Kältebad und Katastrophe – ein Text von Jörg Seidel

Im Streitgespräch mit Martin Sellner stellte Götz Kubitschek fest, daß es sich in diesem Land noch immer lohne, zurechtzukommen, sich anzustrengen, weiterzumachen, auch gegen die systemischen Hindernisse. Es lohne sich für den Einzelnen noch immer, das staatliche Versagen hinzunehmen, stille zu halten, sich anzupassen, keinen Widerstand auszuüben.

Kubit­schek sag­te das beschrei­bend, nicht emp­feh­lend, und das ist, denkt man den Satz wei­ter, ein tie­fer Gedan­ke. Er erklärt, wes­halb Deutsch­land auch bis auf Wei­te­res sehen­den Auges in die Kata­stro­phe rennt.

Im Land haben sich solch enor­me Reich­tü­mer ange­sam­melt, Din­ge also, die man ver­lie­ren könn­te, daß die Sor­ge vor dem unmit­tel­ba­ren Ver­lust die vor dem Gesamt­nie­der­gang bei wei­tem über­ragt. Ob Haus, Grund­stück, Ver­mö­gen, Ver­si­che­run­gen, Ren­te, Auto, Beruf, Arzt, Urlaub oder die bür­ger­li­chen Frei­hei­ten, sie alle bin­den die Men­schen an die Aktionslosigkeit.

Was in die­ser Lage getan wer­den kann, ist poli­tisch vor­ge­ge­ben: man kann einer Par­tei bei­tre­ten, alle paar Jah­re wäh­len gehen und schein­ba­re Merk­zet­tel ver­tei­len, man kann leicht auf­müp­fi­ge Feuil­le­to­nis­ten lesen, sich halb­wit­zi­ge Sati­ri­ker anschau­en und viel­leicht auch mal beim Stamm­tisch mit der Faust auf den Tisch hau­en und alles verfluchen.

Aber ändern kann man nichts. Die poli­ti­sche Ohn­macht fin­det kein Ven­til; nicht, weil es nicht genü­gend Wut gäbe, und auch nicht nur, weil kaum öffent­li­che Aus­bruch­mög­lich­kei­ten in wirk­lich rele­van­ten Medi­en­for­ma­ten ange­bo­ten wer­den, son­dern vor allem, weil wir alle an unse­rem mehr oder weni­ger hart Erar­bei­te­ten oder Ererb­ten hän­gen und nicht bereit sind, uns davon unab­hän­gig zu machen. Mas­sen­me­dia­le Indok­tri­nie­rung, sozi­al­staat­li­che Kis­sen – auch wenn sie all­mäh­lich här­ter wer­den – und gele­gent­li­che Zur­schau­stel­lung der mög­li­chen Repres­si­ons­mit­tel bei Unge­hor­sam leis­ten ein Übriges.

Wider­stand ist bei ein­fa­chen, mit­tel­lo­sen, armen, ent­rech­te­ten Men­schen viel wahr­schein­li­cher als in satu­rier­ten Gesell­schaf­ten. Des­halb konn­ten die Ideen von Marx, Engels und Lenin im Gro­ßen gese­hen – auf der Basis der Exis­tenz eines unter unvor­stell­ba­ren Lebens­be­din­gun­gen vege­tie­ren­den Indus­trie­pro­le­ta­ri­ats – „zur mate­ri­el­len Gewalt“ wer­den und des­halb gehen just heu­te noch und im Mikro­sko­pi­schen jene Iren in Dub­lin gegen die poli­tisch ver­ord­ne­te Migra­ti­ons­ak­zep­tanz in ihren her­un­ter­ge­kom­men Vier­teln auf die Stra­ße, deren Distanz zum Boden viel gerin­ger ist als zum Him­mel, und des­halb gibt es auch in jenen Stadt­vier­teln von Leeds Riots, wo der sozia­le Boden­satz aus Rumä­ni­en oder Ban­gla­desch sich konzentriert.

Dabei ist es weni­ger der mate­ri­el­le Reich­tum an sich und sei­ne aktu­el­len Kon­sump­tio­nen, der bin­det, son­dern die Sicher­heit und zukünf­ti­ge Plan­bar­keit des Lebens, die er ver­spricht. Man sagt ja auch, jemand sei finan­zi­ell abge­si­chert, und das heißt: in der Zeit, in der Fer­ne. Die eigent­li­che Wäh­rung des Reich­tums sind nicht Mark, Euro, Dol­lar oder Bit­co­in, son­dern es ist die Aus­sicht auf über­ra­schungs­freie, plan­ba­re Zukunft, es sind die Mög­lich­kei­ten und es ist die gesi­cher­te kom­men­de Zeit.

Es bräuch­te schon die Weis­heit und Gelas­sen­heit eines Jesus, Bud­dha oder Sene­ca, um den Gedan­ken „Dar­um sorgt nicht für mor­gen, denn der mor­gi­ge Tag wird für das Sei­ne sor­gen. Es ist genug, daß jeder Tag sei­ne eige­ne Pla­ge hat“ (Mt. 6,34) als Beru­hi­gung emp­fin­den zu kön­nen. Der moder­ne Mensch ist dadurch cha­rak­te­ri­siert, daß er die­ses Zutrau­en in das Geschick ver­lo­ren hat.

