Diese Personen stimmten am Montag, den 18. Dezember, in einer vorweihnachtlichen Sitzung des AfD-Bundesvorstands dafür, die identitäre Aktionsgruppe „Revolte Rheinland“ auf die Unvereinbarkeitsliste zu setzen. Der Initiator dieses unfreundlichen Akts gegen das Vorfeld ist der Landesvorstand von Rheinland-Pfalz.
Welcher Personenkreis genau dafür verantwortlich ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Gerüchte gibt es viele, fest steht auf jeden Fall das Abstimmungsergebnis.
Auch die Gegenstimmen von Maximilian Krah, Carlo Clemens, Dennis Hohloch und Martin Reichardt konnten den Beschluß nicht verhindern.
Es gärt also noch in der AfD. Der Parlamentspatriotismus ist auch Ende 2023 noch nicht überwunden und bricht regelmäßig in spaltenden „Distanzierungsschüben“ wieder aus. Im Sommer traf es Anna Leisten, jetzt muß die “Revolte” dran glauben.
Die sonst positive strategische Jahresbilanz für das Verhältnis zwischen Partei und Vorfeld wird durch diese sinnlose Aktion getrübt. Der Schlag gegen die Aktionsgruppe könnte sogar der Auftakt zu einer größeren Kampagne sein. War der Burgfrieden nach dem Weggang Meuthens trügerisch? Droht im Jahr 2024 die “Rache des Parlamentspatriotismus”?
Gehen wir zuerst genauer auf den konkreten Fall ein. Bei der „Revolte Rheinland“ handelt es sich um eine kleine, aber äußerst aktive identitäre Gruppe aus besagter Region. Sie wurde im November 2021 gegründet. In dieser Zeit bildeten sich in ganz Deutschland viele identitäre Regionalgruppen. Einigen Lesern dürfte die Gruppe vielleicht für folgende Aktion bekannt sein: Die Stadt Düsseldorf brachte Deutschlands erstes arabisches Straßenschild in der Ellerstraße an. Begründet wurde das unter anderem mit der hohen Anzahl von Afroarabern in dem Bezirk. Dieser Akt der Unterwerfung erregte internationales Aufsehen. Die AfD protestierte lautstark. Doch nur die identitäre Aktionsgruppe handelte. Kurzerhand wurde die Straße nach Karl Martell umbenannt. Das arabische Schild wurde durch ein international verständliches Piktogramm ersetzt.
Eine weitere spektakuläre Aktion der „Revolte“ war die Umfärbung eines Regenbogenzebrastreifens in den Farben Schwarz-Rot-Gold. Abgesehen davon geht die Gruppe regelmäßig wandern, betreibt gemeinsam Sport und liest Bücher oder nimmt auch mal am „Mosel CleanUp“ in Trier teil, bei dem die Anrainer den Fluß von Abfall säubern.
Wie bei identitären Gruppen üblich, handelt es sich um durchwegs kreativen Aktivismus, frei von Straftaten oder tatsächlich aufwiegelnder Hetze. Die AfD Rheinland-Pfalz, in Vertretung ihrer leitenden Funktionäre, sieht in dieser jungen patriotischen Gruppe dennoch eine Hypothek.
Daß einige AfD-Mitglieder die Gruppe schätzen und keine Scheu vor Kontakt mit den jungen Patrioten haben, will man nun parteirechtlich unterbinden und greift zum schärfsten Mittel, das zur Verfügung steht. Jäh findet sich “Revolte Rheinland” nun auf der berüchtigten Unvereinbarkeitsliste neben Scientology und der „Atomwaffen Division“ wieder.
Gerüchten zufolge soll der Anlaß das Eintrittsgesuch einiger Aktivisten in die Junge Alternative gewesen sein. Andere Parteien würden sich über idealistischen, aktiven und kreativen Nachwuchs freuen. Die dortige AfD scheint sich jedoch auf andere Zielgruppen zu fokussieren.
Anstatt diese Eintritte aber ohne großes Aufsehen abzulehnen, mit der Gruppe ins Gespräch zu treten und ein Einvernehmen zu finden, schießt man mit Kanonen auf Spatzen. Ausgerechnet ein öffentlichkeitswirksames Unvereinbarkeitsverfahren, das naturgemäß nicht diskret ablaufen kann, muß es sein.
