Niemand kann sich auf solche Willkürakte vorbereiten. Man kann sich für den Fall der Fälle um Schadensbegrenzung bemühen, aber man wird nichts über klare linke und rechte Grenzen erfahren, solange solche offensichtlich parteipolitisch motivierten Akte als notwendige staatliche Maßnahmen zum Schutz der Demokratie verkauft werden.
Schon die Beobachtung der Zeitschrift Compact mit geheimdienstlichen Mitteln war eine Farce. Zeitschriften muß man nicht beobachten, man kann sie lesen. Zeitschriften betreiben keine Politik, sondern tragen zur Meinungsbildung bei. Sie dürfen parteiisch sein – vor allem dann, wenn sie nicht die Meinung der Regierung abbilden, nicht von Zwangsgebühren leben, sondern selbständig wirtschaften.
2. Das Unternehmen Compact ist zum Verein erklärt und dann verboten worden.
§ 2 Abs. 1 des Vereinsgesetzes regelt nämlich, was ein Verein ist.
Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.
Aufgrund dieser weiten Definition ist es dem Staat möglich, nahezu jede Gesellschaftsform zu verbieten, soweit sie unter den Vereinsbegriff des § 2 Abs. 1 VereinsG fällt, indem „ohne Rücksicht auf die Rechtsform“ ein Unternehmen als Verein eingestuft werden kann. Davon ausgenommen sind lediglich politische Parteien und Fraktionen des Deutschen Bundestages (§ 2 Abs. 2 VereinsG).
Compact wurde als GmbH geführt und als Verein verboten. Das ist nichts weiter als eine juristische Absicherung willkürlichen Verhaltens durch Gummidefinitionen. Das ist die Aushebelung der Pressefreiheit über das Vereinsrecht.
3. Selbst Zeitschriften, die (nach objektiven, nicht nach parteipolitischen Kriterien!) verfassungsfeindliche Inhalte verbreiten, müssen erscheinen und ihre Inhalte verbreiten dürfen.
Das ist der Kern des Beschlusses, den die 3. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts am 22. Juni 2018 faßte. Er ist unter der Nummer 1 BvR 2083/15 abgelegt und hier auffindbar.
Dieser Beschluß sagt im Wortlaut, daß „die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ansichten“ noch kein Grund sei, die Meinungsfreiheit durch Verbote zu beschränken:
Vielmehr sind von ihr auch offensichtlich anstößige, abstoßende und bewusst provozierende Äußerungen gedeckt, die wissenschaftlich haltlos sind und das Wertfundament unserer gesellschaftlichen Ordnung zu diffamieren suchen.
Compact nun ist selbst nach objektiven Kriterien keine Zeitschrift, die als verfassungsfeindlich eingestuft werden dürfte. Aber selbst dann, wenn sie, wie derzeit, aus partei- und symbolpolitischen Erwägungen heraus als gesichert rechtsextremistisch markiert und bloßgestellt wird, müßte sie ihre Tätigkeit fortsetzen können dürfen.
Vermutlich wird Compact deshalb den Prozeß um das Verbotsverfahren gewinnen. Ganz sicher aber werden mindestens Monate, eher Jahre ins Land gehen, bevor eine solche Entscheidung feststeht.
4. Wer im Falle des Compact-Verbots juristisch denkt, hat das Wesen des Politischen nicht verstanden.
Das transformatorische Projekt der vergangenen Jahrzehnte konnte nur mittels einer Ausrichtung von Staatsmitteln gegen den Widerstand in Gang gesetzt werden. Worum es geht, hat Nancy Faeser in ihrer Verbotsbegründung unverblümt geäußert:
Unser Verbot ist ein harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene. Das Verbot zeigt, dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen. Unser Signal ist ganz klar: Wir lassen nicht zu, dass ethnisch definiert wird, wer zu Deutschland gehört und wer nicht. Unser Rechtsstaat schützt all diejenigen, die wegen ihres Glaubens, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder auch wegen ihrer demokratischen Haltung angefeindet werden.
Verfassungsschutz, Staatsmedien und Verbotsmöglichkeiten gegen die Opposition zu richten, ist nicht juristisch abgesichert, sondern war politisch gewollt und wird politisch durchgesetzt. Diese Staatsmittel helfen dabei, eine Staatsidee umzusetzen, die gegen das Volk gerichtet ist.
Dies funktioniert, weil es ein Verwaltungs- und Vollstreckungsablauf ist, dessen Räderwerk sich nicht für politisch, sondern für staatlich neutral hält. Wir haben es mit der Banalität der Zuständigkeit und des Ablaufs zu tun.
Die Polizeibeamten, die heute früh Elsässer im Bademantel stellten, die Behörde, die zuvor die Medien informiert hatte, die Medienvertreter, die der wehrhaften Demokratie bei ihrer Arbeit zuschauten – sie alle funktionieren und würden, gefragt, erklären, daß sie nicht politisch gehandelt haben. Ihrem Selbstverständnis nach gehorchen sie Anordnungen und Befehlen und sind Glieder einer Kette.
