In Deutschland »identifizieren« sich derzeit zwanzig- bis hunderttausend Menschen als »Trans«. In den Jahren 2020 /21 wurden an rund 2600 Personen »geschlechtsangleichende« Operationen vorgenommen, im Jahr 2005 waren es bloß 120.
Gemessen an der Bevölkerungszahl, ist das wenig, und doch ist es viel. Die sozialen Folgen des »Transgender«-Trends sind so immens, daß es kaum noch jemanden gibt, der in seinem persönlichen Umfeld damit nicht zumindest in Berührung geraten ist.
Einige Beispiele, die mir berichtet wurden: ein Volksschulfreund, der sich bereits vor zwanzig Jahren zur »Transfrau« umoperieren ließ; die Halbschwester im Teenageralter eines anderen Freundes, die ihre Eltern mit Suiziddrohungen erpreßt, ihren Namen in einen Jungennamen zu ändern, und dabei volle Unterstützung und Ermutigung von Therapeuten und Jugendämtern bekommt; der über fünfzigjährige Inhaber eines antiquarischen Buchladens, der gestern noch wie Charles Manson aussah und heute wie Charleys Tante; der Schock einer Mutter, als sie eines Tages im Kindergarten ihrer Tochter einen Mann mit blonden Locken, Spitzenkleidchen und Stoppelbart vorfindet, der ein »Praktikum« absolviert; Sechzehnjährige, die ihren Eltern vorschreiben, mit welchen Namen und Pronomen sie anzusprechen seien; Schulen in der tiefsten Provinz, in der sich Dutzende Jugendliche plötzlich als »Transgender« bekennen.
Die wachsende Präsenz von »Transfrauen« und »Transmännern« ist ein soziales Phänomen, das wohl nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Diese Bezeichnungen wären an sich legitime, weil deskriptive Kategorien, wenn sie nicht zu Behauptungen à la »Transfrauen sind Frauen« unter Mißachtung biologischer Tatsachen radikalisiert würden. Das ist aber geschehen und hat unsere Gesellschaft in ein regelrechtes geistiges Delirium geführt. Da stellt sich die alte Frage, ab wann es denn »genug« ist und ob das Abgleiten auf dem »Slippery slope«, dem »rutschigen Abhang«, auf den man sich aus Gründen der Toleranz und Menschenfreundlichkeit begeben hat, tatsächlich unvermeidlich ist.
Jugendliche, die heute im Namen der Transideologie sich »selbst zu verwirklichen« trachten, scheinen kaum ein Bewußtsein dafür zu haben, daß sie einer Agenda folgen, die von ganz oben orchestriert, finanziert und propagiert wird, mit dem Epizentrum USA. So wurde am 10. Juni 2023 im Weißen Haus eine »Pride-Feier« mit rund 1500 Gästen abgehalten, in deren Verlauf das »Progress Pride«-Banner gehißt wurde, flankiert von zwei »Stars and Stripes«-Flaggen. Es handelt sich dabei um ein Neudesign der Regenbogenfahne, erweitert um ein Dreieck mit den Farben Weiß, Rosa und Hellblau, die die Palette der »Trans Community«, und den Farben Schwarz und Braun, die die »People of Color« repräsentieren sollen.
Diese Fusion aus LGBTQ-Aktivismus und Antirassismus, präsentiert von einem weißen, heterosexuellen Präsidenten, ist mit diesem Akt in den Rang einer Staatsideologie erhoben worden. Dementsprechend führt die Biden-Regierung den queeren Kulturkampf mit einem Fanatismus, der im politischen Gegner nur mehr einen Kriminellen auf der moralischen Ebene von Nazis zu erblicken vermag. Zu diesem Zweck wird die »Trans-Community«, analog zu den Afroamerikanern, zu einer übel verfolgten Opfergruppe verklärt, was keinerlei Basis in der Realität hat.
Die »Pride«-Fahne ist heute das imperiale Hoheitszeichen der westlich-amerikanischen »Werte«. Wo sie weht, herrscht das Imperium des »Globohomo«, mindestens auf der ideellen Ebene. Die Regenbogenfahne hat sich vom tribalen Symbol zum Emblem von allem entwickelt, das in die große Kiste »Vielfalt und Toleranz« gestopft werden kann – ohne dabei ihre schwule Konnotation zu verlieren. An der Spitze der intersektionalen Hierarchie des Regenbogens steht nun die beinahe mythische Klasse der »Transgendermenschen«. Sie umfaßt nicht nur das neognostische Märchen von Menschen, die »im falschen Körper geboren sind« und deshalb der »geschlechtsangleichenden« Operationen bedürfen, bei denen ihre ursprünglichen Genitalien verstümmelt und durch makabre künstliche Imitate ersetzt werden.
