»America First!« – Slogan und Inhalt

PDF der Druckfassung aus Sezession 120/ Juni 2024

Nils Wegner

Nils Wegner ist studierter Historiker, lektorierte 2015–2017 bei Antaios, IfS und Sezession und arbeitet als Übersetzer.

Wenn die­ser Tage das Buch Against the World der Chi­ca­go­er His­to­ri­ke­rin Tara Zahra in deut­scher Über­set­zung als Gegen die Welt erscheint, dann muß sich der poten­ti­el­le Leser kei­ne Fra­gen über die inhalt­li­che Stoß­rich­tung stellen.

Aus den im ori­gi­na­len Unter­ti­tel erwähn­ten Anti-Glo­ba­lism and Mass Poli­tics Bet­ween the World Wars hat man bei Suhr­kamp vor­sorg­lich Natio­na­lis­mus und Abschot­tung in der Zwi­schen­kriegs­zeit gemacht, um das Publi­kum hier­zu­lan­de bei sei­nen aner­zo­ge­nen Res­sen­ti­ments gegen­über einem Fokus auf das Eige­ne zu packen.

Die glei­che Kla­via­tur bespie­len – durch­aus erfolg­reich – unse­re Medi­en erneut, spä­tes­tens seit klar ist, daß Donald Trump ein wei­te­res Mal als Kan­di­dat der US-Repu­bli­ka­ner ins Ren­nen um die Prä­si­dent­schaft geht, das sich am 5. Novem­ber die­ses Jah­res ent­schei­den wird: Deut­sche Poli­ti­ker und Wirt­schafts­krei­se wür­den bereits die Optio­nen im »schlimms­ten Fall«, näm­lich Trumps Wahl­sieg, prü­fen, der NATO ste­he eine Zer­reiß­pro­be bevor, die Ame­ri­ka­ner könn­ten ihre euro­päi­schen Ver­bün­de­ten im Stich las­sen und so fort.

Mit die­sem nicht zuletzt glo­ba­lis­tisch-wirt­schaft­lich moti­vier­ten Alar­mis­mus gern ver­knüpft wird der grif­fi­ge Slo­gan »Ame­ri­ca first!«: sei­tens der Befür­wor­ter, wie des Stand­ort­na­tio­na­lis­ten Ste­phen Ban­non (1) oder des media­len Tritt­brett­fah­rers Nicho­las Fuen­tes, wegen des will­kom­me­nen begriff­li­chen Lavie­rens zwi­schen Vor­an­stel­lung von US-Inter­es­sen einer­seits und Abwen­dung von außen­po­li­tisch-mili­tä­ri­schen Aben­teu­ern ande­rer­seits; von den Geg­nern im poli­tisch-media­len Estab­lish­ment hin­ge­gen auf­grund des direk­ten Bezugs auf das »Ame­ri­ca First Com­mit­tee« von 1940, das die USA davor bewah­ren woll­te, sich von Groß­bri­tan­ni­en in den Zwei­ten Welt­krieg zie­hen zu las­sen (also heu­te als fünf­te Kolon­ne des Drit­ten Reichs dasteht), und dabei über­sah, daß die ame­ri­ka­ni­sche Eli­te ein Eigen­in­ter­es­se am Kriegs­ein­tritt hatte.

Die Paro­le selbst stammt ursprüng­lich von einer US-Kam­pa­gne gegen befürch­te­te katho­li­sche Ein­fluß­nah­me aus den 1850ern. Blickt man aller­dings auf die Geschich­te der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka zurück, so fällt ins Auge, daß die damit auf den Punkt gebrach­ten Arti­ku­la­tio­nen einer Sple­ndid iso­la­ti­on – begin­nend mit der »iso­la­tio­nis­ti­schen« Mon­roe-Dok­trin von 1823 als Auf­takt einer Land­raub­po­li­tik auf dem nord­ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nent – letzt­lich nur vor­ge­scho­be­ne Akte der Zurück­hal­tung waren, um sich für inne­re wie äuße­re Kon­so­li­die­rung (und Auf­rüs­tung) mehr Zeit und einen erhöh­ten mora­li­schen Stand­punkt zu verschaffen.

