Sie plante zwei zuckerfreie erste Jahre. Sie plante, ihren Buben selbst zu betreuen in dieser Zeit. Sie plante eine bildschirmfreie Kleinkindzeit.
Natürlich sind all diese Pläne gescheitert, und die Influencer-Mom stellt es so lustig dar, als sei „es heute eben so“: Logisch werden Kinderschokolade-Produkte gevöllert („was willste machen?“), logisch wird der Junge („Ich ging psychisch auf dem Zahnfleisch“) mit 14 Monaten für sieben Stunden/Tag in die „Kita“ geschoben, und logisch findet er die Bildschirmmedien „superinteressant“. Er kann schon herumtippen!! Und wie er sich dabei freut!
Es gibt zehntausende Videos, wo Kleinstkinder gewieft mit dem Smartphone interagieren. Wer das süß findet, ist nicht ganz bei Trost.
Kleine Kinder müssen entwicklungspsychologisch lernen, zu begreifen. Das ist ganz haptisch gemeint. Das mehrdimensionale, virtuelle Internet ist für sie die reine Hölle!
Kleine Kinder müssen eine Kartoffel anfassen, eine Kastanie oder eine Walnuß. Sie müssen das Unmittelbare sinnlich erfahren: Gerüche, Geräusche, Anblicke. Ich glaube, für heutige Jungmütter ist diese notwenige Geduld und Langsamkeit noch schwieriger, als es damals für mich bereits war. Minutenlang vor einem Haufen Laub oder einem Pferdeapfelhaufen zu verharren – ja bitte, wie läßt sich denn das mit der weiblichen Emanzipation verbinden? Gar nicht! Man muß schon wissen, was man will. Und dann muß man sich am Riemen reißen. Kindererziehung ist kein Ponyhof.
Kleine Kinder haben rein gar nichts zu suchen in virtuellen Räumen. Nein, nicht mal für die zehn Minuten, in denen man „nur mal in Ruhe“ das Waschbecken reinigen oder die Nägel lackieren will. Manfred Spitzer hat in seinen Büchern über die Toxizität der Geräte für das Kinderhirn dies alles ja haargenau beschrieben.
Ich selbst rauche gelegentlich. Ich rauche nie, wenn Kinder anwesend sind. Das gleiche sollte sogar für unsere Smartphone-Nutzung gelten. Macht es ihnen nicht dauernd vor! Daß es da diese „andere Welt“ gibt! Daß sie für uns anscheinend bedeutsam ist!
Nein, diese netzfreien Kinder werden keine kulturell „Zurückgebliebenen“ sein, wenn sie (mindestens) ihr erstes Lebensjahrsiebt völlig abstinent erleben. (Da wir eher streng sind, gibt es bei uns sogar bis zum 12. Lebensjahr keinen elektronischen Medienkonsum. Bei den größeren Kindern war die Grenze noch bei 14 Jahren. Es sind „dennoch“ großartige Erwachsene geworden – die übrigens in jeder Hinsicht „mitreden“ können.) Im Gegenteil, sie werden sich der virtuellen Welt mit weitaus stabilerer Gesundheit stellen können.
Pardon, ich mag mich nicht überheben – aber ich weiß ziemlich genau, woher es kommt, wenn Viertkläßler „sich ritzen“ und Vierzehnjährige ein „Transgefühl“ bekommen. Das kommt nie „aus sich selbst“. Es wird durch frühen Medienkonsum induziert.
Es gibt für unsere kleinen Kinder eine erste, eine zweite und eine dritte Welt. Die Theorien vom „Lernen in konzentrischen Kreisen“ (Pestalozzi) und die Pädagogik der Anschauung (Comenius) mögen Jahrhunderte auf dem Buckel haben – es sind aber jene ewiggültigen Ansätze, die heute noch im Recht sind.
Ich weiß genau, wie schwierig es ist, sich nicht vom Zeitgeist korrumpieren zu lassen. Selbst ich sehe heute einige Sachen entspannter als noch vor zehn Jahren – oft weiß ich nicht genau, ob das nachlassende Anspannung oder Altersweisheit ist …
Die erste Welt ist das direkt Erlebte. Daher sind die ersten achtzehn Monate (mindestens!) so wichtig. Keine Kita-Betreuerin der Welt kann diesen wertvollen Erstbezug zu den umgebenden Dingen leisten.
Die zweite: die unmittelbar tradierten Werte und Normen. Sagen wir: der Martinszug, der Nikolaus, der Osterhase (oder Vergleichbares in nichtchristlichen Zusammenhängen). Auch das Guten-Tag-Sagen, das Platz-frei-machen für Ältere.
Die dritte Welt ist das Übergestülpte: die postkolonialen Zusammenhänge, das verkniffene Überschreiben alter Kinderbücher, die umfassende Umerziehung, der Dirigismus! Das also, was „im Internet“ stattfindet. Diese Sozialisationsagenten sind bereits im allerfrühesten Alter aktiv und adaptieren früh in „kindgerechten“ Formen.
Halten wir diese dritte Welt lieber fern von unseren Kindern!
Deutsche Frau
Ich hatte im vergangenen Jahr in einer Gaststätte miterleben müssen, wie ein Elternpaar (beide bereits älteren Semesters) ihrem schätzungsweise 2,5jährigem Sohn während des gesamten Aufenthaltes ein Smartphone vor die Nase setzten, auf dem die kleinen Finger wischten und tippten und aus welchem es permanent kreischte. Anwesend war auch die Oma des Kindes. Die drei Erwachsenen redeten kaum. Auch beim Essen hatte man dem Kleinen das Smartphone hinter dem Teller aufgebaut, damit er beim In-den-Mund-schaufeln den Blick vom Wischkasten nicht abwenden musste.Es tat mir so weh, daß ich beinahe körperliche Schmerzen erlitt und mir der Appetit komplett vergangen war. Mein Mann konnte das nicht wirklich verstehen. Und doch hatte ich nicht den Mut, an den Tisch zu gehen und ihnen mitzuteilen, was mir so zu schaffen machte, aber diesen Eltern offenbar nicht im geringsten bewußt war.Meine heute erwachsenen Kinder sind in den ersten Lebensjahren komplett fernsehfrei aufgewachsen, gerade auch in den ersten Monaten, in denen man annehmen könnte, daß sie als Säuglinge ja von dem Geflimmer nichts mitbekämen. Ihr wichtigster Spielplatz war die Natur, der Wald, mit Freunden und Eltern. Sie haben heute im Erwachsenenalter nicht einmal einen Fernseher. Ich hoffe, daß der kleine Junge das echte Leben noch erfahren und seinen Weg gehen darf.
Kositza: Ich habe diese Smartphone-hinter-dem-Kinderteller-Szenen schon so häufig erlebt, daß ich es fast als "neue Normalität" einschätze...