Vom Versuch, an einem Protesttag Boden unter die Füße zu kriegen

Mir ist klar, daß ich nun, also in den folgenden Absätzen, Äpfel mit Birnen vergleichen und Zahlen gegeneinanderstellen werde, die nur aufgrund ihrer schieren Größe etwas miteinander zu tun haben. Aber beide Bereiche, um die es gehen wird, sind Ausdruck kaputter Systeme, kaputter politischer Entwicklungen.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Bei­de Sys­te­me brin­gen Men­schen in kaum auf­lös­ba­re Abhän­gig­kei­ten, bei­de Sys­te­me bedie­nen vor allem eine gigan­ti­sche Umver­tei­lungs­in­dus­trie. Bei­de Sys­te­me zer­stö­ren seit Jahr­zehn­ten die iden­ti­tä­re Sub­stanz, nicht nur in Deutsch­land. Aber nun scheint es rasend schnell zu gehen.

Also: Im gera­de ver­gan­ge­nen Jahr haben 351 915 Men­schen einen Asyl­an­trag in Deutsch­land gestellt, in der gesam­ten EU waren es über eine Mil­li­on. Damit war Deutsch­land erneut das Ziel von fast einem Drit­tel aller Asy­lan­ten, die nach Euro­pa dräng­ten, und dies, obwohl der Weg aus den Her­kunfts­län­dern grund­sätz­lich über wenigs­tens ein, fast immer jedoch meh­re­re siche­re Dritt­län­der führt.

Den über 100 000 Syrern, über 60 000 Tür­ken, deut­lich über 50 000 Afgha­nen und rund je 10 000 Ira­kern, Ira­nern, Geor­gi­ern und Rus­sen ging es also auch im ver­gan­ge­nen Jahr nicht zunächst um Sicher­heit vor Ver­fol­gung, son­dern um die sofor­ti­ge und in kei­nem ande­ren Land ver­gleich­bar groß­zü­gi­ge Ver­sor­gung durch den deut­schen Sozialstaat.

Die Asy­lan­ten sind weit über­durch­schnitt­lich oft männ­lich und jung. Sie las­sen ihre Fami­li­en zunächst dort zurück, woher sie “flie­hen”, und kön­nen mit Fami­li­en­nach­zug rech­nen. Sie stam­men weit über­wie­gend aus Län­dern, die kul­tu­rell fern, sprach­lich fremd und reli­gi­ös inkom­pa­ti­bel sind.

Im Ver­gleich zum Vor­jahr stieg die Zahl der Asyl­an­trä­ge, die in Deutsch­land gestellt wur­den, um über 50 Pro­zent. Für das noch sehr jun­ge Jahr 2024 pro­gnos­ti­ziert das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge einen wei­te­ren, deut­li­chen Anstieg, denn die Welt sei in Unru­he. Die­sen Anstieg wer­de auch die nicht mehr ganz und gar aus­ge­setz­te Grenz­kon­trol­le nicht abbrem­sen können.

Mit die­ser Aus­sa­ge ist impli­zit zuge­ge­ben, daß sich Asy­lan­ten zum einen wider­recht­lich aus siche­ren Dritt­län­dern nach Deutsch­land wei­ter­be­we­gen und daß sich zum ande­ren eine nicht bezif­fer­ba­re Zahl von Ille­ga­len im Lan­de auf­hält, die einen Asyl­an­trag erst gar nicht stellen.

Deutsch­land darf sich außer­dem rüh­men, von den über vier Mil­lio­nen mitt­ler­wei­le in der EU auf­ge­nom­me­nen Ukrai­nern deut­lich über eine Mil­li­on zu beher­ber­gen und finan­zi­ell abzu­si­chern. Die­se Men­schen müs­sen kei­nen Asyl­an­trag stel­len, son­dern genie­ßen auf­grund angeb­lich aku­ter Gefahr für Leib und Leben einen Schutz­sta­tus. Das hin­dert indes seit bald zwei Jah­ren eine erkleck­li­che Anzahl von Ukrai­nern nicht, Urlaubs- und Ver­sor­gungs­rei­sen in die Hei­mat zu unternehmen.

Zudem ist die­ser Schutz­sta­tus nicht Frau­en, Kin­dern und alten Leu­ten vor­be­hal­ten, son­dern gilt auch für ein paar hun­dert­tau­send waf­fen­fä­hi­ge Män­ner, die trotz der Über­zeu­gung Deutsch­lands und der EU, daß die Ukrai­ne sich nicht erge­ben und kein Gebiet auf­ge­ben dür­fe, nicht auf­ge­for­dert wer­den, zur Waf­fe oder zum Schrau­ben­schlüs­sel zu grei­fen, um ihr Land an der Front zu ver­tei­di­gen und die Front in der Etap­pe zu unterstützen.

Alle Ukrai­ner haben durch den Schutz­sta­tus den­sel­ben Anspruch auf Bür­ger­geld wie Deut­sche und aner­kann­te Asy­lan­ten. Sie haben die­sen Anspruch, obwohl sie (und die Asy­lan­ten) nie in die deut­schen Siche­rungs­sys­te­me ein­be­zahlt haben oder zu der aus der Abstam­mung abge­lei­te­ten Soli­dar­ge­mein­schaft aller Deut­schen gehören.

Die Sum­me, die das deut­sche Sozi­al­sys­tem für Ukrai­ner und Asy­lan­ten Jahr für Jahr auf­bringt, ist min­des­tens so hoch wie die jähr­lich in der gesam­ten EU an die Bau­ern aus­ge­schüt­te­ten Sub­ven­tio­nen: Rund 55 Mil­li­ar­den Euro waren das im Jahr 2022, davon gin­gen rund sie­ben Mil­li­ar­den Euro an deut­sche Betrie­be und Ver­wal­tungs­stel­len. Die­ses Geld ist ein Teil­rück­fluß des­sen, was aus Deutsch­land Jahr für Jahr an die EU abge­ge­ben wer­den muß. Rück­fluß bedeu­tet aber, daß die Admi­nis­tra­ti­on auf­ge­baut und bezahlt wer­den muß, die das Geld zunächst ein­sam­melt und es anschlie­ßend wie­der verteilt.

In den deut­schen Höfen und Agrar­un­ter­neh­men machen die­se Sub­ven­tio­nen 30 bis 50 Pro­zent des Jah­res­ein­kom­mens aus. Von frei­em Markt kann kei­ne Rede sein. Viel­mehr gibt es kaum eine Selb­stän­di­gen­grup­pe in Deutsch­land, die eben­so abhän­gig von staat­li­cher Umver­tei­lung und damit im Hin­ter­grund eben­so­we­nig selb­stän­dig ist wie die Bauern.