Vie­le Beob­ach­ter, nicht nur in den USA, haben seit sei­nem Ein­tre­ten in den Prä­si­dent­schafts­wahl­kampf am 16. Juni 2015 das »Argu­ment« ins Feld geführt, Donald Trump sei zwar grund­sätz­lich der sich am ehes­ten für die Inter­es­sen der ame­ri­ka­ni­schen (Noch-)Mehrheitsbevölkerung aus­spre­chen­de Kan­di­dat, doch auf­grund sei­nes oft vul­gä­ren Duk­tus und sei­nes aus­schwei­fend-lie­der­li­chen Lebens­stils trotz­dem anrü­chig. Poli­tik im Sin­ne der guten, alten über­kom­me­nen Wer­te brau­che viel­mehr einen from­men Chris­ten, ehr­ba­ren Ehe­mann und Fami­li­en­va­ter etc. – Vor­be­hal­te, die vom libe­ra­len Medi­en­be­trieb nur zu gern auf­ge­grif­fen und ver­stärkt wur­den, etwa indem Trump auf die Behaup­tung hin, die Bibel sei sein »Lieb­lings­buch«, nach ihm wich­ti­gen kon­kre­ten Stel­len befragt wur­de und kei­ne Ant­wort zu geben wußte.

Wäh­rend der gewe­se­ne 45. Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten kei­nes­wegs über Kri­tik erha­ben ist, ist Anhän­gern sol­cher Mäke­lei­en gleich­wohl ent­ge­gen­zu­hal­ten, wie es auch bereits viel­fach getan wur­de: Einen eben­sol­chen Mus­ter­ver­fech­ter der Inter­es­sen ange­stamm­ter Ame­ri­ka­ner mit tadel­lo­sem Lebens­wan­del gab es bereits vor gerau­mer Zeit. Sein Name war Patrick »Pat« Buchanan, und er ver­such­te die gesam­ten 1990er hin­durch, die USA aus ihrer unver­hoff­ten impe­ria­len Rol­le als »ein­zi­ge Welt­macht« nach dem Zusam­men­bruch des Ost­blocks herauszuführen.

Bereits damals zeig­te sich, daß gegen einen sol­chen, dezi­diert und aus­schließ­lich auf ame­ri­ka­ni­sche Inter­es­sen fokus­sier­ten Anwär­ter auf die Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­tur sofort das gesam­te Washing­to­ner Estab­lish­ment zusam­men­rück­te, um ihn von allen ver­ant­wor­tungs­vol­len Posi­tio­nen fern­zu­hal­ten – auch und gera­de in akti­ver Zurück­wei­sung des Wäh­ler­wil­lens, auch und gera­de sei­tens sei­ner eige­nen Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei, wel­cher er vor einer drit­ten Demü­ti­gung 1999 den Rücken kehr­te und 2000 als Kan­di­dat der ­estab­lish­ment­kri­ti­schen Reform Par­ty – einer Art »Alter­na­ti­ve für Ame­ri­ka«, ein­schließ­lich der gegen sie unter­nom­me­nen Win­kel­zü­ge des Sys­tems – ins Ren­nen ging.

Die­se schmach­vol­le Behand­lung konn­te gar nicht anders kom­men, weil infol­ge des eigen­tüm­li­chen Auf­tre­tens von US-Repu­bli­ka­nern und ‑Demo­kra­ten in allen essen­ti­el­len poli­ti­schen Fra­gen als geschlos­se­ne Uni­par­ty (so der »neo­re­ak­tio­nä­re« Kri­ti­ker Cur­tis Yar­vin ali­as »Men­ci­us Mold­bug«) eine iso­la­tio­nis­ti­sche – oder gar, hor­ri­bi­le dic­tu, pazi­fis­ti­sche – Posi­ti­on im heu­ti­gen Ame­ri­ka gleich­be­deu­tend mit Fun­da­men­tal­op­po­si­ti­on ist.

Und die­ser Umstand ließ Buchan­ans mage­ren Unter­stüt­zer­kreis um so schil­lern­der aus­se­hen: Da waren Bewoh­ner des rechts­li­ber­tär-kul­tur­kon­ser­va­ti­ven Nie­mands­lands, etwa Bill Kauff­man. Die­ser war ursprüng­lich Mit­ar­bei­ter des demo­kra­ti­schen New Yor­ker Sena­tors Dani­el Patrick Moy­ni­han gewe­sen, eines für sei­ne ver­nich­ten­de Kri­tik an der Sozi­al­po­li­tik gegen­über Schwar­zen – The Negro Fami­ly, 1965 – berüch­tig­ten lang­ge­dien­ten Regie­rungs­be­ra­ters und US-Bot­schaf­ters in Indi­en sowie bei den Ver­ein­ten Nationen.

