Auch religiöse Literatur zählt nicht zu unserem Kerngeschäft. Ja, wir sind Christen. Aber wir wissen auch, wie es um die heutige Konzilskirche bestellt ist. Gerade mit der deutschen katholische Kirche kann man sich als aufrechter Mensch kaum gemeinmachen.
Konvertiten von Alfred Sobel allerdings ist ein besonderes Buch. Wen es nicht rührt, der muß aus Eisen sein. Geschildert werden hier die Lebenswege von dreizehn „suchenden und entschiedenen“ Persönlichkeiten, die im Laufe ihres Lebens zum katholischen Christentum konvertierten.
Diese Portraits haben es allesamt in sich.
Ich stelle in diesem Buch 13 außergewöhnliche Menschen vor, die eine Lebenswende vollzogen haben und zum Katholizismus konvertierten. Es sind Persönlichkeiten, die oft gegen den Strom schwammen und ihren eigenen Weg gegangen sind, ohne auf das zu hören, was andere sagten. Sie waren auf der Suche, kannten die Abgründe des Lebens – auch ihre eigenen –, um irgendwann zum christlichen Glauben und zum Katholizismus zu finden!
Wir lesen hier eminent tiefe, zutiefst ernste Glaubenszeugnisse – am berührendsten ist vielleicht katholische Bekenntnis des „verrückten“ Medientheoretikers Marshall McLuhan. Auf ihn (1911–1980) wurde schon vielfach in dieser Zeitschrift rekurriert – allerdings stets ohne Beachtung seines religiösen Wegs.
Auf seinem akademischen Weg erwarb sich McLuhan als strikter Agnostiker eine profunde Kenntnis katholischer Denkweisen, Philosophie und Theologie. Es war ein bloßer Nebeneffekt seiner Studien. Er glaubte nicht. Er lernte aber, daß der Glaube aus Gnade erwachse, und er wollte es „herausfinden“. Entweder war das alles wahr, „und zwar alles, wie es die Kirche behauptete“, oder es war der größte Schwindel, dem eine leichtgläubige Menschheit über zwei Jahrtausende auf den Leim gegangen war.
„Ich bin auf Knien in die Kirche gekommen.“ Nämlich: Er betete „einfach“ zwei, drei Jahre ein einfaches Wort: „Zeig es mir.“ Ihm wurde es gezeigt, und er riet später: „Sie müssen an der Tür Gottes klopfen und immer wieder klopfen, und er wird ihnen antworten.“ Für McLuhan bestand der Glauben eines Katholiken nicht primär in einem Verstandesakt, sondern in einer „geistlichen Wahrnehmung.“ Klar, daß er stets am „Marsch für das Leben“ teilnahm und die Abschaffung der lateinischen Messe bedauerte. Sie sei nun „lahmer und lascher“ geworden, schrieb er 1972.
Andere Konversionsporträts sind ähnlich hervorzuheben. Nehmen wir nur die furiose, mittlerweile fast vergessene Ex-Linke Karin Struck (1947- 2006). Die Struck, die 1992 im Zorn ein TV-Duell (zur Abtreibungsfrage) mit Angela Merkel verließ und dabei Scherben verursachte! Erst 1996 war diese Femme fatale, die selbst abgetrieben hatte und viehisch darunter litt, zum Katholizismus konvertiert. Vor ihrem qualvollen Krebstod erinnerte sie sich: „Finde es heute erstaunlich, dass meine atheistische Phase so lange gedauert hat. Im Kern war Gott schon immer da.“
Oder nehmen wir den Dadaisten Hugo Ball und seine (zuvor ruchlose, sich prostituierende) Frau Emmy Hennings. Wie schrieb sie in ihrem Tagebuch: „Es ist möglich, dass sich der Liebesgrad einer Frau nur nach dem Priesterlichen im Manne richtet. Jedenfalls ist doch das Heilige im Manne die eigentliche, die ursprüngliche Sehnsucht der Frau.“ Emmy suchte innig nach einem Mann, „mit dem sie beten“ könne.
Eines der umfangreichsten Porträts ist Ernst Jünger gewidmet. Ähnlich berückend sind die Lebensbilder der Frauenrechtlerin Elisabeth Gnauck-Kühne, des Juden Leonhard Adler und des traditionalistischen, verschrobenen Pfarrers Quintin Montgomery-Wright.
Dieses Buch nennt man katholischerseits womöglich eine Gnadengabe. Es sei vor allem aber Agnostikern zur Lektüre anempfohlen. Tolle, lege!
– – –
Alfred Sobel: Konvertiten. Katholisch geworden. 13 Porträts, Ostfildern: Patmos. 201 Seiten, 24 € – hier bestellen.
Volksdeutscher
Natürlich kann man von der Form auf den Inhalt schließen und umgekehrt, aber ob es zwischen Form und Inhalt eine unmißverständliche, unhinterfragbare, unauflösbare Verbindung gibt, wird man niemals lückenlos erschließen. Wie hatte doch Oscar Wilde formuliert: "Those who go beneath the surface do so at their peril. Those who read the symbol do so at their peril."
Auf seinem Totenbett konvertierte auch er zum Katholizismus. Warum aber so spät? Wollte er das schon immer, stand aber er unter dem Bann seiner protestantischen Mutter, die ihm drohte, ihn zu verstoßen, falls er zum Katholizismus konvertiere? Wenn man Wildes Texte über Religion und religiöse Dinge liest, fällt auf, daß er in aller Regel nur von der ästhetischen Seite des Katholizismus schreibt, so z.B. der Schönheit der Lithurgie und der katholischen Prozessionen, aber höchst selten von Glaubensinhalten: Die Welt des Künstlers wird nicht auf dem Boden der Moral erbaut. Um es zu verkürzen: Wilde predigt zu häufig von der Form, selten vom Inhalt. Schwer sich vorzustellen, wie man seiner Konvertierung unter diesen Umständen Echtheit beimessen kann. War sein spätes Bekenntnis eine rein äußerliche Geste der Selbstdarstellung, die quasi religiöse Rolle eines Künstlers auf dem Totenbett als seiner letzten Bühne? Oder war Wildes Konvertierung einer ernsten seelischen Not folgend und bedeutete ihm mehr als eine Blume im Knopfloch? Auf diese Fragen gibt der Ästhet und der Moralist je nach Standort verschiedene Antworten.