Der Transvestit, der aus fetischistischen Gründen Frauenkleider anzieht, aber nicht notwendigerweise »schwul« ist, wird ebenso in diese Kategorie gepackt wie die Drag Queen, die sich zum Zwecke einer »Performance« aufdonnert, oder der »genderdysphorische« Teenager, der seine »Präferenzen« und Pronomen je nach Tagesverfassung ändert. Sogar Kleinkinder, die sich nach heteronormativen Standards nicht »genderkonform« verhalten, indem sie als Mädchen lieber mit Baggern und als Buben lieber mit Puppen spielen, werden inzwischen zu Mitgliedern dieser neuen Klasse erklärt. Hinzu kommen Trittbrettfahrer aller Art, die auf den queeren Zug aufspringen, um sich interessant zu machen, sich rechtliche Begünstigungen zu verschaffen oder an Sexualpartner heranzukommen.
Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, aus den optischen Manifestationen und Begierden dieser »fluiden« Sexualität immer neue »Geschlechtsidentitäten« abzuleiten. Als Schirmbegriff für dieses pansexuelle Pandämonium hat man sich auf das Schlagwort »queer« geeinigt, das seit den 1990er Jahren den äußersten linksradikalen Flügel der Schwulenszene bezeichnete. An dieser kritisierte Jack Donovan in seinem ersten Buch Androphilia im Jahr 2007, daß sie Homosexuelle in eine Kiste zu packen versuche, in der bestimmte Codes, Manierismen und politische Überzeugungen obligat seien. Er wies das Etikett »schwul« (»gay«) zurück, da es für Feminisierung und Tuntenhaftigkeit stehe sowie für eine ungesunde Tendenz zur Abkapselung von der Lebenswirklichkeit der »normalen« Menschen.
Heute sind es Feministinnen der alten Schule, die dem Transgenderkult ablehnend gegenüberstehen, in ihm eine Form der Misogynie erblicken und als Versuch von perversen Männern deuten, sich in die »Safe spaces« echter Frauen einzuschleichen. Damit sind insbesondere Autogynophile gemeint, heterosexuelle Männer, die von der Vorstellung, selbst eine Frau zu sein, sexuell erregt werden.
Das Konzept »Homosexualität« wird vom Transgenderkult aufgelöst zugunsten einer Myriade von Individualismen und Tribalismen, die rein auf subjektiven, fluktuierenden Gefühlen beruhen. Man kann hierin eine Zuspitzung der liberalistischen Idee vom »autonomen« Individuum sehen, das sich in angeblich völliger Freiheit selbst erfinden kann und soll. Der »genderfluide« Idealmensch der Genderpolitik entspricht dem diffus »rassengemischten« Idealmenschen der Multikulturalismuspolitik.
Der Regenbogen, einst das Zeichen des erneuerten Bundes zwischen Mensch und Gott im Alten Testament und der sich in der Offenbarung des Johannes über dem himmlischen Thron wölbt, verweist heute auf die Vorherrschaft des Infantilen und Feminisierten in unserer Gesellschaft. Er schließt an den Kitsch der »bunten« Eine-Welt-Collagen an, in denen sich Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, aber gleicher Gesinnung fröhlich die Hand reichen. Süßliche Ästhetik verhüllt die aggressive Agenda, die mit einem absoluten moralischen Anspruch auftritt.
Um herauszufinden, was ihre Zielscheibe ist, muß man sich ansehen, was in der großen bunten Allianz nicht inkludiert ist, vielmehr als ihr Gegensatz konstruiert wird. Das sind im Antirassismussektor weiße, homogene Völker und im Geschlechtssektor der weiße, heterosexuelle Mann und die weiße Vater-Mutter-Kind-Kernfamilie. Die Dekonstruktion der Mehrheit und ihrer Werte, Lebensweisen und Institutionen ist stets das eigentliche Anliegen der linken Minderheitenpolitik. Die einst heiß umkämpfte »Schwulenehe« zum Beispiel hatte in erster Linie den Zweck, das Konzept der Ehe an sich zu unterminieren. Die Normalisierung der Idee, daß zwei Männer oder zwei Frauen einander heiraten können, ist wichtiger, als daß dies auch tatsächlich geschieht. Nun, da dieses und andere Ziele erreicht sind, muß die Agenda auf die nächste Ebene gehoben werden.