Kauff­mans Ein­bli­cke in das Trei­ben inner­halb des Belt­way (der rie­si­ge Auto­bahn­ring der Inter­sta­te 495, der als »Capi­tal Belt­way« in der US-Umgangs­spra­che die Poli­ti­ker und Lob­by­is­ten der Haupt­stadt Washing­ton, D. C., vom Rest des Lands und Volks abtrennt) mach­ten ihn laut eige­ner Aus­sa­ge zu einem »Anar­chis­ten«, wes­halb er nach zwei­ein­halb Jah­ren hin­warf und sich seit­her als poli­tisch eklek­ti­zis­ti­scher Autor vom paläo­kon­ser­va­ti­ven Maga­zin Ame­ri­can Con­ser­va­ti­ve über das neo­kon­ser­va­ti­ve Ame­ri­can Enter­pri­se bis hin zum links­ra­di­ka­len Recher­che­b­log Coun­ter­Punch betätigt.

Neben die­sen Leu­ten stan­den Aus­ge­sto­ße­ne des repu­bli­ka­ni­schen »Fil­zes« wie Buchanan selbst, an ers­ter Stel­le des­sen Bera­ter und Reden­schrei­ber Samu­el »Sam« Fran­cis, ein streit­lus­ti­ger Kolum­nist und ehe­ma­li­ger Polit­ana­lyst der kul­tur­kon­ser­va­ti­ven Denk­fa­brik Heri­ta­ge Foun­da­ti­on (die die­ser Tage wie­der ihren Platz in einem mög­li­chen Trump-Schat­ten­ka­bi­nett sucht). Fran­cis war erbit­ter­ter Geg­ner der neo­kon­ser­va­ti­ven Über­töl­pe­lung der US-Rech­ten unter Rea­gan und einer abseh­ba­ren neu­en, dies­mal glo­ba­len Ära des Interventionismus.

Nach­dem ihm sein Zugang zur kon­ser­va­ti­ven Pres­se­land­schaft ver­baut wor­den war, kon­zen­trier­te er sich als einer der ers­ten ech­ten »Meta­po­li­ti­ker« jen­seits des Gro­ßen Teichs auf den Auf­bau von viel spä­ter zur Alt-Right gezähl­ten Gegen­in­sti­tu­tio­nen, dar­un­ter das dis­si­den­te Kul­tur­or­gan The Occi­den­tal Quar­ter­ly sowie das Natio­nal Poli­cy Insti­tu­te. (2) Und dann war da noch ein schil­lern­der New Yor­ker Geschäfts­mann namens – Donald Trump, der vor allem aus Pres­ti­ge­grün­den um eine 2000er-Prä­si­dent­schafts­no­mi­nie­rung der Reform Par­ty warb und nach dem Schei­tern und einer Kon­ver­si­on zum Par­tei­gän­ger der Demo­kra­ten sei­nen Kon­kur­ren­ten öffent­lich­keits­wirk­sam als Ras­sis­ten und Frei­heits­feind anpran­ger­te, was die öffent­li­che Wahr­neh­mung der Refor­mis­ten irrepa­ra­bel schä­di­gen sollte.

Gut genug war ihm Buchanan dann aber doch, um des­sen erfolg­rei­chen Wahl­kampf­slo­gan »Ame­ri­ca first!« zu pla­gi­ie­ren: Im Novem­ber 2015, weni­ge Mona­te nach sei­nem Ein­tritt in den Vor­wahl­kampf, soll­te Trump ihn erst­mals gebrau­chen und für sei­ne eige­ne außen- und wirt­schafts­po­li­ti­sche Visi­on reklamieren.

Die Paro­le hat damit ihren Weg von prä­si­den­ti­el­ler Establishment­politik über zivil­ge­sell­schaft­li­ches Enga­ge­ment zurück in den übli­chen Poli­tik­be­trieb gefun­den, und das gilt heu­te mehr denn je auch für die mit ihr asso­zi­ier­ten Stand­punk­te. Alle schein­ba­ren »Dis­si­den­ten«, die sich zumin­dest ver­hal­ten gegen fort­ge­setz­te glo­ba­le Mili­tär­aben­teu­er der USA und eine Eska­la­ti­on in der Levan­te geäu­ßert haben, sind nach dem 7. Okto­ber 2023 laut­stark auf Main­stream­kurs ein­ge­schwenkt – auf demo­kra­ti­scher Sei­te allen vor­an Robert F. Ken­ne­dy Jr. sowie die ehe­ma­li­ge Kon­greß­ab­ge­ord­ne­te von Hawaii, Tul­si Gab­bard; bei den Repu­bli­ka­nern bei­spiels­wei­se die als mög­li­che Vize­prä­si­den­tin unter Trump gehan­del­te Gou­ver­neu­rin des Bun­des­staats South Dako­ta, Kris­ti Noem.