In Frankreich und Österreich geht die Repression gegen das patriotische Vorfeld (z.B.: IBÖ, GI, Academia Christiana, etc.) derzeit primär vom politischen Gegner aus. In Deutschland beteiligen sich offenbar auch Teile des rechten Lagers an der Delegitimierung, Demoralisierung und Dämonisierung des Vorfelds. Die Begründungen der Partei überzeugen nicht:
Eine möglicherweise extremistische Beeinflussung der Organisation durch andere Gruppierungen oder Einzelpersonen – ohne, dass die Vereinigung deshalb selbst zwangsläufig bereits extremistisch sein muss – kann auch in Hinblick auf die Auseinandersetzung mit dem Verfassungsschutz ebenfalls einen Grund für eine Unvereinbarkeit darstellen. Sinnvoll ist ferner eine organisatorische Trennung zwischen aktivistischen Gruppierungen aus dem vorpolitischen Raum und einer parteipolitischen Tätigkeit. Mit der Aufnahme einer Vereinigung auf die Unvereinbarkeitsliste ist also nicht zwangsläufig ein abschließendes, negatives Werturteil über die Organisation selbst.
Auf Deutsch heißt das: Die Revolte mag zwar nicht extremistisch sein, sie könnte es aber eines Tages werden. Und da die AfD nicht kontrollieren kann, wen die Gruppe als Mitglied aufnimmt, wird sie vorsorglich auf die Liste gesetzt. Mit dieser Argumentation sind der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Wer folgt als nächstes? Werden alle identitären Aktionsgruppen und Hausprojekte auf die Liste gesetzt? Wann sind der Jungeuropa Verlag, Ein Prozent und die Kehre dran? Auch dort hat die AfD keinen Einfluß auf eine potentielle „extremistische Beeinflussung der Organisation durch andere Gruppierungen oder Einzelpersonen“.
Die Behauptung, daß dieser unfreundliche Akt gegen das patriotische Vorfeld kein „abschließendes, negatives Werturteil über die Organisation selbst“ bedeutet, hätte man sich sparen können. Wenn es lediglich um eine neutrale, sachliche Trennung geht, warum werden dann nicht Tichys Einblick, der Zentralrat der Juden, oder die Windradgegner von „Landschaftsschutz Ebersberger Land e.V.“ auf die Liste gesetzt? Selbstverständlich bedeutet dieser Beschluß auch ein Werturteil.
Für die jungen Aktivisten und ihr Umfeld bestätigt er samt dem persönlichen Siegel des Parteichefs, daß sie per 18.12.2023 offiziell “sogar für die AfD zu rechts“ sind.
In ihrem familiären Umfeld wird es nun noch schwieriger, den Aktivismus zu rechtfertigen. Jede Hoffnung auf die kleinste Unterstützung, sei es ein Raum für einen Vortrag, eine Spende nach einer Razzia oder auch nur Rechtsberatung ist nun ausgeschlossen. Die Aktivisten sind isoliert und wissen, daß sie der wichtigste (und reichste Spieler) nicht unterstützen wird, falls Not am Mann ist.
Darüber hinaus fällt für die jungen Aktivisten nicht nur die Perspektive auf eine spätere Tätigkeit in der Partei, sondern fast jede andere wirtschaftliche Arbeit im Vorfeld (Journalist, Medienfachmann, usw.) weg. Als Persona non grata für den zentralen Akteur der Partei stellen sie für jede Organisation des Vorfelds von nun an eine Belastung dar. Wer offiziell von der Partei gemieden wird, kann nur schwer unternehmerisch als rechter Journalist, Politberater oder Werbefachmann arbeiten, da jeder, der einen engagiert, damit ein großes Risiko eingeht. (Ich spreche hier aus Erfahrung.)
Dieses bizarre „Weihnachtsgeschenk“ wird von Berufspolitikern überreicht, die in einem der geschützteren Bereiche des rechten Lagers agieren. Alles in allem ist dieser Beschluß demoralisierend und geradezu eine Aufforderung vonseiten der AfD, den Aktivismus einzustellen.