Der Bau­ern­stand, der tau­sen­de Jah­re lang Ener­gie­spen­der war und das Land ernähr­te, ist in sei­ner heu­ti­gen Ver­faßt­heit eine Ener­gie­sen­ke, die sub­ven­tio­nier­ten Roh­stoff an eine Ver­ar­bei­tungs­in­dus­trie lie­fert. Wir essen und trin­ken Erd­öl, denn bis 2000 Kalo­rien auf dem Tel­ler lie­gen, hat man 20 000 ver­pul­vert, um sie dort­hin zu kriegen.

Die heu­te in allen Bun­des­län­dern und auf etli­chen Markt­plät­zen, Auto­bahn­auf­fahr­ten und Bun­des­stra­ßen auf­ge­fah­re­nen Bau­ern, LKW-Fah­rer und Unter­stüt­zer wür­den, wenn ihr Pro­test nach der voll­stän­di­gen Rück­nah­me aller ange­kün­dig­ten Besteue­rungs­maß­nah­men ende­te, zu einem Zustand zurück­keh­ren, der ein völ­lig aus dem Ruder gelau­fe­nes Wirt­schafts­mo­dell ist.

Denn der Selbst­ver­sor­gungs­grad liegt in Deutsch­land bei rund 85 %, und das bedeu­tet, daß unser Land etwa 15 % impor­tie­ren müß­te, um sei­ne Bevöl­ke­rung zu ernäh­ren. Jedoch wirft die­se Bevöl­ke­rung rund 40 % der Lebens­mit­tel in den Müll, weil sie zu bil­lig sind, weil zuviel gekocht und ein­ge­kauft wird, und weil der Appe­tit von heu­te nicht der von mor­gen ist. Brot aus Korn von der Anbau­flä­che der Grö­ße des Saar­lands wird Jahr für Jahr aus den Ver­kaufs­stel­len der Groß­bä­cke­rei­en abge­sam­melt und vernichtet.

Aber es wird wohl eher ver­nich­tet, was wir für rund 70 Mil­li­ar­den Euro (2022) an Lebens­mit­teln und Geträn­ken impor­tier­ten, wäh­rend wir vom sel­ben für rund 76 Mil­li­ar­den Euro expor­tier­ten. Die an den Pro­tes­ten betei­lig­ten Spe­di­teu­re bewerk­stel­li­gen also unter ande­rem ein Hin­und­her-Gekar­re vom Glei­chen, von dem zuletzt weit über ein Drit­tel auf dem Müll landet.

Trotz aller Sub­ven­tio­nen und mäch­ti­gen Ver­bän­de woh­nen wir seit fünf­zig Jah­ren einem gro­ßen Bau­ern­le­gen bei, einer Zer­stö­rung von Höfen und Betrie­ben. Die­ser Vor­gang, Anpas­sung und Umstel­lung genannt, ist noch nicht abge­schlos­sen. Die Regle­men­tie­rung und Kon­zen­trie­rung der Agrar­pro­duk­ti­on zuguns­ten eines Kli­ma­schut­zes, des­sen Kenn­grö­ßen auch aus­ge­wür­felt wer­den könn­ten, ist der nächs­te gro­ßen Trans­for­ma­ti­ons­schritt, und er ist bereits eingeleitet.

Die Kon­zen­trie­rung der Lebens­mit­tel­pro­duk­ti­on in immer weni­ger Hän­de und die Ver­schleie­rung des­sen, was am Ende als Fleisch und Gemü­se dekla­riert und ver­kauft wer­den darf, ist ein Alb­traum. Das, was dräut, ist noch viel schlim­mer als das, was wir heu­te schon wahr­neh­men müs­sen, wenn wir Mais­wüs­ten abschrei­ten und in Tier­fa­bri­ken spähen.

Ist also der Bau­er, der heu­te mit sub­ven­tio­nier­ten Agrar­pan­zern den Boden ver­dich­tet und die Rai­ne totspritzt, wenigs­tens noch der Nach­bar aus dem Dorf, den man kennt und in des­sen Stall man sich über­zeu­gen kann, daß drei­hun­dert Schwei­ne noch drei­hun­dert Schwei­ne sind und nicht zehn Mil­lio­nen Maden? Ver­mut­lich ist sei­ne (erzwun­ge­ne?) Pro­duk­ti­ons­wei­se im Ver­gleich mit dem, was kom­men soll, tat­säch­lich noch das klei­ne­re Übel.

Was geschieht gera­de? Die Land­wir­te und LKW-Fah­rer sind mit ihren Trak­to­ren und Zug­ma­schi­nen nicht an die Grenz­über­gän­ge gefah­ren, als die Über­frem­dung anmar­schier­te. Sie haben kei­nen Mist vor’s Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um gekippt, als die Impf­pflicht durch­ge­setzt wer­den soll­te. Aber jetzt fah­ren sie und blo­ckie­ren sie, weil von den Sub­ven­tio­nen etwas noch ein­mal umver­teilt wer­den soll, und zwar hin zu einem Staat, der seit Jahr­zehn­ten plei­te ist und den­noch immer mehr Men­schen von sich abhän­gig macht.

Was also ist die Hoff­nung? Die­ser Trop­fen – er brach­te das Faß zum Über­lau­fen. Aber es ist mit sol­chen Fäs­sern manch­mal so, daß es mit dem Auf­wi­schen, das heu­te begann, nicht getan ist, son­dern daß es Leu­te, viel­leicht sogar sehr vie­le Leu­te gibt, die ein­mal den Grund und den Boden des Fas­ses ergrün­den wollen.

Gegen eine läs­ti­ge Besteue­rung so mas­siv zu demons­trie­ren – das wäre erklä­rungs­be­dürf­tig. Jedoch die gan­ze Wut über eine Ket­te von Zumu­tun­gen und haus­ge­mach­ten Kri­sen her­aus­zu­las­sen und dabei die Abhän­gig­keit von einem Umver­tei­lungs­sys­tem apo­ka­lyp­ti­schen Aus­ma­ßes zu erken­nen und zu spü­ren – das wäre eine unkal­ku­lier­ba­re Treibladung.

