System und Pandemie

PDF der Druckfassung aus Sezession 113/ April 2023

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

»Eugyp­pi­us« lau­te­te der Name des Hagio­gra­phen von Seve­rin von ­Nori­cum, einem bedeu­ten­den Hei­li­gen der Völ­ker­wan­de­rungs­zeit, der ent­lang dem Donau­li­mes gewirkt hat. Er ist auch das Pseud­onym eines deut­schen Blog­gers, der lan­ge Zeit in den USA gelebt hat und vor­zugs­wei­se auf eng­lisch schreibt.

Sei­ne 2021 lan­cier­te Sei­te »A Pla­gue Chro­nic­le« (»Eine Pest­chro­nik«, eugyppius.com) hat Tau­sen­de zah­len­de Abon­nen­ten, sein Twit­ter-Kon­to rund 50 000 Fol­ger. Zu sei­nen Lesern gehö­ren pro­mi­nen­te Coro­na-Kri­ti­ker wie Micha­el P. Sen­ger und Alex Ber­en­son. Chel­sea Clin­ton nann­te Eugyp­pi­us einen »Wis­sen­schafts­leug­ner«, Jor­dan Peter­son hat sei­ne Tweets geteilt und der rech­te Kult­au­tor »Bron­ze Age Per­vert« sei­ne Arbeit bewor­ben. Der gro­ße Erfolg sei­ner Essays führ­te Eugyp­pi­us schließ­lich dazu, sei­nen unge­lieb­ten Brot­be­ruf im aka­de­mi­schen Bereich an den Nagel zu hän­gen und sich gänz­lich dem Schrei­ben zu widmen.

Mit­ten im Getüm­mel der Coro­na-Kri­se war sein Blog einer der zuver­läs­sigs­ten Anlauf­punk­te für die­je­ni­gen, die Ori­en­tie­rung und Klä­rung fin­den woll­ten. Im März 2021 ver­öf­fent­lich­te »Sezes­si­on im Netz« mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors die vier­tei­li­ge Serie »Wie der Lock­down erfun­den wur­de«, in der Eugyp­pi­us akri­bisch die Ent­ste­hung des Lock­down-Nar­ra­tivs in den inter­na­tio­na­len Medi­en nach­ver­folg­te. »Wie­viel hier Wahn­sinn, wie­viel Metho­de und wie­viel bei­des zusam­men ist, läßt sich zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ein­deu­tig erkennen.

Den­noch scheint das Ziel der Rei­se klar zu sein: Die Instal­la­ti­on eines tota­li­tä­ren Herr­schafts­mo­dells nach chi­ne­si­schem Vor­bild über den Umweg einer pater­na­lis­ti­schen ›Gesund­heits­dik­ta­tur‹«, schrieb ich damals in mei­ner Ein­lei­tung. Ein Ver­such, zusam­men mit Eugyp­pi­us eine Art Gene­sis der Lock­downs und ihrer Fol­gen zu schrei­ben, muß­te auf­ge­ge­ben wer­den, da es uns kaum mög­lich war, mit den sich stän­dig über­stür­zen­den Ereig­nis­sen und den neu­en Erkennt­nis­sen Schritt zu halten.

Zwei Jah­re spä­ter ist die »Pan­de­mie« zwar vor­bei, aber die Trüm­mer, die sie hin­ter­las­sen hat, rau­chen immer noch. Die west­li­che Welt befin­det sich in einem mehr oder weni­ger post­trau­ma­ti­schen Zustand, wäh­rend Krieg und Ener­gie­kri­se die Viren­hys­te­rie abge­löst haben. Heu­te lebt jeder in einem ande­ren Wirk­lich­keits­frag­ment und hat eine ande­re Theo­rie und Erin­ne­rung, was seit März 2020 pas­siert ist. Das einst unum­stöß­li­che »Nar­ra­tiv« von Medi­en und Poli­tik ist ins Brö­ckeln gera­ten, und dies an etli­chen Stel­len, an denen man es kaum erwar­tet hätte.