Moder­ne ist ein Ver­wöh­nungs­pro­zeß, „sie will Gegen­wart ohne Trä­nen. Für sie ist Kul­tur der Zustand, wo sich die Fra­ge nach der Her­kunft des Was­sers durch die Exis­tenz von Was­ser­häh­nen beant­wor­tet“. (Slo­ter­di­jk)

Die bun­des­re­pu­bli­ka­ni­sche, ja, die gesam­te west­li­che Gesell­schaft geriet im Coro­na-Wir­bel nicht pri­mär aus Angst vor dem Virus oder aus dem ver­meint­li­chen Ver­lust der bür­ger­li­chen Frei­hei­ten in einen Schock, son­dern weil man plötz­lich begriff – und zwar in allen Gesell­schafts­krei­sen, ins­be­son­de­re in den bes­ser­si­tu­ier­ten –, daß das Leben per se noch immer ein unplan­ba­res Etwas ist. Ob Natur, ob Markt (2008), ob Migra­ti­ons­cha­os (2015) oder ob Krieg …, der­ar­ti­ge Ereig­nis­se machen in immer schnel­le­rer Abfol­ge den Illu­si­ons­cha­rak­ter von Plan­bar­keit und Sicher­heit offenkundig.

Alles kann von heu­te auf mor­gen ver­schwin­den, der Traum vom guten Aus­kom­men bis ans Lebens­en­de und über Gene­ra­tio­nen hin­weg zer­plat­zen. Mehr noch, die­se Fast-Kata­stro­phen brin­gen uns in Erin­ne­rung, daß der Abbruch von Lebens­kon­ti­nui­tä­ten in der gesam­ten Geschich­te der Mensch­heit der Nor­mal­fall war und daß unse­re acht Jahr­zehn­te Frie­den und Pro­spe­ri­tät ein his­to­ri­sches Freak-Ereig­nis darstellen.

Das führt suk­zes­si­ve zu neu­en Hand­lungs­ten­den­zen. Erst wenn Men­schen die Zukunft nicht mehr vor­aus­pla­nen kön­nen, wenn ihnen die eige­ne und die Sicher­heit der ihren abhan­den gekom­men ist, gera­ten sie in Hek­tik, nei­gen zu abrup­ten Ent­schei­dun­gen, las­sen sie sich von Kata­stro­phen­stim­mun­gen über­man­nen, wer­den bereit, das gesi­cher­te Gewe­se­ne einem unsi­che­ren Kom­men­den – gemein­hin als Hoff­nung, Rache oder Revo­lu­ti­on bezeich­net – zu opfern. Sie sind dann bereit, aus Desas­tern oder dro­hen­den Kata­stro­phen zu ler­nen und in die­sem Lern­pro­zeß auch per­sön­li­che Risi­ken einzugehen.

Es bedarf dazu aber einer hin­rei­chend gro­ßen Kata­stro­phe, die ande­rer­seits aber auch nicht zu groß, nicht alles­ver­nich­tend, nicht resi­gna­tiv sein darf. Peter Slo­ter­di­jk stell­te sich in sei­ner frü­her Arbeit „Euro­tao­is­mus“, im Abschnitt „Wie­viel Kata­stro­phe braucht der Mensch?“ die Frage:

Wel­che Grö­ßen­ord­nung müß­te eine Kata­stro­phe haben, ehe von ihr der erwar­te­te all­ge­mei­ne Erkennt­nis­blitz aus­strahlt? Von wel­chem Punkt an wären Kata­stro­phen Evi­denz­grün­de für radi­ka­le men­ta­li­täts­ver­wan­deln­de Einsichten?,

um frei­lich zu dem Schluß zu kom­men, daß

es offen­bar kein quan­ti­ta­ti­ves Maß gibt, das als ‚didak­tisch‘ zurei­chen­de Grö­ße des Unglücks ange­nom­men wer­den könnte.

Das „Coro­na-Deba­kel“ hielt Slo­ter­di­jk an ande­rer Stel­le für das „rich­ti­ge For­mat“, um als „Warn­ka­ta­stro­phe“ (C. F. v. Weiz­sä­cker) wir­ken zu kön­nen – schon drei Jah­re spä­ter kön­nen wir kon­sta­tie­ren, daß dies zu opti­mis­tisch gedacht war.

Die Gat­tung betref­fend, sieht Slo­ter­di­jk jeden­falls kei­ne edu­ka­ti­ve Mög­lich­keit, denn

die Mensch­heit ist a prio­ri lern­be­hin­dert, weil sie kein Sub­jekt ist, son­dern ein Aggregat.

Das dürf­te in Slo­ter­di­jks Les­art auch für Groß-Enti­tä­ten wie Völ­ker gelten.

Vor­aus­ge­setzt, die­se Über­le­gun­gen tref­fen die Rea­li­tät, dann dürf­te Kubit­scheks Idee des „Käl­te­ba­des“ für ein Volk oder eine Nati­on, sofern man es als Kneipp­kur, als Abhär­tung, als Erwe­ckung aus dem Schlum­mer in den wei­chen, war­men Bade­tü­chern ver­steht, eben­so zu den Dampf­fi­gu­ren gehö­ren, die mit Öff­nung der Tür, mit dem Anwer­fen des Ven­ti­la­tors zerstäuben.

Die kom­men­de Käl­te oder Kata­stro­phe, wenn sie geschichts­wirk­sam wer­den soll, wird zuerst zur Ver­ein­ze­lung füh­ren, zum Ret­te-sich-wer-kann und was-er-kann und erst, wenn die her­un­ter­ge­kom­me­nen Par­ti­kel sich erneut als sich Ähn­li­che ver­sam­meln, ent­steht wie­der ein geschichts­re­vo­lu­tio­nie­ren­des Poten­ti­al. Das Leid, die Käl­te muß indi­vi­du­ell und exis­ten­ti­ell erfah­ren wer­den, es muß von vorn, von ganz unten, vom Null­punkt ange­fan­gen wer­den, denn ein biß­chen mehr Käl­te ist immer noch zu warm, ist noch immer ver­tei­di­gungs- und lohnenswert.