Das eine wäre läp­pi­scher Ego­is­mus, das ande­re eine Aus­wei­tung auf die Nöte der Gemein­schaft. Man über­näh­me den Pro­test als hand­lungs­fä­hi­ge und mit schwe­rem Gerät aus­ge­rüs­te­te Grup­pe, man agier­te als Teil des Ganzen.

Es war schon gewal­tig, als heu­te mor­gen die Kolon­nen Rich­tung Hal­le fuh­ren, Ach­se an Ach­se. Agrar­power, kei­ne Agrar­ro­man­tik. Und den­noch kann es gar nicht anders sein, als daß ein Gut­teil der Bau­ern anders wirt­schaf­ten woll­te, gäbe es end­lich wie­der die Mög­lich­keit dazu.

Äpfel und Bir­nen – sie lie­gen im sel­ben Faß. Entor­tung steht dar­auf, Ver­lust des Ortes, gro­ße Gleich­schal­tung, social engi­nee­ring und Maß­nah­men­staat. Nur dann, wenn der heu­ti­ge Pro­test­tag der Beginn eines Befrei­ungs­vor­gangs weit über die Abhän­gig­keit vom Sub­ven­ti­ons­sys­tem hin­aus ist, wenn also das Faß aus­ge­schöpft wird, obwohl es bloß über­lief: Nur dann ist der heu­ti­ge Tag der Beginn einer Wende.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (31)

RMH

8. Januar 2024 22:42

Die Bauern wurden zu den Watschenmännern der Nation, die die Umwelt versauen (Glyphosat, Phosphat, Massentierhaltung etc) und die man daher zu Öko-Landschaftsgärtner umerziehen wollte, immer schön subventioniert. Die Bauern waren aber immer Landwirte, also Erzeuger, die ihre Waren verkaufen. Die Wintersaaten (Ernte 2024) waren bspw. vielfach bereits im Kontraktanbau verkauft, als die sog. Regierung den bekannten Subventionsabbau beschlossen hat. Die Kosten für diesen Teilbereich konnten damit nicht einmal theoretisch mehr weitergegeben werden. Die Preise im Getreidebereich sind gerade im letzten Jahr massiv eingebrochen und gleichzeitg sind die Preise beim Verbraucher enorm gestiegen. Das die Landwirte jetzt auch bei uns auf die Straßen gehen, überrascht daher nicht (in den Niederlanden gab es das schon). Hier noch ein Artikel zum Thema:
https://www.agrarheute.com/management/finanzen/faktencheck-so-trifft-agrardiesel-hammer-landwirtschaft-614272
Das Bauern-Beben ist damit beides: Zum einen der Versuch, Partikularinteressen durchzusetzen. Zum anderen aber ein Indikator dafür, dass die Administrationen (es begann nicht erst mit der Ampel!) so viel falsch gemacht haben, dass der Laden nunmehr in immer kürzeren Abständen an den unterschiedlichsten Stellen zu brennen beginnt.

DirkAhlbrecht

8. Januar 2024 23:33

Zu Beginn von Habecks heutigem Video, also in der Analyse der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Landwirte, kann man ihm gar nicht wiedersprechen. Das landwirtschaftliche Produktionssystem (ein Unwort, ich weiß...) ist demnach insbesondere auf Masse angelegt und führt, so wie es hier auch Götz Kubitschek völlig korrekt beschreibt, zu Bergen an "Lebensmitteln", die letztlich niemand braucht - und die zu großen Teilen eben auch und vor allem im Müll landen. Habecks Lösung beschreibt er in seinem Video auch: Die Subventionen werden staatlicherseits gestrichen und die Landwirte sollen sich das Geld über höhere Preise bei den "Discountern" zurückholen. Als jemand, der drei Jahre ein Wirtschaftsgymnasium besucht hat, möchte man den Herrn Minister fragen: Wie soll das in einem "Markt" funktionieren, in dem das diesbezügliche Angebot weitaus größer als die Nachfrage ist? Habeck hätte bspw. am Fähranleger in Schlüttsiel die Gelegenheit gehabt darüber mit den Landwirten ins Gespräch zu kommen. Darüber, dass es so eben nicht weitergehen kann. Dazu hatte er erkennbar nicht die Cojones. Er versteckt sich offenbar lieber hinter Videos statt mit den Leuten zu reden. Schade eigentlich.

Amos

8. Januar 2024 23:57

Zweieinhalb Beobachtungen: Erstens: In meiner West- Telegram-Gruppe am Rand der Industriezone, wo sozusagen die Bedeutungslosigkeit in Somewherehausen anfängt, ist nach drei Jahren Corona- Aufschäumen und VT-"Gechwurbel" der Martin Sellner angekommen und der Begriff "Remigration"normalisiert (oder: fast?). Die durch Corona misstrauisch Gewordenen sind offenbar diesem Staat gründlicher verloren gegangen. Zweitens: In der gutbürgerlichen Sonntagsrunde des Burkhard Müller-Ullrich auf Kontrafunk wird die Frage gestellt, welche Absicht hinter dem Migrationswahnsinn eigentlich steckt, was hat "man" vor? Auch wenn das durch "Autobahn"-Aussenseiterin Eva Herman eingebracht wird: Offenbar scheint "Dummheit" (Lesch) keine ausreichende Erklärung mehr zu sein und mir reicht sie, zugegeben, auch nicht mehr. Während ich im Hinblick auf die Zukunft des besten Deutschlands, das wir je hatten, immer öfter dem Begriff der "Zombieapokalypse" begegne der Gedanke, dass sie eigentlich nicht so dumm sein können, sich mit immer noch mehr "Rechten", also Feinden, zu umstellen: jetzt die Bauern. -Und auch die massenhaft ins Land Geholten sind ja keine lupenreinen Sozialliberalen. Zündeln sie am Ende absichtlich, um ihre große Transformation mit Gewalt durchzusetzen? Dann haben sämtliche VTler recht behalten, -ich versteh's nicht mehr. Vielleicht setzt sich irgendwann später mal jemand neben mich, mein Balkonkraftwerk und meinen Urban-Farming- Madenkasten und erklärt's mir.

Franz Bettinger

9. Januar 2024 00:35

Es gibt nur ein einziges Gesetz der Natur: Das des Stärkeren. Es ist kein Gesetz, es ist brutale Realität. Sie setzt sich stets durch. Die Frage ist also: Wer ist stärker? Das entwaffnete, von Spitzeln durchsetze Volk? Oder die alles ausspionierenden, bewaffneten Verbrecher an der Spitze? - Eine Maus sollte nicht aus ihrem Loch in die Manege treten und der Katze sagen, dass Mäuse nicht mehr zum Fressen da sind. Eine Maus muss andere Möglichkeiten finden. Eine miese Regierung wird man nicht durch Zureden los. Die Geschichte hat mehrfach gezeigt, wie man sie los wird. 