So erschien im Spie­gel am 11. März die­ses Jah­res unter dem Titel »Wir Coro­na­ver­sa­ger« eine selbst­kri­ti­sche Kolum­ne von Alex­an­der Neu­ba­cher: »Inzwi­schen wis­sen wir, daß vie­le Pan­de­mie­maß­nah­men unsin­nig, über­zo­gen, rechts­wid­rig waren. Kein Ruh­mes­blatt, auch nicht für uns Medi­en.« Man trau­te sei­nen Augen und Ohren kaum, als am 12. März sogar ein Karl Lau­ter­bach Kom­pen­sa­ti­on für Impf­ge­schä­dig­te for­der­te und die »exor­bi­tan­ten« Gewin­ne der Phar­ma­in­dus­trie anpran­ger­te. Ent­lar­vend waren auch die Leaks aus Whats­App-Nach­rich­ten des ehe­ma­li­gen bri­ti­schen Gesund­heits­mi­nis­ters Matt Han­cock, die seit Ende Febru­ar im Tele­graph in einer fort­lau­fen­den Serie namens »The Lock­down Files« ver­öf­fent­licht werden.

Eugyp­pi­us hat die­se Leaks zum Anlaß genom­men, sei­ne eige­ne alter­na­ti­ve Anti-Ver­schwö­rungs­theo­rie zu unter­mau­ern, die mit der Vor­stel­lung bre­chen will, daß eine nahe­zu all­mäch­ti­ge, bös­wil­li­ge Kaba­le die Kri­se vor­sätz­lich her­bei­ge­führt habe, um Din­ge durch­zu­set­zen, die mit der Bekämp­fung eines Virus nichts zu tun haben, etwa eine mas­sen­haf­te Imp­fung mit dem Ziel der Bevöl­ke­rungs­re­duk­ti­on. Statt des­sen ver­sucht er, eine »sys­te­mi­sche« Theo­rie eines »offen zuta­ge lie­gen­den, insti­tu­tio­nel­len Krebs­ge­schwürs« zu ent­wi­ckeln, die zum Teil auf sei­nen eige­nen Erfah­run­gen mit dem US-ame­ri­ka­ni­schen Uni­ver­si­täts­be­trieb beruht.

Der ers­te Schritt besteht in der schlich­ten Annah­me, daß die Mana­ger der Pan­de­mie tat­säch­lich errei­chen woll­ten, was sie vor­ga­ben, errei­chen zu wol­len: die Aus­brei­tung des Virus ein­zu­däm­men. Der büro­kra­tisch-poli­ti­sche-media­le Appa­rat war dem­nach ohne dop­pel­ten Boden davon über­zeugt gewe­sen, daß »mass con­tain­ment« (Mas­sen­ein­däm­mung) bis hin zu »Zero Covid« mög­lich sei, wie es die Chi­ne­sen angeb­lich so erfolg­reich vor­ge­macht hat­ten. Das per­ma­nen­te Schei­tern die­ser »Maß­nah­men« führ­te zu kei­ner Umkehr, son­dern zu ihrer hart­nä­cki­gen, betriebs­blin­den Wie­der­ho­lung. So ste­hen im Zen­trum von Eugyp­pi­us’ Modell eher Dumm­heit, Inkom­pe­tenz, Arro­ganz, Oppor­tu­nis­mus und Kon­for­mi­tät der Eli­ten, eher insti­tu­tio­nel­le Selbst­läu­fer und Rück­kopp­lungs­ef­fek­te als die dia­bo­li­sche Pla­nung von strip­pen­zie­hen­den Superhirnen.