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Kommentare (33)

das kapital

24. Juli 2024 16:58

Deutschland nervt. 1984 war ich hier froh und glücklich und habe es geliebt. Das Deutschland, das ich finde, liebe ich nicht mehr. Das Deutschland, dass ich liebte, finde ich nicht mehr. Also ist es Zeit, Land zu gewinnen. Möglichst ein anderes. Das Maß an systematischer Fremd- wie Selbst- und Zukunftszerstörung wird zunehmend unerträglich. Der Krieg gegen Rechts macht das soziale Leben zunehmend unerträglich und führt zu Umgangsformen, denen ich mich vor 40 Jahren nicht aussetzen musste. Wenn das jetzt kollektiv so wird, dann gibt es bestimmt Länder, in denen der Umgang unter "Normalen" besser funktioniert. Ich möchte einfach nicht mehr in einem Land leben, das jeden perversen Scheißdreck zur Staatsräson erklärt und vom normalen Leben nicht mehr genug übrig lässt. Wenn ich mit afghanischen Messerstechern hätte leben wollen, dann wäre ich längst nach Afghanistan gezogen. Wenn Baerbock da 5.000 mit gefälschten Papieren einfliegt und 10.000 weitere einfliegen will, dann ist das nicht mehr mein Land. Es zeichnet sich bei den vorhandenen Strukturen, hirnverbrannten Parteien und Regierungen und Verbänden und Konzernen, die den ganzen Dreck seit 1998 mitmachen einfach keine Zukunftsperspektive ab. Blackrock hat sich Merz schon als potentiellen Kanzler von 2025 bis 2029 eingekauft. Was sollte sich dann mit Agora Graichen und Habeck noch zum Besseren wenden ?

Diogenes

24. Juli 2024 18:29

Die verdorbene Mentalität des so bezeichneten "Rette-sich-wer-kann"-Egoismus eines theoretisch-angenommenen, die Masse im Mark erschütternden, Kataklysmus, entsprechend den Mechanikus Diaboli bewegend (das Triebhafte/Gierige fördernde Wirkmacht der bösen Tat), trifft vollständig (wie der Betrachter am Beispiel der antivölkischen, maßlosen VSA-Gesellschaft erkennen kann) auf rein materialistische Bevölkerungs- und Staatssysteme zu, welche keinen über Jahrtausende organisch-gewachsenen Grund und Halt aus dem mehrschichtigen Abstammungs- und Sinn-Gewebe der Formen, Farben und Klängen von Heimat, Volk und Nation im einander vertrauensvollen und gesunden Volksempfinden widerspiegeln. Bricht die materialistische Grundlage weg, das Durcheinanderwerfen der Dinge und was Ungleichgewichte in der Welt schafft; das auf der einen Seite beständige Hinzufügen um aufbauen zu können und das eben so beständige Wegnehmen/Ausbeuten auf der anderen Seite, schlagen sich die nicht mehr aus dem Prinzip Begünstigten gegenseitig die Köpfe ein. Nur was an Menschenvölkern Halt durch tiefgründige Wurzeln findet, lebt und trotzt den Stürmen von Zeit und Raum, während oberflächliche Beliebigkeit vom Winde verweht kein Kollektives Erinnern und damit auch kein Ahnenerbe als Volkscharakter einprägt.

Simplicius Teutsch

24. Juli 2024 19:53

@ das kapital … Gefällt mir nicht, was Sie da inhaltlich berichten. Doch ich muss Ihnen leider recht geben und zustimmen. – Aber gehen werde ich nicht. Wohin auch? 
 
PS: Die >Kirche< haben Sie bei Ihrer Aufzählung der „Hirnverbrannten“ vergessen.

mons

24. Juli 2024 20:41

Das Deutsche Volk führt einen Krieg gegen sich selbst. Wenn es siegt, ist es verloren.

Heino Bosselmann

24. Juli 2024 20:55

Starker Text. - Sie rufen zum einen mit dem Existential der Sorge, zum anderen mit dem Prinzip der Kontingenz etwas immens Wesentliches auf. In beidem liegt jedoch nicht allein eine Tragik oder Angst, sondern gleichfalls eine Art umfassender Gerechtigkeit.Zudem: Alle notwendigen Korrekturen münden nur in eine neue Vorläufigkeit und werden keine finale Glückseligkeit herstellen. Trivialer: Sollte es zu Veränderungen kommen, wie auch immer sie erfolgen, wird danach nichts Eigentliches besser sein, sondern es bleiben wiederum a) das Existential der Sorge und b) das Erleben und Erleiden der Kontingenz.Von der Stoa über das Christentum bis zum gesunden Menschenverstand stehen uns Angebote zur Verfügung, über die wir uns zurüsten können. Und nicht immer ist der Aktionismus eine Befreiung, sondern eher der Schritt zurück, der Abstand, die Distanz, das Ausweichen ins Abseits oder in eine feste eigene Lebensart.Unfreiwillig tragikomisch etwa, wie träumerisch sich Protagonisten der AfD der Hoffnung auf eine prinzipielle Verbesserung des deutsches Geschicks hingeben, einer Hoffnung, die in Anbetracht allzu irreversibel verlaufener Prozesse kaum einzulösen sein wird.Was als „Befreiung“ verheißen wurde, führte oft ins Elend, so, wie die Forderung nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sich nicht nur als dümmlich-illusorisch, sondern als katastrophal erwies – mindestens für Einzelne, wenn nicht gar fürs große Ganze.