Ordoliberal

9. Januar 2024 04:47

1/2
Es freut mich, Götz Kubitschek endlich auch einmal über den Subventionswahn klagen zu hören. Doch gleich schränkt er wieder ein, dass Steuern im Grunde nur "lästig" seien und sich über sie zu beklagen "egoistisch". Treudeutscher geht's nun wirklich nicht!
Eine hohe Steuerlast, egal, wie sie verteilt ist, ist alles andere als "läppisch". Geld gehört in Privathand, nicht in Staatshand. Alles Steuergeld, das der Staat für Dinge ausgibt, die nicht der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung dienen (Parlament, Militär, Justiz, Polizei), ist a priori eine Fehlinvestition. (Bitte nicht Steuern mit Gebühren verwechseln. Die Bewirtschaftung der Allmende sollte gebührenfinanziert sein. Ebenso die Lizensierung.)
RMH hat Recht: Die Bauern sind kein "Stand". Sie sind eine Industriebranche. Wäre die Landwirtschaft nicht industrialisiert, könnte sie eine so große Menge von Deutschen auf einem so kleinen Raum wie Deutschland nicht ernähren. Es ist eine Trivialität, dass wir "Erdöl essen und trinken." Wir kleiden und ernähren uns auch damit. Wir leben in einer Maschinenwirtschaft. Sollen wir uns wieder Perücken aufsetzen und bei Kerzenlicht Briefe schreiben?

Ordoliberal

9. Januar 2024 04:48

2/2
Ich finde es verblüffend, dass Kubitschek behauptet, die Zerschlagung des Subventionsstaates könne nur der erste Schritt sein, "das Faß auszuschöpfen, das bloß übergelaufen ist." Ist ihm nicht klar, was für ein radikal-revolutionärer, in Deutschland undenkbarer Schritt es wäre, der Politik die Subventionsmacht zu nehmen?
Was bleibt von der Macht eines Politikers, wenn er kein Geld verteilen kann? Nichts! Was bleibt von seiner Migrations-, Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Bildungspolitik? Nichts! Deutschland wäre mit einem Schlag konservativ, frei und leistungsorientiert, wäre es dem Staat verfassungsrechtlich verboten zu subventionieren. Was gibt es denn mehr zu wünschen?

Laurenz

9. Januar 2024 04:56

Bei der modernen Agrarwirtschaft wird es, als politisch Interessierter, schwierig, sich fachlich ein paar Kenntnisse anzueignen. Deswegen habe ich diesen YouTube-Kanal abonniert https://www.youtube.com/@ModernerLandwirt . Der extrem energieaufwendige Prozeß, Kunstdünger (den meisten stellt Rußland & die Ukraine her) herzustellen, ermöglicht 4 oder 5 Milliarden Menschen das Leben. Daß die EU Maß-Normen für Obst & Gemüse vorschreibt, ist eine Mißachtung der Kreatur gegenüber, auch der pflanzlichen, in meinen Augen moralisch verwerflich. Hier kurz die Geschichte der Landwirtschaft. https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Landwirtschaft Nicht nur bei uns war die Landbevölkerung bis in meine Großeltern-Generation (noch im II. Reich geboren), großteils selbst versorgend, in Osteuropa ist das teils heute noch so. 
as die aktuelle politische Reaktion unserer Bauern angeht, so kann man leicht GK folgen. Auf vielen Nachrichten-Kanälen mit den Ereignissen am gestrigen Tag schrieb ich den Kommentar, "Besser spät als nie"! Gastronomen besitzen nun mal nicht die System-Relevanz der Bauern, agierten aber genauso politisch devot über Jahrzehnte bis in die Fakedemie. Die NeueRechte sollte sich, in Anbetracht ökonomischer Zwänge, genau überlegen, was sie agrarpolitisch will & an die Öffentlichkeit adressiert. Die AfD verhält sich eher zurückhaltend klug. Hier MdB Brandner mit Seinem Demo-Beitrag & so ganz ohne Personenschutz https://youtu.be/ACNIG8Deu0k

Nemo Obligatur

9. Januar 2024 07:13

Wo wir hier gerade Zahlen ausreichen: Ein Bauer ernährt in Deutschland heute knapp 140 Menschen. Anno 1950 waren das noch 10. Wer würde heute gerne zu den Bedingungen von damals auf dem Acker stehen und Unkraut hacken? Ich wohne in einer Gegend mit viel Landwirtschaft, hauptsächlich Ackerbau. Die Feldarbeiter kommen meistens aus Rumänien.
Die Kürzungen im Agrarsektor dürften einen durchschnittlichen selbständigen Landwirt rund 10 % des Einkommens kosten. Wer ließe sich so etwas ohne Protest gefallen?
Der Unmut der Bauern ist verständlich. Doch dürfte er enden, sobald die Kürzungen zurückgenommen oder anderweitig kompensiert werden. 
 
Die Landwirtschaft von heute ist maßgeblich verantwortlich für das Artensterben in Deutschland und den übrigen Staaten Europas. Der Weg zu einer naturverträglichen Landwirtschaft führt aber vermutlich nur über noch mehr Technik. GPS-gesteuerte autonom fahrende Landmaschinen usw. Wie man unter solchen Bedingungen verantwortliche Tierzucht betreiben soll, weiß ich nicht.
Das hier ist nicht das Jahr 1524, außer vielleicht, die Regierung verliert die Nerven.

AlexSedlmayr

9. Januar 2024 08:06

@DirkAhlbrecht
Völlig richtig. Diese naive Forderung nach höheren Preisen von den Discountern ignoriert aber ein anderes wirtschaftliches Strukturproblem. Nahrungsmittel sind täglicher Bedarf. Und je nachdem wie hoch der Anteil der Lebenshaltungskosten am Einkommen sind, macht sich daran eine ganz handfeste Wohlstandsfrage fest. Die Discounter, selbst wenn sie keine alternativen hätten, würden dann die höheren Kosten weitergeben und dann wäre es schnell aus mit der Illusion vom reichen Land, die sehr stark davon lebt, dass objektiv minderwertige Lebensmittel zur Stabilisierung der Preise eingesetzt werden, um dem Bürger vorzugaukeln er müsse trotz faktischer Kaufkraftverluste und Wohlstandsstagnation auf nichts verzichten. LEute wie Habeck haben kein Gefühl dafür, dass die Leute vielleicht gerne Tomaten oder Schnitzel kaufen würden, die noch echten Geschmack haben, nicht zu 50% aus Wasser bestehen oder nach 2 Tagen schon faulen, aber ohne sozialen Abstieg nicht die Möglichkeit besteht, im BIO Markt einkaufen zu gehen. Wonach aber die Frage nach staatlicher Wohlstandsabschöpfung gestellt wäre.

