Alfred Sobel: Konvertiten

Über dieses wunderbare Buch bin ich gleichsam gestolpert. Nicht ich habe es gefunden, es hat mich gefunden.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Als Lite­ra­tur­re­dak­teu­rin durch­stö­be­re ich die Pro­gram­me der aller­meis­ten deut­schen Ver­la­ge. Ein paar Ver­la­ge las­se ich aus: Schiffs­bau, Behin­der­ten­päd­ago­gik, Rei­se­füh­rer und Tier­hal­tungs­rat­ge­ber ver­nach­läs­si­ge ich normalerweise.

Auch reli­giö­se Lite­ra­tur zählt nicht zu unse­rem Kern­ge­schäft. Ja, wir sind Chris­ten. Aber wir wis­sen auch, wie es um die heu­ti­ge Kon­zils­kir­che bestellt ist. Gera­de mit der deut­schen katho­li­schen Kir­che kann man sich als auf­rech­ter Mensch kaum gemein­ma­chen. Die­ses Buch von Alfred Sobel aller­dings ist ein ech­ter Knal­ler. Wen es nicht rührt, der muß aus Stein sein.

Geschil­dert wer­den hier die Lebens­we­ge von 13 »suchen­den und ent­schie­de­nen« Per­sön­lich­kei­ten, die im Lau­fe ihres Lebens zum katho­li­schen Chris­ten­tum kon­ver­tier­ten. Die­se Por­träts haben es alle­samt in sich.

Sobel schreibt: »Ich stel­le in die­sem Buch 13 außer­ge­wöhn­li­che Men­schen vor, die eine Lebens­wen­de voll­zo­gen haben und zum Katho­li­zis­mus kon­ver­tier­ten. Es sind Per­sön­lich­kei­ten, die oft gegen den Strom schwam­men und ihren eige­nen Weg gegan­gen sind, ohne auf das zu hören, was ande­re sag­ten. Sie waren auf der Suche, kann­ten die Abgrün­de des Lebens – auch ihre eige­nen –, um irgend­wann zum christ­li­chen Glau­ben und zum Katho­li­zis­mus zu finden!«

Wir lesen hier emi­nent tie­fe, zutiefst erns­te Glau­bens­zeug­nis­se – am berüh­rends­ten ist viel­leicht das katho­li­sche Bekennt­nis des »ver­rück­ten« Medi­en­theo­re­ti­kers Mar­shall McLuhan. Auf ihn (1911 – 1980) wur­de schon viel­fach in die­ser Zeit­schrift rekur­riert – aller­dings stets ohne Beach­tung sei­nes reli­giö­sen Wegs. Auf sei­nem aka­de­mi­schen Weg erwarb sich McLuhan als strik­ter Agnos­ti­ker eine pro­fun­de Kennt­nis katho­li­scher Denk­wei­sen, Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie. Es war ein blo­ßer Neben­ef­fekt sei­ner Stu­di­en. Er glaub­te nicht.

Er lern­te aber, daß der Glau­be aus Gna­de erwach­se, und er woll­te es »her­aus­fin­den«. Ent­we­der war das alles wahr, »und zwar alles, wie es die Kir­che behaup­te­te«, oder es war der größ­te Schwin­del, dem eine leicht­gläu­bi­ge Mensch­heit über zwei Jahr­tau­sen­de auf den Leim gegan­gen war. »Ich bin auf Knien in die Kir­che gekom­men.« Näm­lich: Er bete­te »ein­fach« zwei, drei Jah­re ein ein­fa­ches Wort: »Zeig es mir.« Ihm wur­de es gezeigt, und er riet spä­ter: »Sie müs­sen an der Tür Got­tes klop­fen und immer wie­der klop­fen, und er wird ihnen ant­wor­ten.« Für McLuhan bestand der Glau­ben eines Katho­li­ken nicht pri­mär in einem Ver­stan­des­akt, son­dern in einer »geist­li­chen Wahr­neh­mung«. Klar, daß er stets am »Marsch für das Leben« teil­nahm und die Abschaf­fung der latei­ni­schen Mes­se bedau­er­te. Sie sei nun »lah­mer und lascher« gewor­den, schrieb er 1972.

Vie­le ande­re Kon­ver­si­ons­por­träts sind ähn­lich her­vor­zu­he­ben. Neh­men wir nur die furio­se, mitt­ler­wei­le fast ver­ges­se­ne Ex-Lin­ke ­Karin Struck (1947 – 2006). Die Struck, die 1992 im Zorn ein TV-Duell (zur Abtrei­bungs­fra­ge) mit Ange­la Mer­kel ver­ließ und dabei Scher­ben ver­ur­sach­te! Erst 1996 kon­ver­tier­te die­se Femme fata­le, die selbst abge­trie­ben hat­te und vie­hisch dar­un­ter litt, zum Katho­li­zis­mus. Vor ihrem qual­vol­len Krebs­tod erin­ner­te sie sich: »Fin­de es heu­te erstaun­lich, daß mei­ne athe­is­ti­sche Pha­se so lan­ge gedau­ert hat. Im Kern war Gott schon immer da.«

Oder neh­men wir den Dada­is­ten Hugo Ball und sei­ne (zuvor ruch­lo­se, sich pro­sti­tu­ie­ren­de) Frau Emmy Hen­nings. Wie schrieb sie in ihrem Tage­buch: »Es ist mög­lich, daß sich der Lie­bes­grad einer Frau nur nach dem Pries­ter­li­chen im Man­ne ­rich­tet. Jeden­falls ist doch das Hei­li­ge im Man­ne die eigent­li­che, die ursprüng­li­che Sehn­sucht der Frau.« Emmy such­te innig nach einem Mann, »mit dem sie beten« könne.

Eines der umfang­reichs­ten Por­träts ist Ernst Jün­ger gewid­met. Ähn­lich berü­ckend sind die Lebens­bil­der der Frau­en­recht­le­rin Eli­sa­beth Gnauck-Küh­ne, des Juden Leon­hard Adler und des tra­di­tio­na­lis­ti­schen, ver­schro­be­nen Pfar­rers Quin­tin Montgomery-Wright.

Solch ein Buch nennt man katho­li­scher­seits womög­lich eine Gna­den­ga­be. Es sei vor allem aber Agnos­ti­kern zur Lek­tü­re anemp­foh­len. Tol­le lege!

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Alfred Sobel: Kon­ver­ti­ten. Katho­lisch gewor­den. 13 Por­träts, Ost­fil­dern: Pat­mos 2024. 201 S., 24 €

 

Die­ses Buch kön­nen Sie auf antaios.de bestellen.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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