Paavo

24. Juli 2024 23:24

Hier scheint kaum jemand Hoffnung für die Zukunft zu haben. Quasi nur Untergangsszenarien, Thanatoskultur. Leider bezeichnend für die jungkonservative deutsche Neue Rechte. Aber wie will man dann Deutschland in eine gute Zukunft führen, mit den anderen Nationen und Völkern eine gute Zukunft für Europa entwerfen? 

das kapital

25. Juli 2024 06:04

@ Simplicius vorzugsweise ins Land, wo die Zitronen blühen. Ist zwar auch nicht perfekt, aber kulturell viel schöner. Bezüglich der EKD, der Diakonie, der Deutschen Bischofskonferenz und in Teilen auch der Caritas haben Sie leider weitgehend recht. Markus Voss und Olaf Latzel wären da leuchtende Ausnahmen. 

Maiordomus

25. Juli 2024 08:36

@Bosselmann. Das mit dem "starken Text", was ich bei Seidels Vorgängertext nicht geschrieben hätte, kann ich nur bestätigen, einer der gut schreibenden Mitarbeiter. Bedaure aber,  dass Sie selber wieder etwas stark in den bei Ihnen von anderen auch schon kritisierten melancholischen Pessimismus zurückfallen. 
Zum Text selber. Ich gehöre zu denjenigen, die mit Sloterdijk, übrigens meinem Jahrgänger, Mühe haben. U.a. hat er sich wie viele andere als Romanautor blamiert. Popper pflegte belletristische Versuche v. Kollegen u. Schülern "Scheisse" zu nennen. Sicher hat er zu viele Geschwätztexte produziert.  Er weiss zu wenig, was er nicht weiss, aber hier wird aus seinen stärksten Texten zitiert.  Vor mehr als 20 Jahren war sein Humanismus-Vortrag epochal, der an Bedeutung noch zunimmt. Spricht er doch an, dass Humanismus in Gottes Namen auch "Selektion" bedeutet. Würde dies derzeit von der bekannten Oppostionspartei postuliert, es wäre wieder ein "Faschismus"-Argument mehr. Jongen wiederum hätte besser konsequent die Nachfolge Sloterdijks anstreben müssen als sich in die Politik zu begeben, wo er die angestrebte Wertschätzung selbst im eigenen Lager nur bedingt erfährt. Antaios sollte sich, wie mir einer der besten Autoren, die hier publizierten, dieser Tage anvertraute, aus dem direkten politischen Aktivismus heraushalten.  
 

kikl

25. Juli 2024 08:47

Sind das jetzt nicht auch Weltuntergangsszenarien, mit denen uns die Linken seit Jahr und Tag manipulieren? Soll das Volk zum Protest durch Angstmache manipuliert werden?
Für mich fühlt sich diese Verzagtheit wie ein Schrei nach Liebe an. Man gibt sich als vollkommen mutlos, damit einen die Mitstreiter tragen. So saugt man die Kraft und Energie seiner Umgebung auf.
Damit raubt man allerdings denjenigen Menschen, die noch Hoffnung haben, die Kraft zum Widerstand. Zuletzt wird das Gejammer zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung und am Ende sagen die Zauderer, ätsch ich habe doch Recht behalten - und dabei deine Kraft und deinen Mut in mich aufgesogen.
Ich halte davon nichts und wünsche mir deshalb mehr Sellner und weniger Kubitschek. Konstruktive Kritik und zielgerichtetes Handeln und Denken sind jetzt gefragt.

Maiordomus

25. Juli 2024 08:48

@Paavo. Sie sehen, dass ich ähnlich denke wie Sie. Habe aber selber mehr Mühe denn je, nächste Woche als geladener Festredner zu einem optimistischen Patriotismus aufzurufen. Wenn indes ein früherer Bundeskanzler zu sagen pflegte: "Die Lage war noch nie so ernst wie heute", wirkte er immer irgendwie verschmitzt. Wohl weil er mit seinem eigenen Leben innerlich schon abgeschlossen hatte. 

Schobbepetzer

25. Juli 2024 09:12

@KapitalSehr guter Text, genau mein Empfinden vor drei Jahren. Habe in der Konsequenz mit der Familie die Koffer gepackt. Alles besser? Ja, vieles, aber nicht alles.
In den letzten Monaten kam innerlich öfter die Frage auf: "Weggerannt? Keine Widerstandsfähigkeit? Vaterlandsverrat?" Dazu fand ich einige Äußerungen von Sellner im Diskurs mit GK interessant. Bin noch nicht ganz mit mir im Reinen.
Auch die Frage, ob Land an Volk gebunden ist, oder ob Volk bzw. Volksgemeinschaft größer und auch grenzenüberschreitend ist. Grenzüberschreitend in einem patriotischen Sinne. Ja, ganz loslassen kann ich nicht von der Heimat. Das Band bleibt. 
In einem Interview fragte eine links-woke Journalistin einen Shaolinmönch, ob die Bezogenheit auf die Lösung der inneren Konflikte, die im Buddhismus gepflegt wird, nicht sehr egoistisch ist. Sie überlegt sich stärker in die Flüchtlingshilfe einzubringen, um einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten.Der Mönch: "Lös erstmal Deine Probleme, bevor du dich an die Großen ranmachst."In aller Kürze bringt es das auf den Punkt, viele der Linken sind voll mit persönlichen familiären Problemen. Mit der derzeit herrschenden Politik versuchen sie das aufzuarbeiten. Ob das auch für Rechte gilt? Werde in den nächsten Tagen darüber nachdenken.