Der Joseph

9. Januar 2024 08:49

Die Veranstaltung, gestern um 12:00 Uhr in Berlin, war mir sehr sympatisch. Zu Beginn hat nichts funktioniert. Irgendwas mit der Akustik. Nachdem der Redner von den "Freien Bauern" - eine bäuerliche Interressenvertretung aus der Prignitz(Brandenburg)-  sich endlich Gehör verschaffen konnte, hat er sich entschuldigt, dass es seine erste Demo-Anmeldung und auch seine erste Rede ist. Der folgende Redner, Politikreferent der freien Bauern, war da schon mehr Profi.Hier die Rede: https://www.freiebauern.de/images/Rede_Berlin.pdf

tearjerker

9. Januar 2024 08:56

Landwirtschaftliche Unternehmen dürfen als Subventionsempfänger existieren, weil sie damit den anderen Verteilungsprofiteuren in Staat und Verwaltung dienen. Die haben auch keine Interesse an freien Verhältnissen, da diese ihr Einkommen und ihren Status in Frage stellen würden. Gleichzeitig stärken sie ihre Basis durch die Hereinnahme von fremdländischen Versorgungsfällen. WinWinWin.

Charles Makumbi

9. Januar 2024 09:27

Den Wunsch, dass endlich auf den Boden des Fasses geschaut wird und nicht länger nur der Überlauf kommentiert wird, den teile ich wohl. Nur bezweifle ich die Vorstellung, es gäbe da ein allgemeines Fass, für das die überwältigende Mehrheit Sorge zu tragen hätte. 
Mein Bild ist eher ein verludertes Banquet aus unzähligen Bechern, Schüsseln, Eimern und Töpfchen, die von ihren jeweiligen Besitzern argwöhnisch beäugt werden, auf dass das ihnen zugemutete Maß an Frechheiten durch all die Anderen nicht ihr jeweiliges Akzeptanzlimit übersteigt. 
Daher die Frage, was denn zumindest ein Gefäß signifikanter Größe sein könnte, dem schier alle auf den Grund gehen wollen. Migration, Steuern/Abgaben, Kriminalität, Coronazwänge, Höfesterben, Rezession etc. scheinen es ja nicht zu sein, sieht man sich die jeweilige Resonanz darauf in der Öffentlichkeit an.

t.gygax

9. Januar 2024 09:46

Die "Freien Sachsen" (Martin Kohlmann) haben sehr wohl begriffen, dass es nicht nur um den Agrardiesel geht, sondern um mehr. Mit den Worten von Jürgen Elsässer: " wir wollen keine Brötchen, wir wollen die Bäckerei".
Aber die "Freien Sachsen" gehören wohl zu den "Unvereinbaren", auch im Hause Schnellroda?

antwort kubitschek: der spruch von der bäckerei stammt von andreas kalbitz. und was soll das gestänkere? haben Sie irgendwo eine unveeinbarkeitsliste entdeckt, bei uns? wir sind keine politiker.

Mboko Lumumbe

9. Januar 2024 10:23

Zitat GK:
"Befreiungsvorgang weit über die Abhängigkeit vom Subventionssystem hinaus"
Wie verträgt sich das mit dem Prinzip des Solidarischen Patriotismus?
Sind Solidarität und Subventionen in gewisser Weise (nicht immer und generell) nicht miteinander verknüpft?
Auch wenn Subventionen wirtschaftspolitische Maßnahmen sind.

antwort kubitschek: die sache mit dem solidarischen patriotismus ist zum teil romantik. sie setzt ein erzogenes volk und relative homogenität voraus.

SolarisPost

9. Januar 2024 10:54

@Kubitschek gut geschrieben, kann noch einiges zwischen den Zeilen lesen.

Der moderne Ackerbaubetrieb hat nur noch wenig Einfluss auf die Parameter von Düngung, Pestizideinsatz und Saatgutausbringung. Es gab und gibt es enorme Konzentrationsprozesse in der Landmaschinenindustrie, in der Agrochemieindustrie und bei Saatgutherstellern. Dazu kommen Landgrabbing und der unaufhörliche Preisdruck durch die Lebensmittelindustrie und den Großhandel.

EU-Institutionen fordern z.B. in ihrer EIP-AGRI Vorlage die Einbeziehung bzw. den flächendeckenden Einsatz von smart farming technologies schon für 2015. Verlangt wird die Verwendung von- Informationsmanagementsystemen- Methoden der Präzisionslandwirtschaft und- Automatisierung und Robotern.Dafür sind hohe Investitionen nötig, der Landwirt ist noch mehr von externen Fachwissen, Fachberatern und von Finanzierungsinstrumenten abhängig. Arbeiten und Ergebnisse zur Technologiefolgeabschätzung existieren nicht.

Das sind entscheidende gesellschaftlich wirksame Prozesse, zu denen sich die globalisierungskritische Bewegung, die öko-soziale Landwirtschaft, und Gemeinwohlökonomie verhalten müssen. Die Prozesse sind originär politischer Natur. 
Politisch generiert sind die zu Grunde liegenden Entscheidungen, Nichtentscheidungen, Verträge, Vereinbarungen, Regularien, Richtlinien, das Förderungs- und Subventions-Regime und der unbeschränkte Lobbyismus.

Das Politische System beteiligt die demokratische Öffentlichkeit nicht. Weder wissen wir, wer die Entscheidungen eigentlich und letztendlich politisch verantwortet, noch haben wir eine Ahnung davon, wie Konzeption, Planung, Organisation und Kommunikation der wechselseitigen Prozesse auf EU-Ebene erfolgen.