Besonders tragisch ist, daß damit nicht einmal das anvisierte Ziel der Strategie des Parlamentspatriotismus erreicht wird. Der Unvereinbarkeitsbeschluß wird erst die öffentliche Aufmerksamkeit auf mögliche Bezüge zwischen „Revolte“ und AfD lenken. Findige Journalisten werden nun „Likes“ und Fotos durchforsten. Auf Basis des von ihr selbst aufgestellten Grundsatzes werden linke Kreise die AfD-Landespartei nun genußvoll mit Distanzierungs- und Rücktrittsforderungen überziehen.
Gleichzeitig werden nur allzugern parteiinterne Intrigen mittels solcher Beschlüsse ausgetragen. Am 18.12. wurde also ein Quell der Spaltung, Intrige und Unruhe geschaffen, der noch lange nachwirken könnte. Eine Absprache zur „Projekthygiene“ und sauberen Trennung der Arbeitsbereiche, die vorher problemlos möglich war, wird gerade durch diesen Unvereinbarkeitsbeschluß und die damit erzeugte negative Öffentlichkeit schwierig. Wie stets gibt der Parlamentspatriot damit dem Gegner die geladene Waffe in die Hand.
Der IBÖ-Distanzierungskurs der FPÖ vor Herbert Kickl führte zu einer ständigen Thematisierung und Instrumentalisierung der IBÖ durch die linke Presse. Nachdem Kickl klarstellte, daß die IB eine normale patriotische NGO ist, für die die FPÖ nicht verantwortlich ist, von der sie sich aber auch nicht distanziert, hat auch die mediale Berichterstattung über „Verbindungen zwischen IBÖ und FPÖ“ merklich nachgelassen.
Denn die Journalisten wissen genau, daß die Wähler dieses Nischenthema kaum interessiert. Zielsystem ist hier die Partei, die durch Kontaktschuld verunsichert und gespalten werden soll. Das klappt jedoch immer nur, wenn linke Journalisten in mutlosen Parlamentspatrioten „parteiinterne Verbündete“ haben. Diese schufen am 18.12. aus dem Nichts ein Problem, das sich verselbständigen und verstärken könnte.
Die Signalwirkung ist verheerend. Anstatt den bestehenden, substanzlosen Unvereinbarkeitsbeschluß gegen die Identitäre Bewegung Deutschland zu demontieren, werden die Schrauben noch stärker angezogen. Der alte Beschluß wird bestätigt, zugespitzt und erneuert. Bereits jetzt sinnieren vermutlich in zahlreichen Ländern linke Journalisten und intrigante Parlamentspatrioten, wie sie diesen Unvereinbarkeitspräzedenzfall als Instrument für ihre Zwecke nutzen können.
Warum tun AfD-Politiker das? Ich will ihnen keine böse Absicht unterstellen. Vermutlich glauben sie tatsächlich, die Partei zu schützen, indem sie die „Leiter hochziehen“. Durch die Preisgabe des aktivistischen Vorfelds und die Abgrenzung zu patriotischen Aktivisten will man sich selbst Spielraum und Salonfähigkeit erkaufen.
Daß das nicht funktioniert, sondern der sichere Weg in den Abgrund ist, sollte jedem klar sein. Strategische Ignoranz in Verbindung mit persönlicher Gefallsucht, Mutlosigkeit und einer Prise Geringschätzung für den verzichtbaren „Straßenaktivist“ bilden das Juste Milieu aus, in dem die “Distanzeritis” wuchert.
Die rechten Akteure in Bewegung, Gegenöffentlichkeit, Theoriebildung und Gegenkultur sollten als vereintes Vorfeld diesen „unfreundlichen Akt“ nicht schweigend hinnehmen. Sonst macht er Mode und die erwarteten Erfolge der AfD im “Superwahljahr” wären vergiftet, bevor sie eingetreten sind.
kikl
Ich muss Martin Sellner recht geben. Diese Begründung für die "Nichtvereinbarkeit" trägt nicht, denn sie ist hanebüchen:
"ohne, dass die Vereinigung deshalb selbst zwangsläufig bereits extremistisch sein muss"
Das Wörtchen "bereits" deutet darauf hin, dass man hier aufgrund von einer "Prognose" vorsorglich sanktioniert. Das erinnert and die PreCrime-Behörde aus Minority Report.
Es ist fraglich, ob es richtig ist, aufgrund von solchen Listen Personen per se auszuschließen. Nach meinem Verständnis muss das die absolute Ausnahme sein und statt dessen im Einzelfall entschieden werden, wer in die Partei eintreten darf.