korks­ten Ener­gie­po­li­tik, für die wir alle einen hohen Preis zahlen.

Ein Erfah­rungs­be­richt des Poli­tik­wis­sen­schaft­lers Mar­tin Wage­ner, den man wegen sei­nes Buches Deutsch­lands unsi­che­re Gren­ze behörd­li­cher­seits zu schi­ka­nie­ren begann, bie­tet erhel­len­de Ein­bli­cke auch in das Ver­hal­ten der Kol­le­gen, die sich öffent­lich distan­zie­ren, ohne je das Gespräch gesucht zu haben. Wage­ner hat­te aber auch schon frü­her an der Uni­ver­si­tät Trier erlebt, wie dort Mar­tin van Cre­veld auf den Druck von Femi­nis­tin­nen hin sein For­schungs­sti­pen­di­um verlor.

Dane­ben ste­hen grund­sätz­li­che Aus­füh­run­gen, in denen die Wis­sen­schafts­frei­heit in der Tra­di­ti­on der Auf­klä­rung ver­an­kert wird (Ulri­ke Acker­mann, Hart­mut Krauss, Alex­an­der Ulfig), die von ver­schie­de­nen Sei­ten in die Zan­ge genom­men wird: Post­mo­der­nis­mus, Anti­ras­sis­mus, Islama­po­loge­tik und Postdemokratie.

Rich­tig erken­nen die Her­aus­ge­ber, daß es ohne Gegen­macht nicht gelin­gen wird, die der­zei­ti­gen mas­si­ven Schief­la­gen zu besei­ti­gen; ohne (nicht­staat­li­ches!) Geld wird es eine sol­che Gegen­macht in Form unab­hän­gi­ger Insti­tu­te und Hoch­schu­len nicht geben. Erst dann kann es sozu­sa­gen von poli­ti­scher Kor­rekt­heit und »Can­cel Cul­tu­re« befrei­te Zonen geben, in denen Wis­sen­schaft nicht mehr mit poli­ti­schem Akti­vis­mus ver­wech­selt wird.

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Harald Schul­ze-Eisen­traut, Alex­an­der Ulfig (Hrsg.): Angriff auf die Wissenschafts­freiheit. Wie die Can­cel Cul­tu­re den Fort­schritt bedroht und was wir alle für eine freie Debat­ten­kul­tur tun kön­nen, Mün­chen: FBV 2022. 265 S., 25 €

 

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