Schwule und Lesben sind längst gewöhnlich geworden. Also war zwingend die nächste zu »befreiende« Gruppe an der Reihe. Was Konservative vor Jahren als »Gendergaga« lächerlich machen wollten (Birgit Kelle 2015), wird durch die Exzesse des »Trans«-Trends in den Schatten gestellt. Obwohl sich die Komik und die Absurdität um ein Vielfaches vermehrt haben, lacht heute fast niemand mehr. Die endlose Parade an offensichtlichem Irr- und Widersinn stumpft ab.
Manche von uns erinnern sich noch daran, daß ein Mann in Frauenkleidern vor nicht allzu langer Zeit als komisch galt – man denke nur an Filme wie Das Leben des Brian oder Mrs. Doubtfire. Allerdings verliert auch der beste Witz seine Zündkraft, wenn man ihn ständig wiederholt und dabei noch so tut, als wäre es gar keiner. Es ist bemerkenswert, mit welcher Rasanz hier alle Unterscheidungskriterien, Bedenken und Begründungen hinweggefegt wurden, um durch eine einzige Spielregel ersetzt zu werden: Frau oder Mann oder »non-binär« ist, wer eine Frau oder ein Mann oder »non-binär« sein will und ein entsprechendes Kreuzchen in einem Formular macht.
Nichts anderes wäre das Ergebnis des für Deutschland geplanten »Selbstbestimmungsgesetzes«, das »trans‑, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtern« soll, »ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen.« Im Zusammenspiel mit »Haßredegesetzen« könnte das fatale soziale Folgen haben: Die Menschen würden gezwungen, sich den Lügen und Launen von seelisch unbalancierten und sogar schwer pathologischen Individuen zu unterwerfen.
Dies alles wäre kaum möglich, wenn »Transgender« nicht ein Elitenprojekt wäre, finanziert mit Milliardensummen, die in Universitäten, Medien, Stiftungen, Kliniken, Lobbyorganisationen und so weiter fließen. Auf diese Weise wurden sehr weit links angesiedelte Ideen, wie sie queer-feministische Vordenker wie Shulamith Firestone, Judith Butler, Michel Foucault, Gayle Rubin und andere seit den 1970er Jahren formuliert haben, allmählich in die Mitte des Overton-Fensters gerückt. Die Saat der Metapolitik geht eben erst richtig auf, wenn sie mächtige Investoren und Geldgeber findet.
Tapio Puolimatka nennt in seinem Buch Transideologie die Namen von schwerreichen »philanthropischen« Geldgebern wie Jennifer Pritzker, George Soros, Martine Rothblatt, Tim Gill und Warren Buffett. Etliche dieser Geldgeber sind, wie auch die Vordenker, selbst schwul oder »trans«. Pritzker etwa, der in den Medien als der »erste Trans-Milliardär« firmiert, entstammt einer der reichsten Familien der USA und begann mit 63 Jahren, als »Frau« in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Wie auch andere Sparten des »Diversity«-Programms wird die Trans-Agenda von Großkonzernen unterstützt und mit Hilfe von ESG-Ratings (Environment, Social, Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) durchgesetzt. Firmen wie Goldman Sachs, JPMorgan Chase und BlackRock entziehen Unternehmen die Unterstützung, wenn sie keine ausreichende »Diversity« aufweisen. Sie mischen sich auch in die Politik ein: Als der US-Staat North Carolina »Transfrauen« die Benutzung von Toiletten für Frauen verbieten wollte, griffen CEOs von achtzig mächtigen Konzernen ein, darunter Google, Apple, YouTube und Microsoft, um auf den regierenden Gouverneur Druck auszuüben. »Transgender« ist in den USA auch insofern eine Industrie geworden, als in »Trans-Tech« eine Menge Geld steckt, da »geschlechtsangleichende Operationen« teuer und die Patienten für den Rest ihres Lebens auf den Konsum von Hormonpräparaten angewiesen sind. Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzte in einem Artikel aus dem Jahr 2020 (»Trans-Tech Is A Budding Industry: So Why Is No One Investing In It?«), daß in dem Markt ein Umsatz von bis zu 200 Milliarden Dollar stecken könnte, »mehr als in der Filmindustrie«.
Das »von oben« Gemachte dieses Trends liegt offen zutage und gibt wenig Rätsel auf. Anders ist es um die Frage bestellt, warum diese Agenda auf einen derart fruchtbaren Boden gefallen ist. Die US-amerikanische Antifeministin Camille Paglia, selbst Lesbierin, verdammt die Anwendung von Hormonblockern und operativen Eingriffen bei Minderjährigen als »kriminell« und äußerte sich unzweideutig: »Bewegungen Richtung Androgynität tauchen in Spätphasen der Kultur auf, wenn sich die Zivilisation aufzulösen beginnt«, wenn sich ein müder Kosmopolitismus durchsetzt und eine Kultur »nicht mehr an sich selber glaubt«.