Mboko Lumumbe

25. Juli 2024 09:26

Guten Morgen Paavo, 

schön, dass Sie hierher gefunden haben, damit besteht ja noch Hoffnung für Sie. Doch Sie müssen sich nicht nur negativ und abwertend hier äußern und Sie dürfen sich gerne selbst in die konstruktive rechte Diskussionskultur einbringen *zwinkersmiley*
 
Was sind denn Ihre eigenen und ganz konkreten Vorschläge, um "Deutschland in eine gute Zukunft zu führen und mit den anderen Nationen und Völkern eine gute Zukunft für Europa zu entwerfen?"

karl theodor

25. Juli 2024 09:33

Es muss noch schlimmer werden, bevor es dann hoffentlich(?) wieder besser wird. Die Botschaft höre ich wohl allein mir fehlt der Glaube. Ich lebe im Ruhrgebiet, wenn ich mir den geistig, kulturellen Verfall in meinen Umfeld ansehe, dann bin ich oft versucht mir den endgültigen Untergang herbeiszuwünschen. Ich würde die Situation schlicht als aussichtslos bezeichnen. Die meisten Menschen merken noch nicht einmal dass sie vollstängig durchmanipuliert sind. Woher soll das tragfähige Fundament für eine  Zukunft kommen?

das kapital

25. Juli 2024 10:33

@ Schobbepetzer Gute und richtige Entscheidung. Kommen Sie da einfach mit sich ins Reine. Diese Regierung ist es nicht wert, dass irgendjemand hier noch irgendetwas aufbaut oder erhält oder einzahlt. Diese Regierung ist auch keinen Schuss Pulver mehr wert. Deutsche Kultur und deutsche Traditionen lassen sich nur noch außerhalb Deutschlands gut pflegen und bewahren. Hier wird alles demontiert und zerstört, was bewahrenswert ist. Nicht sie betreiben "Vaterlands-verrat" sondern die anderen. Und zwar nicht nur volkstümlich sondern angesichts der Nordstreamsprengung und der fehlenden Aufklärung dazu ganz handfest. ///Die Großorganisationen machen hier doch im Wesentlichen bei der Zerstörung mit. EKD, Diakonie, Deutsche Bischofskonferenz, Caritas. Sie nennen sich wahre Christen und sind für die Vernichtung von vielem , was hier in hunderten oder gar mehr als tausend Jahren aufgebaut worden ist. Wären die zu Karls des großen so drauf gewesen, dann würden hier immer noch viele in Bärenfellen rumlaufen und Wotan und andere germanische Gottheiten anbeten. /// IHK, Berufsverbände, alle wollen den Krieg gegen Rechts und die kulturelle Kom-plettdemontage. Als Beispiel mal der deutsche Anwaltverein. Seit 2001 haben die eine Stiftung gegen Rechtsextremismus. Deren Geschäftsstelle liegt 7 Kilometer vom Breitscheidplatz entfernt wo Anis Amri 12 Menschen umgebracht hat. Aber auf eine Stiftung gegen mörderische Islamisten wartest Du bis heute vergebens.

Artabanus

25. Juli 2024 10:40

In einer sog. Demokratie kann es keine echten Revolutionen geben. Wozu auch? Man kann doch alle paar Jahre eine neue Regierung wählen. Problematisch wird es erst, wenn alle Parteien dasselbe wollen und es keine Alternativen mehr gibt. 
Von daher ist es tatsächlich offensichtlich, dass es der Mehrheit noch gut zu gehen scheint, da sie immer noch brav ihr Kreuz bei den Kartellparteien macht. 
 
 

RMH

25. Juli 2024 10:41

Woher kommt eigentlich gerade bei den (Links-) Rechten dieser notorische Hang zur schwarzen Pädagogik? Dieser Glaube, man lerne nur & ausschließlich durch Schmerz, Härte & Strafe. Darin kann ein tieferer Grund für deren polit. Erfolglosigkeit liegen. Dabei ist es doch relativ einleuchtend: Wenn einer daher kommt & sagt, die Felder müssen erst abbrennen, damit danach ein Phönix aus der Asche aufsteigt, kann er froh sein, wenn die Bauern ihn nur belächeln & nicht verjagen. Sloterdijk hat recht, wenn er sagt es gebe "offenbar kein quantitatives Maß ..., das als ‚didaktisch‘ zureichende Größe des Unglücks angenommen werden könnte." Weshalb dann also Unglück herbeisehnen, wenn man Unglücke nicht beherrschen kann & die Wahrscheinlichkeit, dass man von den zukünftigen Umwälzungen einfach von der Karte der Weltgeschichte wegespült wird, als dass dadurch irgendetwas sich "verbessert", im eigenen Sinne, ist derart größer, dass bald auch noch der letzte von solchen Predigern Abstand nimmt. Der aktuell einzige, der mit einem Programm per aspera ad astra erfolgreich reüssieren konnte, ist Milei. Da sollte man einmal genauer hinsehen, aber -OMG - das ist ein Liberaler &, horribile dictu, ein Freund Israels & der Ukraine. Also lieber die alte Wollust aus Phantasien des Untergangs & des Schmerzes für andere ziehen. PS: Deswegen bin ich noch lange kein Freund des überbordenden Sozialstaates & Kältebäder können in der Tat gesundheitsfördernd sein.