Es war üblich, die negativen Folgen der Globalisierungsprozesse der letzten Jahrzehnte nur zufällig und bruchstückhaft zu thematisieren. Nirgendwo wurden diese ins Verhältnis gesetzt, d.h. der Gesamtprozess bilanziert. Es gibt keine allgemeinverständliche, der breiten Öffentlichkeit zugängliche und hinreichend vollständige Bestandsaufnahme von Globalisierung. Diese Bilanz müsste auch die menschlichen Aspekte vollumfänglich berücksichtigen. Eine Gewinn- und Verlustrechnung in allen Angelegenheiten des menschlichen Daseins hieße auch die psychosozialen und individualpsychologischen Zustände, Befunde und Befindlichkeiten, Lebenslagen, Verhaltensweisen, Wertvorstellungen, etc. von heute, mit der Zeit vor 45 Jahren zu vergleichen und die wesentlichen Veränderungen darzustellen.

Warum das nicht gemacht wurde und eine falsche Entwicklung als alternativlos präsentiert wird, ist eine spannende Frage.

SolarisPost

9. Januar 2024 11:02

Den Bürgern fehlten die demokratischen Mitbestimmungs- und Entscheidungsmöglichkeiten um Machtkonzentration  und steigende Gewinne  transnationaler Konzerne und Ausgabenkürzung der öffentlichen Haushalte zu beeinflussen.
Ein besonderer Aspekt der Globalisierung, der meist ignoriert wird, ist der Raum der informellen, antidemokratischen Entscheidungsfindung: Die zunehmende  Verlagerung der politischen Entscheidungen in transnationale, nichtgewählte, intransparente  Expertengremien und Netzwerke.
Warum gab es keine wirksame Gegenbewegung zur real existierenden Globalisierung?
Weil sich hinter Globalisierung eine Transformation des Herrschafts- und Machtsystems verbarg. Ein gezielter und effektiver Widerstand gegen Globalisierungsprozesse war nicht möglich, weil die Akteure und Verantwortlichen unkenntlich sind und nicht identifiziert wurden. Die Strukturen sind Gegenstand von zahlreichen Spekulationen. Andrej Fursow beispielsweise, sprach von der „Installation distanzieller Kontrolle durch die auf schwimmenden Städten oder in unerreichbaren, landbasierten Enklaven lebenden Elite über die Psychosphäre der Bevölkerungsmasse“ (Interview mit A.F., veröffentlicht am 22. Oktober 2016 in der Literatur-Zeitschrift « Наш современник» [„Unser Zeitgenosse“], №10.

Monika

9. Januar 2024 11:32

An einem Protesttag kriegt man keinen Boden unter die Füße. Ich kenne einen jungen Mann, der sich der Abhängigkeit von einer gigantischen globalen Umverteilungsindustrie seit vielen Jahren entzieht. Er beherrscht von den 10 Gewerken des Hausbaus inzwischen sieben. Trainiert seine Muskeln mit Gerüstbau, baut Obst und Gemüse an, besorgt seine Klamotten aus der Tauschbörse oder näht sie an der Nähmaschine selber mit edlen Stoffen, die in Fabriken "abfallen". Er fährt kein Auto, besitzt wenig materielle Güter, geht kaum  in ein Restaurant. Er lebt nicht egoistisch, sondern gemeinschaftlich in Wohnprojekten. Was er über die Bauernproteste denkt, werde ich ihn fragen. Da er Veganer, ausnahmsweise auch Vegetarier ist,  benötigt er keine Schweine-oder Rinderbauern, auch keine Hühnerfarmen. Ausgelöst wurde diese Lebensweise in frühester Jugend durch den in der Schule gezeigten Film: WE FEED THE WORLD - Essen global (2005), ein kritischer Film über die Massenproduktion von Nahrungsmitteln im Zeitalter der Globalisierung. Was den jungen Mann von den Neuen Rechten unterscheidet ? Vielleicht, dass die Ausweitung über den Egoismus hinaus auf die Volksgemeinschaft beschränkt erscheint und nicht darüber hinaus. Hier wäre dann die Verbindung zu den Äpfeln oder Birnen herzustellen. 

RMH

9. Januar 2024 11:35

"die sache mit dem solidarischen patriotismus ist zum teil romantik. sie setzt ein erzogenes volk und relative homogenität voraus."
Hört, hört, hört! Noch einmal zum Thema: Landwirte habe nur noch wenig bis gar keine Preisgestaltungsmacht. Da gibt es Genossenschaften, Zentraleinkäufer, internationale Spekulanten, kombinierte Saatgut und Ernte- Kontrakte etc. Die Preise werden nicht mehr vom Erzeuger kalkuliert und gemacht, sondern von oben. Die Politik WILL billige Lebensmittel, nur so funktioniert auch noch das "Bürgergeld", man subventioniert, da man so den Deckel auf dem Topf halten kann. All die Schönwetter-Reden über Bio-Produkte, Qualitätsware etc. sind nur Krokodilstränen. Unser gesamtes Land und sein bröckelnder, sozialer Friede basiert zu einem massiven Teil auf Discountern. Bio für über 80 Millionen? Das zu versprechen, ist aktuell Leute verarschen. Hand aufs Herz - wer kann sich nur einheimische Bio-Ware leisten? Und: Ich möchte sagen, dass Discounter-Ware auch nicht so schlecht ist, wie getan wird. Ich kaufe selber dort regelmäßig ein (gut, ich lebe fast vegetarisch, so dass ich zumindest Fleisch dort nicht kaufen muss).

GerdNeuenfels

9. Januar 2024 11:40

So viele bunte, blinkende Traktoren, das macht echt was her. Auch die Stimmung abends mit Feuer, Glühwein und Zelten lädt zur Solidarisierung ein - politische Ästhetik. Verarmte Rentner und schlecht bezahlte Altenpfleger können da nicht mithalten, da ist nur Jämmerlichkeit bei wir lieber wegschauen. Die Sorge der kleinen Bauernbetriebe, dass der Tropf der Subventionen langsamer eingestellt werden soll, ist verständlich, aber ein Aufbegehren gegen die zunehmend industrielle, von global agierenden Konzernen und zentralen Eliten bestimmte Arbeits- und Lebensweise ist das bei den meisten wohl noch nicht.

Umlautkombinat

9. Januar 2024 12:02

Ich moechte hier mal ganz unexpertenhaft anmerken, dass der Ausloeser dieses Protests - der Diesel - kein Beispiel fuer eine Subvention sondern fuer die Wenigerzahlung von Steuern auf ein Verbrauchsmittel ist. Das sollte den Blick eigentlich ueber das ungesunde Subventionsnetz hinaus auf den generellen Aspekt des Griffs in die Taschen ALLER lenken.