Erschlaffung, Verweiblichung und morbide Genußsucht setzen ein, während sich an den Rändern des Imperiums maskuline Barbaren sammeln, Vandalen und Germanen im alten Rom, Muslime und Schwarzafrikaner im heutigen Westen. Man mag noch Kitzel und Vergnügen am Hautgout der »Mauve Decade« und anderer Abschnitte der von Mario Praz 1930 in seinem Klassiker Liebe, Tod und Teufel beschriebenen »schwarzen Romantik« oder sogar an den Ausschweifungen der Weimarer Republik finden, wie sie in Filmen wie Cabaret oder Serien wie Babylon Berlin ambivalent glorifiziert werden.
Diesen Stationen eines größeren Verfallsbogens stehen die absolute ästhetische Scheußlichkeit, Niedertracht und Stumpfsinnigkeit der gegenwärtigen Dekadenzstufe gegenüber, die weder Kunstwerke noch Literatur von Rang hervorzubringen imstande ist. Um darüber jeden Zweifel auszuräumen, sehe man sich ein paar Kompilationen der einschlägigen transaktivistischen Videos an, wie sie etwa über TikTok und Instagram verbreitet werden.
Man kann hier nur von einer seelischen und biologischen Degeneration, einer erschreckenden Regression des Geistes und der Körper sprechen. Erkennbar sind auch maßloser Narzißmus und Exhibitionismus, herangezüchtet durch den Umgang mit dem Internet von Kindesbeinen an und die daraus folgende Gewohnheit, das gesamte eigene Leben »online« einsehbar zu machen.
Zu klären wäre auch, inwiefern dysfunktionale Familien und Elternteile mit Persönlichkeitsstörungen zur Misere der »Zoomer«-Generation beigetragen haben. Eine Rolle spielen wohl auch die gesunkenen Testosteronspiegel unter jungen Männern, die vermutlich Folge des materiellen Wohlstands und Lebensstils sind. Davon abgesehen liegt auf der Hand, daß das Phänomen der »Rapid-onset gender dysphoria« hauptsächlich aus einer »sozialen Ansteckung« per Nachahmung resultiert. Pubertätspathologien, die früher zu Eßstörungen, »Ritzen«, asozialem Verhalten oder Flucht in diverse Jugendsubkulturen geführt haben, werden heute in den »queeren« Kanal abgeleitet.
An den »Geschlechtswechsel« werden illusorische Heilsversprechen geknüpft. Mädchen mit ihrem ausgeprägteren Hang zur sozialen Konformität und Anerkennung sind für solche sozialen Epidemien anfälliger als Jungen, was wohl auch die massive Unterstützung der Regenbogenagenda unter jungen Frauen erklärt. Während selbsthassende Mädchen früher in Pro-Ana- oder SVV-Foren (Selbstverletzendes Verhalten) ihre Schnittwunden oder abgemagerten Gelenke präsentierten, um sich gegenseitig anzustacheln, posten sie heute stolz Bilder von den länglichen Narben unterhalb ihrer Brustwarzen nach der Mastektomie.
Der Unterschied ist, daß die früheren Phänomene eher im Untergrund des Internets stattfanden, da Anorexie und Borderline-Persönlichkeitsstörung keinen gesellschaftlich anerkannten Werten entsprachen. Anders verhält es sich mit dem Trans-Trend. Die Medien präsentieren Figuren wie die Schauspielerin Ellen Page, die sich zu »Eliot« umwandeln ließ, als »mutige« und nachahmungswürdige Vorbilder.
Ist der Transgenderismus nun eher ein Angriff auf die Männlichkeit oder auf die Weiblichkeit? Beides: Da Männlichkeit und Weiblichkeit (Männer und Frauen) zueinander in einem polaren und komplementären Verhältnis stehen, wird der Angriff auf das eine Element stets auch einen Angriff auf das andere nach sich ziehen. Frauen und Männer sind aufeinander angewiesen: Wer die Männer beschädigt, beschädigt auch die Frauen und umgekehrt.
Das ideologische Hauptziel der Agenda ist aber die Dekonstruktion und Schwächung des weißen, heterosexuellen Mannes; die wachsenden Legionen von Frauen mit abgeschnittenen Brüsten sind am Ende nicht mehr als ein Kollateralschaden, mit dem die Pharma- und Psychoindustrie reichlich Geld verdienen kann. Darum sind wohl auch die Tage des Feminismus gezählt: Er hat seine Destruktionsrolle erfüllt, und nun kann auch er von der nächsten »progressiven« Welle abgeräumt werden, was seine verbliebenen Verteidiger inzwischen fast wie rechte Reaktionäre erscheinen läßt.