Karl Otto

25. Juli 2024 11:05

Eine absolute Mehrheit der AfD bei Bundestagswahlen ist ist durch nichts ausgeschlossen, wenn auch nicht wahrscheinlich. Menschen sind lernfähig und können sich ändern, es gibt keinen Anlass zu übertriebenem Pessismismus.
Diese Theorie nach der alles erst viel schlimmer werden muss, bevor es besser werden kann, führt zu nichts, jedenfalls zu nichts gutem.
Ich versuche jedenfalls, Leute wie die Grünen zu verstehen, sie halten sich ja offenbar für die Guten, die die (für alle) moralisch gebotene Position vertreten. Solange dem so ist, gibt es Hoffnung.

Maiordomus

25. Juli 2024 11:11

@karl theodor. Genau so wie Sie dachte der berüchtigte DDR-Fernsehideologie Karl Eduard von Schnitzler, in Fernsehgespräch 1999, bei dem ihm CDU Politiker aus Berlin, Heinrich Lummer, vorzüglich Paroli bot. Derselbe wird auf heutigem ideologischem Stand Wikipedia, bereits schon auf unglaublich "rechtsextremisiert", wiewohl gerade in Berlin bei der CDU nur eingemittete Politiker Karriere machen konnten. Die Art, wie heute über Lummer geschrieben wird, erinnert an Massen als "Verfassungsschutz-Fall". Dabei würde ich Lummer noch über Massen einschätzen und abschätzige Bemerkungen von deutschen Rechten über einen solchen Politiker zurückweisen.
@Karl Theodor: Sie schreiben depressiv wie Schnitzler. Nach dem Untergang der DDR musste sich bei der aufgezeichneten heute noch im Internet sehenswerten Sendung gegen seine massiven Lügen von direkt betroffenen DDR-Schikanierten "das Mösch (Messing) putzen lassen", wie man in der Schweiz sagt. Die Sendung von etwa 1999 zeigt indirekt, wie stark heute die Re-DDR-isierung Fortschritte gemacht hat mit der von der CDU designierten neuen Mittepartei, genannt Die Linke. Wobei Ramelow sicher nicht der Schlimmste ist, er sollte nur einsehen, dass er als bekennender Verehrer des Massenmörders Lenin, "erschiessen" als dessen Lieblingsvokabel, extremistischer sein darf als für BH zulässig.    

Indigener

25. Juli 2024 12:10

@ karl theodor 25.7. 9:33: Da lebe ich ebenfalls und differenziere etwas: die wenigen wirklich Einheimischen habe eine "wunderbare" Aussicht auf den kompaktesten Schmelztiegel der ganzen Welt, besonders auf den Flohmärkten, wo aber auch die größte Aussicht besteht, auf wirklich erboste Restdeutsche zu treffen, die sich Aussichten auf Änderung nur noch von einer Hitlerei 2.0 erhoffen. Da wird zunehmend Literatur aus dieser Zeit aufgekauft und von wem? Von jungen Leuten zwischen 14 und 30...

Volksdeutscher

25. Juli 2024 12:33

Dr. Stefan Scheil auf X behauptet, daß Revolutionen immer von oben gemacht, worden seien und daß sie gegenwärtig deshalb nicht erfolgten, weil Geiz und die Angst vor "rechts" sie lähmten. Ich denke, er hat teilweise recht. Teilweise, denn: Wo sieht er begabte revolutionäre Köpfe in der rechten Opposition? Den BuVo konnte er nicht gemeint haben. Eine Revolution benötigt an erster Stelle Köpfe, die sie ausdenken, in Details entwerfen, ehe sie diese in die Masse tragen. Die Masse selbst wurde niemals zu ihrem Wohlstand und ihrer sozialen Erhebung mobilisiert, sondern immer zur Beseitigung des herrschenden Systems zum Zwecke der Installation einer neuen Herrschaftsform. Die Masse ist das Werkzeug der Revolution - nicht das Werk ihrer. Albert Camus weist in "L´homme révolté" darauf hin, daß das Versprechen das zentrale Anliegen einer jeden Revolution sei: Ihr leidet am gegenwärtigen System; das neue System (unser System) wird ein Anderes sein. Was aber müßte man den Deutschen in dieser Zeit versprechen, damit sie sich bewegen? Denn für das in Aussicht gestellte Kältebad werden sie bestimmt nicht die Komfortzone verlassen.

Waldgaenger aus Schwaben

25. Juli 2024 15:13

Eine hinreichend große Katastrophe? hmm?
Es ist leider oft zu beobachten, dass Menschen, wenn sie mit der Folgen der eigenen Dummheiten konfrontiert werden, die wahren Ursachen nicht erkennen wollen. Andere sind schuld, Pech, Schicksal, was auch immer. Nur nicht die eigene Dummheit. Ich befürchte Völker handeln da nicht anders. Aktuelles Beispiel: 62% der Befragten sind für eine Vermögenssteuer. Sogar unter den Anhängern der CDU ist eine Mehrheit dafür. Nur AfD und FDP Wähler sind mehrheitlich dagegen. Da hat man jahrzehntelang Parteien gewählt, die das Land ruiniert haben und jetzt sollen Enteignungen es richten, damit die Party ein paar Jahre weitergehen kann. Eine Vermögenssteuer würde gerade die treffen, die wenig haben. Investoren in Immobilien würden die 2% Vermögenssteuer auf die Miete draufsetzen oder eben ihr Kapital andernorts investieren. Betriebe müssten, wenn die Vermögenssteuer auf das Betriebsvermögen erfolgt, diese wieder durch höhere Preise und/oder niedrigere Löhne reinholen. Alte Börsenweisheit: There is no free lunch. Jede Steuer muss erarbeitet werden. 