Letz­te­res Modell hat frei­lich mehr Erfolg in der »Alt-Covid«-Sphäre, als es, so Eugyp­pi­us, eine »viel­schich­ti­ge Geschich­te zu einer uni­ver­sel­len Erzäh­lung bün­delt, die für alle Län­der gleich­zei­tig gilt, weil sie kla­re Böse­wich­te benennt und einen ein­zi­gen, ein­heit­li­chen Grund für den Wahn­sinn lie­fert, der uns heim­ge­sucht hat.« Die Rea­li­tät aber sei viel kom­ple­xer und schwe­rer zu begrei­fen. Die Vor­stel­lung, daß die Coro­na­maß­nah­men nur ein »Vor­wand« waren, um fins­te­re­re Zie­le umzu­set­zen, hat sich indes so stark in unse­re Köp­fe ein­ge­brannt, daß es schwer­fällt, sich davon zu ver­ab­schie­den oder außer­halb die­ses Para­dig­mas zu den­ken. Zu sehr ent­spricht es auch unse­rem dama­li­gen sub­jek­ti­ven Gefühl, Ziel­schei­be uner­klär­lich absur­der, dys­to­pi­scher, schi­ka­nö­ser, wenn nicht gar sata­ni­scher Machen­schaf­ten zu sein. Man­che von uns erin­nern sich auch noch an das Aha-Erleb­nis, als Paul Schrey­er sei­ne Recher­chen zu pan­de­mi­schen Plan­spie­len ver­öf­fent­lich­te, die ein ver­däch­ti­ges Licht auf »Coro­na« warfen.

Eugyp­pi­us hat genau­er hin­ge­se­hen: »Crims­on Con­ta­gi­on«, »Event 201«, »Dark Win­ter« und ande­re haben kei­nes­wegs jene Ele­men­te vor­ge­se­hen, die für »Coro­na« so cha­rak­te­ris­tisch wur­den. Sie gin­gen von Bio­ter­ror­an­schlä­gen mit hoher Sterb­lich­keit aus, ange­sichts derer die Gesund­heits­be­hör­den nichts ande­res tun kön­nen, als die Ent­wick­lung von Impf­stof­fen und Behand­lungs­me­tho­den zu beschleu­ni­gen. Poli­ti­sche Maß­nah­men wur­den als unge­eig­net betrach­tet, die Aus­brei­tungs­ra­te zu beein­flus­sen. Solan­ge nicht geimpft wird, macht das Virus der Plan­spie­le ein­fach, was es will, egal, was irgend jemand anord­net. 2020 aber hat­ten wir ein Labor­vi­rus, das man a) für eine Bio­waf­fe hät­te hal­ten kön­nen, was jedoch vehe­ment bestrit­ten wur­de; das b) nur sehr weni­ge Todes­fäl­le ver­ur­sach­te und c) die Gesund­heits­be­hör­den nicht davon abhielt, es mit einer end­lo­sen Lita­nei von »coo­len Tricks« stop­pen zu wol­len (Eugyp­pi­us auf Twit­ter, 7. März).

In einem Sub­stack-Arti­kel (»Punc­tua­ted Emer­gence«, 6. März) führ­te Eugyp­pi­us genau­er aus, was die »Lock­downs« von frü­he­ren Pan­de­mie­maß­nah­men unter­schied: Vor 2020 betrach­te­ten es die Pan­de­mis­ten als ihre Pflicht, eine öffent­li­che Panik zu ver­hin­dern und die Wirtschafts­tätigkeit am Lau­fen zu hal­ten. Nicht geplant waren lan­des­wei­te »Lock­downs«, Mas­sen­tests und die Rück­ver­fol­gung von Kon­tak­ten, um ein Virus zu stop­pen, das bereits über die gan­ze Hemi­sphä­re zirkulierte.

»Was im Janu­ar 2020 in Chi­na und dann im März 2020 im Rest der Welt geschah, war eine Inno­va­ti­on in Theo­rie und Pra­xis. Die Pan­de­mis­ten beschlos­sen plötz­lich, die Fol­ge­min­de­rung (miti­ga­ti­on) ganz auf­zu­ge­ben, zuguns­ten der Mas­sen­ein­däm­mung (mass con­tain­ment). All die har­ten Maß­nah­men, die die Pla­ner ver­nünf­ti­ge­rer Zei­ten abge­lehnt hat­ten, weil sie über die Ebe­ne eines Stadt­teils hin­aus nicht anwend­bar sei­en, wur­den nun auf gan­ze Metro­po­len, Regio­nen und Natio­nen aus­ge­dehnt, mit dem Ziel, die Kur­ve zu ›zer­quet­schen‹ (anstatt sie ›abzu­fla­chen‹) und viel­leicht sogar ›Zero Covid‹ zu erreichen.«