Die jüngs­ten und noch jetzt aktu­el­len, von sich selbst und den Medi­en als »hart rechts« dar­ge­stell­ten repu­bli­ka­ni­schen Aus­hän­ge­schil­der, näm­lich die Gou­ver­neu­re von Flo­ri­da und Texas, Ron DeS­an­tis und Greg Abbott, sowie nicht zuletzt auch Donald Trump selbst sind ohne­hin stets als beton­te Par­tei­gän­ger Isra­els aufgetreten.

Und es ist ja durch­aus nicht so, daß es sei­ner­zeit unter Trump zu einer merk­li­chen Ver­rin­ge­rung der welt­wei­ten US-Ein­fluß­nah­me auf ande­re sou­ve­rä­ne Staa­ten gekom­men wäre: Allein gegen Ruß­land bei­spiels­wei­se wur­den zwi­schen 2017 und 2021 mehr als 50 neue Sank­tio­nen ver­hängt oder bestehen­de ver­län­gert. Sei­ne jüngs­te Posi­tio­nie­rung gegen­über den ame­ri­ka­ni­schen Anstren­gun­gen, eine wei­te­re Ver­län­ge­rung des Ukrai­ne­kriegs zu errei­chen, läßt sich mit viel gutem Wil­len als Ver­mei­dung eines ins Cha­os gestürz­ten Kon­gres­ses inter­pre­tie­ren: Trump lob­te näm­lich den repu­bli­ka­ni­schen Spre­cher des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses, Mike John­son, der das vom rech­ten Par­tei­flü­gel ver­bis­sen bekämpf­te 95-Mil­li­ar­den-Finan­zie­rungs­­­pa­ket für die Ukrai­ne, Isra­el und Tai­wan mit Unter­stüt­zung der Demo­kra­ten durch­set­zen konnte.

Kei­nen Deu­tungs­spiel­raum läßt hin­ge­gen Trumps Unter­stüt­zung des Kriegs­trei­bers Abra­ham Hama­deh, der als repu­bli­ka­ni­scher Kan­di­dat des Bun­des­staats Ari­zo­na für das Reprä­sen­tan­ten­haus antritt, gegen den Mili­tär­in­ter­ven­tio­nen kri­tisch gegen­über­ste­hen­den – und wei­ßen – Mit­be­wer­ber Bla­ke Masters.

Bei­des kann auch als Fin­ger­zeig ver­stan­den wer­den, daß eine erneu­te Trump-Prä­si­dent­schaft den glei­chen struk­tu­rel­len Schwä­chen wie die ers­te unter­lie­gen dürf­te, ins­be­son­de­re durch die Ein­bin­dung ganz offen inter­ven­tio­nis­ti­scher Funk­tio­nä­re in Spit­zen- und mitt­le­ren Posi­tio­nen. Die­se brin­gen sich nach dem Schei­tern ihres bevor­zug­ten repu­bli­ka­ni­schen Prä­si­dent­schafts­an­wär­ters, des Flo­ri­da-Gou­ver­neurs Ron DeS­an­tis, tat­säch­lich bereits wie­der in Stellung.

Da sind bei­spiels­wei­se der ehe­ma­li­ge Natio­na­le Sicher­heits­be­ra­ter (Trumps vier­ter) Robert O’Brien, ein poli­ti­sches Relikt aus der Bush-Ära und Ver­fech­ter mari­ti­mer Auf­rüs­tung, und des­sen dama­li­ger Stell­ver­tre­ter, Matthew Pot­tin­ger, der sich nach sei­nem Rück­tritt in Reak­ti­on auf den »Sturm auf das Kapi­tol« im Rah­men der Isra­el­lob­by (Foun­da­ti­on for Defen­se of Demo­cra­ci­es) und der liber­tä­ren Denk­fa­brik Hoo­ver Insti­tu­ti­on posi­tio­niert hat. Bei­de Män­ner sind für ihre »Falken«-Haltung gegen­über Chi­na bekannt und tre­ten unter ande­rem für eine Zusam­men­ar­beit zwi­schen der tai­wa­ne­si­schen, der japa­ni­schen und der israe­li­schen Armee unter US-Schirm­herr­schaft ein.