Gracchus

25. Juli 2024 20:14

Ich werde wahrscheinlich auch nicht zur Stimmungsaufhellung beitragen. Mit Tolkien glaube ich aber an so etwas wie eine Eukatastrophe. Es ist aber nicht so, dass dann jeder das Ende als glücklich erlebt. Der Wolf nicht, die 7 Geisslein schon. Dementsprechend werden auch nicht alle dieselben Lehren daraus ziehen. Es gibt in modernen Gesellschaften eben nicht die eine Perspektive. Versuche, diese herzustellen, etwa durch Corona- und Klimanarrativ, haben nur relativen Erfolg - trotz beispielloser Propaganda. Deutschland als Gesamt kann nicht in den Blick geraten, wenn Spaltung herrscht und man gewissermaßen für Deutschland gegen Deutschland kämpft. 

Gracchus

25. Juli 2024 20:35

9/10 der Deutschen machen sich bestimmt nicht annähernd so einen Kopf um die Zukunft Deutschlands wie hier im Forum. (Manchmal finde ich das gespenstisch, die Lethargie erinnert mich an "The Invasion Of The Body Snatchers"). Sloterdijk finde ich mittlerweile sehr, sehr schwierig. Für mich kein Gewährsmanm. Das Corona-Narrativ hat er für bare Münze genommen ebenso anscheinend das CO2-Narrativ. Von welcher Art von Katastrophe redet er? Wir haben es doch nicht mit Naturkatastrophen zu tun, sondern mit instutionell erzeugten - was man gemeinhin nicht Katastrophe nennt. Selbst wenn man obskure Hintermänner vermuten darf, gibt es doch Protagonisten, denen sich Handeln zurechnen lässt. Auch ist ein Staatsvolk - wie gespalten auch immer - kein reines Aggregat, es hat Repräsentanten, Institutionen, die - wie missbräuchlich auch immer - in seinem Namen agieren. 

Gracchus

25. Juli 2024 20:45

Welche Lektion müsste denn von wem gelernt werden? Das ist - je nachdem, wo man steht - unterschiedlich. Wer Macht hat, hat auch die Macht, Lernlasten zu verteilen. Es sind zudem sachliche, aber auch moralische Erkenntnisse. Müssten gewisse Politiker und Journalisten nicht grundlegende Anstandsregeln lernen? 
Das deutsche Volk zeigt täglich seine Lernfähigkeit. Es hat gelernt Nazis = böse. Das kann es im Schlaf aufsagen. Wahrscheinlich denkt man, wenn man nur gegen Nazis ist, wird sich der Rest von allein einrenken. Jedenfalls hat man sich dann - egal, was passiert - nichts vorzuwerfen. 

Gelddrucker

25. Juli 2024 21:01

Das Problem der Rechten in Europa sind die Rechten selbst.
Wären alle wie Sellner wäre das PRoblem längst gelöst.
Die Vorstellung eines afro-muslimischen Europas ist dermaßen geisteskrank, dass es eigentlich nur ein paar motivierte Leute bräuchte, die das Szenario ausrechnen und ausmalen, um es zu stoppen.
Leider sind es aktuell noch zuviele Jammerlappen und Feiglinge, teilweise sogar Flüchtlinge (man liest hier von Kofferpacken).
Hört auf zu meckern und werdet wie Sellner.

Olmo

26. Juli 2024 09:40

DER BIS GESTERN DEINE SCHRITTE LENKTE,
Sanft und zürnend, aller Wunder kund,
Der dir Trauer und Verzückung schenkte, 
Stößt dich nun voll Gleichmut in den Grund.
 
Gottes große Liebe hat gelogen,
Sterne vielen welk aus seiner Hand,
Und zerrissen ist der Regenbogen, 
Der den Himmel an die Erde band.
 
Niemals wird die staubgeborne Schwinge
Rühren an das ferne Firmament,
Keine Wiederkehr im Kreis der Dinge,
Nur eine Name, den bald niemand nennt.
 
Trotzdem harre hoffend im Absurden, 
Pflanz dein Apfelbäumchen jetzt und hier!
Denn das Feuer, draus die Welten wurden,
Brennt noch immer, stark und rein, in dir.
 
Krönt ein Traum noch jeden deiner Tage,
Weiß die Lippe nichts von Untergang,
Reifen, jenseits aller Totenklage,
Goldne Früchte, Samen und Gesang.
 
Rolf Schilling 
 
 

Ein gebuertiger Hesse

26. Juli 2024 12:29

Wow, ein intensiver Aufsatz. Seidel kann mal schreiben.

WienPragDresden

26. Juli 2024 14:32

Ich sehe das ähnlich wie Gelddrucker. Zwar sind angesichts von Repression und einer irren Basisideologie, die nicht aus den Köpfen zu bekommen ist, keineswegs nur "die Rechten selbst" das Problem der Rechten in Europa und ich würde auch nicht von "Jammerlappen" sprechen (die Lage ist ja objektiv schlecht). Aber diese geballte Negativität ist nicht weiterführend und verdichtet sich allzu leicht zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Zudem fällt man dadurch, wenn auch nicht absichtlich, den wenigen Aktivisten in den Rücken. Kikl und Paovo stellen für mein Gefühl die richtigen Fragen. Die Rechte darf nicht in eine Kultur des Katastrophismus abgleiten. Das wäre das selbstherbeigeführte Ende jeder Wirkungsmöglichkeit. 