Tat­sa­che ist auch, daß spä­te­re übli­che Ver­däch­ti­ge wie Bill Gates und Klaus Schwab kei­ne Rol­le spiel­ten, die­ses »Ein­däm­mungs­re­gime« zu errich­ten. Nach­weis­bar sind aber der Ein­fluß von Chi­na, über den Trans­mis­si­ons­rie­men WHO und ande­re Kanä­le, sowie Akti­vi­tä­ten aus der ­Sili­con-Val­ley-Sze­ne, »ein­schließ­lich wich­ti­ger Per­so­nen wie Tomas Pueyo, die eine mys­te­riö­se Vira­li­tät ent­fal­te­ten, wäh­rend sich alle gro­ßen Social-Media-Platt­for­men nach dem 10. März 2020 in Maschi­nen zur Lock­down-Wer­bung verwandelten.«

Hier kann man tat­säch­lich von einer »ver­schwö­re­ri­schen« Tätig­keit spre­chen, mit leicht zu erah­nen­den Moti­ven: »Tech-Unter­neh­men gehör­ten zu den ein­deu­tigs­ten Nutz­nie­ßern der Pan­de­mie-Poli­tik. Sie pro­fi­tier­ten von der Schlie­ßung loka­ler Ein­zel­han­dels­ge­schäf­te und der gestie­ge­nen Nach­fra­ge nach Online-Ein­käu­fen, dem nahe­zu uni­ver­sel­len Ver­trau­en in Soft­ware für die Heim­ar­beit und der Auf­merk­sam­keit von Mil­li­ar­den von untä­ti­gen Men­schen, die unter Haus­ar­rest standen.«

Was nun die Leaks aus Groß­bri­tan­ni­en angeht, so fin­det Eugyp­pi­us auch hier Indi­zi­en für sein Erklärungs­modell. Da wäre zum Bei­spiel Matt Han­cock, wie er über den güns­tigs­ten Zeit­punkt sin­niert, die Mel­dung von der Alpha-Vari­an­te »ein­zu­set­zen« (»deploy«), damit sich »alle in die Hosen machen« (»to frigh­ten the pants of[f] every­one«) und um poli­ti­sche Hin­der­nis­se für wei­te­re Ein­schrän­kun­gen aus dem Weg räu­men zu kön­nen; ­Boris John­son, wie er sich wei­gert, die Lock­downs zu been­den, nach­dem ihm gesagt wur­de, daß ein sol­cher Schritt »der öffent­li­chen Mei­nung zu weit vor­aus« sei (»too far ahead of public opi­ni­on«), und der spä­ter sei­ne Ent­schei­dung bereut, einen zwei­ten Lock­down ange­ord­net zu haben, nach­dem er erfah­ren hat, daß die Sterb­lich­keits­mo­del­le, die ihm so über­zeu­gend erschie­nen waren, ver­al­tet und falsch waren; wie­der­um Han­cock, wie er zögert, die ­Emp­feh­lung umzu­set­zen, die Bewoh­ner von Pfle­ge­hei­men auf Covid zu tes­ten, weil er vage Beden­ken hat, daß dies dem Errei­chen sei­ner öffent­lich­keits­wirk­sa­men Test­zie­le »im Wege ste­hen könn­te«; erneut John­son, wie er die Mas­ken­pflicht in Schu­len ein­füh­ren läßt, nach­dem ihm mit­ge­teilt wur­de, daß das The­ma »kei­nen Streit« (»not worth an argu­ment«) mit der Regie­rungs­chefin von Schott­land und noto­ri­schen Virus­fa­na­ti­ke­rin Nico­la Stur­ge­on wert sei; dann noch der Bil­dungs­mi­nis­ter Gavin Wil­liam­son, der zugibt, daß die Leh­rer­ge­werk­schaf­ten eine trei­ben­de Kraft hin­ter den Schul­schlie­ßun­gen waren, weil Leh­rer »ihre Arbeit aus tiefs­tem Her­zen hassen«.