Eben­so wie­der aktiv gewor­den ist bei­spiels­wei­se der alt­ge­dien­te neo­kon­ser­va­ti­ve Intri­gen­schmied Elliott Abrams, der 1991 wegen sei­ner Betei­li­gung an der Iran-Con­tra-Affä­re ver­ur­teilt wor­den war, als Ver­tre­ter des berüch­tig­ten »Pro­ject for a New Ame­ri­can Cen­tu­ry« einer der Archi­tek­ten des Irak­kriegs war und es als aus­drück­li­cher Trump-Geg­ner den­noch in des­sen außen­po­li­ti­sches Spit­zen­per­so­nal schaff­te, um einen Regime chan­ge in Vene­zue­la und im Iran her­bei­zu­füh­ren. Daß die »alte Gar­de« der Trump-Außenpolitik-»Experten« – allen vor­an Ban­non – eben­falls schon wie­der mit den meta­pho­ri­schen Hufen scharrt, bedarf fast nicht mehr der Erwähnung.

Zynisch gesagt: »Ame­ri­ca first!« bedeu­tet in unse­ren Tagen nicht mehr und nicht weni­ger als »Für Isra­el und die Ukrai­ne, gegen die BRICS-Staa­ten!« Das macht die­se Poli­tik vor allem aktu­ell zu einem Pul­ver­faß: Zum fort­lau­fen­den Stell­ver­tre­ter­krieg mit Ruß­land in der Ukrai­ne sowie den israe­lisch-ara­bisch-per­si­schen Par­oxys­men im Nahen Osten gesellt sich das hohe Eska­la­ti­ons­po­ten­ti­al im Pazi­fik infol­ge des David­son win­dow (der schei­den­de Kom­man­dant des US-Regio­nal­kom­man­dos, Admi­ral Phil­ip David­son, hat­te 2021 das Zeit­fens­ter einer maxi­ma­len mög­li­chen mili­tä­ri­schen Macht­ent­fal­tung Chi­nas in der Regi­on – sprich: gegen Tai­wan – auf die fol­gen­den sechs Jah­re beziffert).

Doch blickt man auf den Grund der Din­ge und macht sich frei von Neben­sa­chen (wie den jeweils kon­kre­ten Län­dern statt der von die­sen mani­fes­tier­ten Posi­tio­nen inner­halb einer schwan­ken­den glo­ba­len US-Hege­mo­nie), dann kann man sich nur die rhe­to­ri­sche Fra­ge stel­len: War es in den ver­gan­ge­nen 250 Jah­ren jemals anders? Und auch wenn man nach vorn blickt auf die Wahl im Novem­ber, für die vie­le einem angeb­lich schon aus­ge­mach­ten Tri­umph von »Zion Don« mal mehr, mal weni­ger ban­ge ent­ge­gen­se­hen, muß ohne alber­ne Nost­al­gie doch ein­mal gesagt wer­den: Schlim­mer könn­te es tat­säch­lich immer kommen.

Denn soll­te Trump noch als Spit­zen­kan­di­dat aus­fal­len, etwa durch die oft beschrieene Haft­stra­fe, dann wür­de mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit sei­ne zuletzt aus dem Ren­nen aus­ge­stie­ge­ne Langzeit­herausforderin Nima­ra­ta Nik­ki Haley für ihn nach­rü­cken – eben­je­ne aggres­si­ve Neo­kon­ser­va­ti­ve Haley, die er selbst 2017 gern zur Außen­mi­nis­te­rin ernannt hät­te und schließ­lich als Bot­schaf­te­rin zu den UN schick­te. Haley ent­geg­ne­te im August 2023 ihrem eben­falls indisch­stäm­mi­gen, sich als jün­ge­rer Trump 2.0 insze­nie­ren­den Mit­be­wer­ber Vivek Ramas­wa­my auf des­sen For­de­rung, die Mili­tär­hil­fe für Isra­el zu ver­rin­gern, zor­nig: »Nicht Isra­el braucht uns, son­dern wir brau­chen Isra­el!«, und ermun­ter­te das israe­li­sche Kriegs­ka­bi­nett zu har­ten Schlä­gen gegen den Gaza­strei­fen und den Iran. Da hät­ten die repu­bli­ka­ni­schen Wäh­ler dann ihr »Ame­ri­ca first!« – ein­mal mehr.

– – –

(1) – Vgl. Nils Weg­ner: »Neme­sis des Estab­lish­ments – Das Modell ›Breit­bart News‹«, in: Sezes­si­on 75 (Dezem­ber 2016), S. 36 f.

(2) – Vgl. Nils Weg­ner: »Den Schmelz­tie­gel ent­mi­schen – Rech­te Dis­si­denz in den USA«, in: Sezes­si­on 69 (Dezem­ber 2015), S. 42 f.

Nils Wegner

Nils Wegner ist studierter Historiker, lektorierte 2015–2017 bei Antaios, IfS und Sezession und arbeitet als Übersetzer.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)