FraAimerich

9. Januar 2024 12:08

"der spruch von der bäckerei stammt von andreas kalbitz."
Das ist ein alter Hippie-/Anarcho-/Sponti-Spruch, mindestens aus den 70ern: "We don’t want just one cake, we want the whole fucking bakery", beliebt bei Anhängern der "Bewegung 2. Juni" und den "Revolutionären Zellen".  "Radikal", das Organ der militanten Berliner Hausbesetzerszene und des "Schwarzen Blocks" warb damit in den 80ern um Abonnenten und Spenden...

Laurenz

9. Januar 2024 12:25

@Ordoliberal & Alle ... Es gibt hier 2 zusammenhängende Themenbereiche. Einerseits die Produktion selbst, Düngung, Saat- & Fruchtschutz (Pestizide), Anbaufläche, Vorschriften, weltweite Anbauflächen & deren Auslastung etc. pp. Um hier schlauer zu werden, braucht man einige Stunden, um sich zB über Videos schlauer zu machen. Macht man das nicht, mutiert man zum ahnungslosen grünen Schwafler. Neurechts sein erzeugt nicht automatisch Kompetenz. Der zweite Komplex ist der agrar-politische Bereich. Wenn wir keine Subventionen an die Bauern zahlen (in der Heimatgemeinde meiner Mutter bekommen die 4 größten Bauern in etwa zwischen 50k & 75k Euro im Jahr) oder als Alternative Schutzzölle errichten, was die EU teils auch macht, gibt es keine Bauern mehr. Wenn die Bauern pleite gehen, ihre Äcker nicht mehr nach Vorschrift bewirtschaften können oder verordnet brach liegenlassen, verlieren wir Landschaftspfleger, Schneeschieben/Salzstreuen auf den Straßen, wie jetzt Teile der Hochwasserbekämpfung, freiwillige Feuerwehr, lokales Nahrungsangebot, Tod des Reitsports & was Ihnen sonst noch alles einfällt. Die Qualität der Produkte hat genauso mit den politischen Vorgaben zu tun. Ein "Markt" regelt hier erst mal gar nichts, abhaken. Schrieb nicht umsonst, daß sich die Rechte genau & in Ruhe überlegen muß, was sie denn will.

Adler und Drache

9. Januar 2024 13:05

Eine sehr nachdenklich stimmende, durchaus ratlos machende und sich wohltuend vom Triumphgeschrey und der allgemeinen Euphorie unterscheidende Betrachtung. Fast schon befreiend möchte ich die kurze Bemerkung zum "solidarischen Patriotismus" nennen - mir behagen solche Nebelkerzen (wie ich letztens auch schon beim Begriff "Remigration" einwandte und wie vor ca. anderthalb Jahren am Beispiel des Begriffs "Ethnopluralismus" hier breiter diskutiert wurde) immer weniger. Sie dienen zur Erzeugung eines Sounds, zur Stimmung und Ein-Stimmung, im Grunde zur Berauschung, wo mittlerweile Skepsis und Kühle angebrachter wären. Sie sind letztlich ungedeckte Schecks, weil keine Theorie hinter ihnen steht, höchstens Ideologie. Ich weiß auch nicht, ob man unbedingt eine Theorie braucht; jedenfalls sollte man keine vortäuschen, wo es keine gibt. 

Ekstroem

9. Januar 2024 13:15

Das Jahr 2024 beginnt in Deutschland mit einem Paukenschlag. In den Gesichtern der Politiker-Marionetten zeigt sich blanke Angst. Die Redaktion der Berliner Zeitung spricht von einer "revolutionären Situation": https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/bauernproteste-oder-revolution-warum-ich-an-die-letzten-tage-der-ddr-denken-muss-li.2174786Web.de gibt den Beitrag fast wortwörtlich wieder. 35 Jahre danach spiegelt sich 1989 in der Geschichte. Wir haben einen einen Kompass, der uns durch alle Wirrnisse führen kann: den deutschen Geist. Möge Segen sein.

Monika

9. Januar 2024 13:29

Versuch, Boden unter die Füße zu bekommen: Ich habe die Proteste gestern auf telegram/twitter und live verfolgt. Es fällt auf: 1. Die Proteste gehen über die Gruppe der Bauern hinaus, man sah Handwerkerautos, Fuhrunternehmer usw. Der sogenannte "wertsschöpfende" Teill des Volkes ging auf die Straße. 2. Die verbindende Forderung der Protestler  war die nach dem Ende der Ampelregierung. Robert Habeck machte daraus in seiner Rede gar einen Umsturzversuch. Dabei läge es an ihm, durch z.B. Rücktritt einen potentiellen Umsturz zu verhindern. 3. Die Keule von der "rechten Unterwanderung" zieht nicht mehr. 4. Die Angst der Herrschenden drückt sich aus in den MS-Medien: a) Ignorierung der Proteste: Gottseiddank konnte der "Tod des Kaisers" die Schlagzeilen einnehmen,  b) Marginalisierung ("Das Märchen von den armen Bauern"), c) Diffamierung ( "Bauern versetzen Kinder in Angst und Schrecken", Renate Künast), d) Kriminalisierung ( Bauern sind "Staatsfeinde") Fazit: Ein empfindlicher Nerv der Herrschenden ist getroffen, der im Extremfall SED-Verhaltensweisen befördert (§106 DDR-Gesetzbuch: Staatsfeindliche Hetze) Das ist die beunruhigende Erkenntnis dieses Tages.

Carsten Lucke

9. Januar 2024 14:13

@ Monika - Sie kennen also einen veganen Gerüstbauer, der nicht egoistisch in Wohnprojekten lebt, obschon er 7 der 10 Gewerke des Hausbaus beherrscht, Besitz aber ablehnt und dabei nicht mal einen trinken geht in seinen selbst genähten Gewändern aus edlem Stoff - und den wollen Sie nach den Bauernprotesten fragen ?! Na, immerhin baut er ja auch noch Obst und Gemüse an.

Monika

9. Januar 2024 14:24

Noch ein paar Gedanken, um Boden zu gewinnen:
Steckt hinter der Zerstörung nationaler Landwirtschaften eine Agenda? Man beachte auch diese Zahlen, die aufgrund ihrer schieren Größe etwas mit den Bauernprotesten zu tun haben können.  In der Ukraine sind große landwirtschaftliche Flächen in ausländischen Händen. Internationale Agrar-Konzerne wetteifern um die fruchtbare "Schwarzerde" der Ukraine. (China, USA, EU). 
 