Eugyp­pi­us kom­men­tiert: »Seit den Anfän­gen mei­ner ›Pest­chro­nik‹ habe ich dar­auf hin­ge­wie­sen, daß Lock­downs direkt von Chi­na über die Ver­mitt­lung der WHO in den Wes­ten gelang­ten, wo sie sich rasch zu einem Phä­no­men mit einer spe­zi­fi­schen Eigen­dy­na­mik ­ent­wi­ckel­ten. Sie wur­den nicht von nebu­lö­sen glo­ba­lis­ti­schen Ver­schwö­rern, son­dern von natio­na­len poli­ti­schen und insti­tu­tio­nel­len Kräf­ten vor­an­ge­trie­ben.« Die Leaks aus Deutsch­land, dem Ver­ei­nig­ten König­reich und den USA zeich­nen dem­nach über­all das glei­che Bild:

 

Die frü­hes­ten Rufe nach Lock­downs kamen aus den öffent­li­chen Gesund­heits­ein­rich­tun­gen, von den regie­rungs­na­hen wis­sen­schaft­li­chen Bera­tern und der Büro­kra­tie im wei­te­ren Sin­ne – nicht aus dem poli­ti­schen Sektor.

Die west­li­chen Regie­run­gen fürch­te­ten zunächst die Nicht­ein­hal­tung der Lock­down-Maß­nah­men und unter­nah­men des­halb ganz bewußt Schrit­te zur Ter­ro­ri­sie­rung ihrer Bür­ger, um deren Koope­ra­ti­on sicher­zu­stel­len. Dabei konn­ten sie sich der unein­ge­schränk­ten Mit­ar­beit der Pres­se sicher sein.

Kabi­netts­mit­glie­der und ande­re Poli­ti­ker kana­li­sier­ten den büro­kra­ti­schen Druck und die wach­sen­de Ver­un­si­che­rung der Bevöl­ke­rung (an der sie mit­schul­dig waren), um die Initia­ti­ve an sich zu rei­ßen und riva­li­sie­ren­de Regie­rungs­ak­teu­re zu ent­mach­ten. Sie betrach­te­ten die öffent­li­che Panik als Res­sour­ce und als Chan­ce, die es ent­spre­chend aus­zu­nut­zen galt.

Die Maß­nah­men wur­den nicht von der Wis­sen­schaft bestimmt, son­dern schlicht und ein­fach von den Gren­zen des­sen, was zum jewei­li­gen Zeit­punkt prak­tisch und poli­tisch mög­lich war: maxi­ma­le Mas­kie­rung, maxi­ma­le Lock­downs, maxi­ma­le Imp­fung, über­all und immer.

Jeder gering­fü­gi­ge Anstieg der Infek­ti­ons­zah­len lös­te eine neue selbst­ver­stär­ken­de Kas­ka­de von Mes­sa­ging und Ein­schrän­kun­gen aus. Büro­kra­ten und Poli­ti­ker bemüh­ten sich, den ihrer Mei­nung nach fast gren­zen­lo­sen Appe­tit der Öffent­lich­keit auf Beschrän­kun­gen zu befrie­di­gen, indem sie immer neue Vor­schrif­ten erlie­ßen, deren Durch­set­zung noch mehr Pro­pa­gan­da erfor­der­te und die öffent­li­che Stim­mung noch wei­ter radikalisierte.

Nach der ers­ten Infek­ti­ons­wel­le wuß­ten die Ver­ant­wort­li­chen Bescheid, was das tat­säch­li­che Risi­ko von SARS-CoV‑2 anging, for­der­ten aber wei­ter­hin Schlie­ßun­gen aller Art, vor allem, weil sie die poli­ti­schen Fol­gen eines Miß­lin­gens der Infek­ti­ons­ein­däm­mung fürchteten.

Dies bedeu­tet, daß sie ein gewis­ses Maß an Ver­trau­en in ihre Poli­tik hat­ten, zum Teil, weil sie anfäl­lig für ihre eige­ne Pro­pa­gan­da waren. Maß­nah­men wie das Tra­gen von Mas­ken, die ein­ge­führt wur­den, weil sie »gut sicht­bar« waren (Han­cock-Leaks), wur­den bald als ech­te Infek­ti­ons­be­kämp­fungs­maß­nah­men angesehen.