MARCEL

26. Juli 2024 15:34

Volle Zustimmung!
Hinzu kommt: Man ist in der Unterzahl. Nicht zu unterschätzender Faktor
Es muss (wird) noch sehr viel passieren. Jeder muss Opfer geworden sein oder jemanden in der Familie, im Umkreis kennen, der es wurde.
Erst dann erwacht der Furor Teutonicus.
Ob da ein Krieg mit Russland "weiterhilft"??
(Am Rande: Aufstände im Hinterland kommen dann eher von anderer Seite, wahrscheinlich organisiert von einer Kriegspartei)
 

Majestyk

26. Juli 2024 17:06

@ Gelddrucker:
Stimmt. Man kann ja nicht den Gegner als dumm hinstellen, sich dann von dem unfair behandelt fühlen, dessen Spielregeln und sogar dessen Definitionen und Narrative übernehmen und dann darauf warten, daß Godot endlich eintrift um einen aus der Verliererpose zu befreien.
Leute die ernsthaft den klimatischen Weltuntergang befürchten oder unfähig sind die Pandemiesimulation als solche zu benennen kann ich eh nicht ernst nehmen. Das ganze Fachkräftemangelgeschwafel ist ein ebensolcher Nonsens. Wenn man Volk nicht mehr völkisch definieren will, wüßte ich gerne was Volk sein soll, dann reduziert man sich selbst zur Bevölkerung und argumentiert rein quantitativ. Nichts anderes kann den Bestand des eigenen Volkes aufrecht erhalten als eigener Nachwuchs. Jeder Import, egal wie gut ist immer ein Austausch. Lieber schrumpfen, statt ausgedünnt und marginalisiert werden.
Was mir auch auffällt, daß man sich vor der Erkenntnis drückt, daß zu viel Staat dem Volk nicht gut tut. Scheinbar hofft man die Zügel übernehmen zu können, abstreifen will man sie dann doch nicht. 

Majestyk

26. Juli 2024 17:31

(1/2)
"Im Land haben sich solch enorme Reichtümer angesammelt, Dinge also, die man verlieren könnte, daß die Sorge vor dem unmittelbaren Verlust die vor dem Gesamtniedergang bei weitem überragt."
Das ist das Problem, der behauptete oppositionelle Widerstand dreht sich um Dinge. Alle fürchten Wohlstandsverlust, lassen sich erniedrigen, die Bratwurst gibt es gratis. Konsumrecht als Teil der neuen Identität. Freiheit und Volkszugehörigkeit sind Nischenthemen. Die Kehrseite der Freiheit, die Eigenverantwortung eh verpönt. 
Welchen Wert haben Häuser die sich nicht mit Leben füllen lassen und über die der Hausherr nicht frei verfügen kann? Gibt es wirklich noch Leute die "ihre werdet nichts besitzen" für eine Verschwörungstheorie halten?
Die Perspektive sich an Dinge zu klammern muß Mensch sich ohnehin erst einmal leisten können. Wer nicht weiß wie er Ultimo erreicht hat andere Sorgen. Wer heute noch besitzt hat gestern zugesehen wie das Proletariat Arbeit und Wohnraum mit Fremden teilen sollte und die Nase gerümpft als der Pöbel „Deutschland den Deutschen“ rief. Das Motto war schon richtig, nur der Adressat war falsch. Aber die Bürgerlichen schwenkten derweil lieber Lichter, statt ihrem heißgeliebten Kohl den Stuhl vor die Tür zu stellen. Zu schön war es, daß Leute kamen die mit weniger Netto und beschissenem Wohnraum zufrieden waren. Das war bevor sich die Bürgerlichen in Linke und Rechte trennten und als die Trennlinie noch zwischen Bürgerlichen und Arbeitern verlief.  

Majestyk

26. Juli 2024 17:34

(2/2)
Der faktische und kulturelle Bestand des eigenen Volkes ist unersetzbar. Sioux und Apachen könnten dies erklären. Im "neuen Volk" wie man manchmal lesen darf bin ich Kartoffel doch auch nur ein Fremder.
Beethoven und Goethe sind längst Weltkulturerbe und werden auch von den Chinesen gepflegt werden. Entscheidend ist doch, kann ich das bleiben als was ich geboren wurde? Könnte schwierig werden, wenn der Kölner Dom Moschee geworden ist und die Bratwurst halal sein muß oder vegan.
Wen es in die Ferne zieht, der rettet dem Enkel vielleicht Besitz, nur werden dessen Enkel keine Deutschen mehr sein, genau wie Eisenhower oder Doris Day nicht mehr deutsch waren. 
Im späteren Schmelztiegel Buntrepublik dürfte Deutschsein schwierig werden, sobald die Machtfrage gestellt und die Ballungsräume nicht mehr deutsch verwaltet werden. So lieb und nett mancher Orientale heute sein mag, er wird die Deutschen dann als die anderen betrachten, nicht als Teil von seinem Stamm. Selbst wenn er anders wollen würde, er muß dann wieder orientalisch leben um unter den Seinen bestehen zu können und das klärt dann auch die Frage nach Loyalität und Verbundenheit der Zugereisten. 
Deutschland ohne deutsches Staatsvolk ist nur ein Standort unter vielen und den Deutschen droht die Heimatlosigkeit ohne klares Bekenntnis zu einer deutschen Nation. Es ist an Perversion nicht zu überbieten, daß es Menschen gibt die dem eigenen Nachwuchs jene Lebensbedingungen verweigern die sie selbst einst vorgefunden haben.

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