Elsässer irrte, als er vor Jahren dachte, Polizei und Bundeswehr könnten im Sinne des Widerstandsrechts mit Erfolg zur Befehlsverweigerung aufgerufen werden. Sie zerschlagen Teile der Opposition und würden dies auch tun, kämen die Anordnungen von der anderen Seite des politischen Spektrums.
5. Der sogenannte Rechtsstaat schützt den Bürger im entscheidenden Moment vor gar nichts.
Die Macher des Compact-Magazins erfahren nun am eigenen Leibe, daß der Rechtsstaat nie präventiv schützt, sondern nur einklagbare Rechte suggeriert. Diese Lektion konnte spätestens während der Corona-Maßnahmenjahre jeder lernen, der etwas lernen und Phrasen auf ihren Gehalt hin abklopfen wollte.
Rechtsmittel gegen staatliche Willkür einzulegen, ist ein zutiefst demütigender Vorgang. Die Versessenheit auf die Rechtmäßigkeit von Handlungen ist eine deutsche Manie. Sie läßt uns Irrtum wahrnehmen, wo politischer Wille am Werk ist. Sie geht von einem Rechtsfrieden aus, den es im Politischen nicht geben kann.
Schutz vor Willkür in der Verfolgung rechter Strukturen können nur veränderte Machtverhältnisse bieten.
6. Solidarität ist ein Wort, das sich leicht dahersagen läßt.
Stand with Ukraine und Stand with Israel sind Slogans jenes Gratismutes, der es einem erlaubt, einfach so weiterzuleben wie bisher. Niemand in Deutschland hat aufgrund dieses Bekenntnisses sein Leben geändert, und die paar Dutzend Männer und Frauen, die sich tatsächlich an die Seite derer stellten, denen die Parole gilt, fallen nicht ins Gewicht.
Solche “Solidarität” zu äußern heißt, das gute Gefühl einzuheimsen und die Kosten der Allgemeinheit aufzubürden – das war schon während der Flüchtlingskatastrophe so, das wird immer wieder so sein.
Stand with Compact – was hieße das? Es hieße, das Verbot nicht zu akzeptieren. Das kann für jeden, der es äußert, gefährlich insofern werden, als es weiteren Verboten Argumente lieferte.
Jürgen Elsässer, Paul Klemm und anderen unmittelbar Betroffenen Solidarität zu signalisieren – das ist etwas anderes. Konkrete Unterstützung ist möglich. Sie wird organisiert werden und sollte in der Hand seriöser Vermittler liegen. Jeder, der vom Verbotsverfahren profitieren möchte, ist unerwünscht.
7. Es hätte auch den Verlag Antaios und die Zeitschrift Sezession treffen können.
Wir meinen nicht, irgendetwas besser gemacht zu haben als Compact. Wir haben es von Anfang an anders gemacht, zielen deutlich weniger auf ein breiteres Publikum, sind nachdenklicher und insgesamt vorsichtiger mit Prognosen.
Aber uns wird eine andere Art des Einflusses auf die gesamte oppositionelle Szene nachgesagt, als Compact ihn hatte, und Faeser hat uns neben drei anderen Projekten als eines derjenigen markiert, die man als “geistige Brandstifter” aus dem Rennen nehmen sollte.
Wir haben unseren Verein vor einem halben Jahr aufgelöst und zwei Unternehmergesellschaften (UG haftungsbeschränkt) gegründet. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß die Definition des Vereins eine „Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen“ voraussetzt. Das heißt automatisch, daß eine Ein-Mann-UG im Umkehrschluß kein Verein sein kann, weil es am Tatbestandsmerkmal der Mehrheit mangelt.
Auch wir sind also nicht frei von der Vorstellung, man könne es dem politischen Willen der Machthaber organisatorisch etwas schwerer machen.
Entscheidend ist etwas ganz anderes: Der Kern desjenigen, der selbständig handelt und einer Idee Gestalt gegeben hat, ist unverletzbar. Wir haben keine Angst vor der Macht und ihrem willkürlichen Einsatz. Wir sind Zeigerpflanzen. An uns wird etwas deutlich.
das kapital
Erst der Anschlag auf Trump. Dann der Anschlag auf Compact. Und dann der Anschlag von der Leyens auf Orbans Politik. Der wird abgesetzt wie Merkel den kurzzeitigen Thüringischen MP per Befehl aus Südafrika abgesetzt hat. So stelle ich mir Rechtsstaat, Demokratie und bürgerliche Freiheiten im besten Deutschland aller Zeiten vor. Fühlt sich irgendwie so an, als wäre der 16. Juli ein 30. Januar. Wann ist Antaios dran, wann Tichy, wann eigentümlich frei, wann ach gut, wann die Junge Freiheit. 1938 wurde die Frankfurter Zeitung als letzte landesweit gleichgeschaltet. Wie lange dauert es heute ?