 

Aus dem ver­füg­ba­ren Mate­ri­al »hin­ter den Kulis­sen« zieht Eugyp­pi­us den Schluß: »Die­je­ni­gen, die für die letz­ten drei Jah­re der wirt­schaft­li­chen Zer­stö­rung, der psy­cho­lo­gi­schen Schä­den und der phar­ma­zeu­ti­schen Mas­sen­ex­pe­ri­men­te ver­ant­wort­lich sind, sind gefühl­los und böse – aber sie sind auch ein­fach wirk­lich dumm. Nichts von alle­dem hat­te eine tie­fe­re Bedeu­tung, nichts von alle­dem hat­te irgend­ei­nen höhe­ren Zweck, und das ist die bit­ters­te Pil­le von allen.

Jede ein­zel­ne Per­son in die­sen Text­nach­rich­ten, von John­son über Han­cock bis hin zu irgend­wel­chen Minis­tern und Exper­ten, war kom­plett ahnungs­los, was sie tun oder was ihre Ein­schrän­kun­gen über­haupt bewir­ken soll­ten. Die Lock­downs waren auf jeder Ebe­ne exakt das, als was sie uns erschie­nen sind: irr­sin­ni­ge, unlo­gi­sche, sinn­lo­se und chao­ti­sche poli­ti­sche Maß­nah­men. Sie sind Kopf­ge­bur­ten unbe­deu­ten­der Regie­rungs­funk­tio­nä­re mit einem Pla­nungs­ho­ri­zont von höchs­tens zwei Wochen, die ihren eige­nen Erfolg oder Miß­er­folg anhand der Pres­se­be­richt­erstat­tung beur­tei­len und die die Öffent­lich­keit als dum­mes Vieh betrach­ten, das in zweck­dien­li­che Bah­nen gelenkt wer­den muß.«

Die­ser Ansatz hat Eugyp­pi­us viel Kri­tik und sogar ärger­li­che Reak­tio­nen ein­ge­bracht. Man­che wer­fen ihm gar vor, »kon­trol­lier­te Oppo­si­ti­on« zu sein, die nur Sand in die Augen streu­en soll. In der Tat hat er hier einen eher unpo­pu­lä­ren Weg ein­ge­schla­gen, mit dem sich weni­ger Geschäft machen läßt als mit spek­ta­ku­lä­ren und stei­len The­sen. Er ver­tei­digt dies beharr­lich: »Ich ver­ste­he zwar, daß eini­ge Leser das irri­tie­rend fin­den, aber es geht mir nicht dar­um, irgend jeman­des Schuld zu min­dern. Viel­mehr möch­te ich dar­auf hin­wei­sen, daß die sehr rea­len Böse­wich­te, die uns allen Sor­gen berei­ten, nur Aus­druck viel tie­fer lie­gen­der Kräf­te sind, und daß die Lösung der Pro­ble­me viel mehr erfor­dert, als alle Antho­ny ­Fau­cis die­ser Welt zusam­men­zu­trei­ben und sie wegen Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit anzuklagen.«

Die Metho­de von Eugyp­pi­us erweist sich jeden­falls immer wie­der als äußerst frucht­bar, wirkt wie ein Detek­tor, der Din­ge fin­det, die mit den Scheu­klap­pen ande­rer Para­dig­men und Framings leicht über­se­hen wer­den. »Ver­schwö­rungs­theo­rie« ist gewiß ein Kampf­be­griff des Main­streams, um Wider­spruch, Zwei­fel und berech­tig­tes Miß­trau­en am Wohl­wol­len der Rei­chen und Mäch­ti­gen ins Lächer­li­che zu zie­hen. Das soll­te jedoch nicht dazu ver­lei­ten, sich all­zu trot­zig vor alles zu stel­len, das mit die­sem Eti­kett belegt wird. »Die Fra­ge, ob die Pan­de­mie Ergeb­nis einer Ver­schwö­rung oder einer dyna­mi­schen Ent­wick­lung ist, ist ein biß­chen wie das Unkraut­jä­ten im Gar­ten«, schreibt Eugyp­pi­us. »Man ist nie ganz fer­tig damit, und alle paar Mona­te stellt man fest, daß man noch etwas zu sagen hat.«

 

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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