Monika

9. Januar 2024 14:41

Letzter Versuch, der den Boden unter den Füßen tatsächlich entziehen kann:
Wenn der "wertschöpfende" Teil des Volkes durch immer mehr "nichtwertschöpfende" Teile ( etwa unqualifizierte Politiker, schlechte Lehrer, unberechtigte Bürgergeldempfänger, in Massen eingewandertes Prekariat)  durch Umverteilung materiell und auch moralisch  extrem belastet wird, dann wird sich irgendwann die Systemfrage stellen. Spätestens dann, wenn es nichts mehr umzuverteilen gibt und das Erbe aufgezehrt ist. Das kann noch einige Zeit dauern. Der Systemzerfall wird dann m.E. nicht so friedlich ablaufen wie 1989 mit der DDR geschehen. Es ist dann kein alternatives deutsches System mehr da, den endgültigen Zerfall  aufzuhalten. Und ein homogenes Volk wird es dann auch nicht mehr geben, sondern verschieden ethnische oder religiöse Interessengruppen.

Licht des Vaterlandes

9. Januar 2024 15:30

Vieles richtig gesehen. Man sollte aber von den hart arbeitenden Bauern (noch) nicht erwarten, dass sie gegen die Umvolkungspolitik Mistkübel vor Regierungsgebäuden ausleeren.Jeder Protest braucht seine Dynamik. Wer weiß schon, wie sich dieser Widerstand entwickelt, warten wir's doch erst einmal ab ! Ich war dabei, und es waren auch ungeheuer viele Handwerksbetriebe und Dienstleister dabei. Leute, die man sonst nie auf einer Demo sehen würde. Das ist ein Hoffnungsschimmer.

Buur

9. Januar 2024 15:40

Als Stiller Konsument und regelmäßiger Hörer ihrer Podcasts, hat mich dieser Artikel dazu bewogen mich hier anzumelden. 
Aus persönlicher Sicht, sicher auch aus meiner Veranlagung heraus lese ich immer gerne ihre Artikel. Als Person die der Landwirtschaft aber familiär sehr verbunden ist, vermisse ich hier eine pragmatische Sichtweise. Auch wenn sie in vielen Punkten recht haben ist mir ihr Standpunkt zu romantisch. 
Über Kirchenbücher und Steuerverzeichnisse lässt sich nachvollziehen das der familiäre Betrieb dem ich verbunden bin schon seit knapp 600 Jahren durchgängig von meinen Vorfahren bewirtschaftet wird. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde dieser als Wüst beschrieben, nach dem zweiten Weltkrieg diente der Hof kurzfristig als Unterkunft für polnische Truppen, die Stallungen waren nach einem Artillerietreffer beschädigt, die Flächen waren teilweise verpachtet weil der Hofnachfolger in Kriegsgefangenschaft war. Heimatvertriebene halfen in dieser Zeit bei der Bewirtschaftung des Hofes. Auch wenn die Zeiten nie leicht waren, es gab immer eine Perspektive. Das ist heute nicht mehr der Fall, was vielen Landwirten bleibt ist der Blick in vermeintlich bessere Zeiten. Wie Sie oft auch passend anmerken haben aber eben diese Zeiten erst dazu geführt wo wir heute sind.
 
Die Proteste und die Wut über die Maßnahmen die ja wirklich trivial erscheinen sind aber größtenteils getrieben vom Wunsch das ererbte weiterzugeben. 
Es gibt leider aber keine andere Perspektive. 
Die Grünen mögen mit vielen Dingen recht haben auch im Bereich der Landwirtschaft. Ihr Menschenbild hindert Sie aber daran sinnvolle Lösungen zu finden. 
Die CDU steht wenigstens für den Status Quo. 
Was ich wirklich schmerzlich vermisse ist Landwirtschaftspolitik von rechts. 
Keine Politik welche die Dynamik der modernen Märkte verkennt oder schinderische Arbeitsbedingungen im Nachhinein im Bilderbuch manier verklärt. 
Es sollte auch keine Politik sein die das wachsen oder weichen im Sinne des Fortschritts noch weiter anfeuert. 
Es muss eine Politik sein die sich selbstbewusst den Problemen der Moderne stellt auf Basis eines gesunden Menschenbildes. 
Eine Politik die den Familien auf den Höfen eine Perspektive bietet, eine Politik die die Höfe in der Dörfern bewahrt, ja im Idealfall sogar Wiedereinrichtern in den neuen Bundesländern eine Perspektive bietet. 
 
Mit solch einer Politik könnte sich das oppositionelle Lager die Herzen der Bauern erobern.

Klaus Kunde

9. Januar 2024 19:17

Genetische Veranlagung weckt offenbar in mir zum Thema Landwirtschaft sonderbare Verbundenheit. Mütterlicherseits bis hin zu Luthers Zeiten alles Bauern. Das Schicksal wollte für mich einen anderen Weg. Meine Großeltern, die letzten der bäuerlichen Zunft, haben in ihrem Leben gleich dreimal alles verloren. Ad 1: Zwangsrepatriierung aus Polen unter Zurücklassung aller Güter 1923. Neuanfang in der Uckermark, das Land Preußen vergab Land an Vertriebene aus ruiniertem Gutsbesitz. Harte Arbeit und staatliche Förderung. Ad 2: Ende April 1945 kam die Rote Armee über die Oder. Vor der Flucht schloß meine Großmutter den Hof ab und sagte zu meiner damals 17jährigen Mutter: „Letzte Woche habe ich die letzte Rate überwiesen, nun gehört alles uns. Und nun kommen die Russen.“ Ad 3: Erfolgreicher Wiederaufstieg bis zur Zwangskollektivierung 1960. Mein Großvater weigerte sich, für die von ihm sogenannten Bolschewisten auch nur einen Finger krumm zu machen, ließ Haus und Hof verfallen und lebte fortan von Mindestrente und Eigenanbau. Meine Mutter, die älteste und damit die Erbberechtigte der vier Schwestern, setzte sich schon 1953 nach West-Berlin ab und heiratete in eine Beamtenfamilie ein. Ohne Umsetzung sozialistischer Ideale in der DDR wäre ich sicher Bauer geworden und würde heute bei den Protesten mittun. Statt dessen stehe ich wehmütig vor den von mir verpachteten Äckern und Wiesen meiner Familie und sinniere über meine Ferien in der Kindheit, als ich mit Opa noch vierspännig zu Pferde auf seinen Feldern unterwegs war.

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